Suche

Suche innerhalb der Norm
Link zur Hilfe-Seite

Gesetz über die Leistung von Teilhabegeld an schwerbehinderte, blinde und gehörlose Menschen (Landesteilhabegeldgesetz - LTeilhGG)

Gesetz über die Leistung von Teilhabegeld an schwerbehinderte, blinde und gehörlose Menschen (Landesteilhabegeldgesetz - LTeilhGG)
In der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1995
(GVBl.I/95, [Nr. 20], S.259)

zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2024
(GVBl.I/24, [Nr. 25])

§ 1
Anspruch

(1) Schwerbehinderte, blinde und gehörlose Menschen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Land Brandenburg haben nach Vollendung des ersten Lebensjahres zum Ausgleich der durch ihre Behinderung bedingten Mehraufwendungen ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen einen Anspruch auf Teilhabegeld. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(1a) Teilhabegeld erhalten auch Personen gemäß § 2, die sich in stationären Einrichtungen im übrigen
Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zur Zeit der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Brandenburg hatten und am Ort der Einrichtung keinen Anspruch auf Teilhabegeld nach den dortigen landesrechtlichen Vorschriften haben.

(2) Teilhabegeld erhalten auch Personen gemäß § 2, die nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1, L 200 S. 1, L 204 vom 4.8.2007, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22.12.2010, S. 35) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind sowie Bürgerinnen und Bürger aus Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz, wenn dieselben Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Asylbewerber und ihre Familienangehörigen, soweit sie nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes sind, haben bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens keinen Anspruch. Sie haben außerdem keinen Anspruch, wenn sie nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages ausgewiesen oder abgeschoben werden können.

§ 2
Anspruchsberechtigte Personen

Anspruchsberechtigte im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. Personen ohne Anspruch auf Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch
    1. mit Verlust beider Beine im Oberschenkelbereich oder beider Hände,
    2. mit Lähmungen oder gleichartigen Behinderungen,

    wenn dadurch auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, Betreuungsbedarf zur Sicherung der körperlichen Mobilität und hauswirtschaftlichen Versorgung besteht;

  2. Blinde Menschen und ihnen nach § 72 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gleichgestellte Personen;
  3. Gehörlose Menschen mit angeborener oder bis zum 7. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Personen, die erst später die Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit erworben haben, gelten nur dann als gehörlos im Sinne dieses Gesetzes, wenn der Grad der Behinderung wegen schwerer Sprachstörungen 100 vom Hundert beträgt,
  4. Taubblinde Menschen, denen das Merkzeichen TBI nach § 3 Absatz 1 Nummer 8 der Schwerbehindertenausweisverordnung zuerkannt worden ist oder die die Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Merkzeichens erfüllen.

  § 3
Höhe des Teilhabegeldes

(1) Das Teilhabegeld beträgt je Kalendermonat:

  1. für Personen nach § 2 Nummer 1 235 Euro,
  2. für Personen nach § 2 Nummer 2
    1. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 212,50 Euro,
    2. nach Vollendung des 18. Lebensjahres 425 Euro,
  3. für Personen nach § 2 Nummer 3 130 Euro,
  4. für Personen nach § 2 Nummer 4 850 Euro.

Die Höhe des Teilhabegeldes nach Satz 1 verändert sich jeweils zum 1. Juli um den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert. Die Anpassung nach Satz 2 wird erstmals zum 1. Juli 2026 vorgenommen.

(2) Erfüllt eine anspruchsberechtigte Person mehrere Voraussetzungen nach § 2 Nummer 1 bis 4, wird Teilhabegeld nach diesem Gesetz nur einmal gewährt. In diesem Fall wird der höhere Betrag gewährt.

(3) Lebt die nach § 2 Nummer 1, Nummer 2 oder Nummer 4 anspruchsberechtigte Person in einer stationären Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, so verringert sich das Teilhabegeld nach Absatz 1 um die aus diesen Mitteln getragenen Kosten, höchstens jedoch um 50 Prozent der Beträge nach Absatz 1. Satz 1 gilt vom ersten Tag des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die stationäre Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der stationären Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der stationären Einrichtung wird das Teilhabegeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der nach Satz 1 zu zahlende Betrag wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

  § 4
Ausschluss des Anspruchs

(1) Während der Dauer eines Freiheitsentzuges aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung ist der Anspruch ausgeschlossen.

