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Gesetz zur Förderung und zum Schutz junger Menschen (Brandenburgisches Kinder- und Jugendgesetz - BbgKJG)

Gesetz zur Förderung und zum Schutz junger Menschen (Brandenburgisches Kinder- und Jugendgesetz - BbgKJG)
vom 25. Juni 2024
(GVBl.I/24, [Nr. 34])

Hinweis:
Die §§ 8, 9, 26 bis 28 und 49 treten am 1. Januar 2025 in Kraft.

Inhaltsübersicht

Kapitel 1
Rechte von jungen Menschen und ihren Familien und deren Beteiligung

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften für die Rechte von jungen Menschen und ihren Familien und deren Beteiligung

§ 1 Kinder-, jugend- und familienfreundliches Land

§ 2 Anwendungsbereich

§ 3 Begriffsbestimmungen

§ 4 Anhörung, Beteiligung, Mitwirkung

§ 5 Gewährleistung der Wahrnehmung von Aufgaben

Abschnitt 2
Rechte und Beratung von jungen Menschen und Familien

§ 6 Rechte junger Menschen und ihrer Familien

§ 7 Unterstützung bei der Verwirklichung von Rechten

§ 8 Beratung

§ 9 Beratungsangebote für junge Menschen

§ 10 Mehrbelastungsausgleich für Beratungen nach den §§ 8 und 9

Abschnitt 3
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

§ 11 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen; Mehrbelastungsausgleich

§ 12 Ausgestaltung der Beteiligung

§ 13 Nachholen einer Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten

Kapitel 2
Schutz von Kindern und Jugendlichen

Abschnitt 1
Allgemeine Regelungen

§ 14 Kinderschutz

§ 15 Kinder- und Jugendmedienschutz

§ 16 Verbot verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Propagandamittel

Abschnitt 2
Verfahren zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Vernachlässigung,
Misshandlung und Gewalt

§ 17 Zuständigkeiten für den Schutz von Kindern und Jugendlichen

§ 18 Grundsätze zum Schutz bei Kindeswohlgefährdungen; Mehrbelastungsausgleich

§ 19 Meldung schwerwiegender Kinderschutzfälle; Mehrbelastungsausgleich

§ 20 Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen

Abschnitt 3
Präventiver und kooperativer Schutz von Kindern und Jugendlichen

§ 21 Netzwerke Kinderschutz

§ 22 Netzwerke Frühe Hilfen

§ 23 Familienbeirat des Landes Brandenburg

§ 24 Landespräventionsrat

§ 25 Extremismus

Abschnitt 4
Schutzkonzepte

§ 26 Schutzkonzepte in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe

§ 27 Schutzkonzepte anderer Verpflichteter

§ 28 Pflegekinder; Mehrbelastungsausgleich

Abschnitt 5
Schutzgewährung

§ 29 Fachliche Empfehlungen zu Inobhutnahmen

Abschnitt 6
Unbegleitete junge ausländische Menschen und Aufnahme
von Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe aus anderen Staaten

§ 30 Feststellung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen

§ 31 Vorläufige Inobhutnahme

§ 32 Prüfung des Gesundheitszustandes

§ 33 Meldung von aufgenommenen jungen ausländischen Personen und Einrichtung eines zentralen Registers

§ 34 Verteilung und Zuweisung

§ 35 Zuständigkeiten für Aufgaben bei der Versorgung und Unterbringung unbegleiteter junger ausländischer Personen; Verordnungsermächtigung

§ 36 Kostenerstattungsverfahren und -fristen

§ 37 Aufnahme von Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe aus anderen Staaten

§ 38 Mehrbelastungsausgleich für den Verwaltungsaufwand

Abschnitt 7
Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen

§ 39 Zuständigkeiten bei der Betreuung von Kindern in Notsituationen

§ 40 Anspruchsberechtigung, -dauer und -inhalt

§ 41 Mehrbelastungsausgleich bei der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen

Kapitel 3
Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe

§ 42 Definition der Ombudschaft

§ 43 Einrichtung von Ombudsstellen; Verordnungsermächtigung

§ 44 Anspruch auf Anrufung der Ombudsstellen

§ 45 Kooperationspflicht

Kapitel 4
Inklusive Kinder- und Jugendhilfe

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften für die inklusive Kinder- und Jugendhilfe

§ 46 Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe

§ 47 Bündelung der funktionalen Zuständigkeit für junge Menschen mit Behinderungen und drohenden Behinderungen im Jugendamt

§ 48 Unterstützung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe

§ 49 Außerschulische Betreuung; Mehrbelastungsausgleich

§ 50 Befassung zum Stand der Inklusion

§ 51 Begleitung von minderjährigen Leistungsberechtigten mit Behinderung oder einer drohenden Behinderung; Mehrbelastungsausgleich

Abschnitt 2
Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen

§ 52 Zuständigkeiten der Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen

§ 53 Berichterstattung

§ 54 Qualifikationsanforderungen

§ 55 Mehrbelastungsausgleich für die Einrichtung von Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen

Kapitel 5
Kinder und Jugendbericht

§ 56 Kinder- und Jugendbericht

Kapitel 6
Jugendhilfeplanung

Abschnitt 1
Grundsätze der Jugendhilfeplanung

§ 57 Gegenstände der Jugendhilfeplanung

§ 58 Anspruch und Umsetzung Jugendhilfeplanung

§ 59 Überörtliche Jugendhilfeplanung

Abschnitt 2
Verfahren der Jugendhilfeplanung

§ 60 Planungszeiträume

§ 61 Planungsverfahren

§ 62 Beschlussfassung im Jugendhilfeplanverfahren

Kapitel 7
Erlaubnis und Aufsicht

Abschnitt 1
Erlaubnis für den Betrieb von Kindertagesstätten sowie von Einrichtungen
der stationären und teilstationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen

Unterabschnitt 1
Aufsicht über Kindertagesstätten sowie Einrichtungen
der stationären und teilstationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen

§ 63 Einrichtungsaufsicht

Unterabschnitt 2
Trägerverantwortung

§ 64 Trägerrechte und -verantwortung

§ 65 Verbot der Überschreitung der genehmigten Kapazitäten

§ 66 Anforderungen an das Einrichtungspersonal

§ 67 Masernschutz

§ 68 Fachstelle Fachkräfte

Unterabschnitt 3
Betriebserlaubnis; Verordnungsermächtigung

§ 69 Betriebserlaubnis; Verordnungsermächtigung

Unterabschnitt 4
Weitere Pflichten im Zusammenhang mit dem Betrieb erlaubnispflichtiger Einrichtungen

§ 70 Mitteilungspflichten

§ 71 Auskunftspflicht

§ 72 Beteiligungsanforderungen

§ 73 Anordnung der fachlichen Begleitung

§ 74 Untersagung des Betriebs einer Einrichtung

Abschnitt 2
Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, Wohnheime und Internate

Unterabschnitt 1
Einrichtungsbegriff

§ 75 Einrichtungsbegriff

Unterabschnitt 2
Allgemeine Vorschriften für die Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung,
der Eingliederungshilfe, für Wohnheime und Internate

§ 76 Umsetzung der Schulpflicht

§ 77 Elektronische Datenbank

§ 78 Informationen zum Kinder- und Jugendhilfelandesrat; Verordnungsermächtigung

Unterabschnitt 3
Personal in Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe,
in Wohnheimen und Internaten

§ 79 Personal

§ 80 Fachkräfte

§ 81 Anrechnung weiterer Personen

§ 82 Einrichtungsleitung

Abschnitt 3
Erlaubnis zur Vollzeitpflege

§ 83 Erlaubnis zur Vollzeitpflege

§ 84 Unterhalt bei Vollzeitpflege; Verordnungsermächtigung

Abschnitt 4
Taschengeld, Verpflegungsgeld und Verordnungsermächtigung

§ 85 Taschengeld und Verpflegungsgeld für junge Menschen in stationären Hilfen zur Erziehung; Verordnungsermächtigung

Kapitel 8
Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit

Abschnitt 1
Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendsozialarbeit

§ 86 Begriffsbestimmung von Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendsozialarbeit

§ 87 Förderung und Unterstützung der Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendsozialarbeit

§ 88 Juleica und Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände

§ 89 Sonderurlaub

§ 90 Verhältnis zu sonstigen Freistellungen und Benachteiligungsverbot

Abschnitt 2
Förderung der Schulsozialarbeit

§ 91 Schulsozialarbeit

§ 92 Rechte von Schülerinnen und Schülern

§ 93 Bedarfsermittlung und -feststellung

§ 94 Unterstützung durch die oberste Landesjugendbehörde

Kapitel 9
Weitere Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe

Abschnitt 1
Pflegschaft und Vormundschaft

§ 95 Führung der Pflegschaft und Vormundschaft

§ 96 Ehrenamtliche Vormundschaften

Abschnitt 2
Weitere Maßnahmen

§ 97 Hilfe für junge Volljährige; Mehrbelastungsausgleich

§ 98 Nachbetreuung; Mehrbelastungsausgleich

§ 99 Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in medizinischen Einrichtungen

§ 100 Unterstützung

Abschnitt 3
Auslandsmaßnahmen

§ 101 Auslandsmaßnahmen; Mehrbelastungsausgleich

§ 102 Schulpflicht bei Auslandsmaßnahmen

Kapitel 10
Organisation in der Kinder- und Jugendhilfe

Abschnitt 1
Überörtlicher Träger der Jugendhilfe und oberste Landesjugendbehörde

§ 103 Überörtlicher Träger der Jugendhilfe und oberste Landesjugendbehörde

§ 104 Sachliche Zuständigkeit der obersten Landesjugendbehörde und des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe

§ 105 Empfehlungen des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe

§ 106 Aufgabenübertragung der obersten Landesjugendbehörde und des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe; Mehrbelastungsausgleich; Verordnungsermächtigung

§ 107 Rechtsaufsicht

Abschnitt 2
Landes- Kinder- und Jugendausschuss

§ 108 Einsetzung und Aufgaben des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

§ 109 Beratung der obersten Landesbehörde

§ 110 Beschlussrechte

§ 111 Stimmberechtigte und stellvertretende stimmberechtigte Mitglieder des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

§ 112 Beratende Mitglieder des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

§ 113 Mitgliedschaft und Stimmrechte

§ 114 Vorstand

§ 115 Unterausschüsse des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

§ 116 Beteiligung junger Menschen und sachverständiger Personen

§ 117 Sitzungen und Verfahren des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

§ 118 Entschädigung

§ 119 Geschäftsstelle

Abschnitt 3
Landes- Kinder- und Jugendbeauftragte oder -beauftragter

§ 120 Einsetzung, Berufung, Ansiedlung

§ 121 Weisungsungebundenheit und ressortübergreifende Tätigkeit der beauftragten Person

§ 122 Rechte und Aufgaben der beauftragten Person

§ 123 Pflichten der beauftragten Person

Abschnitt 4
Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 124 Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 125 Kommunale Gemeinschaftsarbeit

§ 126 Satzung des Jugendamtes

§ 127 Jugendhilfeausschuss

§ 128 Stimmberechtigte Mitglieder des Jugendhilfeausschusses

§ 129 Beratende Mitglieder des Jugendhilfeausschusses

§ 130 Unterausschüsse des Jugendhilfeausschusses

Abschnitt 5
Träger der freien Jugendhilfe

§ 131 Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

§ 132 Vereinbarungen gemäß § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch mit Trägern der freien Jugendhilfe

§ 133 Führungszeugnisse

§ 134 Arbeitsgemeinschaften nach § 78 des Achten Buches Sozialgesetzbuch

Abschnitt 6
Fachstellen

§ 135 Fachstellen

Abschnitt 7
Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut

§ 136 Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut

Abschnitt 8
Organisierte Zusammenschlüsse

§ 137 Selbstorganisierte Zusammenschlüsse

§ 138 Anzeige selbstorganisierter Zusammenschlüsse; Mehrbelastungsausgleich

§ 139 Landesweite Anerkennung selbstorganisierter Zusammenschlüsse

§ 140 Kinder- und Jugendhilfelandesrat; Mehrbelastungsausgleich

Kapitel 11
Information der Öffentlichkeit, Statistiken und Datenschutz

§ 141 Information der Öffentlichkeit

§ 142 Statistiken; Verordnungsermächtigung

§ 143 Datenschutz

Kapitel 12
Durchführungsvorschriften

Abschnitt 1
Verwaltungsverfahren

§ 144 Erbringung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe

§ 145 Verwaltungsverfahren

§ 146 Kostenbeiträge und andere Ansprüche

§ 147 Gebühren und Auslagen

Abschnitt 2
Schlussvorschriften

§ 148 Zuständigkeiten bei Ordnungswidrigkeiten

§ 149 Mehrbelastungsausgleich; Verordnungsermächtigung

§ 150 Grundrechtseinschränkungen

§ 151 Evaluation

§ 152 Übergangsvorschrift

Kapitel 1

Rechte von jungen Menschen und ihren Familien und deren Beteiligung

Abschnitt 1

Allgemeine Vorschriften für die Rechte von jungen Menschen und ihren Familien und deren Beteiligung

§ 1
Kinder-, jugend- und familienfreundliches Land

Das Land Brandenburg ist ein kinder-, jugend- und familienfreundliches Land, welches sich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, der Toleranz und der gesellschaftlichen Vielfalt verpflichtet.

§ 2
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz dient der Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch, des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vom 17. Februar 1992 (BGBl. 1992 II S. 121) und des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz.

(2) Dieses Gesetz gilt für alle jungen Menschen und ihre Personensorge- und Erziehungsberechtigten und ihre Familien, die sich tatsächlich im Land Brandenburg aufhalten oder an einer Auslandsmaßnahme im Sinne des § 38 des Achten Buches Sozialgesetzbuch auf Veranlassung eines brandenburgischen örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe teilnehmen, soweit deutsches Recht anwendbar ist.

(3) Für Schulen und Angebote der Kindertagesbetreuung findet das Gesetz Anwendung, soweit keine anderen Regelungen durch oder aufgrund eines Gesetzes für die Schulen und die Kindertagesbetreuung gelten. Soweit dieses Gesetz Anwendung findet, unterliegen die Schulen der jeweiligen Schulaufsicht nach den hierfür geltenden Regelungen.

§ 3
Begriffsbestimmungen

(1) Ergänzend zu § 7 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist eine Familie im Sinne dieses Gesetzes eine Gemeinschaft, bestehend

  1. aus mindestens zwei biologischen oder sozialen Generationen, wobei wenigstens eine Person ein junger Mensch ist, oder

  2. aus einer Generation, wobei wenigstens eine Person Kind oder jugendlich und wenigstens eine weitere Person eine volljährige Person ist,

die rechtlich miteinander verbunden sind oder sich miteinander verbunden fühlen und entsprechend ihres Alters füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen können.

(2) Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Sinne dieses Gesetzes sind das Land Brandenburg als überörtlicher Träger der Jugendhilfe, vertreten durch die oberste Landesjugendbehörde gemäß § 103 Absatz 2, und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 124.

(3) Dieses Gesetz gilt auch für gewerbliche Träger, die Leistungen im Sinne von § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erbringen. Sie sind wie Träger der Jugendhilfe zu behandeln, wenn sie die Voraussetzungen gemäß § 75 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfüllen.

(4) Schulen im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen im Sinne des § 2 Nummer 1 bis 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes.

§ 4
Anhörung, Beteiligung, Mitwirkung

(1) Bei jeder Anhörung, Beteiligung und Mitwirkung ist der junge Mensch oder die Gruppe junger Menschen, der oder die anzuhören oder zu beteiligen ist oder sind oder mitwirken soll, in einer für ihn oder sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form, auf seinen oder ihren Wunsch auch im Beisein einer Person seines oder ihres Vertrauens, über die Sach- und Rechtslage angemessen zu informieren.

(2) Bei Anhörungen sind der anzuhörenden Person oder Gruppe mit einer angemessenen Frist die Gelegenheit zur Stellungnahme vor einer zu treffenden Entscheidung oder der durchzuführenden Maßnahme zu geben. Abweichende gesetzliche Regelungen bleiben unberührt.

(3) Beteiligung nach diesem Gesetz bedeutet, dass über Absatz 2 hinaus festzustellen ist, wer zu welchem Thema und in welcher Form zu informieren und zu beteiligen ist. Dazu sind die Interessen und Bedürfnisse der Person oder Gruppe zu ermitteln und es ist ihr Gelegenheit zu geben, sich zum Thema zu äußern. Die Äußerung ist angemessen zu berücksichtigen. Vor der Entscheidung oder Einleitung der Maßnahmen ist der zu beteiligenden Person oder Gruppe begründet mitzuteilen, wie mit ihren Argumenten oder Hinweisen umgegangen wird. Die zu beteiligende Person oder Gruppe soll die Gelegenheit erhalten, hierauf noch einmal zu erwidern. Eine Beteiligung gemäß § 19 Kommunalverfassung richtet sich nach den hierfür vorgesehenen Regelungen.

(4) Die Vorschriften zur Mitwirkung nach dem Dritten Abschnitt Dritter Titel des Ersten Buches Sozialgesetzbuch finden auf die Mitwirkungsobliegenheiten der Leistungsberechtigten nach diesem Gesetz entsprechende Anwendung.

(5) Die Durchführung von Anhörungen, Beteiligungen und Mitwirkungen sind in angemessener Form zu dokumentieren. Dabei ist zumindest aufzunehmen, wer, zu welchen Inhalten und in welcher Form und mit welchem Ergebnis einbezogen wurde. Junge Menschen sind darüber zu informieren.

§ 5
Gewährleistung der Wahrnehmung von Aufgaben

Hat ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Wahrnehmung einer Aufgabe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz oder diesem Gesetz zu gewährleisten, muss er diese nicht in eigener Rechtsträgerschaft erfüllen. Seine Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgabe bleibt hiervon unberührt.

Abschnitt 2

Rechte und Beratung von jungen Menschen und Familien

§ 6
Rechte junger Menschen und ihrer Familien

(1) Junge Menschen haben ein Recht auf Achtung, Schutz und Förderung sowie ein Recht auf Bildung und Entwicklung zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Dies gilt insbesondere unabhängig von dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der sexuellen Orientierung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung oder drohenden Behinderung oder des sonstigen Status einer Person, ihrer Eltern oder ihres Vormunds. Das Recht auf Bildung in Schulen bleibt hiervon unberührt.

(2) Personensorgeberechtigte und erziehungsberechtigte Personen können nicht in Handlungen und Maßnahmen einwilligen, die der Verwirklichung des Kinderschutzes nach § 14 widersprechen oder ein Einschreiten nach § 8a Absatz 1 bis 3 und 6 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erforderlich machen würden.

(3) Familien genießen einen besonderen Schutz der staatlichen Gemeinschaft. Alle zuständigen Stellen sind aufgefordert, im Interesse des Erhalts dauerhafter, vertrauensvoller Beziehungen der Familienmitglieder zu handeln. Die Abwendung von erheblichen Gefahren für das Kindeswohl geht vor.

