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Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung
Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung
vom 8. April 2016
(ABl./16, [Nr. 19], S.507)
Außer Kraft getreten am 5. August 2020 durch Erlass des MLUK vom 2. Juli 2020
(ABl./20, [Nr. 31], S.699)
Mit dieser Veröffentlichung werden die Vollzugshinweise vom 19. November 2015 fehlerbereinigt. Eine Veränderung der Anlagen I und V erfolgte nicht. Diese bleiben in der Fassung der Vollzugshinweise vom 7. März 2012.
Diese Vollzugshinweise sind zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung2 anzuwenden. Sie sind inhaltsgleich zwischen den obersten Abfallwirtschaftsbehörden der Länder Berlin und Brandenburg abgestimmt.
Gliederung
2 Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
3 Vorgehensweise
3.1 Zuordnung auf Grund gefahrstoffrechtlicher Einstufung
3.2 Zuordnung auf Grund von Vollzugserfahrungen
3.3 Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen
4 Probenahme- und Analysenverfahren
5 Inkrafttreten, Aufhebung von Vorschriften
Anlagen
I. Rechtsgrundlagen
II. Gefahrenrelevante Eigenschaften der Abfälle und diesbezügliche Konzentrationsgrenzen
III. Tabelle 1 Liste der Spiegeleinträge
Tabelle 2 Herkunftsspezifische Zuordnungshinweise
IV. Tabelle 1 Schwellenwerte für Schadstoffgehalte in der Originalsubstanz in Bezug auf die gefahren-
relevanten Eigenschaften
- HP4 - reizend
- HP5 - STOT/Aspirationsgefahr
- HP6 - akute Toxizität
- HP7 - karzinogen
- HP8 - ätzend
- HP10 - reproduktionstoxisch
- HP11 - mutagen
- HP13 - sensibilisierend
- HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die aquatische Umwelt
Tabelle 2 Schwellenwerte für Schadstoffgehalte im Eluat in Bezug auf die gefahrenrelevanten Eigenschaften
- HP4 - reizend
- HP8 - ätzend
- HP15
Tabelle 3 Schwellenwerte für Parameter (in der Originalsubstanz), die aus der POP-VO16 resultieren
Tabelle 4 Schwellenwerte für die mineralischen Abfälle Boden und Bauschutt in Bezug auf die gefahrenrelevante Eigenschaft HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt
V. Probenahme- und Analysenverfahren
1 Grundlagen
Im Jahre 2000 und nachfolgend wurde mit der Entscheidung der Europäischen Kommission 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis1 und der deutschen Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV)2 der europarechtlich harmonisierte Abfallkatalog überarbeitet und eingeführt. In 20 herkunfts- beziehungsweise entstehungsprozessspezifischen Kapiteln werden 842 Abfallschlüssel aufgeführt. Darunter sind etwa 400 paarweise Abfallarten (das heißt etwa 200 Paare, sogenannte Spiegeleinträge) zu finden, die sich nur durch den Hinweis auf im Abfall enthaltene gefährliche Stoffe unterscheiden.
Zur Unterscheidung zwischen gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen wird in der Abfallverzeichnis-Verordnung2 auf 15 gefahrenrelevante Eigenschaften verwiesen, die zur Bewertung herangezogen werden und die ihren Ursprung im Gefahrstoffrecht haben.
Durch einige rechtliche Neuerungen im Gefahrstoffrecht sowie weitere Vollzugserfahrungen war zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Aktualisierung der bisherigen Fassung der „Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung2“ erforderlich.
Die nachfolgenden Vollzugshinweise sind auf die in der Liste der Spiegeleinträge in Anlage III Tabelle 1 aufgeführten Abfallarten bis zum Vorliegen einheitlicher europa- oder bundesrechtlicher Regelungen anzuwenden.
Darüber hinaus können sie als Anhaltspunkt bei Entscheidungen über eine abweichende Einstufung von Abfällen nach § 3 Absatz 3 der Abfallverzeichnis-Verordnung2 herangezogen werden.
