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Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit

Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit
vom 19. Juni 2000
(GVBl.II/00, [Nr. 14], S.226)

zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Februar 2016
(GVBl.II/16, [Nr. 5])

Am 1. Februar 2024 außer Kraft getreten durch Verordnung vom 1. Februar 2024
(GVBl.II/24, [Nr. 9])

Auf Grund des Artikels 293 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), der zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302, 1311) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Übertragung der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit vom 23. Dezember 1991 (GVBl. 1992 II S. 22) verordnet der Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten:

§ 1
Allgemeines

(1) Zur Vermeidung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe kann die Strafvollstreckungsbehörde einem Verurteilten auf Antrag gestatten, eine uneinbringliche Geldstrafe durch freie Arbeit zu tilgen.

(2) Freie Arbeit im Sinne dieser Verordnung ist gemeinnützige, unentgeltliche Tätigkeit. Geringfügige finanzielle oder geringfügige sonstige geldwerte Zuwendungen an den Verurteilten zum Ausgleich von Auslagen im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung berühren die Unentgeltlichkeit nicht.

(3) Ein Arbeitsverhältnis wird durch die Leistung der freien Arbeit nicht begründet.

§ 2
Antragsverfahren

(1) Ist eine Geldstrafe uneinbringlich, so weist die Strafvollstreckungsbehörde den Verurteilten zugleich mit der Mitteilung über die Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe darauf hin, dass er innerhalb einer bestimmten Frist einen Antrag nach § 1 Abs. 1 stellen kann. Sie gibt ihm Gelegenheit, eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 sowie eine geeignete Beschäftigungsstelle vorzuschlagen. Befindet sich der Verurteilte in Strafhaft, erteilt die Vollstreckungsbehörde den Hinweis mit dem Ersuchen um Vormerkung von Überhaft für die Ersatzfreiheitsstrafe. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der Verurteilte unbekannten Aufenthalts ist.

(2) Die Strafvollstreckungsbehörde ist dem Verurteilten bei der Vermittlung eines Beschäftigungsverhältnisses behilflich. Sie stimmt mit der Beschäftigungsstelle die näheren Umstände der zu leistenden Tätigkeit ab.

§ 3
Entscheidung der Strafvollstreckungsbehörde

(1) Gestattet die Strafvollstreckungsbehörde die Tilgung der Geldstrafe durch freie Arbeit, so bestimmt sie zugleich die Beschäftigungsstelle, den Inhalt der Tätigkeit, die voraussichtliche tägliche Arbeitszeit und den Anrechnungsmaßstab (§ 8 Abs. 1).

(2) Die Strafvollstreckungsbehörde darf den Antrag nur dann ablehnen, wenn

  1. Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Verurteilte freie Arbeit nicht leisten will oder dazu in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein wird, oder
  2. die von dem Verurteilten vorgeschlagene Beschäftigungsstelle ungeeignet ist und ein anderes Beschäftigungsverhältnis nicht vermittelt werden kann.

§ 4
Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe

Die Ersatzfreiheitsstrafe wird nicht vollstreckt, solange dem Verurteilten die Tilgung der Geldstrafe durch freie Arbeit gestattet ist oder über den rechtzeitig gestellten Antrag des Verurteilten nicht entschieden ist; § 5 bleibt unberührt.

§ 5
Anrechnung freier Arbeit während des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann die Ableistung freier Arbeit auf Antrag des Verurteilten auch dann gestatten, wenn die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe bereits begonnen hat. Die Tilgung der Geldstrafe erfolgt nach Maßgabe von § 8 durch Anrechnung auf die noch zu vollstreckende Ersatzfreiheitsstrafe.

(2) Der Leiter der Vollzugsanstalt wirkt in geeigneten Fällen auf eine Antragstellung des Verurteilten hin. Er unterstützt ihn bei der Suche nach einer geeigneten Beschäftigungsstelle außerhalb der Justizvollzugsanstalt, wenn die Voraussetzungen für den offenen Vollzug (§ 22 des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes), für Freigang (§ 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, Absatz 2 des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes) oder eine Außenbeschäftigung (§ 49 Absatz 4 des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes) vorliegen. In Ausnahmefällen kann dem Verurteilten Gelegenheit zur Ableistung unbezahlter gemeinnütziger Tätigkeit auch innerhalb der Justizvollzugsanstalt gegeben werden, soweit dort geeignete Einsatzmöglichkeiten vorhanden sind.