§ 7
Unterstützung bei der Verwirklichung von Rechten

(1) Alle Träger der Jugendhilfe sind verpflichtet, junge Menschen und Familien zu unterstützen und zu befähigen, ihre Rechte wahrzunehmen. Das Wohl von Kindern und Jugendlichen ist bei allen Entscheidungen, die sie betreffen, vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Junge Menschen und ihre Familien sind von den zuständigen Stellen über ihre Rechte insbesondere nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes, dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz und diesem Gesetz zu informieren, soweit dies zur Wahrnehmung der Rechte in ihrem Lebensumfeld angezeigt ist. Die Information muss insbesondere in einer verständlichen, altersgerechten und wahrnehmbaren Form erfolgen. Junge Menschen haben das Recht, während der Information nach Satz 1 eine Person ihres Vertrauens hinzuzuziehen.

(3) Die Informationspflicht gemäß Absatz 2 kann auch in allgemeiner Form erfüllt werden. Die Erfüllung der Informationspflicht ersetzt eine Beratung nach §§ 8, 9 nicht.

§ 8*
Beratung

(1) Eine Beratung nach § 10a des Achten Buches Sozialgesetzbuch kann auch per Videoschaltkonferenz oder telefonisch durchgeführt werden, wenn gewährleistet bleibt, dass sie in einer für die zu beratende Person verständlichen, altersgerechten und wahrnehmbaren Form, auf ihren Wunsch auch im Beisein einer Person ihres Vertrauens, erfolgt. Die Datensicherheit ist bei der Nutzung der technischen Mittel zu gewährleisten.

(2) Für die Gewährleistung der Beratungen gemäß § 10a des Achten Buches Sozialgesetzbuch können Vereinbarungen gemäß § 77 des Achten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen werden. § 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch findet für diesen Fall Anwendung.

(3) Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellt die ihm bekannten Beratungsangebote online dar. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe wirken hierbei mit.

§ 9
Beratungsangebote für junge Menschen

(1) Für junge Menschen sind eigene bedarfsgerechte und barrierefreie Beratungsangebote gemäß § 10a des Achten Buches Sozialgesetzbuch bereitzustellen. Diese Beratungen dürfen außerhalb der Diensträume des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe angeboten werden. § 8 Absatz 2 und 3 findet entsprechende Anwendung.

(2) Die Beratungen gemäß Absatz 1 können junge Menschen bei allen örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten in Anspruch nehmen.

§ 10
Mehrbelastungsausgleich für Beratungen nach den §§ 8 und 9

Das Land erstattet die Mehraufwendungen, die ein örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Beratungen nach §§ 8 und 9 hat. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen für Beratungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat nachzuweisen, dass er diese Beratungen nicht bereits vor dem 10. Juni 2021 hätte erbringen müssen.

Abschnitt 3

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

§ 11
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen; Mehrbelastungsausgleich

(1) Die Träger von Einrichtungen und Angeboten der Jugendhilfe sind in der Verantwortung, die Selbst- und Mitbestimmungsrechte der Kinder und Jugendlichen zu klären, konkret zu benennen und zu dokumentieren. Die Beteiligungsformen der Information, Anhörung und Mitbestimmung sind den Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen und mit ihnen gemeinsam auszugestalten. Beschwerdeverfahren müssen den Kindern und Familien bekannt und zugänglich sein.

(2) Kinder und Jugendliche haben einen Anspruch gegenüber allen Trägern und den zuständigen öffentlichen Stellen, an sie betreffenden Entscheidungen alters- und entwicklungsangemessen entsprechend § 4 Absatz 3 beteiligt zu werden, auch wenn nur eine Anhörung erforderlich wäre.

(3) Eine Entscheidung im Sinne von Absatz 2 liegt vor, wenn Kinder und Jugendliche hinsichtlich ihrer Lebenssituation spezifisch betroffen sind. Dies ist insbesondere gegeben, wenn es

  1. um Leistungen und Angebote geht, die sich an sie richten, oder

  2. die Entscheidungsinhalte wegen der Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche eine differenzierte oder gesonderte Betrachtung gegenüber volljährigen Personen zur Verwirklichung der Ziele dieses Gesetzes erforderlich macht.

(4) Ist eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen betroffen, bestimmt die zuständige Stelle, wie eine angemessene Beteiligung der Gruppe erfolgen kann. Die zuständigen Stellen haben, soweit sie Entscheidungen nach Absatz 3 treffen, zu prüfen,

  1. welche spezifischen Interessen von Kindern und Jugendlichen betroffen sind und

  2. wie eine angemessene Beteiligung gewährleistet werden kann.

(5) Für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in allen sie berührenden kommunalen Angelegenheiten gelten ausschließlich die Vorschriften der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg. Für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in gerichtlichen Verfahren gelten ausschließlich die jeweils anwendbaren Prozessordnungen.

(6) Es wird eine Fachstelle für Kinder- und Jugendbeteiligung eingerichtet, welche Kinder und Jugendliche, aber auch Politik und Verwaltung bei der Umsetzung von Beteiligungsrechten im Rahmen politischer Willensbildung unterstützt. Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Betrieb dieser Fachstelle zu gewährleisten.

(7) Das Land erstattet die Mehraufwendungen, die eine kommunale Gebietskörperschaft durch ein Beteiligungsverfahren von Kindern und Jugendlichen hat, die nicht in den Anwendungsbereich des § 19 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg fällt oder nach anderen gesetzlichen Regelungen vorgeschrieben ist. Es sind die nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen, die durch konkrete Maßnahmen entstanden sind, unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

§ 12
Ausgestaltung der Beteiligung

(1) Die konkrete Ausgestaltung der Beteiligung im Sinne von § 11 soll mit den Kindern und Jugendlichen erörtert und abgestimmt werden, es sei denn, das Gesetz gibt abschließend vor, wie eine Beteiligung zu erfolgen hat.

(2) Bei fristgebundenen Entscheidungen soll die Beteiligung innerhalb der gesetzlichen Frist stattfinden. Sie soll so früh wie möglich eingeleitet werden.

(3) Träger der freien Jugendhilfe sollen Beteiligungsprozesse unterstützen. Sie haben eigene Trägerinteressen und Ziele im Beteiligungsprozess kenntlich zu machen, auch wenn diese mit den Interessen und Zielen der Kinder und Jugendlichen übereinstimmen.

§ 13
Nachholen einer Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten

(1) Ist es wegen Eilbedürftigkeit nicht möglich, Kinder und Jugendliche vor einer Entscheidung gemäß § 11 zu beteiligen, soll die Entscheidung so getroffen werden, dass sie anschließend noch angepasst werden kann. Dies gilt auch für die Ausgestaltung von Maßnahmen.

(2) Ist eine Beteiligung gemäß § 11 unterblieben, ist eine adäquate Beteiligung mit dem Ziel, erforderliche Änderungen vorzunehmen, nachzuholen.

(3) Beschwerden über eine unterlassene oder unzureichend erfolgte Beteiligung können an die Ombudsstellen nach § 43 gerichtet werden.

Kapitel 2

Schutz von Kindern und Jugendlichen

Abschnitt 1

Allgemeine Regelungen

§ 14
Kinderschutz

(1) Kinderschutz ist auf die Gewährleistung des Kindeswohls und die Abwendungen von Kindeswohlgefährdungen ausgerichtet.

(2) Ziel von Maßnahmen nach Absatz 1 ist es, Kinder und Jugendliche vor Vernachlässigung, körperlicher und psychischer Misshandlung und sexualisierter Gewalt zu schützen und Familien sowie andere Erziehungsberechtigte bei der Erfüllung ihres Schutzauftrages zu unterstützen.

(3) Bei dem Vorliegen eines konkreten Verdachts für das Verwirklichen einer Straftat, die sich gegen ein Kind oder eine jugendliche Person richtet, hat das Jugendamt unverzüglich zu prüfen, ob die Strafverfolgungsbehörden zu informieren sind. Diese Entscheidung ist unter Berücksichtigung der Interessen des Kindes auf Schutz vor akuter Kindeswohlgefährdung zu treffen. Akute Gefahren für das Wohl des Kindes sind auszuschließen. Das Jugendamt hat das Kind oder die jugendliche Person und die personensorgeberechtigten Personen darauf hinzuweisen, dass es die Möglichkeit der Anzeige gibt. Soweit das Jugendamt im Ergebnis der Prüfung von einer Anzeige absieht, ist dies begründet zu dokumentieren.

§ 15
Kinder- und Jugendmedienschutz

(1) Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien sowie in Trägermedien ist zentraler Teil des Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendmedienschutz).

(2) Gewähren Träger der Jugendhilfe Kindern und Jugendlichen Zugang zu elektronischen Medien, haben sie zu gewährleisten, dass die Kinder und Jugendlichen ausschließlich Zugang zu entwicklungsangemessenen Inhalten haben. Sie haben zu gewährleisten, dass die Kinder und Jugendlichen befähigt werden, Gefährdungen zu erkennen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich bestehender Kontakt- und Kommunikationsrisiken sowie gesundheitsgefährdender oder wirtschaftlicher Folgen der Nutzung der Medien (Medienkompetenz). Dabei sollen die Träger der Jugendhilfe im erforderlichen Umfang mit den Polizei- und Ordnungsbehörden sowie anderen auf dem Gebiet des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes tätigen Trägern zusammenwirken. Die Schulen wirken im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des Brandenburgischen Schulgesetzes mit.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen den entwicklungsangemessenen Zugang zu elektronischen Medien für Kinder und Jugendliche fördern. Für die Weiterentwicklung und Qualifizierung von Trägern der Jugendhilfe nach Absatz 2, zur Förderung und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen und ihren Familien sowie zur Wahrnehmung des Schutzauftrages nach Absatz 1 finanziert die oberste Landesjugendbehörde Fachstellen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.

§ 16
Verbot verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Propagandamittel

(1) Es ist verboten, in Einrichtungen und Angeboten der Jugendhilfe Kennzeichen und Propagandamittel verfassungsfeindlicher Organisationen mit sich zu führen, zu zeigen, weiterzugeben oder zu verteilen. Bei Organisationen, die in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistisch benannt werden, wird die Verfassungsfeindlichkeit vermutet. Satz 1 gilt nicht für Aktivitäten, die die Verwirklichung der Ziele des Grundgesetzes im Rahmen einer außerschulischen Bildung fördern.

(2) Absatz 1 gilt auch für Handlungen, die geeignet sind, den Nationalsozialismus oder andere zur Gewaltherrschaft strebenden Lehren zu verherrlichen oder zu rechtfertigen, oder einen antisemitischen oder rassistischen Inhalt haben.

(3) Bei Handlungen gemäß Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 soll der betroffene Träger der Jugendhilfe im Rahmen seiner besonderen pädagogischen Aufgaben auch durch inhaltliche Aufarbeitung dem verbotswidrigen Verhalten entgegenwirken. Hierzu kann die Unterstützung anderer Stellen sowie sachkundiger Personen und von Eltern genutzt werden.

(4) Liegt ein Verstoß gegen Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 vor, hat die anwesende Fachkraft die Pflicht, den Verstoß sofort abzustellen und geeignete pädagogische Maßnahmen zu ergreifen.

(5) Bei strafmündigen Jugendlichen und Erwachsenen ist von der für den Träger tätigen Fachkraft zu prüfen, ob eine Strafanzeige zu erstatten ist.

Abschnitt 2

Verfahren zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Vernachlässigung, Misshandlung und Gewalt

§ 17
Zuständigkeiten für den Schutz von Kindern und Jugendlichen

(1) Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefährdungen ist Aufgabe aller Träger der Jugendhilfe. Sie wirken mit dem zuständigen Jugendamt zusammen und unterstützen es. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen, Organisationen und Unternehmen, die spezifische Angebote für Kinder und Jugendliche unterbreiten.

(2) Das Jugendamt stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass Informationen über mögliche Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen zu jeder Zeit aufgenommen und bearbeitet werden können.

(3) Das Jugendamt ist berechtigt, öffentlich vor besonderen Gefahrenlagen, die nach seiner Beurteilung geeignet sind, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu gefährden, zu informieren, wenn dies zur generellen Abwendung der Gefährdungslage geeignet erscheint, kein milderes Mittel ersichtlich und die Warnung insgesamt verhältnismäßig ist. Ihm obliegt die Entscheidungsgewalt darüber, in welcher Weise die Information erfolgt. Es ist nicht gestattet, personenbezogene Daten zu übermitteln und zu veröffentlichen.

(4) Das Jugendamt soll bei Bekanntwerden von gewichtigen Anhaltspunkten für die Gefährdung des Wohls eines ungeborenen Kindes die werdende Mutter beraten und soweit erforderlich geeignete und notwendige Hilfen anbieten, um den Schutz der Mutter und des ungeborenen Kindes sicherzustellen.

§ 18
Grundsätze zum Schutz bei Kindeswohlgefährdungen; Mehrbelastungsausgleich

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben Grundsätze für den Schutz bei Kindeswohlgefährdung in ihrem Zuständigkeitsbereich zu erarbeiten, weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen, die

  1. Maßstäbe der Bewertung der Qualität und

  2. geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung für den Prozess der Gefährdungseinschätzung nach § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch

beinhalten. Hierbei sollen aktuelle und fundierte Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis berücksichtigt werden. Diese Grundsätze sind bei dem Abschluss von Vereinbarungen gemäß § 8a Absatz 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden.

(2) Bei der Erarbeitung der Grundsätze gemäß Absatz 1 haben die Jugendämter mindestens zu berücksichtigen:

  1. die Qualifikation der Fachkräfte im Jugendamt gemäß § 72 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch,

  2. die Verwirklichung des Mehraugenprinzips durch Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte und

  3. die Mindestanforderungen an die Dokumentation des zum Zeitpunkt festgestellten Gefährdungsrisikos für das betroffene Kind oder die betroffene jugendliche Person und der die Risikobewertung tragenden Umstände und Ergebnisse der Beteiligung des Kindes oder der jugendlichen Person.

(3) Das Land erstattet die Mehraufwendungen, die ein örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erarbeitung der Grundsätze und ihre Fortschreibung gemäß der Absätze 1 und 2 hat. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

§ 19
Meldung schwerwiegender Kinderschutzfälle; Mehrbelastungsausgleich

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind gehalten, nach Bekanntwerden von schwerwiegenden Ereignissen, die das Leben eines Kindes oder Jugendlichen in hochgradigem Maß gefährden, die oberste Landesjugendbehörde unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren.

(2) Ein schwerwiegender Kinderschutzfall liegt insbesondere vor, wenn eine akute, erhebliche Gefahr für das Wohl des Kindes oder der jugendlichen Person, die sich unmittelbar zu verwirklichen droht, gegeben ist oder sich bereits verwirklicht hat, und die eigenen Schutzmaßnahmen voraussichtlich nicht allein ausreichen werden, um schnell und effektiv die Gefährdungslage abzuwenden.

(3) Das Land erstattet die Mehraufwendungen, die ein örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch die Meldungen nach Absatz 1 hat. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

§ 20
Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen

Die oberste Landesjugendbehörde bestimmt und finanziert Fachstellen für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Jugendämter, Träger der freien Jugendhilfe und Schulen und der bei ihnen tätigen Fachkräfte zur Wahrnehmung ihres Schutzauftrages gemäß § 1 Absatz 3 Nummer 4 und § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch und der Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren im Kinderschutz im Land Brandenburg im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.

Abschnitt 3

Präventiver und kooperativer Schutz von Kindern und Jugendlichen

§ 21
Netzwerke Kinderschutz

(1) Jugendämter bilden, finanzieren und koordinieren die Netzwerke Kinderschutz im Sinne des § 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz. Andere Stellen und öffentliche Einrichtungen im Sinne des § 81 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die nicht im § 3 Absatz 2 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz benannt sind, können an den Netzwerken Kinderschutz beteiligt werden. Netzwerke nach Satz 1 können in kommunaler Gemeinschaftsarbeit nach § 125 Absatz 1 gebildet werden. Bestehende Netzwerke sollen fortgeführt werden.

(2) In den Netzwerken Kinderschutz sollen Vertretungen insbesondere folgender Einrichtungen oder Berufsgruppen mitwirken:

  1. Träger der Einrichtungen und Dienste, mit denen Vereinbarungen gemäß § 8a Absatz 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,

  2. insoweit erfahrene Fachkräfte,

  3. Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen und genehmigten Ersatzschulen gemäß § 121 des Brandenburgischen Schulgesetzes,

  4. Einrichtungen und Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und sonstige Einrichtungen und Dienste und Personen des Gesundheitswesens,

  5. Polizei und Ordnungsbehörden,

  6. Familien- und Jugendgerichte,

  7. Staatsanwaltschaften,

  8. Verfahrensbeistände und Sachverständige,

  9. Einrichtungen und Dienste zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen,

  10. Träger der Eingliederungshilfen für Minderjährige nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch und

  11. Netzwerke Frühe Hilfen gemäß § 22.

(3) Zur Unterstützung von Jugendlichen und Heranwachsenden im Sinne des § 1 Absatz 2 des Jugendgerichtsgesetzes kooperieren im Strafverfahren die Einrichtungen gemäß Absatz 2 Nummer 5 bis 7 mit der Jugendhilfe im Strafverfahren.

§ 22
Netzwerke Frühe Hilfen

(1) Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe fördert im Rahmen seiner Zuständigkeit und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel Netzwerke gemäß § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz. Die altersgerechte Entwicklung von Kindern sowie werdende Eltern und Familien mit Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres sollen frühzeitig und nachhaltig unterstützt und die werdenden Eltern und Familien mit Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres sollen in ihren Kompetenzen und ihrer Verantwortung gestärkt werden. Die Netzwerke Frühe Hilfen sollen über eine flächendeckende interdisziplinäre Netzwerkstruktur verfügen.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 sollen die in § 3 Absatz 2 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz benannten Leistungsträger und Institutionen im Rahmen der Zuständigkeiten in den Netzwerken Frühe Hilfen mitwirken. Für die Koordination der verbindlichen Zusammenarbeit gilt § 21 Absatz 1 entsprechend.

§ 23
Familienbeirat des Landes Brandenburg

(1) In dem für Familie zuständigen Ministerium wird ein ehrenamtlicher Familienbeirat des Landes Brandenburg gebildet, der die Landesregierung unabhängig zu familienpolitischen Fragen berät und ihr Handlungsempfehlungen gibt.

(2) In den Familienbeirat sind Menschen und Organisationen mit besonderer Expertise aus Wissenschaft sowie aus unterschiedlichen öffentlichen Bereichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen durch das für Familien zuständige Ministerium für die Dauer der Wahlperiode zu berufen.

§ 24
Landespräventionsrat

(1) Der im für Inneres zuständigen Ministerium eingerichtete Landespräventionsrat ist beauftragt, den Austausch über delinquentes und strafrechtsrelevantes Verhalten von und gegen junge Menschen zu fördern. Besondere Beachtung findet dabei der Umgang mit Opfern von Straftaten und ihr Schutz.

(2) Der Landespräventionsrat organisiert zur Umsetzung des Auftrages gemäß Absatz 1 ein Netzwerk von Menschen und Organisationen mit besonderer Expertise. Er berät die Landesregierung anlass- und bedarfsbezogen hinsichtlich geeigneter präventiver Maßnahmen.

(3) Aktivitäten, Projekte und Strukturen zur Prävention und zum Opferschutz sollen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nach Beratung im Landespräventionsrat vom Land gefördert werden.

