Suche

Suche innerhalb der Norm
Link zur Hilfe-Seite

Staatsvertrag über das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen

Staatsvertrag über das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen
vom 24. November 1997
(GVBl.I/98, [Nr. 7], S.70)

geändert durch Staatsvertrag (Gesetz vom 09.11.2006) vom 26. Juni 2006
(GVBl.I/06, [Nr. 13], S.135)

Das Land Berlin,
das Land Brandenburg,
das Land Mecklenburg-Vorpommern,
der Freistaat Sachsen,
das Land Sachsen-Anhalt und
der Freistaat Thüringen

- nachstehend "beteiligte Länder" genannt -

schließen vorbehaltlich der Zustimmung ihrer verfassungsmäßig zuständigen Organe den nachstehenden Staatsvertrag:

Artikel 1
Organisationsform und Name

Das Gemeinsame Krebsregister wird als nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts des Landes Berlin unter der Bezeichnung "Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen" geführt.

Artikel 2
Aufgaben

Das Gemeinsame Krebsregister erfüllt für die beteiligten Länder die Aufgaben, die ihnen nach dem Krebsregistergesetz vom 4. November 1994 (BGBl. I S. 3351) oder auf Grund des Artikels 13 obliegen, sowie die weiteren in diesem Staatsvertrag bestimmten Aufgaben.

Artikel 3
Datenerhebung

(1) Die Erhebung und Meldung nach § 3 Abs. 1 des Krebsregistergesetzes umfaßt über die in § 2 Abs. 2 des Krebsregistergesetzes genannten epidemiologischen Daten hinaus folgende Daten:

  1. bei Frauen die Anzahl der Geburten, aufgeschlüsselt nach Lebend-, Tot- und Fehlgeburten,
  2. bei Kindern bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres die Lebensdauer bis zum Tag der ersten Tumordiagnose und gegebenenfalls von diesem bis zum Tod,
  3. Anlass der Diagnose.

(2) Abweichend von §  1 Abs. 1 Satz 1 des Krebsregistergesetzes ist dieser Staatsvertrag auch auf Daten über solche Tumoren des zentralen Nervensystems anzuwenden, bei denen es sich um nicht bösartige Neubildungen handelt.

(3) Ergibt sich aus einem Leichenschauschein eine Krebserkrankung, die dem Gemeinsamen Krebsregister noch nicht gemeldet war, so kann das Gemeinsame Krebsregister zur Ergänzung die in § 2 Abs. 1 und 2 des Krebsregistergesetzes sowie die in Absatz 1 genannten Angaben bei Ärzten und Zahnärzten, die den Verstorbenen zuvor behandelt oder untersucht oder die dessen Leiche obduziert haben, erheben. Diese Ärzte und Zahnärzte sind zur Übermittlung dieser Daten an die Vertrauensstelle des Gemeinsamen Krebsregisters berechtigt.

(4) Das Gemeinsame Krebsregister darf Daten anderer bevölkerungsbezogener Krebsregister über Patienten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Gemeinsamen Krebsregisters haben oder gehabt haben, im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Staatsvertrag verarbeiten.

(5) Abweichend von § 3 Abs. 4 des Krebsregistergesetzes kann die Vertrauensstelle die elektronische Übermittlung der für sie bestimmten Daten zulassen, wenn ein Sicherheitskonzept auf der Grundlage einer Risikoanalyse auf dem aktuellen Stand der Technik umgesetzt wurde. Die Verantwortung der übermittelnden Stelle für die Art der Übermittlung bleibt unberührt.

Artikel 4
Übermittlung an andere Register und an die Zentralen Stellen
im Rahmen des Mammographie-Screenings

(1) Die Vertrauensstelle des Gemeinsamen Krebsregisters darf zur Unterstützung der klinischen Krebsforschung die gespeicherten Angaben zu Sterbedatum und Todesursachen eines namentlich benannten Patienten an ein Klinikregister auf dessen Antrag übermitteln.