Die Abfallart mit dem Verweis auf gefährliche Stoffe ist als gefährlicher Abfall eingestuft. Die ohne diesen Verweis ist als nicht gefährlicher Abfall eingestuft.
Bei den Spiegeleinträgen stellt dabei ein uneingeschränkter Verweis auf gefährliche Stoffe (nachfolgende Tabelle 1 Beispiel 1) den Regelfall dar, seltener wird auf eine Gruppe gefährlicher Stoffe verwiesen (Tabelle 1 Beispiel 2) und in Ausnahmefällen wird ein gefährlicher Stoff direkt benannt (Tabelle 1 Beispiel 3).
Beispiel | Abfallschlüssel | Abfallbezeichnung nach Abfallverzeichnis-Verordnung |
---|---|---|
1 | 17 05 07* | Gleisschotter, der gefährliche Stoffe enthält |
17 05 08 | Gleisschotter mit Ausnahme desjenigen, der unter 17 05 07 fällt | |
2 | 10 12 11* | Glasurabfälle, die Schwermetalle enthalten |
10 12 12 | Glasurabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 10 12 11 fallen | |
3 | 17 03 01* | kohlenteerhaltige Bitumengemische |
17 03 02 | Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 03 01 fallen |
Tabelle 1: Beispiele für Spiegeleinträge in den Abfallkatalogen
Praktische Bedeutung gewinnt die korrekte Zuordnung durch die damit verbundenen Rechtsfolgen. Hingewiesen sei hier beispielhaft auf Nachweisführung (§ 50 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes4, §§ 2 ff. der Nachweisverordnung5), Andienungspflichten (§ 3 der Sonderabfallentsorgungsverordnung9, 23) und Überlassungspflichten.
Folgende Anmerkung soll den Ausführungen vorangestellt werden:
Für die Entscheidung, ob es sich um einen gefährlichen Abfall oder nicht handelt, und die Auswahl eines ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgungsweges sind häufig unterschiedliche Untersuchungen erforderlich. Zur Klärung des Entsorgungsweges ist die Genehmigung der Anlage zu berücksichtigen, die gegebenenfalls zusätzliche Untersuchungen erfordert.
2 Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
Die Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten der Abfallverzeichnis-Verordnung2 liegt in der Verantwortung des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen (Abfallerzeuger).
Es wird darauf hingewiesen, dass der Abfallerzeuger für die Folgen einer möglichen Falschdeklaration haftet. Die vorsätzliche oder fahrlässige Einstufung eines gefährlichen Abfalls als nicht gefährlichen Abfall führt unter anderem zu Ordnungswidrigkeiten nach § 29 der Nachweisverordnung5, wenn in diesem Zusammenhang erforderliche Nachweise nicht oder nicht ordnungsgemäß geführt werden.
Weiterhin zieht eine Falschdeklaration eines Abfalls eine Verletzung der Andienungspflichten nach den Sonderabfallentsorgungsverordnungen der Länder Berlin23 und Brandenburg9 nach sich.
Es besteht außerdem das Risiko der Strafbarkeit nach § 326 des Strafgesetzbuches6, wenn Abfälle, die die in den Nummern 1 bis 4 des § 326 StGB6 genannten Eigenschaften aufweisen, auf Grund der Falschdeklaration zum Beispiel außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren behandelt, verwertet, gelagert, abgelagert, abgelassen, beseitigt, gehandelt, gemakelt oder sonst bewirtschaftet werden. Auch eine Strafbarkeit gemäß § 327 StGB6 kommt in Betracht, wenn beispielsweise die Entsorgungsanlage nicht für gefährliche Abfälle zugelassen ist.