§ 25
Extremismus

(1) Das Land Brandenburg fördert mit den hierfür zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln eine Koordinierungsstelle zur Abwendung von Gefahren durch Extremismus. Die Koordinierungsstelle berät die Landesregierung ressortübergreifend im Bereich der Extremismusprävention und Demokratiestärkung.

(2) Zur Bekämpfung von politischem Extremismus, religiösem Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entwickelt die Koordinierungsstelle Konzepte, unterstützt bei der Umsetzung von Präventionsprogrammen und steht insbesondere Trägern der Jugendhilfe und Schulen mit ihrer Expertise beratend zur Verfügung.

Abschnitt 4

Schutzkonzepte

§ 26*
Schutzkonzepte in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe

(1) Gemäß den Regelungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch sowie dieses Gesetzes ist bei allen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe ein Konzept zum Schutz vor Gewalt und zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen zu entwickeln, anzuwenden, regelmäßig zu überprüfen und neuen Gegebenheiten anzupassen. Das Kinderschutzkonzept soll auch Informations-, Anhörungs-, Mit- und Selbstbestimmungsrechte der jungen Menschen sowie ihre Beschwerderechte und die Möglichkeit zur Anrufung der Ombudsstelle beinhalten. Junge Menschen sind in die Erarbeitung und Überprüfung von Schutzkonzepten einzubeziehen. Diese Konzepte sind den Vereinbarungen nach § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch beizufügen. Dieser Absatz gilt für alle im Land Brandenburg tätigen Träger von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe.

(2) Die Träger von erlaubnispflichtigen Einrichtungen gemäß § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch haben gemäß § 45 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch die Entwicklung, Anwendung und regelmäßige Überprüfung eines Schutzkonzeptes zu gewährleisten. Dieses Schutzkonzept ist Bestandteil der Einrichtungskonzeption. Das Schutzkonzept muss auf die konkrete Einrichtung angepasst, transparent, umsetzbar und überprüfbar sein. In dem Konzept ist aufzuführen, wie die Kinder und Jugendlichen präventiv vor Gewalt und Kindeswohlgefährdung geschützt werden und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn es zu gewaltsamen Übergriffen oder Kindeswohlgefährdungen kommt.

(3) Das Schutzkonzept als Bestandteil der Einrichtungskonzeption ist der Erlaubnisbehörde mit der Beantragung der Betriebserlaubnis und während der Betriebsführung anlassbezogen vorzulegen. Änderungen sind gemäß § 47 des Achten Buches Sozialgesetzbuch der Erlaubnisbehörde unverzüglich mitzuteilen.

(4) Auf Verlangen sind die Schutzkonzepte nach den Absätzen 1 und 2 dem zuständigen Jugendamt, in dem das Angebot unterbreitet wird oder sich die Einrichtung befindet, vorzulegen. Schutzkonzepte sind durch den Träger der Einrichtung oder des Angebots zu veröffentlichen und müssen für alle transparent und zugänglich sein.

(5) Bei der Erarbeitung der Schutzkonzepte können sich die Angebotsträger und Schulen von Fachstellen der Kinder- und Jugendhilfe beraten lassen.

§ 27
Schutzkonzepte anderer Verpflichteter

(1) Personen, Organisationen und Unternehmen, die spezifische Angebote für Kinder und Jugendliche regelmäßig oder dauerhaft anbieten, haben Schutzkonzepte gemäß § 26 vorzulegen.

(2) Schulen sind verpflichtet, Schutzkonzepte gemäß § 26 Absatz 1 zu erstellen. Träger der Schulsozialarbeit und von Kindertagesstätten, die von Schülerinnen und Schülern der jeweiligen Schule besucht werden, sowie andere Träger von Ganztagsangeboten sind bei der Erstellung der Schutzkonzepte angemessen zu beteiligen. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat das Recht, sich das Schutzkonzept vorlegen zu lassen. Das für Bildung zuständige Ministerium und seine nachgeordneten Bereiche unterstützen Schulen bei der Entwicklung entsprechender Konzepte und bereiten Handreichungen vor.

(3) Außerschulische Kooperationspartner oder Träger von Ganztagsangeboten oder sonstiger Angebote an Schulen, bei denen ein direkter Kontakt zu Kindern und Jugendlichen besteht, haben ein Schutzkonzept zu erarbeiten, anzuwenden, regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Diese sind auf Verlangen der Schulleiterin oder dem Schulleiter vorzulegen.

(4) Schulen und die in Absatz 1 benannten Verpflichteten können sich von Fachstellen der Kinder- und Jugendhilfe beraten lassen.

§ 28
Pflegekinder; Mehrbelastungsausgleich

(1) Der überörtliche Träger der Jugendhilfe entwickelt Empfehlungen zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien gemäß § 85 Absatz 2 Nummer 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 79a des Achten Buches Sozialgesetzbuch für die Jugendämter. Die Empfehlungen sind spätestens alle fünf Jahre oder anlassbezogen zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen.

(2) Mit Beginn eines Pflegeverhältnisses soll für Kinder und Jugendliche, die im Rahmen von Vollzeitpflege untergebracht sind, gemäß § 37b des Achten Buches Sozialgesetzbuch ein individuelles Schutzkonzept erstellt werden. Für die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Pflegeverhältnisse ist für die im Rahmen der Vollzeitpflege untergebrachten Kinder und Jugendlichen unverzüglich ein individuelles Schutzkonzept zu erstellen. Das individuelle Schutzkonzept ist während des Hilfeverlaufes kontinuierlich zu überprüfen und dem Lebensumfeld und den Entwicklungen des betreffenden Kindes oder Jugendlichen anzupassen. Diese Aufgabe obliegt dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Pflegepersonen und das Kind oder die jugendliche Person sollen hierzu vor Beginn und während des Pflegeverhältnisses beraten und an der auf das konkrete Pflegeverhältnis bezogenen Ausgestaltung des Konzepts beteiligt werden. Das Schutzkonzept muss für das Kind oder die jugendliche Person entsprechend Alter und Entwicklungsreife sowie für die Pflegepersonen verständlich sein.

(3) Das individuelle Schutzkonzept muss konkrete Ansprech- und Vertrauenspersonen, Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme sowie Beschwerdemöglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen beinhalten. Im individuellen Schutzkonzept ist auf die Möglichkeit der Anrufung einer Ombudsstelle hinzuweisen. Die Vertrauenspersonen der Kinder oder Jugendlichen können mit ihrer Zustimmung Einblick in das individuelle Schutzkonzept nehmen.

(4) Das Land gleicht den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Mehrbelastungen aus, die sich durch die Erstellung und Aktualisierungen von Schutzkonzepten ergeben. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

Abschnitt 5

Schutzgewährung

§ 29
Fachliche Empfehlungen zu Inobhutnahmen

Der überörtliche Träger der Jugendhilfe entwickelt fachliche Empfehlungen für die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen, die alle fünf Jahre oder anlassbezogen zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen sind. Er erstattet dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss regelmäßig Bericht über die Anzahl und das Verfahren zur Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen, soweit ihm diese bekannt sind.

Abschnitt 6

Unbegleitete junge ausländische Menschen und Aufnahme
von Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe aus anderen Staaten

§ 30
Feststellung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen

(1) Staatliche Stellen der Exekutive sind verpflichtet, das Jugendamt unverzüglich zu informieren, wenn sie feststellen, dass sich ein junger ausländischer Mensch, der minderjährig und nicht nur vorübergehend von personensorge- oder erziehungsberechtigen Personen unbegleitet zu sein scheint, im Land Brandenburg aufhält. Dies gilt auch, wenn der junge ausländische Mensch im Inland unbegleitet zurückgelassen zu sein scheint. Die staatlichen Stellen der Exekutive sind aufgefordert, bis zur vorläufigen Inobhutnahme dem jungen ausländischen Menschen Schutz zu gewähren, eine Unterkunft zu bieten und ihn zu versorgen.

(2) Die nach Absatz 1 festgestellten Personen sollen Dritten nur übergeben werden, soweit eine Personensorge- oder Erziehungsberechtigung nachgewiesen werden kann. Die Übergabe ist zu dokumentieren und dem Jugendamt mitzuteilen.

(3) Träger der freien Jugendhilfe sollen nach den Absätzen 1 und 2 verfahren.

§ 31
Vorläufige Inobhutnahme

(1) Über die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a des Achten Buches Sozialgesetzbuch hat das zuständige Jugendamt von einer Fachkraft bis spätestens zum Ablauf des nächsten Arbeitstages zu entscheiden. Es trifft alle Entscheidungen gemäß §§ 42a und 42f des Achten Buches Sozialgesetzbuch, wobei die notwendigen Feststellungen in Amtshilfe nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch von einer Fachkraft eines anderen Jugendamtes getroffen werden können. Das zuständige Jugendamt und das in Amtshilfe tätige Jugendamt können sich von Trägern der freien Jugendhilfe bei der Tatsachenfeststellung unterstützen lassen.

(2) Die Unterbringung, Versorgung und Betreuung vorläufig in Obhut genommener junger ausländischer Menschen nach Absatz 1 können von Dritten erbracht werden. Besondere Bedarfe der jungen Menschen sind zu berücksichtigen.

(3) Alle Aktivitäten der Jugendämter während der Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Betreuung von jungen ausländischen Personen sind unter Beachtung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes zu erbringen und müssen darauf ausgerichtet sein, eine Familienzusammenführung zu ermöglichen. Dem Jugendamt bekannte Personensorge- oder Erziehungsberechtigte im In- oder Ausland sind unverzüglich zu informieren. Sind diese nicht erreichbar, kann die Information über den botschafts- oder konsularischen Dienst des Heimatstaates erfolgen, es sei denn, dass die Datenübermittlung mit einer Gefahr für die vorläufig in Obhut genommene Person oder ihre Familie im Heimatland verbunden ist. Dieser Person ist eine Kontaktaufnahme mit ihren Personensorge- und Erziehungsberechtigten zu ermöglichen.

(4) Die ärztliche Untersuchung zur Altersfeststellung nach § 42f Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch kann nach Abschluss der vorläufigen Inobhutnahme gemäß § 42a des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgen.

(5) Die Entscheidung des Jugendamtes über die vorläufige Inobhutnahme gemäß § 42a des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist dem jungen ausländischen Menschen unter Beachtung von § 10a des Achten Buches Sozialgesetzbuch und §§ 8 und 9 bekannt zu geben und zu erläutern.

(6) Eine vorläufige Inobhutnahme gilt für den Zeitraum, in dem sich die in Obhut genommene Person in der ihr zugewiesenen Unterkunft oder in der dem Jugendamt bekannten Unterkunft aufhält. Verlässt sie diese Unterkunft ohne Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsperson, ist vom Jugendamt oder aufgrund einer zuvor getroffenen allgemeinen Absprache mit dem Träger der Unterkunft, von diesem unverzüglich eine Vermisstenanzeige zu erstatten. Die vorläufige Inobhutnahme endet nach Erstattung der Vermisstenanzeige zum Ablauf des übernächsten Arbeitstages.

§ 32
Prüfung des Gesundheitszustandes

(1) Das Jugendamt veranlasst im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme nach § 42a des Achten Buches Sozialgesetzbuch eine ärztliche Erstuntersuchung; hierbei erfolgt eine ärztliche Stellungnahme im Sinne von § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und zu übertragbaren Krankheiten. § 62 Absatz 1 Satz 1 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Sofern nach einer Verteilung der unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen nach § 42b des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 34 Absatz 6 eine ärztliche Untersuchung nicht nachgewiesen ist, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend für die Inobhutnahme.

(2) Für die Untersuchung auf übertragbare Krankheiten können die von der obersten Gesundheitsbehörde gemäß § 62 Absatz 1 Satz 2 des Asylgesetzes bestimmten Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser in Anspruch genommen werden. Die Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte unterstützen die Jugendämter, indem sie ihnen bei Bedarf weiteres ärztliches Personal oder ärztlich geleitete Einrichtungen benennen, die sich zur Durchführung der Untersuchungen nach Absatz 1 und § 42f des Achten Buches Sozialgesetzbuch bereit erklärt haben.

§ 33
Meldung von aufgenommenen jungen ausländischen Personen und Einrichtung
eines zentralen Registers

(1) Die Jugendämter melden der obersten Landesjugendbehörde unverzüglich jede aufgenommene junge ausländische Person gemäß § 30 Absatz 1. Die Meldung erfolgt spätestens sieben Werktage nach der vorläufigen Inobhutnahme mit den Daten, die zur Verfügung stehen und wie diese für die Verteilung erforderlich sind. Sie ergänzen die Daten, soweit nachträglich ergänzende Informationen vorliegen. Entzieht sich die junge ausländische Person ihrer vorläufigen Inobhutnahme, ist dies unverzüglich zu melden. Die Daten nach Absatz 2 sind in elektronischer Form zu übermitteln. Wird in der obersten Landesjugendbehörde festgestellt, dass die junge ausländische Person bereits in Zuständigkeit eines anderen Jugendamtes erfasst ist, sind beide betroffenen Jugendämter unverzüglich zu informieren. Die örtliche Zuständigkeit des bisherigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe geht vor.

(2) Die junge ausländische Person ist bei ihrer Inobhutnahme über die Erfassung der konkreten Daten und die Meldung zum Register gemäß § 42 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufzuklären.

(3) Bei der obersten Landesjugendbehörde ist ein zentrales Register der im Land aufgenommenen jungen ausländischen Personen gemäß § 30 Absatz 1 zu führen. Zu diesem Zweck sind folgende Daten im Rahmen der Registrierung und Identitätsfeststellung von jungen ausländischen Personen gemäß § 30 Absatz 1 zu erfassen und entsprechend vorzuhalten:

  1. Familienname und Vornamen,

  2. frühere Namen,

  3. Geburtsdatum, -ort und -staat,

  4. Staatsangehörigkeit,

  5. Familiennamen und Vornamen von Personensorgeberechtigten, einschließlich ihrer Anschriften im Herkunftsstaat,

  6. Familienstand; bei verheirateten Personen die Daten der Ehepartnerin oder des Ehepartners nach den Nummern 1 bis 4,

  7. Kinder im In- und Ausland und bestehende Schwangerschaft,

  8. gesprochene Muttersprache,

  9. Datum der Aufnahme in die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe,

  10. bekannte Daten zu den in § 89d Absatz 1 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Zeitpunkten,

  11. Aufenthaltsort nach Straße, Hausnummer, Postleitzahl und Ort,

  12. Zeitpunkt, ab dem die Unterbringung in einer Einrichtung gemäß § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgte und

  13. Vorliegen von Behinderungen oder chronischen Erkrankungen oder drohender Behinderung oder drohender chronischer Erkrankung.

Die Registrierung einer jungen ausländischen Person im Register nach Satz 1 ist dem Jugendamt anzuzeigen. Der junge ausländische Mensch ist bei seiner Inobhutnahme über seine Erfassung im Register zu informieren.

(4) Die Daten gemäß Absatz 3 dürfen nur zum Zweck der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und diesem Gesetz verwendet werden. Sie dürfen für statistische Zwecke in anonymisierter Form ausgewertet und verwendet werden. Im Verteilverfahren sind die Daten nach Absatz 3 bis zur Beendigung des Verteilverfahrens zu speichern. Für die Abrechnung der Kostenerstattung nach § 89d des Achten Buches Sozialgesetzbuch gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Ermittlung der Kosten des Mehraufwandes der Landkreise und kreisfreien Städte sind die Daten nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 3, 9 und 10 zu speichern. Die Speicherung der Daten erfolgt, bis die Kostenerstattung rechtskräftig beendet und die Mehrbelastung ermittelt und ausgeglichen ist.

(5) Die oberste Landesjugendbehörde kann den Landesjugendbehörden anderer Bundesländer Auskunft erteilen, ob ein Kind oder eine jugendliche Person im zentralen Register verzeichnet ist, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der empfangenden Stelle erforderlich ist. Das zentrale Register gibt hierbei nur Auskunft über den zuletzt zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Land Brandenburg. Eine Verarbeitung weitergehender Daten ist unzulässig.

§ 34
Verteilung und Zuweisung

(1) Die Verteilung gemäß § 42b Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt auf der Grundlage von vorrangig die Einwohnerzahl berücksichtigenden Aufnahmequoten gemäß den Vorgaben des Landesaufnahmegesetzes.

(2) Die konkrete Zuweisung ist an dem spezifischen Schutzbedürfnis und Bedarf der jungen ausländischen Person auszurichten. Sofern Umstände bekannt sind, die eine gesteigerte Schutzbedürftigkeit begründen, sind diese bei der Zuweisungsentscheidung besonders zu berücksichtigen. Gleiches gilt für bekannte bestehende Kontakte zu Familienmitgliedern. In begründeten Ausnahmefällen kann von der Verteilung nach Aufnahmequoten abgesehen werden. Diese gesonderten Zuweisungen werden im Rahmen des Aufnahmesolls nach Absatz 1 berücksichtigt.

(3) Vor einer Entscheidung über eine Verteilung und Zuweisung ist die junge ausländische Person anzuhören. § 10a Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung ist am Kindeswohl auszurichten, an die junge ausländische Person zu richten und dieser zu erläutern. Sie entfaltet auch eine Bindungswirkung gegenüber den beteiligten Jugendämtern.

(4) Die Entscheidung nach Absatz 3 soll geändert werden, sofern es das Kindeswohl erfordert.

(5) Eine freiwillige Zuständigkeitsübernahme innerhalb des Landes steht einem Kostenerstattungsanspruch nach § 89d des Achten Buches Sozialgesetzbuch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nicht entgegen.

(6) Gemäß § 88a Absatz 1 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch kann die örtliche Zuständigkeit für junge ausländische Personen, die vorläufig in Obhut genommen wurden, durch eine Zuweisungsentscheidung der Landesverteilstelle geändert werden. Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend.

§ 35
Zuständigkeiten für Aufgaben bei der Versorgung und Unterbringung
unbegleiteter junger ausländischer Personen; Verordnungsermächtigung

(1) Die Inobhutnahme von jungen ausländischen Personen gemäß den §§ 42 und 42a des Achten Buches Sozialgesetzbuch, ihre Unterbringung, Versorgung, Begleitung und die Gewährung von Hilfen zur Erziehung sind Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte.

(2) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung kann durch Rechtsverordnung Abweichungen von § 88a des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinsichtlich der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit festlegen. Die Rechtsverordnung kann regeln, wie und von wem Amtshilfe im Sinne des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch für Aufgaben, für die § 88a des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt, zu leisten ist.

(3) Die oberste Landesjugendbehörde ist gemäß § 42a Absatz 4, § 42b Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und für die Entscheidungen nach § 34 zuständig (Landesverteilstelle). Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind für die vorläufige Inobhutnahme, die Inobhutnahme und die Gewährungen von Leistungen für Hilfen zur Erziehung zuständig.

(4) Gegen Maßnahmen und Entscheidungen des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe findet kein Widerspruch statt.

§ 36
Kostenerstattungsverfahren und -fristen

(1) Mit einer fristgerechten Meldung gemäß § 33 Absatz 1 gelten alle vom Jugendamt zu stellenden Erstattungsanträge nach § 89d des Achten Buches Sozialgesetzbuch als rechtzeitig gestellt.

(2) Ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 89d des Achten Buches Sozialgesetzbuch besteht, wenn die junge ausländische Person im Register nach § 33 Absatz 2 aufgenommen wurde. Die Daten gemäß § 33 Absatz 3 dürfen im Erstattungsverfahren genutzt werden.