(2) Erhält die Vertrauensstelle des Gemeinsamen Krebsregisters Meldungen über Patienten, für die ein anderes bevölkerungsbezogenes Krebsregister zuständig ist, so bietet es diese Meldungen dem anderen Krebsregister an und übermittelt sie auf Verlangen dorthin. Bei der Vertrauensstelle verbliebene Daten über den Patienten sind anschließend zu löschen.

(3) Im Rahmen der Früherkennung von Brustkrebs durch Mammographie-Screening gemäß den Krebsfrüherkennungs-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, zuletzt geändert am 15. Dezember 2003, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 1 (S. 2) vom 3. Januar 2004, darf das Gemeinsame Krebsregister die Kontrollnummern der am Früherkennungsprogramm teilnehmenden Frauen, die ihm von den zuständigen Zentralen Stellen der Länder übermittelt werden, mit den Kontrollnummern der im Register gespeicherten Krebsfälle abgleichen und die Kontrollnummern der gemeldeten Brustkrebsfälle von den Frauen, die am Früherkennungsprogramm teilgenommen haben, an die jeweils zuständige Zentrale Stelle übermitteln.

Artikel 5
Datenverarbeitung innerhalb des Gemeinsamen Krebsregisters

(1) Ergeben sich bei der Verarbeitung einer eingegangenen Meldung Anhaltspunkte dafür, dass die Krebserkrankung bereits im Gemeinsamen Krebsregister erfasst ist, obwohl die Kontrollnummern nicht völlig übereinstimmen, oder dass bei übereinstimmenden Kontrollnummern die neue Meldung einen anderen Patienten betrifft, so kann der Leiter der Vertrauensstelle zur Klärung der Zweifel die vorübergehende Entschlüsselung der Identitätsdaten der früheren Meldung anordnen. Die Anordnung ist zu dokumentieren und der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Die entschlüsselten Identitätsdaten sind nach der Durchführung des Abgleichs unverzüglich zu löschen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend bei einem Abgleich mit einem anderen bevölkerungsbezogenen Krebsregister und bei Anfragen von Klinikregistern nach Artikel 4 Abs. 1.

(2) Abweichend von § 4 Abs. 1 Nr. 5 des Krebsregistergesetzes beträgt die Löschungs- und Vernichtungsfrist in den Fällen des Artikels 3 Abs. 3 längstens zwölf Monate, in den übrigen Fällen längstens sechs Monate nach der Übermittlung der Angaben.

Artikel 6
Vorhandener Datenbestand

(1) Das Gemeinsame Krebsregister darf die vor dem 1. Januar 1995 gemeldeten Daten verarbeiten und nutzen. Hierauf sind die Vorschriften des Krebsregistergesetzes entsprechend anzuwenden, soweit dieser Staatsvertrag nichts anderes bestimmt.

(2) Das Gemeinsame Krebsregister darf die in den Jahren 1990 bis 1994 gemeldeten Daten bis zum 31. Dezember 1997 auf elektronische Datenträger übernehmen, soweit dies noch nicht oder nicht vollständig geschehen ist. Weitere Maßnahmen zur Übernahme dieser Daten sind unzulässig.

(3) Das Gemeinsame Krebsregister darf zur Vervollständigung seines auf elektronischen Datenträgern vorhandenen Datenbestandes des Nationalen Krebsregisters der Deutschen Demokratischen Republik bis zum 31. Dezember 1999 die auf Meldebögen vorhandenen Daten aus den Jahren 1961 bis 1989 verarbeiten. Die Meldebögen sind räumlich getrennt zu verwahren und dürfen nur hierfür besonders befugten Mitarbeitern der Registerstelle zugänglich sein. Sie dürfen nicht für andere Zwecke genutzt werden.