Die Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten der Abfallverzeichnis-Verordnung2 durch den Abfallerzeuger unterliegt der allgemeinen Überwachung der zuständigen Abfallbehörden. Sie sollen - sofern sich im Rahmen der Überwachung Anhaltspunkte für eine falsche Zuordnung durch den Abfallerzeuger ergeben - die Richtigkeit der Zuordnung prüfen und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen veranlassen. Dabei obliegt es dem Abfallerzeuger, die behördlichen Ansatzpunkte mit geeigneten Argumenten zu entkräften.
Ist im Rahmen der Überwachung eine behördliche Einstufung erforderlich, obliegt diese für Abfälle, die im Land Brandenburg angefallen sind, gemäß Nummer 1.23.2 der Anlage zu § 1 der Abfall- und Bodenschutz-Zuständigkeitsverordnung (AbfBodZV)7 in der Regel dem Landesamt für Umwelt (LfU) oder - für Abfälle, die der Bergaufsicht unterliegen - dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR).
Soweit es sich bei dem zu beurteilenden Abfall um einen in der Abfallverzeichnis-Verordnung2 als Spiegeleintrag gelisteten Abfall handelt, hat die behördliche Einstufung des LfU/LBGR nach Beteiligung und im Einvernehmen mit der SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH zu erfolgen. Stellt eine Untere Abfallwirtschaftsbehörde außerhalb der Überwachung der Kleinmengenerzeuger den Verdacht einer Falschdeklaration fest, übergibt sie den Vorgang an das LfU/LBGR zur weiteren Veranlassung der erforderlichen Maßnahmen.
Die zuständige Behörde für die Einstufung der Abfälle, die im Land Berlin angefallen sind, ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, IX B 2 (Telefon: 030 9025-2192, Telefax: 030 9025-2979).
Die SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH ist gemäß § 2 Absatz 3 der Sonderabfallentsorgungsverordnung des Landes Berlin23 sowie § 3 Absatz 1 der Sonderabfallentsorgungsverordnung des Landes Brandenburg9 befugt, festzustellen, ob Abfälle der Andienungspflicht unterliegen, und die Andienung zu verlangen. In diesem Zusammenhang kann auch die Vorlage von Prüfergebnissen durch den Abfallerzeuger gefordert werden, damit die erforderliche Nachprüfung der ordnungsgemäßen Einstufung von Abfällen vorgenommen werden kann.
3 Vorgehensweise
Die Zuordnung von Abfällen zu einer Abfallart eines Spiegeleintrags erfordert eine mehrstufige Vorgehensweise, die in einem Ablaufschema visualisiert werden kann (Bild 1).
Bild 1: Ablaufschema zur Zuordnung von Abfällen zu Abfallarten eines Spiegeleintrags
Zunächst ist der Abfall einem Spiegeleintragspaar zuzuordnen. Zu diesem Zweck enthält Anlage III Tabelle 1 eine Auflistung aller Spiegeleinträge. Zur Vereinfachung der Handhabung wurden dabei
- Mehrfach-Spiegeleinträge aufgelöst,
- die beiden Abfallarten eines Spiegeleintrags direkt gegenübergestellt und
- die Spiegeleinträge nach aufsteigenden Schlüsseln der Abfallarten sortiert.
Die Ermittlung der Abfallart eines Spiegeleintrages erfolgt nach drei gestuften unterschiedlichen Varianten. Liegt eine gefahrstoffrechtliche Einstufung des Abfalls vor, sind zunächst diese Erkenntnisse zu verwenden (Kapitel 3.1). Andernfalls sind vorliegende Vollzugserfahrungen für den Abfall zu nutzen (Kapitel 3.2). Führt dieser Weg zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis, ist die Einstufung nach analytischen Untersuchungen vorzunehmen (Kapitel 3.3). Die drei Varianten stellen Vereinfachungen einer aufwändigen, aber möglichen grundlegenden Betrachtung eines Abfalls durch den Abfallerzeuger hinsichtlich der 15 gefährlichen Merkmale von Abfällen dar.