(3) Alle Aufwendungen, die den Landkreisen und kreisfreien Städten für den Zeitraum ab der Feststellung des unbegleiteten jungen ausländischen Menschen gemäß § 30 entstehen, sind vom Land Brandenburg nach § 89d des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich eine vorläufige Inobhutnahme erfolgt ist.

(4) Die Monatsfrist gemäß § 89d Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch findet ab dem 24. Februar 2022 für junge ausländische Menschen keine Anwendung.

(5) Leistungen, die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch für den jungen ausländischen Menschen erbracht werden und begünstigend für Dritte wirken, sind erstattungsfähig, soweit keine Sozialleistungen nach anderen gesetzlichen Regelungen von diesen Dritten in Anspruch genommen werden können.

(6) Die Kostenerstattung nach § 89d des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist eine Gesamtabrechnung für den jeweiligen jungen ausländischen Menschen, die alle erbrachten Aufwendungen erfassen soll. § 111 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch findet Anwendung, wobei der abschließende Kostenerstattungsbescheid binnen zwölf Monaten nach der Meldung über die Beendigung der Jugendhilfe zu erteilen ist. Eine Nachbetreuung gemäß § 41a des Achten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberücksichtigt.

(7) Die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten auf Antrag einen angemessenen Abschlag auf die Gesamtabrechnung nach Absatz 6 jeweils zum Ende eines Quartals.

(8) Die Landkreise und kreisfreien Städte haben auf Anforderung des für Jugend zuständigen Ministeriums die geltend gemachten Einzelaufwendungen nachzuweisen und zu erläutern. Hierzu kann Einblick in die Jugendhilfeakte genommen werden.

§ 37
Aufnahme von Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe aus anderen Staaten

(1) Werden Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit personensorgeberechtigten Begleitpersonen im Land Brandenburg nicht nur kurzzeitig aufgenommen, die in ihrem Herkunftsland als Angebote der Kinder- und Jugendhilfe für Hilfen zur Erziehung gelten, richtet sich die örtliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach dem tatsächlichen Aufenthaltsort der Gruppe. Die örtliche Zuständigkeit geht auf einen anderen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe über, wenn die Gruppe in einen anderen Landkreis oder in eine andere kreisfreie Stadt im Land Brandenburg umzieht. Hinsichtlich einer Zuweisungsentscheidung und die Aufnahme finden die §§ 34 bis 36 entsprechende Anwendung.

(2) Der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat festzustellen, ob eine Personensorgeberechtigung der Begleitpersonen zugunsten der Kinder und Jugendlichen, die zur Gruppe gehören, besteht. Wechseln die Begleitpersonen, ist dies dem zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe unverzüglich von den bisherigen oder den neuen Begleitpersonen anzuzeigen. Der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe prüft die Personensorgeberechtigung der neuen Begleitpersonen.

(3) Gruppen von Kindern und Jugendlichen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sollen nicht getrennt untergebracht werden. Die Unterbringung kann außerhalb von erlaubnispflichtigen Einrichtungen gemäß § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgen. Die für die Aufsicht gemäß § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch nach diesem Gesetz zuständige Stelle unterstützt und begleitet die Unterbringung. Die Begleitpersonen sind verpflichtet, gegenüber der nach diesem Gesetz für die Aufsicht nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständigen Stelle unverzüglich Meldungen nach den Vorgaben des § 47 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch abzugeben. Die §§ 8a und 47 Absatz 2 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch finden entsprechende Anwendung.

(4) Die Anzahl der aufgenommenen ausländischen Kinder und Jugendlichen wird bei der Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Land Brandenburg gemäß § 34 Absatz 2 wie unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche angerechnet.

(5) Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe erstattet den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die mit der Unterbringung von Gruppen gemäß Absatz 1 verbundenen Kosten, einschließlich der Begleitpersonen, soweit sie zur Jugendhilfeleistung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gehören und keine anderen Erstattungsansprüche vorrangig bestehen. Hinsichtlich der Abrechnung findet das Verfahren zur Kostenerstattung für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche entsprechende Anwendung.

§ 38
Mehrbelastungsausgleich für den Verwaltungsaufwand

(1) Das Land gleicht den Landkreisen und kreisfreien Städten die Mehrbelastungen aus, die für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Abschnitt entstehen. Es werden die konkreten angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ausgeglichen.

(2) Abweichend von Absatz 1 richtet sich der Mehrbelastungsausgleich für die Nachbetreuung gemäß § 41a des Achten Buches Sozialgesetzbuch nach dem hierfür vorgesehenen Mehrbelastungsausgleich für junge deutsche Erwachsene. Ein eigenständiger Mehrbelastungsausgleich gemäß Absatz 1 kann nicht für begünstigte Dritte gemäß § 36 Absatz 5 beansprucht werden.

Abschnitt 7

Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen

§ 39
Zuständigkeiten bei der Betreuung von Kindern in Notsituationen

Für die Gewährleistung der Erfüllung von Ansprüchen nach § 20 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, soweit andere Leistungen zur Abwehr der Notlage nicht vorrangig gewährt werden. Die örtliche Zuständigkeit für die Leistungsgewährung richtet sich nach dem Ort des Haushalts, in dem die Notsituation eingetreten ist.

§ 40
Anspruchsberechtigung, -dauer und -inhalt

(1) Anspruchsberechtigt gemäß § 20 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind auch eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sowie Pflegeelternteile. Der Anspruch besteht unabhängig vom Betreuungsumfang der ausgefallenen Person gegenüber dem Kind. Er besteht, solange eine Notsituation vorliegt und der familiäre Lebensraum für das Kind aus Sicht der Anspruchsberechtigten erhalten bleiben soll, längstens bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Im Übrigen gelten die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Unterstützungsleistungen nach anderen Büchern des Sozialgesetzbuches oder aufgrund anderer vertraglicher oder gesetzlicher Ansprüche, auch solcher auf Schadensersatz, gehen Ansprüchen nach dieser Regelung vor. Bis zur Durchsetzung dieser Ansprüche sind Leistungen gemäß § 20 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erbringen. Bestehende Ansprüche gemäß Satz 1 gehen im Fall des Satzes 2 auf den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe über, der eine Erstattung seiner finanziellen Aufwendungen von den Leistungsverpflichteten einzufordern hat.

§ 41
Mehrbelastungsausgleich bei der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen

Das Land gleicht den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Mehrbelastungen aus, die sich durch die Betreuung von Kindern in Notsituationen ergeben haben. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten. Es ist nachzuweisen, dass die Mehrbelastungen nach der Rechtslage vor dem 10. Juni 2021 nicht angefallen wären.

Kapitel 3

Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe

§ 42
Definition der Ombudschaft

Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe ist die unabhängige und fachlich nicht weisungsgebundene Beratung und Vermittlung bei Konflikten junger Menschen und ihrer Familien für alle Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch mit Trägern der Jugendhilfe.

§ 43
Einrichtung von Ombudsstellen; Verordnungsermächtigung

(1) Die Ombudsstellen werden dem Bedarf von jungen Menschen und ihren Familien entsprechend eingerichtet. Für die Einrichtung ist der überörtliche Träger der Jugendhilfe zuständig.

(2) Die Leistungen der Ombudsstellen sind in örtlicher Nähe zu den Dienstsitzen der Jugendämter anzubieten. Sie müssen für junge Menschen und ihre Familien angemessen erreichbar sein. Junge Menschen und ihre Familienangehörigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Brandenburg haben, dürfen sich an jede im Land eingerichtete Ombudsstelle wenden. Eine Ombudsstelle kann im Zuständigkeitsbereich mehrerer Jugendämter tätig sein.

(3) Die Landesregierung und die oberste Landesjugendbehörde sollen, bevor sie Stellungnahmen im Rahmen von Petitionen gegenüber jungen Menschen und Familien abgeben, auf die Möglichkeit hinweisen, dass sie sich an eine Ombudsstelle wenden können.

(4) Alle Träger der Jugendhilfe sind verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass junge Menschen und Familien die Möglichkeit haben, sich an die zuständige Ombudsstelle zu wenden. Alle Aufgabenträger haben in ihren Räumen hierzu Aushänge anzubringen, auf denen die Kontaktdaten der zuständigen Ombudsstellen angegeben sind. Diese sind in verständlicher, nachvollziehbarer und wahrnehmbarer Form zu gestalten.

(5) Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe führt ein öffentliches Verzeichnis aller Ombudsstellen und veröffentlicht die Kontaktdaten im Internet.

(6) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Einzelheiten zum Verfahren der Anrufung und zur konkreten Ausgestaltung der Arbeit der Ombudsstellen zu regeln.

(7) Die Finanzierung der Ombudsstellen erfolgt gemäß § 135 Absatz 6.

§ 44
Anspruch auf Anrufung der Ombudsstellen

(1) Junge Menschen und ihre Familien haben anlässlich eines individuellen Konflikts mit einem Beteiligten nach § 3 Absatz 2 bis 4 einen Anspruch auf Beratung sowie Vermittlung und Klärung durch die Ombudsstelle.

(2) Die Ombudsstelle wirkt auf eine Sachverhaltsaufklärung und Beilegung von Konflikten hin und hilft, die Interessenlagen der betroffenen jungen Menschen und Familien zu konkretisieren. Auf die allgemeine Sach- und Rechtslage und die Möglichkeit der Ausstellung einer Bescheinigung sind die jungen Menschen und ihre Familien in wahrnehmbarer, verständlicher und nachvollziehbarer Form hinzuweisen. Es gilt der Grundsatz der Vertraulichkeit. Eine Kontaktaufnahme mit demjenigen Beteiligten, mit dem der Konflikt besteht, findet nur mit ausdrücklicher Zustimmung der jungen Menschen oder deren Familien statt. Ein Rechtsanspruch auf Tätigwerden gegenüber dem Beteiligten besteht nicht.

(3) Die für die Ombudsstelle tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

(4) Ombudsstellen werden auch im Rahmen des § 4 Absatz 2 und des § 49 tätig.

§ 45
Kooperationspflicht

(1) Träger der Jugendhilfe sind verpflichtet, mit der Ombudsstelle über den individuellen Vorgang zu sprechen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Ist diese nicht zu erreichen, sind die jungen Menschen und Familien von der Ombudsstelle auf den Rechtsweg zu verweisen. Eine weitergehende Rechtsberatung findet nicht statt.

(2) Über das Ergebnis der ombudschaftlichen Beratung und Vermittlung ist den jungen Menschen und ihren Familien auf Antrag eine Bescheinigung auszustellen, in der der Konflikt und das Ergebnis der Tätigkeit der Ombudsstelle kurz zu beschreiben sind. Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll hierzu ein Formblatt zur Verfügung stellen.

Kapitel 4

Inklusive Kinder- und Jugendhilfe

Abschnitt 1

Allgemeine Vorschriften für die inklusive Kinder- und Jugendhilfe

§ 46
Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe

(1) Inklusion im Sinne dieses Gesetzes ist die wirksame und gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Sie geht von der Vielfalt der Menschen aus, ohne einstellungs- und umweltbedingte Barrieren, die sie an einer gleichberechtigten Teilhabe im Sinne des Satzes 1 hindern können und zu einer Benachteiligung führen.

(2) Alle Entscheidungen aller Beteiligter in der Kinder- und Jugendhilfe sind darauf auszurichten, dass alle jungen Menschen und ihre Familien gleichen Zugang zu den Angeboten der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe erhalten.

§ 47
Bündelung der funktionalen Zuständigkeit für junge Menschen mit Behinderungen
und drohenden Behinderungen im Jugendamt

(1) Das Jugendamt kann auf Antrag der Hauptverwaltungsbeamten nach vorheriger Anhörung des Jugendhilfeausschusses und der jeweiligen für die Belange von Menschen mit Behinderung beauftragten Personen durch Beschluss des Kreistages, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung funktional für alle Eingliederungsleistungen für junge Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung zuständig erklärt werden. Zuständigkeitsbündelungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommen wurden, können ohne erneute Beschlussfassung fortgeführt werden.

(2) Für die Gewährung von Eingliederungsleistungen finden bei einer funktionalen Zuständigkeitsübernahme nach Absatz 1 die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Gesetzes zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Anwendung, soweit es sich nicht um junge Menschen mit einer seelischen Behinderung oder einer drohenden seelischen Behinderung handelt, die Eingliederungshilfe nach § 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch erhalten.

(3) Die Rechtsaufsicht über das Jugendamt übt das für Soziales zuständige Ministerium aus, soweit das für Soziales zuständige Ministerium Aufgaben gemäß der Absätze 1 und 2 wahrnimmt. Die Finanzierung der Aufgaben richtet sich nach dem Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch.

(4) Leistungsberechtigte Personen, die in den Anwendungsbereich der Absätze 1 und 2 fallen, können sich in Streitfällen an die vom Land Brandenburg nach dem Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch eingerichteten Clearingstelle wenden.

§ 48
Unterstützung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der überörtliche Träger der Jugendhilfe sind im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten verpflichtet, die anderen Träger der Jugendhilfe zu unterstützen, ihre Angebote so auszugestalten, dass sie für junge Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung zugänglich sind und genutzt werden können. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel finanziert der überörtliche Träger der Jugendhilfe Fachstellen Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe.

(2) Umfang und Inhalt der Ansprüche auf Förderung von Kindern in Kindertagesstätten und in der Kindertagespflege gemäß der §§ 22 bis 26 des Achten Buches Sozialgesetzbuch richten sich nach dem Kindertagesstättengesetz. Sie umfassen den Anspruch auf eine inklusive Förderung.

(3) Die pädagogische Arbeit mit jungen Menschen ist inklusiv auszugestalten. Pädagogische Konzepte müssen Aussagen zur Inklusion enthalten. Träger der freien Jugendhilfe sollen Angebote von Beginn an inklusiv gestalten.

§ 49*
Außerschulische Betreuung; Mehrbelastungsausgleich

(1) Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung oder drohenden Behinderung haben einen Anspruch auf soziale Teilhabe und Teilhabe an Bildung. Dieser Anspruch wird in der Kindertagesbetreuung verwirklicht. Ab der siebten Jahrgangsstufe ist dieser Anspruch von dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe zu erfüllen. Der Umfang des Anspruchs richtet sich ab der siebten Jahrgangsstufe nach der Regelung zur Förderung von Kindern in den fünften und sechsten Schuljahrgangsstufen in der Kindertagesbetreuung. Der Anspruch ist in Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu erfüllen oder kann in Einrichtungen der Jugendarbeit oder Jugendsozialarbeit oder in Schulen erfüllt werden, soweit keine anderen gesetzlichen Regelungen bestehen. Die Regelungen der §§ 137 und 140 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch finden Anwendung.

(2) Vor den Entscheidungen über den Umfang des Anspruchs gemäß Absatz 1 Satz 1 sind Kinder und Jugendliche zu beteiligen.

(3) Kinder, Jugendliche und deren Familien haben zur Durchsetzung des Anspruchs nach Absatz 1 das Recht, sich an die Beratungsstellen nach den §§ 8 und 9 und die Ombudsstellen nach den §§ 42 bis 45 zu wenden.

(4) Das Land gleicht den nach Absatz 1 zuständigen Stellen die Mehrbelastungen aus, die sich durch die außerschulische Betreuung nach Absatz 1 ergeben und nicht vom Land als Eingliederungsmaßnahme nach dem Eingliederungshilferecht mit zu finanzieren wären. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter entsprechender Anwendung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

§ 50
Befassung zum Stand der Inklusion

(1) Einmal jährlich sollen sich der Landes- Kinder- und Jugendausschuss und die Jugendhilfeausschüsse mit dem Stand der Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe befassen. Dabei soll insbesondere erörtert werden, welche Maßnahmen zur Fortbildung im Bereich der Inklusion der in der Jugendhilfe tätigen Fachkräfte ergriffen wurden und welcher Bedarf besteht. Die jeweiligen beauftragten Personen für die Belange von Menschen mit Behinderung sind anzuhören.

(2) Fachkräfte in den Jugendämtern, insbesondere im Allgemeinen Sozialen Dienst und in stationären und teilstationären Einrichtungen, sind verpflichtet, sich im Themenbereich inklusive Jugendhilfe fortzubilden. Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellt Fortbildungsangebote über das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg zur Verfügung.

§ 51
Begleitung von minderjährigen Leistungsberechtigten mit Behinderung oder
einer drohenden Behinderung; Mehrbelastungsausgleich

(1) Für eine Begleitung von minderjährigen Leistungsberechtigten mit Behinderung oder mit drohender Behinderung nach § 10a Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch im Gesamtplanverfahren nach § 117 Absatz 6 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig.

(2) Das Land gleicht die Mehrbelastungen des örtlichen Trägers für die Begleitung nach Absatz 1 aus. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch auszugleichen.

Abschnitt 2

Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen

§ 52
Zuständigkeiten der Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen

(1) Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen unterstützen im Sinne von § 10b des Achten Buches Sozialgesetzbuch junge Menschen und deren Familien, die Ansprüche nach dem Achten und Neunten Buch Sozialgesetzbuch haben können, auf ihren Wunsch hin durch Beratungen, Unterstützung und Begleitung, bei der Antragstellung sowie Verfolgung und Wahrnehmung von Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen haben darüber hinaus die Aufgabe, das Jugendamt in der Vermittlung von Expertise auf die ab dem 1. Januar 2028 vorgesehene Übernahme der Gesamtzuständigkeit für die Eingliederungshilfe für alle jungen Menschen mit Behinderung und drohender Behinderung zu unterstützen.

(2) Die Aufgaben der Verfahrenslotsinnen und der Verfahrenslotsen sind so zu organisieren, dass sie unabhängig vom § 10b Absatz 1 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch wahrgenommen werden können. Jede Verfahrenslotsin und jeder Verfahrenslotse ist sowohl für die Beratung, Begleitung und Unterstützung der Anspruchsberechtigten als auch für die Beratung und Unterstützung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zuständig.

(3) Die Anspruchsberechtigten sollen im Rahmen der Beratungen auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen hingewiesen werden. Auf Wunsch der Betroffenen soll ein entsprechender Erstkontakt vermittelt werden. Junge Menschen und deren Familien können sich auch direkt an die Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen wenden.

(4) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen auf die Tätigkeit der Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen öffentlich zugänglich hinweisen.

§ 53
Berichterstattung

(1) Die Berichterstattung gemäß § 10b Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt gegenüber dem Jugendhilfeausschuss.

(2) Die Form der Berichterstattung kann in der Satzung des Jugendamtes geregelt werden. Mehrere Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen stimmen untereinander ab, wie und von wem die Berichterstattung gemäß Absatz 1 erfolgt.

§ 54
Qualifikationsanforderungen

(1) Die Tätigkeit als Verfahrenslotsin oder Verfahrenslotse erfordert gemäß § 72 Absatz 1 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch eine entsprechende Zusatzqualifikation. Als Verfahrenslotsin oder Verfahrenslotse sollen Fachkräfte mit einem Bachelorabschluss oder einem vergleichbaren Abschluss eingesetzt werden. Alternativ kommen auch Personen für die Aufgabe in Betracht, die über umfangreiche Erfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe verfügen.

