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Ordnungsbehördliche Verordnung über das Halten und Führen von Hunden (Hundehalteverordnung - HundehV)
Ordnungsbehördliche Verordnung über das Halten und Führen von Hunden (Hundehalteverordnung - HundehV)
vom 24. Juni 2024
(GVBl.II/24, [Nr. 42])
Hinweis: § 16 Absatz 1 Nummer 5 und 6 tritt am 1. Februar 2025 in Kraft.
Auf Grund des § 25a Absatz 4 und 5 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 1996 (GVBl. I S. 266), von denen Absatz 4 durch Artikel 5 des Gesetzes vom 15. Oktober 2018 (GVBl. I Nr. 22 S. 26) geändert worden ist, verordnet der Minister des Innern und für Kommunales nach Kenntnisnahme durch den Ausschuss für Inneres und Kommunales des Landtages:
Inhaltsübersicht
Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften über das Halten und Führen von Hunden
§ 1 Halten und Führen von Hunden
§ 2 Kennzeichnungs- und Anzeigepflicht
§ 3 Leinenpflicht und Maulkorbzwang
Abschnitt 2
Besondere Vorschriften über das Halten und Führen gefährlicher Hunde
§ 9 Halten und Führen von gefährlichen Hunden
§ 11 Untersagungsverfügung; Überlassung und Tötung von Hunden
§ 12 Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
§ 13 Zucht; Handel; Ausbildung und Abrichten
Abschnitt 3
Ausnahme- und Übergangsregelungen; Ordnungswidrigkeiten
§ 15 Anerkennung und Besuchshunde
§ 19 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften über das Halten und Führen von Hunden
§ 1
Halten und Führen von Hunden
(1) Hunde sind so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen.
(2) Ein befriedetes Besitztum, auf dem ein Hund gehalten wird, muss gegen ein unbeabsichtigtes Entweichen des Hundes angemessen gesichert sein. Die Halterin oder der Halter hat sicherzustellen, dass sich der Hund nicht unbeaufsichtigt außerhalb des befriedeten Besitztums aufhält.
(3) Wer einen Hund außerhalb des befriedeten Besitztums führt, muss körperlich und geistig die Gewähr dafür bieten, jederzeit den Hund so beaufsichtigen zu können, dass Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden. Darüber hinaus muss der Hund ein Halsband oder Geschirr mit dem Vor- und dem Zunamen sowie der gegenwärtigen Anschrift der Halterin oder des Halters tragen. Wer noch nicht volljährig ist, darf nur einen Hund führen.
(4) Hunde dürfen nur Personen überlassen werden, die die Gewähr dafür bieten, dass die Vorschriften dieser Verordnung eingehalten werden.
(5) Wer einen Hund auf öffentlichen Straßen oder Anlagen führt, hat die durch das Tier verursachten Verunreinigungen unverzüglich und schadlos zu entfernen sowie ordnungsgemäß zu entsorgen.
§ 2
Kennzeichnungs- und Anzeigepflicht
(1) Ein Hund, der älter als acht Wochen ist, ist auf Kosten der Halterin oder des Halters mit Hilfe eines Mikrochip-Transponders gemäß ISO-Standard dauerhaft zu kennzeichnen. Der Transponder muss in der Codestruktur und im Informationsgehalt dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.
(2) Die Halterin oder der Halter eines Hundes hat der örtlichen Ordnungsbehörde unverzüglich das Halten des Hundes anzuzeigen. Die Rasse, das Wurfdatum sowie die Farbe des Hundes und die unveränderliche Nummer des Mikrochips sind mitzuteilen und auf Anforderung erforderliche Nachweise zu erbringen. Etwaige für die Beurteilung der Gefährlichkeit maßgeblichen Umstände sowie der Name, bei natürlichen Personen auch Vorname, Geburtstag und Geburtsort sowie die gegenwärtige Anschrift der Halterin oder des Halters sind zusammen mit der Anzeige nach Satz 1 mitzuteilen. Zu den maßgeblichen Umständen zählen auch Feststellungen über die Gefährlichkeit des Hundes und Ordnungsverfügungen anderer örtlicher Ordnungsbehörden, in denen zur Gefährlichkeit des Hundes Auflagen ergangen sind.