- Zuordnung auf Grund gefahrstoffrechtlicher Einstufung (Kapitel 3.1)
Abfälle unterliegen gefahrstoffrechtlichen Einstufungs- und Kennzeichnungspflichten. Damit kann festgehalten werden: Jeder Abfall, der unter Berücksichtigung gefahrstoffrechtlicher Merkmale seiner Bestandteile als gefährlicher Stoff oder gefährliches Gemisch zu bewerten ist, ist ein gefährlicher Abfall. Für die Zuordnung ausreichende gefahrstoffrechtliche Kenntnisse werden insbesondere für solche Abfälle vorliegen, die als Produkt entsprechend eingestuft waren. - Zuordnung auf Grund von Vollzugserfahrungen (Kapitel 3.2)
Bei bestimmten Spiegeleinträgen liegen sehr umfangreiche Erfahrungen über Herkunfts- und Abfallspezifika vor. Anhand dieser Erfahrungen konnten entsprechende Zuordnungshinweise erarbeitet werden, die der Anlage III Tabelle 1 sowie 2 zu entnehmen sind.
Für eine Reihe von Spiegeleinträgen liegen keine oder nicht ausreichende Erfahrungen vor, für diese Fälle kann die korrekte Zuordnung nicht mit dieser Variante erfolgen. - Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen (Kapitel 3.3)
Die Zuordnung kann auch nach den Ergebnissen analytischer Untersuchungen vorgenommen werden. Die diesbezüglichen Schwellenwerte sind dazu der Anlage IV Tabelle 1, 2, 3 und 4 zu entnehmen.
Nach Prüfung des Abfalls entsprechend dem Stufenmodell der Kapitel 3.1, 3.2 und 3.3 erfolgt eine Aussage hinsichtlich des Vorliegens gefahrenrelevanter Eigenschaften für den konkreten Abfall. Soweit eine oder mehrere gefahrenrelevante Eigenschaften vorliegen, ist der Abfall der gefährlichen Abfallart des Spiegeleintrags zuzuordnen.
3.1 Zuordnung auf Grund gefahrstoffrechtlicher Einstufung
Das System der Bewertung von Abfällen ist sehr eng an das Gefahrstoffrecht angelehnt. Insofern erlauben ausreichende Kenntnisse über die gefahrstoffrechtliche Bewertung des zu Abfall gewordenen ehemaligen Produktes beziehungsweise über die gefahrstoffrechtliche Einstufung und Kennzeichnung des Abfalls die abschließende Zuordnung. Hier wird auf die Regelungen der TRGS 20111 verwiesen.
Jeder Abfall, der auf Grund seiner Zusammensetzung nach dem Gefahrstoffrecht einzustufen und zu kennzeichnen ist, ist ein gefährlicher Abfall.
Die gefahrstoffrechtliche Einstufung hat nach aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft zu erfolgen, insbesondere ist die Selbstermittlungspflicht bei bislang nicht oder nicht vollständig nach dem Gefahrstoffrecht eingestuften Stoffen zu beachten, das betrifft beispielsweise sogenannte Altstoffe oder neue Stoffe/Gemische, die bislang noch nicht oder nicht vollständig eingestuft sind.
Liegt für den Abfall keine gefahrstoffrechtliche Einstufung aus der früheren Nutzung des Produktes vor, muss die Einstufung nach der Variante 3.2 oder 3.3 erfolgen. Eine Nichteinstufung entsprechend dem Gefahrstoffrecht führt nicht automatisch zu einer Einstufung als nicht gefährlicher Abfall.