(2) Jede Verfahrenslotsin und jeder Verfahrenslotse soll regelmäßig Qualifizierungsmaßnahmen absolvieren.

§ 55
Mehrbelastungsausgleich für die Einrichtung von Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen

Das Land gleicht den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Mehrbelastungen aus, die sie durch die Bereitstellung von angemessen qualifizierten Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen haben. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

Kapitel 5

Kinder- und Jugendbericht

§ 56
Kinder- und Jugendbericht

(1) Die Landesregierung legt zur Mitte jeder Wahlperiode dem Landtag einen Kinder- und Jugendbericht zur Situation der Kinder und Jugendlichen im Land vor. Der Bericht ist unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu erarbeiten und soll ihre Themen vorrangig berücksichtigen. Auf die Situation von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen ist gesondert einzugehen.

(2) Die Themen des Kinder- und Jugendberichtes sollen am Anfang der Wahlperiode auf der zweiten Sitzung vom Landes- Kinder- und Jugendausschuss bestimmt werden. Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss hat junge Menschen angemessen an der Auswahl der Themen zu beteiligen.

(3) Der Kinder- und Jugendbericht ist im Landes- Kinder- und Jugendausschuss vor seiner Zuleitung an den Landtag zu beraten. Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss, der Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände, die LIGA der Wohlfahrtsverbände, die Kommunalen Spitzenverbände, Kinder und Jugendliche und die beauftragten Personen des Landes, die für Belange der Kinder und Jugendlichen, der Menschen mit Behinderung, der Gleichstellung und für Integration zuständig sind, können Stellungnahmen zum Bericht abgeben, die dem Landtag mit vorzulegen sind.

(4) Der Bericht ist zu veröffentlichen. Der Bericht muss in einer Sprache und Form abgefasst sein, die von Kindern und Jugendlichen gut verstanden und nachvollzogen werden können. Es ist ein kürzerer Bericht für Kinder und Jugendliche zu veröffentlichen, der einen Verweis auf den ausführlichen Bericht enthält.

(5) Die Ergebnisse des Kinder- und Jugendberichtes sollen in die zukünftige Jugendhilfeplanung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einfließen.

Kapitel 6

Jugendhilfeplanung

Abschnitt 1

Grundsätze der Jugendhilfeplanung

§ 57
Gegenstände der Jugendhilfeplanung

(1) Die Jugendhilfeplanung soll mindestens die Handlungsfelder umfassen:

  1. Kindertagesbetreuung,

  2. Hilfen zur Erziehung einschließlich Angebote für Kinder mit Behinderung oder drohender Behinderung nach § 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch,

  3. Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz und Jugendmedienschutz,

  4. Angebote zur Förderung der Erziehung und Unterstützung von Familien und

  5. Angebote der Familienbildung im Sinne von § 16 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

Sie sollen gemäß § 80 Absatz 1 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sozialraum- und beteiligungsorientiert, niederschwellig, präventiv, vernetzt und inklusiv ausgestaltet sein. Dies ist entsprechend darzustellen. Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung der Angebote sind in die Jugendhilfeplanung aufzunehmen. Für jedes der genannten Handlungsfelder sind die in § 80 Absatz 1 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Informationen aufzunehmen.

(2) Die Jugendhilfeplanung soll darüber hinaus Aussagen zur Ombudschaft nach § 9a des Achten Buches Sozialgesetzbuch, zum Adoptionswesen, zur Gewährung von Unterhaltsvorschuss, zur Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe, zur Fachkräftesicherung und -gewinnung sowie zur Fortbildung enthalten. Es sollen Aussagen zu den Netzwerken für Kinderschutz und für Frühe Hilfen sowie zum Netzwerk Gesunde Kinder aufgenommen werden.

(3) Die Jugendhilfeplanung ist mit der Schulentwicklungsplanung wechselseitig abzugleichen.

(4) Die Jugendhilfeplanung kann für die Handlungsfelder gesondert erfolgen. Sonderregelungen in anderen Gesetzen oder aufgrund anderer Gesetze gehen vor. Für die Leistungen gemäß den §§ 11 bis 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt die Jugendhilfeplanung im Rahmen des Jugendförderplanes gemäß § 60 Absatz 2.

(5) Im Jugendhilfeplan der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind der festgestellte finanzielle Jugendhilfebedarf für die Handlungsbereiche gemäß Absatz 1 und für die weiteren Aufgaben sowie die dafür vorgesehenen Aufwendungen des örtlichen Trägers der Jugendhilfe auszuweisen. In den Jugendhilfeplänen der Landkreise sollen auch die finanziellen Aufwendungen der kreisangehörigen Gemeinden, Ämter und Verbandsgemeinden, die nicht örtliche Träger der Jugendhilfe sind, dargestellt werden.

(6) Das Nähere zu den Gegenständen, zum Verfahren und zu den Planungszeiträumen der Jugendhilfeplanung kann durch Satzung gemäß § 126 festgelegt werden.

(7) Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe ein Muster zu den Inhalten und zur Gliederung der Jugendhilfeplanung zur Verfügung stellen.

§ 58
Anspruch und Umsetzung Jugendhilfeplanung

(1) Alle Träger der Jugendhilfe haben Anspruch darauf, dass der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe prüft, ob sie in seine Jugendhilfeplanungen gemäß § 57 aufzunehmen sind. Eine Aufnahme in die Jugendhilfeplanung kann nur abgelehnt werden, wenn ein Träger nachgewiesenermaßen unzuverlässig ist oder wegen § 74 Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch nicht gefördert werden kann.

(2) Bei Entscheidungen der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, insbesondere nach den §§ 74 bis 77 und § 80 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sollen die Feststellungen der Jugendhilfeplanung Berücksichtigung finden. Ein Anspruch der in der Jugendhilfeplanung aufgenommenen Träger auf eine finanzielle Förderung entsteht nicht.

(3) Modellprojekte sollen zu den Feststellungen der Jugendhilfeplanung passen. Sie sind dort vorrangig zu fördern, wo nach der Jugendhilfeplanung eine verbesserte Bedarfsdeckung anzustreben ist.

§ 59
Überörtliche Jugendhilfeplanung

Der überörtliche Träger der Jugendhilfe ist zur Jugendhilfeplanung verpflichtet, soweit sich die Planungsgegenstände auf die dort angesiedelten Aufgaben erstreckt. § 58 findet entsprechende Anwendung.

Abschnitt 2

Verfahren der Jugendhilfeplanung

§ 60
Planungszeiträume

(1) Es sind angemessene Planungszeiträume für die Jugendhilfeplanung festzulegen und Fortschreibungen zu gewährleisten, ohne dass es zu Unterbrechungen der Planung kommt. Die Förderung von Einrichtungen und Angeboten soll über die festgelegten Zeiträume hinaus geplant werden.

(2) Der örtliche Träger der Jugendhilfe erstellt mindestens alle zwei Jahre für die Leistungsbereiche Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit gemäß der §§ 11 bis 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einen Jugendförderplan. Im Jugendförderplan sind der in der Jugendhilfeplanung festgestellte Jugendhilfebedarf für diese Leistungsbereiche und die dafür vorgesehenen Aufwendungen des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe auszuweisen. Der festgestellte Jugendhilfebedarf und die Ausweisung der Aufwendungen für die Leistungsbereiche Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit muss sich auf das laufende und das folgende Haushaltsjahr beziehen und die Planungen für zwei weitere Haushaltsjahre darstellen.

§ 61
Planungsverfahren

(1) An der Jugendhilfeplanung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe sind die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe von Anfang an zu beteiligen. Die kreisangehörigen Gemeinden, Verbandsgemeinden, der Kreiskitaelternbeirat, die Zusammenschlüsse nach § 4a des Achten Buches Sozialgesetzbuch und der Tages- und Vollzeitpflegepersonen sowie andere Träger der Jugendhilfe sind bei Betroffenheit zu beteiligen, soweit sie diese angezeigt haben. Kinder und Jugendliche sind entsprechend § 19 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg zu beteiligen. Sie sind spätestens anlässlich der Beratung im Jugendhilfeausschuss, auch soweit sie im Ausschuss nicht vertreten sind, über Inhalt, Ziele und Verfahren der Planung umfassend zu unterrichten.

(2) An der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe sind die jungen Menschen in geeigneter Form sowie kommunale Spitzenverbände, die Zusammenschlüsse der betroffenen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, der Tages- und Vollzeitpflegepersonen sowie der gewerblichen Träger in der Regel von Anfang an zu beteiligen. Sie sind spätestens anlässlich der Beratung im Landes- Kinder- und Jugendausschuss, auch soweit sie im Ausschuss nicht vertreten sind, über Inhalt, Ziele und Verfahren der Planung umfassend zu unterrichten.

(3) Zusammenschlüsse der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, der Tages- und Vollzeitpflegepersonen sowie der gewerblichen und der öffentlichen Träger, die nicht örtliche Träger der Jugendhilfe im Sinne von § 124 sind, haben für den Bereich, in dem sie tätig sind, das Recht auf Beteiligung an Arbeitsgruppen, die das Jugendamt oder die oberste Landesjugendbehörde für Aufgaben der Jugendhilfeplanung einsetzt.

§ 62
Beschlussfassung im Jugendhilfeplanverfahren

(1) Der Jugendhilfeplan der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist nach seiner Bestätigung im Jugendhilfeausschuss dem Kreistag, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung zur Kenntnisnahme vorzulegen.

(2) Der Jugendhilfeplan des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe wird vom Landes- Kinder- und Jugendausschuss beschlossen. Er wird der obersten Landesjugendbehörde mit der Bitte um Beachtung zur Kenntnis gegeben.

(3) Der Jugendförderplan ist vom Kreistag, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung zu beschließen. Die im Haushaltsplan veranschlagten Ansätze für die Aufwendungen und Auszahlungen des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe werden Bestandteil des Jugendförderplans.

Kapitel 7

Erlaubnis und Aufsicht

Abschnitt 1

Erlaubnis für den Betrieb von Kindertagesstätten sowie von Einrichtungen
der stationären und teilstationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen

Unterabschnitt 1

Aufsicht über Kindertagesstätten sowie Einrichtungen
der stationären und teilstationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen

§ 63
Einrichtungsaufsicht

(1) Die oberste Landesjugendbehörde führt die Aufsicht über die Kindertagesstätten und die anderen erlaubnispflichtigen Einrichtungen nach den §§ 45 und 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Die Aufsicht über Internate obliegt der obersten Landesjugendbehörde nur insoweit, als es sich nicht um schulische Angelegenheiten handelt. Soweit Einrichtungen der Vorsorge, Nachsorge und medizinischen Rehabilitation für Kinder und Jugendliche einer anderen gesetzmäßigen Aufsicht unterliegen, findet eine Aufsicht durch die oberste Landesjugendbehörde nicht statt.

(3) Für die Tätigkeitsuntersagung nach § 48 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sowie die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 104 Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist die oberste Landesjugendbehörde zuständig.

Unterabschnitt 2

Trägerverantwortung

§ 64
Trägerrechte und -verantwortung

(1) Die Träger der erlaubnispflichtigen Einrichtungen und Angebote haben sicherzustellen, dass in ihren Einrichtungen ausreichend Personal vorhanden ist, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass nur Personal eingesetzt wird, das in dieser Art Einrichtung tätig sein darf. Es kommt nicht darauf an, ob und welche Beschäftigungs- oder Vertragsverhältnisse zwischen dem Träger und den in den Einrichtungen tätigen Personen bestehen oder welche Aufgaben und Funktionen wahrgenommen werden. In betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen der stationären und teilstationären Hilfen zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, der Wohnheime und Internate sind die auf das Mindestpersonal anrechenbaren Fachkräfte weisungsgebunden anzustellen.

(2) Die Träger der Einrichtungen sollen entsprechend dem konkreten Angebot bei der Beschäftigung und dem Einsatz von Personal auf die Bildung multiprofessioneller Teams abzielen, die es ermöglichen, die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen. Eine nachhaltige Personalgewinnung und -entwicklung ist anzustreben.

(3) Der überörtliche Träger der Jugendhilfe oder eine von ihm finanzierte Fachstelle berät die Träger der Einrichtungen hinsichtlich der Erfüllung der Regelungen dieses Gesetzes, insbesondere hinsichtlich einer Weiterentwicklung des fachlichen Profils der Einrichtung und des Aufbaus und einer Weiterentwicklung der multiprofessionellen Teams.

§ 65
Verbot der Überschreitung der genehmigten Kapazitäten

Es dürfen in den Einrichtungen nicht mehr junge Menschen gleichzeitig betreut werden als Betreuungsplätze nach den §§ 45 und 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch genehmigt wurden. Die Träger haben sicherzustellen, dass der Ist-Personalbestand zu jedem Zeitpunkt ausreicht, um das Kindeswohl der aktuell betreuten Kinder und Jugendlichen entsprechend der erteilten Betriebserlaubnis zu gewährleisten.

§ 66
Anforderungen an das Einrichtungspersonal

(1) Träger der erlaubnispflichtigen Einrichtungen und Angebote haben sicherzustellen, dass alle Personen, die sich regelmäßig und nicht nur kurzzeitig während der Anwesenheit der Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen aufhalten und tätig werden (Einrichtungspersonal)

  1. nicht rechtskräftig wegen einer in § 72a Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Straftat verurteilt sind,

  2. über einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern gemäß § 67 verfügen.

(2) Schülerpraktikantinnen und -praktikanten von allgemeinbildenden Schulen müssen kein Führungszeugnis vorlegen. Sie müssen eine Erklärung zu der Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 Nummer 1 abgeben.

§ 67
Masernschutz

(1) Träger und Leitung einer Einrichtung im Sinne des § 45 Absatz 1 Satz 1 und des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 48a des Achten Buches Sozialgesetzbuch haben sicherzustellen, dass das Einrichtungspersonal gemäß § 20 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes

  1. einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern,

  2. eine bestehende Immunität gegen Masern oder

  3. eine medizinische Kontraindikation gegen eine Masernimpfung

nachweist.

(2) Für den Nachweis eines ausreichenden Impfschutzes oder einer ausreichenden Immunität kann auf eine bereits erfolgte Untersuchung Bezug genommen werden.

(3) Werden Personen ohne Nachweis nach Absatz 1 beschäftigt oder ergibt sich, dass ein Impfschutz gegen Masern erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist oder vervollständigt werden kann, so hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung entsprechend § 20 Absatz 9 Satz 4 und 5 des Infektionsschutzgesetzes unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen. Dem Gesundheitsamt sind die zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Infektionsschutzgesetz erforderlichen personenbezogenen Angaben zu übermitteln. Eine solche Benachrichtigung ist entbehrlich, wenn der Leitung der jeweiligen Einrichtung bekannt ist, dass das Gesundheitsamt bereits über den Fall informiert ist.

§ 68
Fachstelle Fachkräfte

Die oberste Landesjugendbehörde soll für die Fachkräftesicherung und -gewinnung eine Fachstelle einrichten und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel finanzieren. An diese Fachstelle können sich alle Träger der Jugendhilfe mit der Bitte um Beratung zu den in Satz 1 genannten Themen wenden. Die Fachstelle soll die Träger der Jugendhilfe bei der Durchführung der Fachkräftebedarfsplanung unter Wahrung des Datenschutzes unterstützen und hierzu elektronische Verfahren anbieten. Schulen können sich an die Fachstelle wenden, soweit nicht Lehrkräfte betroffen sind.

Unterabschnitt 3

Betriebserlaubnis; Verordnungsermächtigung

§ 69
Betriebserlaubnis; Verordnungsermächtigung

Um die Anforderungen zu konkretisieren, die zur Gewährleistung des Kindeswohls in erlaubnispflichtigen Einrichtungen und Angeboten erforderlich sind, wird das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu treffen über

  1. die räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und weiteren personellen Voraussetzungen, die für den Betrieb einer nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erlaubnispflichtigen Einrichtung oder sonstigen Wohnform erfüllt sein müssen,

  2. die Grundvoraussetzungen für eine angemessene Mediennutzung und die digitale technische Ausstattung in den Einrichtungen,

  3. die Unterstützung der gesellschaftlichen und sprachlichen Integration in der Einrichtung sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen,

  4. die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt und Kindeswohlgefährdung, zur Inklusion, zu geeigneten Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie zu der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung und zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung,

  5. die Konzeption der Einrichtung, die Auskunft über Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie zur ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung in Bezug auf den Betrieb der Einrichtung gibt,

  6. die Verwaltungsverfahren nach den §§ 45 bis 48 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und

  7. die Unterstützung der Weiterentwicklung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe.

In der Rechtsverordnung können außerdem geeignete Stellen im Sinne des § 73 bestimmt werden.

Unterabschnitt 4

Weitere Pflichten im Zusammenhang mit dem Betrieb erlaubnispflichtiger Einrichtungen

§ 70
Mitteilungspflichten

(1) Erlangt das Jugendamt bei der Unterbringung eines Kindes oder einer jugendlichen Person in einer Einrichtung Kenntnis von Umständen, die zur Versagung, zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis oder zu einer Tätigkeitsuntersagung gemäß § 48 des Achten Buches Sozialgesetzbuch führen können, so ist es zur unverzüglichen Mitteilung an die oberste Landesjugendbehörde verpflichtet.

(2) Die oberste Landesjugendbehörde informiert den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe entsprechend Absatz 1 über Erkenntnisse, die dazu führen können, dass eine Entziehung der Betriebserlaubnis bevorsteht.

§ 71
Auskunftspflicht

(1) Träger und Leitung einer betriebserlaubnispflichtigen Einrichtung im Sinne des § 45 Absatz 1 Satz 1 und des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 48a des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind verpflichtet,

  1. der obersten Landesjugendbehörde auf Verlangen die zur Ausübung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu geben und

  2. sich an Besichtigungen der Einrichtung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der obersten Landesjugendbehörde zu beteiligen.

(2) Die an Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der obersten Landesjugendbehörde beteiligten Beschäftigten der Einrichtung sind verpflichtet, an sie gerichtete Fragen umfassend nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten, soweit

  1. dadurch nicht die Sicherung der Rechte und der wirksame Schutz der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung in Frage gestellt werden,

  2. sie nicht einer Geheimhaltungspflicht gemäß § 203 des Strafgesetzbuches unterliegen,

  3. sie durch ihre Angaben nicht sich selbst oder nahe Angehörige belasten würden.

§ 72
Beteiligungsanforderungen

(1) Die oberste Landesjugendbehörde soll den nach § 87a Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie Spitzenverbände der freien Jugendhilfe, wenn diesem der Träger der Einrichtung angehört, bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis beteiligen. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll im Erlaubnisverfahren insbesondere zu dem Bedarf und zu der Ausstattung mit Fachpersonal Stellung nehmen.

(2) Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung informiert die oberste Landesjugendbehörde das staatliche Schulamt zum Zweck der Prüfung der Schulpflicht, wenn nach der Konzeption eine Aufnahme von mehr als zehn jungen Menschen in der Einrichtung vorgesehen wird.

(3) Bezogen auf die räumlichen Voraussetzungen soll der Träger der betriebserlaubnispflichtigen Einrichtung die entsprechenden Stellungnahmen einholen, insbesondere beim zuständigen Gesundheitsamt und bei der zuständigen Baubehörde.