(4) Nach der Speicherung gemäß Absatz 3 hat die Registerstelle die Identitätsdaten und die epidemiologischen Daten auf getrennte Datenträger zu übernehmen. Die Registerstelle hat die Identitätsdaten an die Vertrauensstelle zu geben. Dort sind diese nach § 7 Abs. 1 des Krebsregistergesetzes zu verschlüsseln und Kontrollnummern nach § 7 Abs. 2 des Krebsregistergesetzes zu bilden. Nach der Verschlüsselung sind unverzüglich die unverschlüsselten Identitätsdaten zu löschen und die zugehörigen Meldebögen zu vernichten.

(5) Auf die Aufbewahrung und Nutzung der Meldebögen aus den Jahren 1953 bis 1960 ist das Berliner Archivgesetz entsprechend anzuwenden. Dies gilt ab 1. Januar 2000 auch für die in Absatz 3 genannten Meldebögen.

Artikel 7
Verwaltungsausschuß

(1) An der Führung des Gemeinsamen Krebsregisters wirken die beteiligten Länder durch einen beim Gemeinsamen Krebsregister bestehenden Verwaltungsausschuß mit. Dem Verwaltungsausschuß gehört je ein Vertreter der obersten Gesundheitsbehörden der beteiligten Länder an. Jedes Land hat eine Stimme.

(2) Der Verwaltungsausschuß beschließt in Grundsatzangelegenheiten des Gemeinsamen Krebsregisters und bestimmt die Richtlinien für dessen Tätigkeit. Dies gilt insbesondere für

  1. die Festlegung einheitlicher und verbindlicher Grundsätze für die Übermittlung und Auswertung epidemiologischer Daten für die wissenschaftliche Forschung und für gesundheitspolitische Maßnahmen,
  2. die Festlegung eines einheitlichen Formblattes und eines maschinell verwertbaren Datenträgers, die für Meldungen an das Gemeinsame Krebsregister zu verwenden sind,
  3. die Erarbeitung von einheitlichen Vergütungssätzen für Meldungen an das Gemeinsame Krebsregister,
  4. die Auswahl des Chiffrierverfahrens und des Verfahrens zur Bildung der Kontrollnummern,
  5. die Erarbeitung von Grundsätzen zur Erteilung der Genehmigung nach § 8 Abs. 1 des Krebsregistergesetzes.

Er entscheidet außerdem über die Anmeldungen des Gemeinsamen Krebsregisters zum Haushaltsplan einschließlich des Stellenplanes.

(3) Beschlüsse über Angelegenheiten mit finanziellen Auswirkungen bedürfen im Verwaltungsausschuß der Zustimmung aller beteiligten Länder. Im übrigen entscheidet der Verwaltungsausschuß mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des den Vorsitz führenden Landes.

(4) Das Land Berlin berücksichtigt bei der Führung des Gemeinsamen Krebsregisters die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses, soweit dem Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Es wird außerdem Stellen des höheren Dienstes und vergleichbare Stellen für Angestellte beim Gemeinsamen Krebsregister nur im Einvernehmen mit dem Verwaltungsausschuß besetzen.

(5) Der Verwaltungsausschuß gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 8
Übertragung von Befugnissen

Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 des Krebsregistergesetzes vorgesehenen Entscheidungen werden dem für das Gesundheitswesen zuständigen Mitglied des Senats des Landes Berlin übertragen. Die Entscheidungen bedürfen der Zustimmung des Verwaltungsausschusses.

Artikel 9
Aufsicht

Das für das Gesundheitswesen zuständige Mitglied des Senats des Landes Berlin übt die Aufsicht (Dienst-, Rechts- und Fachaufsicht) über das Gemeinsame Krebsregister aus. Bei der Ausübung der Fachaufsicht gilt Artikel 7 Abs. 4 Satz 1 entsprechend.

Artikel 10
Finanzierung

(1) Das Gemeinsame Krebsregister erhebt für auf Antrag vorgenommene Auswertungen nach Maßgabe des Verwaltungskostenrechts des Landes Berlin Gebühren und verlangt die Erstattung von Auslagen. Die Gebührentatbestände und -sätze werden auf Vorschlag des Verwaltungsausschusses bestimmt.