§ 3
Leinenpflicht und Maulkorbzwang
(1) Hunde sind
- bei öffentlichen Versammlungen, Umzügen, Aufzügen, Volksfesten und sonstigen Veranstaltungen mit Menschenansammlungen,
- auf Sport- und Campingplätzen,
- in umfriedeten oder anderweitig begrenzten der Allgemeinheit zugänglichen Park-, Garten- und Grünanlagen,
- in Einkaufszentren, Fußgängerzonen, Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln und
- bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen und zum Haus gehörenden Grundstücksflächen, in Treppenhäusern oder sonstigen von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen
so an der Leine zu führen, dass Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden. Die Leine muss reißfest sein und ständig ein sicheres Einwirken auf den Hund ermöglichen.
(2) Die Leinenpflicht nach Absatz 1 Nummer 2 und 3 gilt nicht in den als Hundeauslaufgebiet gekennzeichneten Gebieten sowie nicht im Falle der Nummer 5, wenn sämtliche Inhaberinnen oder Inhaber des Hausrechts zustimmen.
(3) In Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln hat jeder Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb zu tragen.
(4) Kommunale Rechtsvorschriften hinsichtlich einer darüberhinausgehenden Leinenpflicht oder eines darüberhinausgehenden Maulkorbzwangs bleiben unberührt.
§ 4
Mitnahmeverbot
Hunde dürfen nicht
- auf Kinderspielplätze,
- auf Liegewiesen, die als solche gekennzeichnet sind, und
- in Badeanstalten sowie an als solche gekennzeichneten öffentlichen Badestellen
mitgenommen werden. § 3 Absatz 2 und 4 gilt sinngemäß für die Nummern 2 und 3.
Abschnitt 2
Besondere Vorschriften über das Halten und Führen gefährlicher Hunde
§ 5
Gefährliche Hunde
(1) Als gefährlich im Sinne dieser Verordnung gelten Hunde,
- die durch das Ausbilden oder das Abrichten eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in ihren Wirkungen vergleichbare, mensch- oder tiergefährdende Eigenschaft besitzen,
- die einen Menschen oder ein Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein, oder weil sie einen anderen Hund trotz dessen erkennbar artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben,
- die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert Wild oder andere Tiere hetzen oder reißen oder
- die, ohne selbst angegriffen oder provoziert worden zu sein, wiederholt Menschen gefährdet oder in gefahrdrohender Weise angesprungen haben.
(2) Die örtliche Ordnungsbehörde prüft die ihr angezeigten Vorfälle sowie die ihr vorliegenden sonstigen Hinweise und stellt bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Gefährlichkeit eines Hundes fest. Dazu kann sie auf Kosten der Halterin oder des Halters ein Veterinäramt oder eine andere geeignete sachverständige Person mit der Begutachtung beauftragen. Die Feststellung ist zuzustellen.
§ 6
Erlaubnispflicht
(1) Wer einen gefährlichen Hund halten will, bedarf der Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde.
(2) Nach Bekanntgabe der Gefährlichkeit ist unverzüglich die Erlaubnis zu beantragen oder das Halten des Hundes, spätestens innerhalb von drei Monaten, aufzugeben. Wird die Haltung des Hundes aufgegeben, so sind der örtlichen Ordnungsbehörde von der die Haltung aufgebenden Person der Vor- und Nachname sowie die gegenwärtige Anschrift der neuen Halterin oder des neuen Halters anzugeben; diese oder dieser ist darauf hinzuweisen, dass die Gefährlichkeit des Hundes festgestellt worden ist.
(3) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die antragstellende Person
- volljährig ist,
- die Kennzeichnung nach § 2 Absatz 1 nachweist,
- die erforderliche Sachkunde nach § 7 besitzt,
- zuverlässig im Sinne des § 8 ist,
- ein berechtigtes Interesse an dem Halten eines gefährlichen Hundes nachweist,
- den Nachweis des Bestehens einer Haftpflichtversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erbringt und
- nachweist, dass der Hund artgerecht gehalten wird und die erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind, damit von ihm keine Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz ausgehen.
Wird der Hund von einer juristischen Person gehalten, müssen die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1, 3 und 4 bei einer von dieser mit der Verantwortung für den Hund beauftragten natürlichen Person vorliegen.
(4) Die Halterin oder der Halter hat der örtlichen Ordnungsbehörde innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung die Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen zu prüfen. Die Frist kann auf Antrag um höchstens drei Monate verlängert werden. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist die Erlaubnis zu versagen. Bis zur Entscheidung über den Antrag können gefährliche Hunde ohne die nach Absatz 1 erforderliche Erlaubnis gehalten werden. Die örtliche Ordnungsbehörde hat für die Halterin oder den Halter über den Eingang des Antrags einen schriftlichen oder elektronischen Nachweis auszustellen.