Bild 2: Ablaufschema zur Zuordnung nach gefahrstoffrechtlicher Einstufung
3.2 Zuordnung auf Grund von Vollzugserfahrungen
Gemäß Nummer 2 der Anlage der AVV2 (Abfallverzeichnis) erfolgt die Zuordnung von Abfällen zu den einzelnen Abfallarten nach der prozessartspezifischen Herkunft (Kapitel 01 bis 12 und 17 bis 20) beziehungsweise nach abfallspezifischen Kriterien (Kapitel 13 bis 16). Dieses Zuordnungssystem, die Abfälle entsprechend ihrer Herkunft zu gruppieren, greifen diese Vollzugshinweise auf und konkretisieren es für große Bereiche der Abfälle mit Spiegeleinträgen. Ausgehend vom allgemeinen fachlichen Erkenntnisstand werden generelle oder nach einzelnen Herkunfts- und Abfallspezifika differenzierte Regelvermutungen der einzelnen Abfälle benannt.
Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:
- Anlage III Tabelle 1 Spalte 4 enthält den weitergehenden Zuordnungshinweis „gefährlich“:
Dies bedeutet, dass Abfälle, die diesem Spiegeleintrag zuzuordnen sind, in der Regel gefahrenrelevante Eigenschaften aufweisen und daher der gefährlichen Abfallart zuzuordnen sind. - Anlage III Tabelle 1 Spalte 4 enthält den weitergehenden Zuordnungshinweis „X“:
Für diese Spiegeleinträge sind in Anlage III Tabelle 2 differenzierte Hinweise in Bezug auf Herkunft und Gebrauch des Abfalls aufgeführt. Danach lässt sich der Abfall entweder dem gefährlichen oder dem nicht gefährlichen Spiegelpartner zuordnen.
Findet sich in der Anlage III Tabelle 1 in Spalte 4 kein Eintrag, liegen dafür keine allgemeingültigen Erfahrungen vor. Somit kann der Abfall nach Variante 3.2 nicht beurteilt werden und es kann nur Variante 3.3 zur Anwendung kommen.
Bei Anwendung der Variante 3.2 ist zwar keine analytische Untersuchung des Abfalls erforderlich, jedoch für die nachfolgende Auswahl eines geeigneten Entsorgungsweges.
Soweit ein Abfallerzeuger entgegen der Regelvermutung für seinen Abfall die jeweils andere Abfallart des Spiegeleintrags in Anspruch nehmen will, ist dies in geeigneter Weise, insbesondere nach einer der beiden anderen Zuordnungsvarianten, zu belegen.
Bild 3: Ablaufschema zur Zuordnung nach Vollzugserfahrungen
3.3 Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen
Mit den in der Abfallwirtschaft üblichen Analysenverfahren werden häufig Summenparameter (zum Beispiel MKW, LHKW) und Elemente (zum Beispiel Blei, Kupfer) analysiert. Ausgehend von relevanten abfalltypischen Schadstoffen und ihrer stoffrechtlichen Bewertung wurden daher Schwellenwerte abgeleitet, deren Überschreitung einen gravierenden Verdacht auf gefahrenrelevante Eigenschaften des Abfalls begründet.
Anlage IV Tabelle 1, 2, 3 und 4 enthält eine Zusammenstellung solcher Schwellenwerte für übliche Parameter. Für die Beurteilung müssen nicht in jedem Einzelfall alle angegebenen Parameter untersucht werden. Eine Verringerung des Untersuchungsumfanges ist mit der für die Einstufung zuständigen Behörde abzustimmen. Soweit dem Abfallerzeuger Hinweise auf weitere gefährliche Stoffe vorliegen, sind diese außerdem in die Untersuchung und Bewertung einzubeziehen. Genauso kann im Einzelfall bei konkreten Hinweisen auf weitere Kontaminationen von der zuständigen Behörde die Untersuchung zusätzlicher Parameter gefordert werden.
Zur Bewertung der Ergebnisse ist auch der Trockenmasse-Gehalt anzugeben.
Im Einzelnen ist entsprechend dem Schema nach Bild 4 wie folgt vorzugehen:
Bild 4: Ablaufschema zur Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen
- Wenn die analytisch ermittelten Konzentrationen im Abfall die Feststoff-Schwellenwerte aus Anlage IV Tabelle 1 überschreiten, weist der Abfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft auf und ist daher der gefährlichen Abfallart zuzuordnen (Schritt 1).