§ 73
Anordnung der fachlichen Begleitung

Die oberste Landesjugendbehörde kann gemäß § 45 Absatz 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch anordnen, dass eine fachliche Begleitung von einer geeigneten Stelle zu erfolgen hat. Sie informiert den zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie den Träger der freien Jugendhilfe über die Anordnung der fachlichen Begleitung nach Satz 1.

§ 74
Untersagung des Betriebs einer Einrichtung

Wird eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung im Sinne des § 45 Absatz 1 Satz 1 und des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben, so kann die oberste Landesjugendbehörde den weiteren Betrieb ganz oder teilweise untersagen. Dies gilt entsprechend für den Betrieb einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 48a des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

Abschnitt 2

Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, Wohnheime und Internate

Unterabschnitt 1

Einrichtungsbegriff

§ 75
Einrichtungsbegriff

Eine familienähnliche Betreuungsform der Unterbringung, die nicht fachlich und organisatorisch in eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden ist, ist auch dann Einrichtung im Sinne des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch, wenn sie unter Verantwortung eines Trägers steht, der

  1. das Konzept,

  2. die fachliche Steuerung der Hilfe,

  3. die Qualitätssicherung,

  4. die Auswahl, Überwachung, Weiterbildung und Vertretung des Personals sowie

  5. die Außenvertretung

gewährleistet. Zur Wahrnehmung der Verantwortung eines Trägers ist auszuschließen, dass die mit der Betreuung betraute Person zugleich Träger oder Leitung der Einrichtung ist, mit dem Träger oder der Leitung in einer Lebensgemeinschaft lebt oder mit dem Träger oder der Leitung in gerader Linie verwandt oder verschwägert ist oder war.

Unterabschnitt 2

Allgemeine Vorschriften für die Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung,
der Eingliederungshilfe, für Wohnheime und Internate

§ 76
Umsetzung der Schulpflicht

(1) Träger und Leitung einer betriebserlaubnispflichtigen Einrichtung im Sinne des § 45 Absatz 1 Satz 1 und des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 48a des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind verpflichtet,

  1. schulpflichtige Kinder und Jugendliche binnen fünf Werktagen nach deren Aufnahme in die Betreuung, die kein Angebot der Kindertagesbetreuung darstellt, an einer Schule anzumelden, wenn eine entsprechende Vollmacht der Personensorgeberechtigten vorliegt, und

  2. das staatliche Schulamt unmittelbar, spätestens binnen fünf Werktagen zu informieren, falls
    1. an der Schule, bei der die Anmeldung nach Nummer 1 erfolgte, keine Aufnahme gewährleistet wird oder

    2. eine Befreiung von der Schulbesuchspflicht nach § 36 Absatz 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes oder nach vergleichbaren Bestimmungen anderer Bundesländer in Deutschland vorliegt.

(2) Der Träger der Einrichtung hat im Einvernehmen mit dem staatlichen Schulamt dafür zu sorgen, dass den von der Schulbesuchspflicht befreiten Kindern und Jugendlichen die erforderliche anderweitige Förderung erteilt wird oder sie eine besondere pädagogische Förderung erhalten, die die Wiedereingliederung in die Schule möglich macht.

§ 77
Elektronische Datenbank

Durch Verwaltungsvorschrift kann die oberste Landesjugendbehörde vorgeben, dass Anträge und Meldungen gemäß den §§ 45 bis 48a des Achten Buches Sozialgesetzbuch elektronisch zu übermitteln sind. Sie stellt hierfür den Trägern der Einrichtungen die elektronischen Zugänge online zur Verfügung. Die Träger haben den Datenschutz in ihrem Einflussbereich zu sichern. Verwaltungsakte gemäß den §§ 45 bis 48a des Achten Buches Sozialgesetzbuch können elektronisch übermittelt werden.

§ 78
Informationen zum Kinder- und Jugendhilfelandesrat; Verordnungsermächtigung

(1) Die Information über den Kinder- und Jugendhilfelandesrat gemäß § 140 sind Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der teilstationären und stationären Hilfen zur Erziehung unter Beachtung ihres Alters und Entwicklungsstandes in verständlicher, nachvollziehbarer und wahrnehmbarer Form vom Träger der Einrichtung zur Verfügung zu stellen. Zudem sind die Informationen des Kinder- und Jugendhilfelandesrats, die die Träger vom überörtlichen Träger der Jugendhilfe erhalten, von den Trägern den untergebrachten Kindern und Jugendlichen zur Verfügung zu stellen. Diese sind mit den Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen ihrem Alter und Entwicklungsstand entsprechend in verständlicher, nachvollziehbarer und wahrnehmbarer Form zu besprechen. Die Weitergabe der Informationen des Kinder- und Jugendhilfelandesrats ist entsprechend zu dokumentieren.

(2) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Informationsweitergabe vom überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe an die Träger der Jugendhilfe, soweit sie im Bereich Hilfen zur Erziehung zuständig sind, in Bezug auf den Kinder- und Jugendhilfelandesrat in einer Rechtsverordnung zu treffen.

Unterabschnitt 3

Personal in Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe,
in Wohnheimen und Internaten

§ 79
Personal

(1) Der Träger von Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe und von Wohnheimen sowie Internaten im Sinne des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch hat persönlich und fachlich geeignetes Personal bereitzuhalten und die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie Fachberatungen oder Supervision für das pädagogische Personal sicherzustellen. Die fachlichen Qualifikationen der Beschäftigten sind entsprechend der konzeptionellen Ausrichtung der Einrichtung angemessen zu berücksichtigen.

(2) Der Träger der Einrichtung der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe und des Wohnheims oder Internats sorgt durch Fortbildungen dafür, dass die berufliche Eignung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufrechterhalten und weiterentwickelt wird.

(3) Personen, die rechtskräftig wegen einer in § 72a Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Straftat verurteilt worden sind, dürfen nicht beschäftigt werden. Gleiches gilt, wenn die rechtskräftige Verurteilung wegen einer anderen Straftat erwarten lässt, dass die Person für die Wahrnehmung der Funktion und Aufgabe persönlich nicht geeignet ist. Der Träger hat sich von allen in der Einrichtung der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, im Wohnheim und im Internat tätigen Personen bei der Anstellung und im Weiteren alle fünf Jahre ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen zu lassen.

§ 80
Fachkräfte

(1) Mit der Wahrnehmung betreuender und erzieherischer Aufgaben in Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, in Wohnheimen und in Internaten im Sinne des § 45a des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind zur Gewährleistung des Kindeswohls geeignete pädagogische Fachkräfte zu betrauen.

(2) Geeignete pädagogische Fachkräfte für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind

  1. staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher,

  2. staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen,

  3. Psychologinnen und Psychologen sowie Heilpädagoginnen und Heilpädagogen,

  4. Absolventinnen und Absolventen anderer erziehungs- und sozialwissenschaftlicher Hochschulstudiengänge mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik mit Diplom-, Magister-, Bachelor- oder Masterabschluss,

  5. gemäß Erzieheranerkennungsverordnung für den Teilbereich Heim gleichgestellte Personen,

  6. Personen, die nach dem Brandenburgischen Sozialberufsgesetz über gleichwertige Fähigkeiten für das Arbeitsfeld der stationären und teilstationären Hilfen zur Erziehung verfügen.

(3) Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Anspruch auf Eingliederungshilfe gelten die in Absatz 2 genannten Fachkräfte als geeignete pädagogische Fachkräfte, wenn sie über eine dem Einzelfall oder einem speziellen Angebot entsprechende Zusatzqualifikation verfügen. Darüber hinaus gelten Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, Rehabilitationspädagoginnen und Rehabilitationspädagogen sowie Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger als geeignete Fachkräfte. Im Einzelfall können auch Personen als geeignete Fachkraft gelten, die über Qualifikationen in der Integrations- oder Förderpädagogik verfügen.

§ 81
Anrechnung weiterer Personen

(1) Eine Anrechnung weiterer Personen auf das geeignete pädagogische Personal ist in Einzelfällen möglich, wenn sie durch Vorbildung, Praxiserfahrung und Fortbildung gleichartige und gleichwertige Qualifikationen erworben haben. Die Anrechnung nach Satz 1 kann mit der Vorlage von Nachweisen zur Fort- und Weiterbildung verbunden werden.

(2) Persönlich und gesundheitlich geeignete sowie fachlich vorbereitete Personen, die an einer tätigkeitsbegleitenden Qualifizierung zur Erlangung einer in § 80 Absatz 2 genannten Berufsqualifikation teilnehmen, können mit Beginn der Qualifizierung mit einem Anteil von 80 Prozent ihres praktischen Tätigkeitsumfangs als geeignetes pädagogisches Personal angerechnet werden.

(3) Persönlich und gesundheitlich geeignete sowie fachlich vorbereitete Personen, die über einen Berufsabschluss im sozialen Bereich verfügen, können mit einem Anteil von 70 Prozent ihres praktischen Tätigkeitsumfangs auf das geeignete pädagogische Personal von Beginn an angerechnet werden, wenn mit dem Träger der Einrichtung der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, des Wohnheims oder Internats eine individuelle Bildungsplanung zur Erlangung gleichartiger und gleichwertiger Qualifikationen abgestimmt wurde.

(4) Voraussetzung für die Anrechnung weiterer Personen auf das geeignete pädagogische Personal nach den Absätzen 2 und 3 ist, dass aufgrund eines Antrages, der vom Träger der Einrichtung der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, des Wohnheims oder Internats im Benehmen mit der betreffenden Person gestellt und begründet wird, von der obersten Landesjugendbehörde eine Genehmigung erteilt wird. Die Genehmigung kann unter Auflagen und für einen begrenzten Zeitraum erteilt werden. Ihre Geltung kann über die antragstellende Einrichtung hinaus erstreckt werden. Der Anteil des nicht voll anzurechnenden Personals darf in der Regel 10 Prozent des gesamten pädagogischen Personals nicht überschreiten, und die notwendige Anleitung durch geeignete pädagogische Fachkräfte muss stets gewährleistet sein.

§ 82
Einrichtungsleitung

Für jede Einrichtung der Hilfe zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, des Wohnheims oder Internats ist eine Leiterin oder ein Leiter zu benennen. Die Leiterin oder der Leiter muss eine nach § 80 Absatz 2 geeignete pädagogische Fachkraft sein, die die fachlichen Anforderungen, die mit der Übernahme von Leitungsaufgaben verbunden sind, erfüllt. Dazu gehören die fachliche Förderung, Anleitung und Aufsicht von Personal sowie die Koordinierung der Aufgabenwahrnehmung in der Einrichtung und gegebenenfalls die Sicherstellung der übertragenen Verwaltungsaufgaben sowie Kenntnisse der gesetzlichen Rahmenbedingungen des Achten, Neunten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Das erfordert in der Regel eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit im Tätigkeitsfeld der Hilfen zur Erziehung oder der Eingliederungshilfe sowie Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersstufen. Leiterinnen oder Leiter von Einrichtungen, die überwiegend Kinder und Jugendliche mit Behinderung aufnehmen, müssen zusätzlich über ausreichende berufliche Erfahrungen in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung verfügen.

Abschnitt 3

Erlaubnis zur Vollzeitpflege

§ 83
Erlaubnis zur Vollzeitpflege

(1) Die Erlaubnis zur Vollzeitpflege nach § 44 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist für jedes Kind und jede jugendliche Person bei dem Jugendamt zu beantragen. Sollen mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreut werden, bedarf es einer Betriebserlaubnis nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) In die Erlaubnis sind die Unterrichtungspflichten nach § 44 Absatz 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufzunehmen, insbesondere die Verpflichtung, dem Jugendamt Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen mitzuteilen. Das Jugendamt hat die Pflegeperson in geeigneter Weise zu unterstützen.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder der jugendlichen Person in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. Die Pflegeerlaubnis ist insbesondere zu versagen, wenn

  1. die Pflegeperson nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügt,

  2. die Pflegeperson nicht die Gewähr dafür bietet, dass die weltanschauliche Erziehung des ihr anvertrauten Kindes oder der jugendlichen Person mit dessen Selbstbestimmungsrecht und mit der von den Personensorgeberechtigten bestimmten Grundrichtung der Erziehung zu vereinbaren ist,

  3. die Pflegeperson oder die in ihrer Wohnung lebenden Personen nicht die Gewähr dafür bieten, dass das Wohl des Kindes oder der jugendlichen Person nicht gefährdet ist,

  4. die wirtschaftlichen Verhältnisse der Pflegeperson nicht geordnet sind,

  5. ausreichender Wohnraum für das Kind oder die jugendliche Person und die in ihrer Wohnung lebenden Personen nicht vorhanden ist,

  6. die Pflegeperson mit der Betreuung eines weiteren Kindes oder einer weiteren jugendlichen Person überfordert ist oder

  7. die Pflegeperson rechtskräftig wegen einer in § 72a Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Straftat verurteilt worden ist.

(4) Ist das Kindeswohl in der Pflegestelle gefährdet und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, ist die Erlaubnis ganz oder teilweise zurückzunehmen oder zu widerrufen. Bis zur Klärung der Gefährdungslage kann das Ruhen der Erlaubnis angeordnet werden.

(5) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiterbestehen. Die Pflegeperson hat das zuständige Fachpersonal des Jugendamtes über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder der jugendlichen Person betreffen. Dem zuständigen Fachpersonal des Jugendamtes ist im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 37b Absatz 3 und 44 Absatz 3 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch der Zugang zu dem Kind oder der jugendlichen Person und der Zutritt zu den Räumen, die seinem Aufenthalt dienen, zu gestatten. Besteht ein begründeter Verdacht, dass das Wohl des Pflegekindes in der Pflegestelle gefährdet ist, insbesondere durch Vernachlässigung, Misshandlung oder sexuell motivierter Gewalt, ist der Zutritt unverzüglich zu gestatten.

(6) Für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 104 Absatz 1 Nummer 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind die Ordnungsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte zuständig.

§ 84
Unterhalt bei Vollzeitpflege; Verordnungsermächtigung

(1) Die Festsetzung der Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt ist zwingend nach Altersgruppen zu differenzieren. Die Pauschalbeträge sollen sich mindestens an Empfehlungen, welche die aktuellen Preissteigerungen in den Lebenshaltungskosten berücksichtigen, orientieren. Bei der Festsetzung der Pauschalbeträge sind die Verhältnisse vor Ort und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Regelungen zu Kosten für einmalige Leistungen bleiben hiervon unberührt.

(2) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt zu regeln.

Abschnitt 4

Taschengeld, Verpflegungsgeld und Verordnungsermächtigung

§ 85
Taschengeld und Verpflegungsgeld für junge Menschen in stationären Hilfen
zur Erziehung; Verordnungsermächtigung

(1) Für alle jungen Menschen, die stationär im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe im Land Brandenburg untergebracht sind, ist ein angemessener Barbetrag (Taschengeld), der den jungen Menschen zur persönlichen und freien Verfügung steht, zu gewähren.

(2) Für alle jungen Menschen, die stationär im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht sind, ist ein angemessenes Verpflegungsgeld zu gewähren.

(3) Das für die Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Grundsätze für die Verwendung, die Höhe und die Staffelung nach Altersgruppen für das Taschengeld und das Verpflegungsgeld zu regeln. Das Taschengeld darf nicht für Leistungen und Aufwendungen einzusetzen sein, die nach der Vereinbarung gemäß § 78 des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom Träger der Einrichtung zu erbringen sind oder zum altersgerechten sozialrechtlichen Lebensunterhalt oder dem Recht auf Förderung des Kindes oder Jugendlichen zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu rechnen sind.

Kapitel 8

Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit

Abschnitt 1

Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendsozialarbeit

§ 86
Begriffsbestimmung von Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendsozialarbeit

(1) Jugendarbeit im Sinne dieses Gesetzes richtet sich nach § 11 des Achten Buches Sozialgesetzbuch. Jugendverbandsarbeit im Sinne dieses Gesetzes richtet sich nach § 12 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, Jugendsozialarbeit im Sinne dieses Gesetzes richtet sich nach § 13 des Achten Buches Sozialgesetzbuch. Sie können auch mobil angeboten werden.

(2) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit und der Jugendsozialarbeit gehört die Ermöglichung der Nutzung elektronischer Medien und die Stärkung der Medienkompetenz. Hierbei ist insbesondere auch auf die Grenzen und Gefahren der Nutzung elektronischer Medien einzugehen.

(3) Im Rahmen der Förderung von Angeboten und Einrichtungen gemäß § 62 Absatz 3 ist Absatz 2 besonders zu berücksichtigen. Die Träger haben dies entsprechend § 8 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu beachten.

§ 87
Förderung und Unterstützung der Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendsozialarbeit

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Gemeinden, Ämter und Verbandsgemeinden unterstützen junge Menschen bei der Schaffung und Erhaltung von Angeboten der Jugendarbeit und fördern Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendsozialarbeit und Jugendfreizeiteinrichtungen. Bei der Förderung ist das Subsidiaritätsprinzip gemäß § 4 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu beachten. Jungen Menschen im ländlichen Raum sollen die zur Erreichung von Freizeitangeboten erforderlichen Mobilitätsangebote zur Verfügung gestellt werden.

(2) Für Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sollen, soweit keine anderen Räumlichkeiten in angemessenem Umfang zur Verfügung stehen, alle geeigneten öffentlichen Räumlichkeiten des Landes, der Landkreise, der Gemeinden, Ämter und Verbandsgemeinden einschließlich der dazu gehörenden Liegenschaften zum Zweck der Ausführung genutzt werden können, es sei denn, überwiegende öffentliche oder sachliche Gründe sprechen dagegen. Über die Bereitstellung der Räumlichkeiten und Liegenschaften entscheidet der Inhaber des Hausrechts.

(3) Die finanzielle Förderung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit ist Teil der Jugendhilfeplanung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Sie kann als Jugendförderplan gemäß § 60 Absatz 2 gesondert erfolgen.

(4) Die oberste Landesjugendbehörde fördert im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die landesweit tätigen Jugendverbände und ihren Zusammenschluss sowie die landesweiten Einrichtungen, Angebote und Modellprojekte der Jugendarbeit. Sie fördert die Aufwendungen der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Finanzierung der Personalkosten sozialpädagogischer Fachkräfte in der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit nach Maßgabe des Haushaltsplans des Landes.

§ 88
Juleica und Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände

(1) Zum Nachweis der fachlichen Eignung von Personen für eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit wird nach Teilnahme an geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen ein amtlicher Jugendgruppenleiterausweis auf Antrag erteilt. Der amtliche Jugendgruppenleiterausweis trägt die Bezeichnung „Jugendleiterinnen- und Jugendleitercard“ mit der Kurzform „Juleica“. Die Mindestvoraussetzungen zur Erteilung, ihre Geltungsdauer und ihr Widerruf sowie die länderübergreifende Anerkennung der Juleica sollen sich nach den jeweils geltenden Vereinbarungen der für Jugend zuständigen Ministerinnen, Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder richten, die im Amtsblatt des für Jugend zuständigen Ministeriums zu veröffentlichen sind, § 129 Absatz 6 gilt entsprechend.