(5) Beim Führen eines gefährlichen Hundes außerhalb des befriedeten Besitztums ist die Erlaubnis oder der Nachweis nach Absatz 4 Satz 5 bei sich zu führen und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Prüfung zu übermitteln.
(6) Die Erlaubnis kann befristet und unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt sowie mit Bedingungen und Auflagen versehen werden. Auflagen können auch nachträglich aufgenommen, geändert oder ergänzt werden. Die Erlaubnis ist aufzuheben, wenn nachträglich bekannt wird, dass eine der Voraussetzungen des Absatzes 3 bei der Erteilung nicht vorgelegen hat oder eine Voraussetzung nach Erteilung der Erlaubnis entfallen ist. Sie ist insbesondere zu widerrufen, wenn der Versicherungsschutz nach Absatz 3 Nummer 6 nicht mehr besteht.
(7) Die Erlaubnis erteilt die örtliche Ordnungsbehörde im Benehmen mit dem zuständigen Veterinäramt.
§ 7
Sachkunde
(1) Die erforderliche Sachkunde im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 besitzt eine Person, wenn sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen gefährlichen Hund jederzeit so zu halten und zu führen, dass von diesem keine Gefahr für Menschen, andere Tiere oder Sachen ausgeht. Sie wird in der Regel durch den Nachweis der erfolgreichen Ablegung einer theoretischen und einer praktischen Sachkundeprüfung mit dem eigenen Hund nachgewiesen. Sind Umstände bekannt, die Zweifel an den fachlichen Kenntnissen der Halterin oder des Halters begründen, so kann die zuständige Behörde weitere geeignete Nachweise auf Kosten der Halterin oder des Halters anfordern.
(2) Als sachkundig nach Absatz 1 Satz 1 gelten
- Tierärztinnen und Tierärzte sowie Inhaber einer Berufserlaubnis nach § 11 der Bundes-Tierärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1981 (BGBl. I S. 1193), die zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist,
- Personen, die zur gewerbsmäßigen Ausbildung von Hunden für Dritte oder zur Anleitung der Ausbildung der Hunde durch die Halterin oder den Halter nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2752) geändert worden ist, berechtigt sind,
- Personen, die als Hundeführerinnen oder Hundeführer an einer erfolgreichen Brauchbarkeitsprüfung für Jagdhunde teilgenommen haben,
- Rettungshundeführerinnen und Rettungshundeführer,
- Diensthundeführerinnen und Diensthundeführer oder
- weitere Personen, die eine sonstige Prüfung bestanden haben, die vom zuständigen Fachministerium im Benehmen mit dem für Inneres zuständigen Ministerium als den Prüfungen nach Absatz 1 Satz 2 gleichwertig anerkannt worden ist. Diese Personen sind im Amtsblatt für Brandenburg öffentlich bekannt zu machen.
§ 8
Zuverlässigkeit
(1) Die zum Halten eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die insbesondere
- wegen Straftaten gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit, wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs, Zuhälterei, Ausbeutung von Prostituierten, Raubes, Nötigung, Landfriedensbruchs, einer gemeingefährlichen Straftat oder Widerstands gegen die Staatsgewalt,
- wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftat,
- wegen einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz, dem Bundesjagdgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), das zuletzt durch Artikel 291 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, dem Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592), 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 25 des Gesetzes vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2606) geändert worden ist, dem Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3518), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 2. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 56) geändert worden ist, oder dem Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 27. März 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 109) geändert worden ist,
rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher die Personen auf behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht worden sind.
(2) Ferner besitzen die zum Halten eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen auch nicht, die insbesondere
- eine Straftat nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3 im Zustand der Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 des Strafgesetzbuches begangen haben, deren Feststellung fünf Jahre noch nicht zurückliegt,
- wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften dieser Verordnung oder die Vorschriften eines der in Absatz 1 Nummer 3 genannten Gesetze verstoßen haben,
- keinen festen Wohnsitz haben oder
- an einer schweren psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung leiden oder alkohol-, arzneimittel- oder drogenabhängig sind.
Als Nachweis der Zuverlässigkeit ist von der Halterin oder dem Halter ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde der örtlichen Ordnungsbehörde vorzulegen, das im Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als drei Monate sein darf.