- Bei Unterschreitung der Feststoff-Schwellenwerte der Einzelparameter ist nachfolgend zu prüfen, ob möglicherweise die Summation bezüglich 2.500 mg/kg überschritten wird.
- Dazu sind die Feststoff-Konzentrationen des Abfalls für Arsen, Blei, Cadmium, ChromVI, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Selen, organische Zinnverbindungen, LHKW, MKW, Cyanide und Zink (mit „X“ in Spalte 4 der Anlage IV Tabelle 1 gekennzeichnet) aufzusummieren und zu prüfen, ob 2.500 mg/kg überschritten werden. Bei Überschreitung der Summation ist der Abfall ebenfalls als gefährlich einzustufen (Schritt 2).
- Wenn die analytisch ermittelten Konzentrationen im Abfall die Eluat-Schwellenwerte aus Anlage IV Tabelle 2 Spalte 3 nicht einhalten, weist der Abfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft auf und ist daher der gefährlichen Abfallart zuzuordnen (Schritt 3).
- Wenn Hinweise auf Verunreinigungen mit Schadstoffen, die in der POP-Verordnung16 aufgeführt sind, vorliegen, sind diese entsprechend im Abfall zu untersuchen. Werden die Konzentrationen dieser POP-Verbindungen (Anlage IV Tabelle 3) überschritten, ist der Abfall der gefährlichen Abfallart zuzuordnen (Schritte 4a und 4b).
- In Bezug auf die gefahrenrelevante Eigenschaft HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt ist zu prüfen, ob bei mineralischen Abfällen die Z2-Werte (Eluat und Feststoff) der LAGA-TR „Mineralische Abfälle“14 eingehalten werden (Schritte 5a und 5b). Sofern das nicht der Fall ist, ist diese gefahrenrelevante Eigenschaft vorhanden - der Abfall ist als gefährlich einzustufen.
Werden die Z2-Werte eingehalten, ist die gefahrenrelevante Eigenschaft HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt nicht gegeben und der Abfall ist als nicht gefährlich anzusehen.
Für die Abfallarten Boden und Bauschutt sind die dazu relevanten Schwellenwerte der Anlage IV Tabelle 4 zu entnehmen. Für die mineralischen Abfälle- Schlacken und Aschen aus Verbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle (HMV),
- Gießereisande,
- Schlacken aus Eisen-, Stahl- und Tempergießereien und
- Aschen und Schlacken aus steinkohlebefeuerten Kraftwerken, Heizkraftwerken und Heizwerken
- Da nicht alle gefahrenrelevanten Eigenschaften mit derartigen analytisch bestimmbaren Schwellenwerten untersetzt werden können, ist vor der Zuordnung des Abfalls zur nicht gefährlichen Abfallart des Spiegeleintrags vom Abfallerzeuger zusätzlich das Nichtvorliegen der verbal einzuschätzenden gefahrenrelevanten Eigenschaften (HP1, HP2, HP3, HP9, HP12, bei nicht-mineralischen Abfällen auch HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt) darzulegen (Schritt 6).
Grundsätzlich gilt für die Bewertung der Analysenergebnisse Folgendes:
Soweit ein Abfallerzeuger nachweist, dass die analytisch ermittelte Konzentration auf ungefährliche Verbindungen/Stoffe des jeweiligen Parameters zurückzuführen ist, ist der Abfall der nicht gefährlichen Abfallart des Spiegeleintrags zuzuordnen.
Es ist zu belegen, welche ungefährliche Einzelverbindung oder welcher ungefährliche Stoff konkret vorliegt. Dies kann auf analytischem Wege oder mittels Argumentation erfolgen.