(2) Das für Jugend zuständige Ministerium kann durch Rechtsverordnung den Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände als juristische Person gemäß § 16 des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung mit der Befugnis zur Erteilung und zum Widerruf der Juleica beleihen. In der Rechtsverordnung ist zu regeln, dass die Ausübung dieser Befugnis nur unter Aufsicht der obersten Landesjugendbehörde erfolgen darf. In der Rechtsverordnung ist festzustellen, wer als landesweit tätiger Zusammenschluss gilt. Der Zusammenschluss muss mindestens vier von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe anerkannte Kreis- und Stadtjugendringe als Mitglied haben. In der Rechtsverordnung sind die Mindestanforderungen an die Qualifizierungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 zu regeln. Die Qualifizierungsmaßnahmen sollen durch alle Träger der Jugendhilfe angeboten werden können.

(3) Der Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände ist rechtzeitig vor einer Einbringung von Entwürfen für Gesetze und Rechtsverordnungen ins Kabinett, die unmittelbar die Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit oder die Schulsozialarbeit betreffen, anzuhören. Dies gilt auch für Empfehlungen der obersten Landesjugendbehörde und Förderrichtlinien, die unmittelbar die Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit oder die Schulsozialarbeit betreffen. Der Zusammenschluss kann hierzu neben dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss eigene Stellungnahmen abgeben.

(4) Das Land Brandenburg fördert den Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.

§ 89
Sonderurlaub

(1) Den ehrenamtlich bei den Jugendverbänden, ihren Zusammenschlüssen, sonstigen Jugendgruppen oder anderen freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe in der Jugendarbeit tätigen Personen ist auf Antrag Sonderurlaub zu gewähren:

  1. für die Mitarbeit in der Kinder- und Jugenderholung, der außerschulischen Jugendbildung oder der internationalen oder interkulturellen Jugendarbeit,

  2. für die Mitarbeit an anderen mehrtägigen Veranstaltungen der Jugendverbände,

  3. zum Besuch von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen der Träger der freien und öffentlichen Jugendhilfe, soweit sie sich auf die Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 und 2 beziehen.

(2) Der Anspruch auf Sonderurlaub besteht nur, wenn die in Absatz 1 bezeichneten Veranstaltungen und Maßnahmen von einem nach § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch anerkannten Träger der freien Jugendhilfe oder einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst oder in seinem Auftrag von einem anderen Träger durchgeführt werden. Diesen Maßnahmen steht eine Maßnahme gleich, die aus öffentlichen Mitteln auf der Grundlage der §§ 74 oder 77 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gefördert wird oder für die ein öffentlicher Träger der Jugendhilfe bestätigt, dass es sich um eine Maßnahme nach den §§ 11 bis 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch handelt.

(3) Der Anspruch auf Sonderurlaub besteht bis zu einer Höchstdauer von zehn Arbeitstagen im Kalenderjahr und ist nicht auf das Folgejahr übertragbar.

(4) Der Sonderurlaub darf nur versagt werden, wenn für den vorgesehenen Zeitraum dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können den Sonderurlaub auch ablehnen, wenn der Antrag der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nicht sechs Wochen vor Beginn der Maßnahme vorliegt. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können verlangen, dass eine Bestätigung des Maßnahmeträgers über die Art der Maßnahme und die ehrenamtliche Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers vorgelegt wird. Über den Antrag ist innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach Antragszugang zu entscheiden.

(5) Eine Verpflichtung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung besteht nicht. Das Land soll im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel fördern, dass den beurlaubten Personen über den Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände angemessene Unterstützungsleistungen gewährt werden können, wenn

  1. die beurlaubten Personen keine Entgeltfortzahlung erhalten und

  2. keinen Rechtsanspruch auf eine Entgeltfortzahlung gegen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben.

Die Höhe der Unterstützungsleistungen ist so bemessen, dass die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme anderer zusätzlicher Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch während der unentgeltlichen Beurlaubung ausgeschlossen werden kann. Die Einzelheiten zu den Voraussetzungen, zur Höhe und zur Verteilung der Unterstützungsleistungen sind in der Förderrichtlinie des für Jugend zuständigen Ministeriums zu regeln. Wenn nichts anderes geregelt ist, sind die Anträge eines Kalenderjahres in der Reihenfolge ihres Eingangs zu berücksichtigen.

(6) Erkrankt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer während des Sonderurlaubs, so gilt bei Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Zeugnis gegenüber den Arbeitgebenden die Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht als Sonderurlaub.

§ 90
Verhältnis zu sonstigen Freistellungen und Benachteiligungsverbot

(1) Der Anspruch auf Erholungsurlaub oder auf Freistellung von der Arbeit nach anderen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen bleibt vom Sonderurlaub nach § 89 unberührt.

(2) Personen, die Sonderurlaub nach § 89 erhalten, dürfen daraus in ihrem Arbeitsverhältnis keine Nachteile erwachsen.

Abschnitt 2

Förderung der Schulsozialarbeit

§ 91
Schulsozialarbeit

(1) Schulsozialarbeit ist ein Angebot der Kinder- und Jugendhilfe am Standort Schule gemäß § 13a des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Alle Angebote der Schulsozialarbeit stehen in der Gesamtverantwortung des jeweiligen örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Dies gilt auch dann, wenn sie durch Schulpersonal angeboten werden.

(3) Schulsozialarbeit findet in enger Abstimmung zwischen den Trägern der Schulsozialarbeit, den Jugendämtern, den Schulen und den Schulträgern statt. Sie einigen sich über die pädagogischen Grundsätze und die Organisation. Diese Grundsätze sind unter Beteiligung der die Schule besuchenden jungen Menschen abzustimmen. Zwischen dem Jugendamt und dem Träger der Schulsozialarbeit, der Schule und dem Träger der Schule wird eine darauf aufbauende Vereinbarung geschlossen. Näheres zur Organisation und Zusammenarbeit regeln die oberste Landesjugendbehörde und die oberste Schulbehörde unter Beteiligung der Fachverbände in gemeinsamen Empfehlungen.

§ 92
Rechte von Schülerinnen und Schülern

(1) Schülerinnen und Schüler haben das Recht, mit den für sie zuständigen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern über alle sie und ihre Familien betreffenden privaten und schulischen Angelegenheiten vertraulich zu sprechen. Das Recht gilt auch für Personensorgeberechtigte, soweit es sich um schulische Angelegenheiten handelt. Die Schule ist verpflichtet, auf das Angebot Schulsozialarbeit hinzuweisen.

(2) Die Pflichten der Lehrkräfte gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 7 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz bleiben von Absatz 1 unberührt. Die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter wirken an der Erfüllung dieser Pflichten der Lehrkräfte nur nach vorheriger Zustimmung der Schülerin oder des Schülers und der Schulleiterin oder dem Schulleiter mit.

§ 93
Bedarfsermittlung und -feststellung

(1) Ob, in welchem Umfang und mit welcher Zielstellung ein Bedarf für Schulsozialarbeit an einer Schule besteht, stellt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Abstimmung mit dem zuständigen staatlichen Schulamt fest. Die Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft sowie die freien Träger der Schulsozialarbeit sind zuvor in einem zwischen dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und dem zuständigen staatlichen Schulamt abgestimmten Verfahren in geeigneter Form zu beteiligen.

(2) Der festgestellte Bedarf nach Absatz 1 und die Planungen zur Deckung des Bedarfs sind Bestandteil der Jugendhilfeplanung gemäß den §§ 57 bis 62.

§ 94
Unterstützung durch die oberste Landesjugendbehörde

Die Träger von Angeboten der Schulsozialarbeit und die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben Anspruch auf fachliche Unterstützung. Die oberste Landesjugendbehörde finanziert in Abstimmung mit der obersten Schulbehörde hierzu den fachlichen Austausch zwischen den Beteiligten und richtet im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel eine Fachstelle für Schulsozialarbeit ein, die auch die Schulen und Schulträger bei der Organisation und Durchführung der Schulsozialarbeit berät.

Kapitel 9

Weitere Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe

Abschnitt 21

Pflegschaft und Vormundschaft

§ 95
Führung der Pflegschaft und Vormundschaft

Über § 56 Absatz 2 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinaus ist auch im Fall des § 1799 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Genehmigung der Familiengerichtsbarkeit nicht erforderlich, soweit es sich um den Abschluss eines Mietvertrages handelt.

§ 96
Ehrenamtliche Vormundschaften

Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen Sorge dafür tragen, dass ehrenamtliche Vormunde Beratungs- und Unterstützungsangebote erhalten. Die ehrenamtlichen Vormunde sollen damit in die Lage versetzt werden, die Interessen und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zu erkennen und deren Rechte gegenüber Dritten im Sinne der übertragenen Vormundschaft durchzusetzen.

Abschnitt 2

Weitere Maßnahmen

§ 97
Hilfe für junge Volljährige; Mehrbelastungsausgleich

(1) Hilfen für junge Volljährige dürfen ohne Prüfung der Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 41 Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gewährt werden, wenn Hilfen zur Erziehung bereits vor Erreichen der Volljährigkeit gewährt wurden, es sei denn, die junge erwachsene Person wünscht keine weiteren Hilfen.

(2) Ein fortbestehender Bedarf auf finanzielle Sozialtransferleistungen nach dem Sozialgesetzbuch oder anderen Gesetzen oder fehlender Wohnraum begründen keinen Anspruch nach § 41 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, wenn dieser Bedarf nicht mit den in Absatz 1 genannten Bedarfen einhergeht. Es ist stets zu prüfen, ob eine Nachbetreuung gemäß § 41a des Achten Buches Sozialgesetzbuch ausreicht oder nach § 41 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu verfahren ist.

(3) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben gegen das Land einen Anspruch auf Ausgleich ihrer konkreten und angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die durch die seit dem 10. Juni 2021 geltenden Änderung des § 41 des Achten Buches Sozialgesetzbuch eingetreten sind. Sie haben nachzuweisen, dass der jungen volljährigen Person nach der bis zum 9. Juni 2021 geltenden Rechtslage keine Leistungen nach dem § 41 des Achtens Buches Sozialgesetzbuch und diesem Gesetz in der jeweiligen Höhe zu gewähren gewesen wären.

§ 98
Nachbetreuung; Mehrbelastungsausgleich

(1) Eine Nachbetreuung nach § 41a des Achten Buches Sozialgesetzbuch findet außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes nicht statt. Eine Nachbetreuung umfasst nicht die Gewährung von Leistungen im Sinne von § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Junge Volljährige haben das Recht, auf eine Nachbetreuung zu verzichten. Sie sind auf dieses Recht zum Zeitpunkt der Beendigung der Hilfen hinzuweisen.

(3) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben gegen das Land einen Anspruch auf Ausgleich ihrer konkreten angemessenen Mehrbelastungen für Leistungen, die nicht bereits gemäß § 41 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022) im Zeitraum bis zum 9. Juni 2021 entstanden wären. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch auszugleichen.

§ 99
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in medizinischen Einrichtungen

(1) Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe können in medizinischen Einrichtungen ambulant, teilstationär und stationär von Trägern der Jugendhilfe erbracht werden. Die Leistungserbringung erfolgt im Rahmen der strukturellen Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen gemäß § 81 Nummer 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Medizinische Leistungen genießen Vorrang. Über den Leistungsumfang der Jugendhilfemaßnahmen entscheidet der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Über gesundheitliche Erfordernisse hat die medizinische Einrichtung zu entscheiden.

§ 100
Unterstützung

Unterstützung soll darauf ausgerichtet sein, die jungen Menschen und ihre Familien in die Lage zu versetzen, künftig ohne die Unterstützung auszukommen. Eine Unterstützung soll nicht in Geld bestehen.

Abschnitt 3

Auslandsmaßnahmen

§ 101
Auslandsmaßnahmen; Mehrbelastungsausgleich

(1) Auslandsmaßnahmen nach § 38 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind als Hilfen zur Erziehung nur dann zulässig, wenn

  1. ein Gesamtkonzept zur Vorbereitung, Durchführung und Reintegration vorliegt und Kinder und Jugendliche an diesem entsprechend ihrem Alters- und Entwicklungsstand sowie deren Personensorgeberechtigte einbezogen worden sind,

  2. ein Schutz- und Beteiligungskonzept vorliegt und

  3. weitere rechtliche Fragen zu besonderen Vorgaben des Aufnahmestaates, eine Vertretung des Kindes oder der jugendlichen Person, Krankenversicherung und Aufenthaltsstatus geregelt sind.

(2) Wird eine Auslandsmaßnahme in Betracht gezogen, sind Kinder und Jugendliche ihrem Alter und ihrer Reife entsprechend zu beteiligen. Dabei sind auch die Umgangskontakte mit den Eltern und anderen Bezugspersonen zu beachten.

(3) Für Pflegefamilien im Ausland finden die Regelungen des § 38 des Achten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des § 38 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a und c des Achten Buches Sozialgesetzbuch Anwendung.

(4) Das Land gleicht den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Mehrbelastungen aus, die zur Vorbereitung und Durchführung von Auslandsmaßnahmen zusätzlich nach der Rechtslage vor dem 10. Juni 2021 entstehen und vor diesem Zeitpunkt nicht entstanden wären. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung des § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

§ 102
Schulpflicht bei Auslandsmaßnahmen

(1) Bei schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen ist sicherzustellen, dass das Recht auf Bildung für den Zeitraum der Auslandsmaßnahme gewährleistet wird. Dafür soll der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Hilfeplanverfahren nach § 36 des Achten Buches Sozialgesetzbuch mit den Personensorgeberechtigten und dem staatlichen Schulamt die Möglichkeiten erörtern. Für den Fall einer Befreiung von der Pflicht zum Schulbesuch gemäß § 36 Absatz 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes ist die Befreiung beim zuständigen staatlichen Schulamt zu beantragen und für den Zeitraum der Befreiung von der Schulbesuchspflicht eine gleichwertige Förderung anderweitig zu gewährleisten.

(2) Nehmen Kinder und Jugendliche, die vor Beginn der Auslandsmaßnahme ihre Wohnung oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Land Brandenburg hatten, mit Beendigung der Maßnahme erneut ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Brandenburg auf, haben der Träger der Auslandsmaßnahme und der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf hinzuwirken, dass die Personensorgeberechtigten rechtzeitig vor Beendigung der Maßnahme für das Kind oder die jugendliche Person einen Antrag auf Aufnahme an einer Schule stellen.

Kapitel 10

Organisation in der Kinder- und Jugendhilfe

Abschnitt 1

Überörtlicher Träger der Jugendhilfe und oberste Landesjugendbehörde

§ 103
Überörtlicher Träger der Jugendhilfe und oberste Landesjugendbehörde

(1) Überörtlicher Träger der Jugendhilfe im Sinne des § 69 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist das Land Brandenburg.

(2) Oberste Landesjugendbehörde im Sinne des Achten Buches Sozialgesetzbuch und dieses Gesetzes ist das für Jugend zuständige Ministerium. Die oberste Landesjugendbehörde nimmt die Aufgaben gemäß § 82 des Achten Buches Sozialgesetzbuch wahr, soweit nach der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden kein anderes Ministerium fachlich zuständig ist.

(3) Die Aufgaben des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe und des Landesjugendamtes werden von der obersten Landesjugendbehörde wahrgenommen, soweit nach der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden kein anderes Ministerium fachlich zuständig ist.

(4) Der überörtliche Träger der Jugendhilfe unterstützt gemäß Absatz 1 die Jugendämter und die Träger der freien Jugendhilfe bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Interesse von jungen Menschen und ihren Familien. Hierbei nimmt der überörtliche Träger der Jugendhilfe die Aufgabe gemeinsam mit dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss wahr.

§ 104
Sachliche Zuständigkeit der obersten Landesjugendbehörde und
des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe

(1) Die sachliche Zuständigkeit der obersten Landesjugendbehörde und des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe ergibt sich aus § 85 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, soweit die Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden keine abweichenden Zuständigkeiten bestimmt.

(2) Ergibt sich aus Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften, dass für eine Aufgabe, die nicht im Achten Buch Sozialgesetzbuch geregelt ist, ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig ist, gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Aufgaben, für die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch der überörtliche Träger der Jugendhilfe sachlich zuständig ist, sind funktional als solche nach außen zu kennzeichnen. Eine organisatorische Trennung ist nicht erforderlich.

§ 105
Empfehlungen des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe

(1) Der überörtliche Träger der Jugendhilfe soll Empfehlungen gemäß § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch nach Beteiligung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses gemäß § 110 aussprechen. Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss kann eigene Empfehlungen vorschlagen.

(2) Die Träger der Jugendhilfe sollen die Empfehlungen bei der Ausgestaltung und Umsetzung ihrer Aufgaben und Angebote berücksichtigen. Sie sind für die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht verbindlich.

(3) Empfehlungen gemäß Absatz 1 sind im Amtsblatt des für Jugend zuständigen Ministeriums zu veröffentlichen. Sie gelten ab diesem Zeitpunkt bis längstens zum Ablauf des fünften Kalenderjahres nach dem Jahr ihrer Veröffentlichung. Ihre Geltung kann verlängert werden. Der überörtliche Träger der Jugendhilfe führt ein Verzeichnis aller Empfehlungen. Das Verzeichnis ist im Internet mit den jeweils geltenden Empfehlungen zu veröffentlichen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltende Empfehlungen nach Absatz 1, die nicht befristet sind, gelten bis zum 31. Dezember 2029.

§ 106
Aufgabenübertragung der obersten Landesjugendbehörde und des überörtlichen Trägers
der Jugendhilfe; Mehrbelastungsausgleich; Verordnungsermächtigung

(1) Die Aufgaben der obersten Landesjugendbehörde nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch sind nicht auf andere Rechtsträger übertragbar. Ihre Durchführung kann durch Dritte erfolgen. Die Rechtsaufsicht nach § 107 kann nicht übertragen werden.

(2) Aufgaben des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch können abweichend von § 85 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch durch Rechtsverordnung der Landesregierung ganz oder teilweise den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe nach Anhörung der kommunalen Spitzenverbände übertragen werden. Die Rechtsverordnung muss konkret benennen, welche Aufgaben übertragen werden und in welcher Form die Aufgabenübertragung erfolgt. Die konkrete, angemessene Mehrbelastung unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gleicht das Land den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe aus.

(3) Der überörtliche Träger der Jugendhilfe soll hinsichtlich der ihm nach § 85 Absatz 2 Nummer 1 bis 5, 7 und 8 des Achten Buches Sozialgesetzbuch obliegenden Aufgaben stets prüfen, ob die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und Träger der freien Jugendhilfe diese Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen können. Wollen diese oder einzelne örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Aufgaben selbst wahrnehmen, ist ihnen die Aufgabendurchführung zu überlassen, es sei denn, es besteht ein übergeordnetes Landesinteresse. Dies gilt nicht für die Herausgabe von Empfehlungen gemäß § 85 Absatz 2 Nummer 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch. Mehrbelastungsausgleichsansprüche werden nicht begründet, wenn die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe Aufgaben gemäß Satz 1 freiwillig wahrnehmen.

§ 107
Rechtsaufsicht

(1) Die Rechtsaufsicht über die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe obliegt der obersten Landesjugendbehörde.

(2) Stellt die oberste Landesjugendbehörde Rechtsverstöße des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe fest, wird sie diesen darauf hinweisen. Kommt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe entsprechenden Hinweisen der obersten Landesjugendbehörde als Rechtsaufsichtsbehörde nicht nach, so kann diese zur Anwendung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen der §§ 113 bis 117 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg die Kommunalaufsicht zur Unterstützung einschalten.