(3) Sind Umstände bekannt, die Zweifel über die Zuverlässigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 begründen, so kann die örtliche Ordnungsbehörde, soweit dies für die Zuverlässigkeitsprüfung erforderlich ist,
- weitere geeignete Nachweise anfordern, insbesondere die Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens verlangen, und
- Anfragen an Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungsverfahren stellen und sonstige Erkenntnisse einfordern, die geeignet sind, Bedenken gegen die Zuverlässigkeit zu begründen, wobei die Auskünfte auch personenbezogene Daten besonderer Kategorien umfassen dürfen.
§ 9
Halten und Führen von gefährlichen Hunden
(1) Gefährliche Hunde sind ausbruchssicher zu halten. Alle Zugänge zu dem ausbruchssicher eingefriedeten Besitztum sind durch Warnschilder mit der Aufschrift „Vorsicht gefährlicher Hund!“ oder „Vorsicht bissiger Hund!“ deutlich sichtbar zu machen. Gefährliche Hunde haben darüber hinaus am Halsband eine Plakette zu tragen. Die Plakette ist rot, kreisrund, kann das Wappen der auszustellenden Behörde zeigen und hat einen Durchmesser von 40 Millimetern.
(2) Für gefährliche Hunde besteht über § 3 Absatz 1 und 3 hinaus außerhalb des ausbruchssicher eingefriedeten Besitztums Leinenpflicht und Maulkorbzwang. Die Leine darf eine Länge von zwei Metern nicht überschreiten. Die Leinenpflicht entfällt nur auf Hundeauslaufgebieten, die eingezäunt sind und auf denen der Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb trägt. Auf privaten Grundstücken Dritter dürfen gefährliche Hunde nur mit Zustimmung sämtlicher Inhaberinnen oder Inhaber des Hausrechts ohne Leine und ohne Maulkorb geführt werden.
(3) Die tatsächliche Gewalt über einen gefährlichen Hund darf die Halterin oder der Halter nur volljährigen Personen vorübergehend einräumen, die die Gewähr dafür bieten, dass die Vorschriften dieser Verordnung eingehalten werden.
(4) Eine Person darf neben einem gefährlichen Hund nicht gleichzeitig einen anderen Hund führen.
(5) Halterinnen oder Halter gefährlicher Hunde haben der örtlichen Ordnungsbehörde unverzüglich mitzuteilen
- den Vor- und Nachnamen und die gegenwärtige Anschrift der neuen Halterin oder des neuen Halters bei nicht nur vorübergehender Überlassung an diese Person,
- das Entweichen aus dem Einwirkungsbereich der Halterin oder des Halters,
- den Tod des Hundes,
- die Geburt von Nachkommen gefährlicher Hunde,
- einen Wohnortwechsel der Halterin oder des Halters,
- einen Wechsel des Ortes, an dem der Hund gehalten wird und
- bei juristischen Personen einen Wechsel der für die Betreuung des Hundes verantwortlichen Person sowie deren Vor- und Nachnamen.
§ 10
Wesensprüfung
(1) Auf Antrag der Halterin oder des Halters eines gefährlichen Hundes stellt die örtliche Ordnungsbehörde fest, dass der Hund nicht mehr gefährlich ist, wenn nach Ablauf von mindestens zwei Jahren seit Erteilung einer Erlaubnis nach § 6 Absatz 1 keine weiteren Vorkommnisse nach § 5 Absatz 1 feststellbar sind und wenn von einer positiven Verhaltensänderung des Hundes auszugehen ist.
(2) Die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten nach Absatz 1 ist von einer sachverständigen Person zu prüfen (Wesensprüfung). Die Wesensprüfung erfolgt auf Kosten der Hundehalterin oder des Hundehalters. Eine weitere Wesensprüfung kann mit demselben Hund frühestens ein Jahr nach Ablegung der vorangegangenen Wesensprüfung durchgeführt werden. Die Wesensprüfung setzt sich aus einem Befragungsteil mit der Halterin oder dem Halter und einem praktischen Teil zusammen.
§ 11
Untersagungsverfügung; Überlassung und Tötung von Hunden
(1) Die örtliche Ordnungsbehörde hat das Halten eines gefährlichen Hundes schriftlich oder elektronisch zu untersagen, wenn
- die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 nicht vorliegen oder
- eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit von Menschen oder Tieren nicht anders beseitigt werden kann.
Sie kann das Halten untersagen, wenn die Erlaubnis nach § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht unverzüglich beantragt worden ist.