(2) Die nicht durch Gebühren und Auslagen gedeckten Kosten des Gemeinsamen Krebsregisters tragen die beteiligten Länder anteilig im Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen. Maßgebend hierfür sind die Erhebungen der Statistischen Landesämter für den 31. Dezember des jeweils vorletzten Jahres. Die anteiligen Beiträge der beteiligten Länder werden im Laufe eines Haushaltsjahres in zwei Teilbeträgen zum 1. März und zum 1. September fällig.

Artikel 11
Geltung des Berliner Landesrechts

Soweit das Krebsregistergesetz und dieser Staatsvertrag keine Regelungen treffen, gilt für das Gemeinsame Krebsregister und die dort verarbeiteten Daten das Recht des Landes Berlin, vorbehaltlich abweichender landesrechtlicher Regelungen einer Meldepflicht sowie des Widerspruchsrechts.

Artikel 12
Geltungsdauer

Dieser Staatsvertrag kann von jedem beteiligten Land durch schriftliche Erklärung gegenüber der Senatskanzlei des Landes Berlin unter gleichzeitiger Benachrichtigung der übrigen beteiligten Länder zum Schluß eines Kalenderjahres mit einer Frist von zwei Jahren gekündigt werden, erstmals zum 31. Dezember 1999. Innerhalb von sechs Monaten kann sich jedes andere beteiligte Land dieser Kündigung anschließen. Zwischen den übrigen beteiligten Ländern bleibt der Staatsvertrag nach Wirksamwerden der Kündigung in Kraft.

Artikel 13
Fortgeltung des Krebsregistergesetzes

(1) Nach dem ersatzlosen Außerkrafttreten des Krebsregistergesetzes vom 4. November 1994 (BGBl. I S. 3351) nach seinem § 14 Abs. 2 gilt dieses mit Ausnahme der §§ 10 und 13 Abs. 3 bis zu einer anderweitigen Regelung als Landesrecht fort, soweit sich aus diesem Staatsvertrag oder den zum Krebsregistergesetz ergangenen landesgesetzlichen Regelungen nichts anderes ergibt.

(2) Im Rahmen der Früherkennung von Brustkrebs durch Mammographie-Screening gemäß den Krebsfrüherkennungs-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, zuletzt geändert am 15. Dezember 2003, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 1 (S. 2) vom 3. Januar 2004, darf das für die Bildung der Kontrollnummern eingesetzte Programm von der Vertrauensstelle des Gemeinsamen Krebsregisters abweichend von § 7 Abs. 4 des Krebsregistergesetzes an die zuständigen Zentralen Stellen der Länder weitergegeben werden.

Artikel 14
Inkrafttreten

(1) Dieser Staatsvertrag tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die letzte von einem beteiligten Land auszufertigende Ratifikationsurkunde bei der Senatskanzlei des Landes Berlin hinterlegt ist. Die Senatskanzlei des Landes Berlin teilt den beteiligten Ländern die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden mit.

(2) Mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrages tritt das Verwaltungsabkommen über ein Gemeinsames Krebsregister vom 21./23. Dezember 1994 außer Kraft.

Saarbrücken, den 20. November 1997

Die Senatorin für Gesundheit und Soziales
Berlin

Beate Hübner

Die Ministerin für Arbeit, Soziales und Gesundheit
Sachsen-Anhalt

Dr. Gerlinde Kuppe

Der Sozialminister
Mecklenburg-Vorpommern

Hinrich Kuessner

Der Staatsminister für Soziales,
Gesundheit und Familie
Sachsen

Dr. Hans Geisler

Die Ministerin für Soziales und Gesundheit
Thüringen

Irene Ellenberger

 

Potsdam, den 24. November 1997

Die Ministerin für Arbeit, Soziales,
Gesundheit und Frauen
Brandenburg

Dr. Regine Hildebrandt

zum Gesetz