(3) Einen Antrag des Verurteilten nach Absatz 1 übermittelt der Leiter der Justizvollzugsanstalt umgehend an die Strafvollstreckungsbehörde. Diese entscheidet unverzüglich über den Antrag und teilt ihre Entscheidung dem Verurteilten und dem Leiter der Justizvollzugsanstalt umgehend mit.

(4) Der Leiter der Justizvollzugsanstalt überwacht die ordnungsgemäße Erfüllung der freien Arbeit durch den Verurteilten. Er teilt der Vollstreckungsbehörde die Erledigung der Ersatzfreiheitsstrafe mit.

§ 6
Weisungen

Der Verurteilte hat den Weisungen der Strafvollstreckungsbehörde oder, sofern er die gemeinnützige Arbeit während des Strafvollzuges verrichtet, denjenigen des Vollzugsleiters nachzukommen. Hinsichtlich der ihm obliegenden Pflichten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses hat er den Anordnungen des Beschäftigungsgebers nachzukommen.

§ 7
Widerruf, Beendigung

(1) Die Strafvollstreckungsbehörde kann die Gestattung nach Anhörung des Verurteilten widerrufen, wenn er

  1. ohne genügende Entschuldigung die Arbeit nicht aufnimmt, nicht zur Arbeit erscheint oder die Arbeit abbricht,
  2. trotz Abmahnung des Beschäftigungsgebers mit seiner Arbeitsleistung hinter den Anforderungen zurückbleibt, die billigerweise an ihn gestellt werden können,
  3. gröblich oder beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen oder Anordnungen verstößt oder
  4. durch sonstiges schuldhaftes Verhalten eine Weiterbeschäftigung für den Beschäftigungsgeber unzumutbar macht.

(2) Die Gestattung endet, wenn der Verurteilte bei dem bisherigen Beschäftigungsgeber nicht mehr weiter tätig sein kann und ein neues Beschäftigungsverhältnis in angemessener Zeit nicht zustande gekommen ist. Die Strafvollstreckungsbehörde teilt dem Verurteilten den Wegfall der Gestattung mit.

§ 8
Erledigung der Ersatzfreiheitsstrafe

(1) Zur Tilgung eines Tagessatzes der Geldstrafe sind sechs Stunden freie Arbeit zu leisten. In Ausnahmefällen kann die Vollstreckungsbehörde den Anrechnungsmaßstab insbesondere mit Rücksicht auf Inhalt und Umstände der Tätigkeit oder auf die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten bis auf drei Stunden herabsetzen. Verbüßt der Verurteilte eine Strafhaft, so wird die Vollstreckung eines Tages der Ersatzfreiheitsstrafe durch sechs Arbeitsstunden abgewendet.

(2) Bleibt der Verurteilte der Arbeit fern, wird die versäumte Arbeitszeit auch dann nicht auf die Gesamtarbeitszeit angerechnet, wenn das Fernbleiben entschuldigt ist.

(3) Hat der Verurteilte die erforderliche Stundenzahl freier Arbeit geleistet, ist die Geldstrafe getilgt. Die Strafvollstreckungsbehörde teilt dem Verurteilten schriftlich mit, dass die Zahlung der Geldstrafe erledigt ist.

(4) Der Verurteilte kann jederzeit die noch nicht getilgte Geldstrafe zahlen.

§ 9
Beteiligung der Sozialen Dienste der Justiz oder freier Träger

Die Strafvollstreckungsbehörde befasst die Sozialen Dienste der Justiz oder einen entsprechend beauftragten freien Träger mit der Vermittlung eines Beschäftigungsverhältnisses. Vor Übermittlung personenbezogener Daten an die freien Träger oder Beschäftigungsgeber ist die Einwilligung der verurteilten Person entsprechend den Vorschriften des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes einzuholen. Vor einem Widerruf einer Gestattung (§ 7 Absatz 1) erfolgt eine Beteiligung der Sozialen Dienste der Justiz oder des entsprechend beauftragten freien Trägers.

§ 10
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit vom 4. März 1992 (GVBl. II S. 86) außer Kraft.

Potsdam, den 19. Juni 2000

Der Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten
Prof. Dr. Kurt Schelter