(2) Zugleich soll die örtliche Ordnungsbehörde anordnen, dass der Hund der von der Untersagungsverfügung betroffenen Halterin oder des betroffenen Halters binnen angemessener, von ihr zu bestimmender Frist einem oder einer Berechtigten überlassen wird. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 kann mit Zustimmung des zuständigen Veterinäramts die tierschutzgerechte Tötung des Hundes angeordnet werden.
§ 12
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
Einer Erlaubnis nach § 6 Absatz 1 zum Halten von Hunden in einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung für die dort gehaltenen Hunde bedürfen nicht die Inhaberinnen und Inhaber einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Tierschutzgesetzes. Im Übrigen gelten die Vorschriften dieser Verordnung.
§ 13
Zucht; Handel; Ausbildung und Abrichten
(1) Die Zucht von und mit gefährlichen Hunden ist verboten. Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen Hundes hat sicherzustellen, dass eine Verpaarung des Hundes mit anderen Hunden nicht erfolgt.
(2) Das gewerbliche Inverkehrbringen von gefährlichen Hunden ist verboten.
(3) Über Ausnahmen entscheidet
- zum Zwecke der Wissenschaft und Forschung im Einzelfall das für Wissenschaft und Forschung zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem für Tierschutz zuständigen Ministerium oder
- auf Antrag aus wichtigem Grund nach pflichtgemäßem Ermessen die örtliche Ordnungsbehörde.
(4) Hunde dürfen nicht durch Ausbildung, Abrichten oder Halten zu gefährlichen Hunden im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 1 herangebildet werden.
(5) Bei der Ausbildung, dem Abrichten und der Aufzucht eines Hundes ist insbesondere auf die Heranbildung eines für Mensch und Tier sozialverträglichen, der Halterin oder dem Halter jederzeit Folge leistenden Hundes hinzuwirken.
Abschnitt 3
Ausnahme- und Übergangsregelungen; Ordnungswidrigkeiten
§ 14
Ausnahmeregelungen
(1) Die Verordnung gilt nicht für Diensthunde von Behörden, des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes.
(2) Jagd-, Herdengebrauchs- und -schutzhunde sind mit Ausnahme der Kennzeichnungs- und Anzeigepflicht des § 2 von den Regelungen dieser Verordnung ausgenommen, soweit diese im Rahmen ihrer jeweiligen Zweckbestimmung eingesetzt werden.
(3) Blindenführ-, Behindertenbegleit- und Assistenzhunde sind mit Ausnahme der Kennzeichnungs- und Anzeigepflicht des § 2 von den Regelungen dieser Verordnung ausgenommen, wenn der örtlichen Ordnungsbehörde der Verwendungszweck des Hundes schriftlich oder elektronisch nachgewiesen wird.
§ 15
Anerkennung und Besuchshunde
(1) Erlaubnisse, Sachkunde- und Wesensprüfungsbescheinigungen sowie Befreiungen, die von den zuständigen Stellen anderer Bundesländer erteilt wurden, sollen von den zuständigen Behörden anerkannt werden, wenn sie den durch diese Verordnung gestellten Anforderungen im Wesentlichen entsprechen.
(2) Halterinnen oder Halter, die sich mit einem gefährlichen oder anderen Hund nach den Vorschriften dieser Verordnung oder denen eines anderen Bundeslandes nur vorübergehend bis zu einem Monat ununterbrochen im Land Brandenburg aufhalten, sind von den Regelungen des § 2 und des § 6 befreit. Im Übrigen gelten die Vorschriften dieser Verordnung.