(2) Anspruchsberechtigte Personen nach § 2 haben keinen Anspruch auf Teilhabegeld nach diesem Gesetz, wenn sie Entschädigungsleistungen für die gleiche Behinderung, wegen der sie nach § 2 anspruchsberechtigt sind,

  1. nach dem Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch vorsehen,
  2. aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
  3. aus öffentlichen Kassen aufgrund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge oder
  4. nach ausländischen Rechtsvorschriften

erhalten.

§ 5
Anrechnung gleichartiger Leistungen

(1) Leistungen, die der Berechtigte zum Ausgleich der durch seine Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften erhält, werden auf das Teilhabegeld angerechnet. Ausgenommen sind Leistungen aus bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungen nach ausländischen Rechtsvorschriften.

(2) Bei Personen nach § 2 Nummer 2 oder Nummer 4 werden Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 39 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, bei teilstationärer Pflege nach § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt,

  1. bei dem Pflegegrad 2 mit 46 Prozent des Pflegegeldes nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und
  2. bei Pflegebedürftigen der Pflegegrade 3, 4 oder 5 mit 33 Prozent des Pflegegeldes nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch

auf das Teilhabegeld angerechnet. Entsprechende Leistungen aufgrund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

(3) Werden Leistungen nachgezahlt, die auf das Teilhabegeld anzurechnen sind, so hat der Berechtigte die überzahlten Beträge des Teilhabegeldes zu erstatten.

  § 6
Versagung und Kürzung des Teilhabegeldes

Das Teilhabegeld ist zu versagen oder angemessen zu kürzen, wenn die anspruchsberechtigte Person die ihr nach anderen Rechtsvorschriften zustehenden Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich der behinderungsbedingten Mehraufwendungen bestimmt sind, nicht in Anspruch nimmt.

  § 7
Antrag

(1) Das Teilhabegeld wird auf Antrag geleistet.

(2) Der Empfänger von Teilhabegeld ist verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen. Dazu gehören insbesondere:

  1. Änderungen des gewöhnlichen Aufenthaltsorts,
  2. Änderungen des Seh- und Hörvermögens,
  3. die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung,
  4. Tatsachen, die zu einem Ausschluss des Anspruchs nach § 4 führen,
  5. ein Anspruch auf oder der Erhalt von Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich der behinderungsbedingten Mehraufwendungen bestimmt sind.

Bei Geschäftsunfähigkeit, beschränkter Geschäftsfähigkeit oder sofern eine rechtliche Betreuung für den entsprechenden Aufgabenkreis besteht, trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter oder den rechtlichen Betreuer.

§ 8
Beginn und Einstellung der Teilhabegeldleistung

(1) Die Gewährung des Teilhabegeldes beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens aber mit dem Ersten des Antragsmonats. Es wird monatlich im voraus gezahlt.

(2) Änderungen von Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Teilhabegeldes bewirken, sind vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat ihres Eintritts folgt.

(3) Der Anspruch auf Teilhabegeld erlischt mit dem Ende des Monats, in dem die berechtigte Person stirbt. Wurde das Teilhabegeld vor dem Tode der berechtigten Person festgestellt, aber noch nicht ausgezahlt, oder hätte der Anspruch bei rechtzeitiger Bearbeitung vor dem Tode der berechtigten Person festgestellt werden müssen, so steht das Teilhabegeld den Angehörigen der berechtigten Person zu, welche ihn bis zu seinem Tode unentgeltlich gepflegt oder die Kosten seiner Pflege getragen haben. Ist ein Angehöriger im Sinne des Satzes 2 nicht vorhanden, kann das Teilhabegeld auch anderen Personen unter den gleichen Voraussetzungen übertragen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

§ 9
Anwendung des Sozialgesetzbuches

Das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch finden Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält.