Ist der Nachweis weder analytisch noch argumentativ möglich, sind die Prüfmethoden aus der EG-Verordnung Nr. 440/2008 vom 30. Mai 200822 anzuwenden - beispielsweise für die gefahrenrelevante Eigenschaft
- ökotoxisch/bezogen auf die aquatische Umwelt über die Methode C.2. (Daphnientest) oder
- ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt über die Methode C.8. (Toxizität für Regenwürmer etc.).
Der MKW-Schwellenwert von 1.000 mg/kg ist nur anzuwenden, sofern auf Grund der Historie des Abfalls davon auszugehen ist, dass die MKW-Verbindungen karzinogene Inhaltsstoffe (beispielsweise Mineralöle aus alter Produktion, PAK-Verbindungen, Benzol) aufweisen. Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn die Abfälle aus Altlastensanierungsvorhaben stammen.
Andernfalls gilt der MKW-Schwellenwert von 2.500 mg/kg.
In die Bewertung des MKW-Gehaltes sind entsprechend der LAGA-Richtlinie „Bestimmung des Gehaltes an Kohlenwasserstoffen in Abfällen“ (KW04)24 das Chromatogramm beziehungsweise das Beiblatt zur Ergebnisübermittlung einzubeziehen.
Abfälle mit sehr niedrigem oder sehr hohem pH-Wert sind auf Grund dessen als gefährlich einzustufen.
Bei pH-Werten von kleiner 5,5 sowie größer 13 weist der Abfall die gefahrenrelevante Eigenschaft HP15 („Abfall, der eine der oben genannten gefahrenrelevanten Eigenschaften entwickeln kann, die der ursprüngliche Abfall nicht unmittelbar aufweist“) auf.
Bei pH-Werten von kleiner/gleich 2 sowie größer/gleich 11,5 ist davon auszugehen, dass die gefahrenrelevante Eigenschaft HP8 - „ätzend“ oder HP4 - „reizend“ vorliegt (vgl. TRGS 20111, Anlage 1, Kapitel 2.2 sowie CLP-Verordnung21, Anhang I, Kapitel 3.2.2.2.). Das gilt auf Grund der nachgewiesenermaßen vorhandenen Pufferkapazität nicht für Bauschutt mit erhöhtem pH-Wert.
Somit ist bei Abfällen, die einen pH-Wert von kleiner 5,5 sowie größer/gleich 11,5 zeigen, mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass diese als gefährlich einzustufen sind.
Bei der Einstufung von Abfällen, die Metalle in elementarer Form enthalten, ist Folgendes zu beachten: Eine Vielzahl von Metallen sind in elementarer Form als gefährlich eingestuft (zum Beispiel Quecksilber, Blei, Arsen, Cadmium, Nickel, Selen, Thallium, Zink etc.). Die Abfälle, die derartige Metalle in entsprechender Konzentration enthalten, können als nicht gefährlich eingestuft werden, wenn durch eine kompakte Form dieser Metalle keine physikalisch-chemische Gefahr besteht, keine Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt erfolgt.
4 Probenahme- und Analyseverfahren
Soweit nach diesen Vollzugshinweisen Probenahmen und Analysen durchzuführen sind, sind die in Anlage V genannten Vorgaben zu Probenahme- und Analysevorschriften einzuhalten. Eine Abweichung hiervon bedarf der vorherigen Bestätigung durch die zuständige Behörde.
5 Inkrafttreten, Aufhebung von Vorschriften
Diese Vollzugshinweise treten für das Land Brandenburg mit ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft. Gleichzeitig wird der Erlass 5/1/15 des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft vom 19. November 2015 (ABl. S. 1403) aufgehoben.
Diese Vollzugshinweise treten für das Land Berlin mit ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt von Berlin in Kraft. Gleichzeitig wird die Bekanntmachung vom 24. April 2012 StadtUm - IX C 3 - aufgehoben.
Die Vollzugshinweise sind fünf Jahre ab dem Datum des Inkrafttretens gültig.
Anlagen
- 1Anlage I - Rechtsgrundlagen 98.7 KB
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