§ 16
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- entgegen § 1 Absatz 2 Satz 1 das befriedete Besitztum nicht angemessen sichert,
- entgegen § 1 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 den dortigen Aufsichtspflichten nicht nachkommt,
- entgegen § 1 Absatz 3 Satz 2 einem Hund das vorgeschriebene Halsband oder Geschirr nicht anlegt,
- entgegen § 1 Absatz 5 die Verunreinigungen nicht unverzüglich und schadlos entfernt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Satz 1 den Hund nicht kennzeichnet,
- entgegen § 2 Absatz 2 Satz 1 das Halten des Hundes nicht unverzüglich anzeigt,
- entgegen § 2 Absatz 2 Satz 2 die Mitteilung nicht oder nur unvollständig vornimmt,
- entgegen § 3 Absatz 1 Hunde nicht an der Leine führt,
- entgegen § 3 Absatz 3 Hunden nicht den Maulkorb anlegt,
- entgegen § 4 Satz 1 Hunde mitnimmt,
- entgegen § 6 Absatz 1 einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält,
- entgegen § 6 Absatz 2 Satz 1 die erforderliche Erlaubnis nicht unverzüglich beantragt oder
das Halten des Hundes nicht innerhalb von drei Monaten aufgibt, - entgegen § 6 Absatz 2 Satz 2 nicht auf die Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes hinweist,
- entgegen § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 einen gefährlichen Hund ohne den erforderlichen Versicherungsschutz hält,
- entgegen § 6 Absatz 4 Satz 1 nicht innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung die zur Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen vorlegt,
- entgegen § 6 Absatz 5 beim Führen eines gefährlichen Hundes außerhalb des befriedeten Besitztums die Erlaubnis oder den Nachweis nach § 6 Absatz 4 Satz 5 nicht auf Verlangen der zuständigen Behörde aushändigt,
- entgegen § 6 Absatz 6 Satz 1 und Satz 2 einer mit einer Erlaubnis verbundenen vollziehbaren Auflage zuwiderhandelt,
- entgegen § 9 Absatz 1 Satz 2 die Zugänge zu dem eingefriedeten Besitztum nicht mit den erforderlichen Warnschildern kenntlich macht,
- entgegen § 9 Absatz 1 Satz 3 die rote Plakette nicht am Halsband befestigt,
- entgegen § 9 Absatz 2 Satz 1 und 2 gefährliche Hunde nicht an der vorgeschriebenen Leine führt oder diesen nicht den Maulkorb anlegt,
- entgegen § 9 Absatz 3 einer minderjährigen Person die tatsächliche Gewalt über einen gefährlichen Hund einräumt,
- entgegen § 9 Absatz 4 gleichzeitig neben einem gefährlichen Hund einen anderen Hund führt,
- entgegen § 9 Absatz 5 der Mitteilungspflicht nicht nachkommt,
- entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 einen gefährlichen Hund entgegen einer Untersagungsverfügung über den Überlassungszeitraum hinaus hält,
- entgegen § 13 Absatz 1 und 4 Hunde züchtet, ausbildet, abrichtet oder nicht sicherstellt, dass die Verpaarung eines gefährlichen Hundes nicht erfolgt oder
- entgegen § 13 Absatz 2 gefährliche Hunde in Verkehr bringt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 11, 12, 14, 17, 20, 24, 25 und 26 mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden. Außerdem kann die Einziehung des Hundes angeordnet werden.
§ 17
Übergangsregelung
(1) Hunde, die aufgrund von § 8 Absatz 1 Nummer 1 der Hundehalterverordnung vom 16. Juni 2004 (GVBl. II S. 458), die durch Artikel 87 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GVBl. I Nr. 9 S. 34) geändert worden ist, in Verbindung mit § 25a Absatz 3 Nummer 1 und Absatz 4 Nummer 5 des Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 1996 (GVBl. I S. 266), das zuletzt durch Artikel 41 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GVBl. I Nr. 9 S. 19) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ausschließlich aufgrund der Rassezugehörigkeit des Hundes als gefährlich galten, gelten mit Inkrafttreten dieser Verordnung als nicht mehr gefährlich.
(2) Erlaubnisse, die die örtliche Ordnungsbehörde nach § 10 Absatz 1 der Hundehalterverordnung bis zum Tag der Verkündung dieser Verordnung erteilt hat, gelten als Erlaubnis nach § 6 Absatz 1 dieser Verordnung fort. Dies gilt entsprechend für die nach § 2 Absatz 3 Satz 3 der Hundehalterverordnung ausgegebenen roten Plaketten.
(3) Die Frist des § 10 Absatz 1 beginnt für die Fälle des Absatzes 2 mit dem Tag der Erteilung der Erlaubnis.
§ 18
Berichtspflicht
Die örtlichen Ordnungsbehörden berichten dem für Inneres zuständigen Mitglied der Landesregierung jeweils zum 31. März des Folgejahres, erstmals zum 31. März 2026, zu den Vorfällen nach § 5 des jeweiligen Kalenderjahres.
§ 19
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt vorbehaltlich des Satzes 3 am 1. Juli 2024 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Hundehalterverordnung vom 16. Juni 2004 (GVBl. II S. 458) außer Kraft. § 16 Absatz 1 Nummer 5 und 6 tritt am 1. Februar 2025 in Kraft.
(2) Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2034 außer Kraft.
Potsdam, den 24. Juni 2024
Der Minister des Innern und für Kommunales
Michael Stübgen