§ 10
Zuständigkeit

(1) Zuständig für die Durchführung dieses Gesetzes sind die Landkreise und kreisfreien Städte, in deren Bezirk die anspruchsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; sie nehmen diese Aufgaben als pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben wahr. Sofern die berechtigte Person eine Leistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch von einem in Brandenburg zuständigen Sozialhilfeträger erhält, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Gewährung des Teilhabegeldes abweichend von Satz 1 nach der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung der Leistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Die örtliche Zuständigkeit für die Gewährung des Teilhabegeldes richtet sich abweichend von Satz 1 und 2 nach der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn die berechtigte Person

  1. ausschließlich Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch von einem in Brandenburg zuständigen Träger der Eingliederungshilfe oder
  2. neben Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch gleichzeitig eine Leistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch

erhält. Für die Gewährung des Teilhabegeldes an berechtigte Personen, die am 31. Dezember 2019 Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezogen haben und die ab dem 1. Januar 2020 Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erhalten, bleibt die nach Satz 2 begründete örtliche Zuständigkeit bestehen. Besteht kein gewöhnlicher Aufenthalt im Land Brandenburg, ist das Landesamt für Soziales und Versorgung zuständige Behörde.

(2) Ändert sich die Zuständigkeit nach Absatz 1 Satz 1 durch Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes, so bedarf es keines neuen Antrags. Die Leistungspflicht des bis zum Aufenthaltswechsel zuständigen Landkreises oder der bis zum Aufenthaltswechsel zuständigen kreisfreien Stadt endet mit Ablauf des Monats, der auf den Monat des Aufenthaltswechsels folgt.

(3) Zur Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 2 vorliegen, holen die zuständigen Behörden Gutachten ein. Sie sollen nach Möglichkeit Vereinbarungen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit dem Ziel abschließen, von diesem die Begutachtung durchführen zu lassen. Von einer Begutachtung soll abgesehen werden, wenn behördliche Unterlagen die Voraussetzungen belegen.

§ 11
Kostenregelung

Die Aufwendungen für die Leistungen nach diesem Gesetz tragen die nach § 10 zuständigen Stellen. Das Land erstattet den Landkreisen und kreisfreien Städten die Kosten der Leistungen für den Personenkreis der blinden und gehörlosen Menschen. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zum Erstattungsverfahren zu regeln. Zuständige Behörde für das Erstattungsverfahren ist das Landesamt für Soziales und Versorgung.

  § 12
Übergangsregelung

(1) Schwerbehinderte Menschen, die am 31. März 1995 nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen Pflegegeld nach diesem Gesetz bezogen haben, erhalten ein monatliches Teilhabegeld in Höhe von 410 Euro. Dies gilt nicht, soweit sich ihr Anspruch auf § 2 Absatz 1 Nummer 7 (Blinde) der zu dieser Zeit geltenden Fassung des Gesetzes stützt. Sofern zusätzlich bis zum 31. März 1995 nach § 57 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Pflegegeld gezahlt wurde, erhöht sich das monatliche Teilhabegeld nach Satz 1 auf 512 Euro. Die Zahlung des Teilhabegeldes nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4.

(2) Leistungen nach Absatz 1 werden nur gewährt, soweit der schwerbehinderten Person, der nicht von ihr getrennt lebenden durch Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft verbundenen Person und, wenn sie minderjährig und unverheiratet ist, auch ihren Eltern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des Abschnittes 4 des Bundessozialhilfegesetzes nicht zuzumuten ist. Dabei ist als maßgebender Grundbetrag der Einkommensgrenze ein Betrag von 1 196 Euro und als maßgebender Betrag nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes ein Betrag von 4 091 Euro zugrunde zu legen.

(3) Neben der Anwendung des § 5 Absatz 1 und 3 sowie des § 6 mindern sich die Leistungen nach Absatz 1 um

  1. den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
  2. den Wert der Sachleistung nach § 36 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
  3. den Wert der Kombinationsleistung nach § 38 oder § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(4) Der Anspruch nach Absatz 1 ruht während der Dauer eines Freiheitsentzugs aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung. Er entfällt, wenn die Voraussetzungen des § 2 Absatz 1 in der am 31. März 1995 geltenden Fassung dieses Gesetzes nicht mehr vorliegen.