Abschnitt 2

Landes- Kinder- und Jugendausschuss

§ 108
Einsetzung und Aufgaben des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

(1) Zu Beginn einer neuen Wahlperiode fordert die oberste Landesjugendbehörde binnen sechs Wochen nach einer Regierungsbildung die in den §§ 111 und 112 genannten Institutionen auf, Mitglieder für den Landes- Kinder- und Jugendausschuss vorzuschlagen. Über die Vorschläge entscheiden die genannten Institutionen in eigener Zuständigkeit.

(2) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung bestellt binnen weiterer sechs Wochen im Einvernehmen mit den weiteren Mitgliedern der Landesregierung, die für Aufgaben der Jugendhilfe zuständig sind, die Mitglieder des Landes- Kinder- und Jugendausschusses. Nur bei gewichtigen Gründen darf von den unterbreiteten Vorschlägen gemäß Absatz 1 abgewichen werden. Personen, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistisch benannt sind, dürfen nicht bestellt werden.

(3) Das zuständige Mitglied der Landesregierung gemäß Absatz 1 beruft zur konstituierenden Sitzung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses binnen weiterer sechs Wochen ein. Es führt den Vorsitz, bis ein Vorstand gemäß § 114 gewählt ist.

(4) Bis zur konstituierenden Sitzung gemäß Absatz 3 setzt der bisherige Landes- Kinder- und Jugendausschuss seine Tätigkeit fort.

§ 109
Beratung der obersten Landesbehörde

(1) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss berät die obersten Landesbehörden zu allen Aufgaben der Jugendhilfe, für die sie zuständig sind.

(2) Die Beratung umfasst das Recht auf Information in allen überörtlichen Angelegenheiten der Jugendhilfe sowie zu der Lebenssituation junger Menschen. Sie schließt das Recht des Landes- Kinder- und Jugendausschusses ein, zu Fragen seines Aufgabenbereichs Gutachten einzuholen. Die Einholung von Gutachten bedarf eines Beschlusses.

(3) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss ist rechtzeitig vor einer Einbringung von Entwürfen für Gesetze und Rechtsverordnungen ins Kabinett, die Aufgaben gemäß Absatz 1 betreffen, anzuhören. Dies soll parallel zur laut der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Brandenburg vorgesehenen Anhörung der kommunalen Spitzenverbände mit der für sie vorgesehenen Frist erfolgen. Stellungnahmen an die oberste Landesjugendbehörde bedürfen eines Beschlusses des Landes- Kinder- und Jugendausschusses. In Fällen besonderer Dringlichkeit kann die Geschäftsordnung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses dem Vorstand gestatten, eine vorläufige Stellungnahme abzugeben.

§ 110
Beschlussrechte

(1) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss beschließt mit Stimmenmehrheit über Angelegenheiten, die dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe als Aufgaben zugeordnet und nicht Einzelangelegenheiten der laufenden Verwaltung sind. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des vorsitzenden Mitglieds den Ausschlag. Die Beschlüsse haben bindende Wirkung gegenüber dem überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss beschließt über die landesweite Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe gemäß § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Das Beschlussrecht des Landes- Kinder und Jugendausschusses wird durch Gesetze und aufgrund von Rechtsverordnungen beschränkt, soweit diese abschließende Regelungen enthalten.

(3) Die oberste Landesjugendbehörde hat Beschlüsse gemäß Absatz 1 aufzuheben, wenn sie gegen Absatz 2 verstoßen. Sie kann Beschlüsse aufheben, wenn sie zu Mehrausgaben der Träger der öffentlichen Jugendhilfe führen.

(4) Trifft der Landes- Kinder- und Jugendausschuss binnen sechs Wochen nach Zuleitung einer Beschlussvorlage durch die oberste Landesjugendbehörde keine Entscheidung oder ist er binnen dieser Frist in einer Sitzung nicht beschlussfähig, kann die oberste Landesjugendbehörde die Entscheidung ohne Beschlussfassung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses umsetzen. Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss kann im Fall der Umsetzung der Entscheidung durch die obersten Landesjugendbehörde binnen eines Monats durch Beschluss widersprechen. Dies hat keine aufschiebende Wirkung für die Umsetzungsentscheidung. Die oberste Landesjugendbehörde hat binnen vier Wochen nach Beschlussfassung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses über die weitere Umsetzung erneut zu entscheiden. Die Sätze 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung in eilbedürftigen Fällen, wenn kein Beschluss gemäß § 114 Absatz 2 Satz 2 erfolgt.

(5) Beschlüsse gemäß Absatz 1 sind in einem Beschlussregister des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe zu verzeichnen und im Amtsblatt des für Jugend zuständigen Ministeriums öffentlich bekannt zu geben.

(6) Beschlüsse gemäß Absatz 1 können gemäß § 105 Absatz 3 zeitlich befristet gelten mit Ausnahme der Beschlüsse über die Anerkennung der landesweit tätigen Träger der freien Jugendhilfe. Eine Verlängerung ist durch Beschlussfassung möglich.

(7) Kann ein Beschluss einem Mitglied des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

  1. selbst,

  2. seinem Ehegatten,

  3. einem Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grad im Sinne des § 1590 des Bürgerlichen Gesetzbuches

unmittelbar einen persönlichen Vorteil oder Nachteil bringen, so darf dieses Mitglied an Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen. Dies gilt nicht, wenn das Mitglied an der Entscheidung der Angelegenheit lediglich als Angehörige oder Angehöriger einer Berufs- oder einer Bevölkerungsgruppe beteiligt ist, deren gemeinsame Interessen von der Angelegenheit berührt werden.

§ 111
Stimmberechtigte und stellvertretende stimmberechtigte Mitglieder
des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

(1) In den Landes- Kinder- und Jugendausschuss entsenden

  1. der Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände und kommunalen Jugendringe fünf Mitglieder und deren Stellvertretungen,

  2. die LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege fünf Mitglieder und deren Stellvertretungen,

  3. der Städte- und Gemeindebund Brandenburg e. V. zwei Mitglieder und deren Stellvertretungen,

  4. der Landkreistag Brandenburg e. V. drei Mitglieder und deren Stellvertretungen,

  5. die Jugendämter fünf Mitglieder und bis zu dreizehn Stellvertretungen,

  6. die Familienverbände im Land Brandenburg und der Landeselternrat je ein Mitglied und deren Stellvertretung,

  7. der Landesschülerrat zwei Mitglieder und bis zu fünf Stellvertretungen,

  8. der Kinder- und Jugendhilfelandesrat zwei Mitglieder und bis zu fünf Stellvertretungen,

  9. der Dachverband der Kinder- und Jugendgremien zwei Mitglieder und bis zu fünf Stellvertretungen,

  10. selbstorganisierte Zusammenschlüsse nach § 4a des Achten Buches Sozialgesetzbuch zwei Mitglieder und bis zu fünf Stellvertretungen aus dem Kreis der landesweit tätigen Zusammenschlüsse gemäß § 137,

  11. die Hochschulen des Landes Brandenburg gemeinsam ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  12. der Landeskitaelternbeirat für Kindertagesbetreuung ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  13. die in der Kinder- und Jugendhilfe des Landes vertretenen Gewerkschaften zwei Mitglieder und deren Stellvertretungen und

  14. der Fachverband für Kindertagespflege ein Mitglied und eine Stellvertretung.

(2) Kirchen, Glaubensgemeinschaften und freigeistige Verbände können jeweils ein stimmberechtigtes Mitglied entsenden, wenn sie nachweisen, dass sie Angebote und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in mindestens vier Zuständigkeitsbereichen der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe dauerhaft und regelmäßig betreiben und diese Angebote und Einrichtungen nicht bereits durch die in Absatz 1 genannten Organisationen und Verbände vertreten werden. Für die Mitglieder ist jeweils eine Stellvertretung zu benennen.

(3) Nach Absatz 1 kann nicht entsendet werden, wer in einem Dienst- oder Angestelltenverhältnis in einer obersten Landesbehörde oder einer Landesoberbehörde tätig ist oder wer nicht das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) Bei den Benennungen und Berufungen ist ein paritätisches Geschlechterverhältnis anzustreben. Wird die nach Satz 1 genannte Benennungsquote nicht erreicht, soll in der konstituierenden Sitzung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses beraten werden, ob und wie durch eine Neubenennung die Quote verwirklicht werden kann.

(5) Scheidet ein stimmberechtigtes Mitglied aus dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss aus oder wird die Entsendung durch die Entsendenden widerrufen oder benennen die in Absatz 1 Genannten ein neues stimmberechtigtes Mitglied, so endet die Mitgliedschaft des bisherigen Mitglieds im Landes- Kinder- und Jugendausschuss. Dies gilt auch für die stellvertretenden stimmberechtigten Mitglieder.

§ 112
Beratende Mitglieder des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

(1) In den Landes- Kinder- und Jugendausschuss entsenden als beratende Mitglieder:

  1. der Landtag eine von ihm zu bestimmende Anzahl von Mitgliedern, die auf Vorschlag aller im Landtag vertretenen Fraktionen entsprechend ihrer Stärke gewählt werden, und Stellvertretungen,

  2. der Rat für Angelegenheiten der Sorben/Wenden ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  3. der VPK - Landesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe in Brandenburg e. V. ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  4. der Fachverband Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit Brandenburg e. V. ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  5. aus den Reihen der Ombudschaften ein Mitglied und deren Stellvertretung,

  6. die Generalstaatsanwaltschaft ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  7. die Präsidentin oder der Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zwei Mitglieder und Stellvertretungen,

  8. das Polizeipräsidium Land Brandenburg ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  9. das Landesamt für Soziales und Versorgung ein Mitglied und eine Stellvertretung,

  10. die vom Land beauftragte Person für Menschen mit Behinderung und stellvertretend eine von den Kommunen beauftragte Person für Menschen mit Behinderung,

  11. die vom Land beauftragte Person für Kinder und Jugendliche und stellvertretend eine von den Kommunen beauftragte Person für Kinder und Jugendliche sowie

  12. aus den Reihen der weiteren hauptamtlichen Landesbeauftragten ein Mitglied und eine Stellvertretung.

(2) § 111 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

§ 113
Mitgliedschaft und Stimmrechte

(1) Stimmberechtigte Mitglieder sind nicht an Weisungen und Vorgaben der Gremien und Institutionen gebunden, von denen sie entsendet worden sind.

(2) Ist ein stimmberechtigtes Mitglied verhindert, an einer Sitzung oder einer Abstimmung teilzunehmen, zeigt es dies unter Benennung des stellvertretenden stimmberechtigen Mitglieds der den Vorsitz führenden Person unverzüglich an. Das Stimmrecht geht mit der Anzeige auf das stellvertretende stimmberechtigte Mitglied über.

§ 114
Vorstand

(1) Die stimmberechtigten Mitglieder des Landes- Kinder- und Jugendausschusses wählen aus ihrer Mitte mit Stimmenmehrheit ein stimmberechtigtes Mitglied für den Vorsitz und vier stellvertretende vorsitzende stimmberechtigte Mitglieder, die den Vorstand des Landes- Kinder- und Jugendausschusses bilden.

(2) Der Vorstand des Landes- Kinder- und Jugendausschusses schlägt ihm eine Tagesordnung für seine Sitzungen vor, leitet die Sitzungen des Landes- Kinder- und Jugendausschusses und bereitet Beschlüsse im Umlaufverfahren vor. Er kann Beschlüsse zu Beratungsangelegenheiten gemäß § 110 treffen, wenn eine Beschlussfassung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses nicht möglich ist, da ein unabweisbar dringender Regelungsbedarf besteht und ein Beschluss des Landes- Kinder- und Jugendausschuss nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann.

(3) Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn mindestens drei Vorstandsmitglieder anwesend sind oder mindestens drei Vorstandmitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Er trifft seine Entscheidungen mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des vorsitzenden Mitglieds den Ausschlag.

§ 115
Unterausschüsse des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

(1) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss kann mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder Unterausschüsse bilden, denen stimmberechtigte, beratende und stellvertretende Mitglieder sowie weitere Personen angehören können. In den Unterausschüssen sollen Vertreterinnen und Vertreter der Träger der freien Jugendhilfe und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe vertreten sein. Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss bestimmt, wie viele stimmberechtigte Mitglieder und weitere beratende Mitglieder gemäß § 112 benannt werden. Die Anzahl der beratenden Mitglieder soll die Anzahl der stimmberechtigten Mitglieder nicht überschreiten. Die vom Landes- Kinder- und Jugendausschuss bestimmten Mitglieder der Unterausschüsse sind im Unterausschuss stimmberechtigt. Personen, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistisch benannt sind, dürfen nicht in Unterausschüsse berufen werden.

(2) In den Unterausschüssen werden die Beschlüsse des Landes- Kinder- und Jugendausschusses vorberaten.

(3) Die Unterausschüsse sollen eine thematische Jahresplanung erstellen und diese dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss vorlegen. Im Landes- Kinder- und Jugendausschuss wird in jeder Sitzung aus den Unterausschüssen berichtet.

§ 116
Beteiligung junger Menschen und sachverständiger Personen

(1) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss soll junge Menschen, die von der Entscheidung betroffen sein werden, an den Beratungen beteiligen. Diese Beteiligung kann auch außerhalb der Sitzungen in anderer Form stattfinden.

(2) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss kann zu einzelnen Themen Sachverständige hinzuziehen.

(3) Vertreterinnen und Vertreter von Einrichtungen und Interessenverbänden von landesweiter Bedeutung sollen im Benehmen zwischen dem vorsitzenden Mitglied und der obersten Landesjugendbehörde zu den Sitzungen eingeladen werden, wenn Beratungsgegenstände dies nahelegen.

§ 117
Sitzungen und Verfahren des Landes- Kinder- und Jugendausschusses

(1) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss wird von seinem vorsitzenden Mitglied nach Bedarf, mindestens jedoch dreimal im Jahr einberufen. Das vorsitzende Mitglied ist zur Einberufung verpflichtet, wenn ein Drittel der Mitglieder dies verlangt.

(2) Die Sitzungen des Landes- Kinder- und Jugendausschusses sind öffentlich, soweit nicht das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Interessen einzelner Personen oder schutzbedürftiger Gruppen entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit ergeht ein Beschluss, in dem der Ausschlussgrund ausdrücklich festgestellt wird. Die Sitzungen sind barrierefrei durchzuführen.

(3) Der Landes- Kinder- und Jugendausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Genehmigung durch die oberste Landesjugendbehörde bedarf und im Amtsblatt für das Land Brandenburg bekannt gemacht wird.

§ 118
Entschädigung

Die Mitglieder des Landes- Kinder- und Jugendausschusses, die stellvertretenden Mitglieder und die nach §§ 115 und 116 Beteiligten erhalten für notwendige Ausgaben und Aufwendungen eine angemessene Entschädigung, wenn ihnen nicht eine Entschädigung von anderer Seite gewährt wird oder nach anderen Rechtsvorschriften zusteht. Auf die Höhe der Entschädigung und das Verfahren zur Festsetzung finden die für den Landesschulbeirat geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

§ 119
Geschäftsstelle

Bei der obersten Landesjugendbehörde besteht eine Geschäftsstelle für den Landes- Kinder- und Jugendausschuss und seine Unterausschüsse gemäß § 115. Die oberste Landesjugendbehörde stellt dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss und seinen Unterausschüssen die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Sachmittel und Räume zur Verfügung. Die oberste Landesjugendbehörde entsendet Beschäftigte, die mit den anstehenden Themen befasst sind, zur Teilnahme an den Beratungen in die Sitzungen des Landes- Kinder- und Jugendausschusses und bei Bedarf seiner Unterausschüsse. An den Sitzungen des Landes- Kinder- und Jugendausschusses nimmt eine von der obersten Landesjugendbehörde benannte Vertretung teil.

Abschnitt 3

Landes- Kinder- und Jugendbeauftragte oder -beauftragter

§ 120
Einsetzung, Berufung, Ansiedlung

(1) Die Landesregierung setzt für die Dauer jeder Wahlperiode eine Landes- Kinder- und Jugendbeauftragte oder einen Landes- Kinder- und Jugendbeauftragten ein. Die eingesetzte Person soll das Amt fortführen, bis eine Neuberufung erfolgt.

(2) Die Stelle der Landes- Kinder- und Jugendbeauftragte oder eines -beauftragten ist öffentlich auszuschreiben. Am Ausschreibungsverfahren sind der Landes- Kinder- und Jugendausschuss, der Zusammenschluss der landesweit tätigen Jugendverbände und in angemessener Form Kinder und Jugendliche zu beteiligen. Die zu beauftragende Person muss umfangreiche Erfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe vorweisen können und einen Lebensbezug zu jungen Menschen haben.

(3) Eine wiederholte Einsetzung für eine weitere Wahlperiode ist ohne erneute Ausschreibung nach Anhörung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses möglich.

(4) Die oder der unabhängige Landes- Kinder- und Jugendbeauftragte ist eine selbstständige Organisationseinheit außerhalb der Abteilungsstruktur in dem für Jugend zuständigen Ministerium.

§ 121
Weisungsungebundenheit und ressortübergreifende Tätigkeit der beauftragten Person

(1) Zur Wahrnehmung der Rechte von jungen Menschen und als deren Interessenvertretung arbeitet die nach § 120 Absatz 1 beauftragte Person weisungsungebunden.

(2) Die beauftragte Person ist verpflichtet, im Interesse der jungen Menschen ressortübergreifend tätig zu sein.

§ 122
Rechte und Aufgaben der beauftragten Person

(1) Die beauftragte Person nach § 120 Absatz 1 vertritt die Interessen der jungen Menschen gegenüber der Landesregierung. Dabei hat sie junge Menschen bei der Durchsetzung ihrer Rechte gemäß § 6 zu unterstützen.

(2) Die beauftragte Person nach § 120 Absatz 1 unterstützt junge Menschen bei der Durchsetzung ihrer Beteiligungsrechte gemäß §§ 11 bis 13. Hierbei bestärkt sie selbstorganisierte Beteiligungsstrukturen auf kommunaler Ebene und Landesebene in der Entstehung und Tätigkeit, bietet Informationen über Beteiligungsmöglichkeiten in angemessener sowie kindes- und jugendgerechter Weise an.

(3) Die beauftragte Person nach § 120 Absatz 1 arbeitet bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben eng mit jungen Menschen, deren Selbstorganisationen sowie insbesondere mit den landesweit tätigen Jugendverbänden und dem Kompetenzzentrum für Kinder- und Jugendbeteiligung zusammen.

(4) Die beauftragte Person nach § 120 Absatz 1 ist beratendes Mitglied im Landes- Kinder- und Jugendausschuss und nimmt an den Sitzungen teil. Zugleich soll sie jungen Menschen, die an diesen Sitzungen teilnehmen, bei der Vorbereitung auf die Sitzungen unterstützen und während der Sitzungen begleiten.

(5) Die beauftragte Person ist zu den Sitzungen des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport des Landtages einzuladen und hat in diesen Rederecht.

(6) Die beauftragte Person hat stets das Recht, bei Mitgliedern der Landesregierung vorzusprechen.

§ 123
Pflichten der beauftragten Person

(1) Die beauftragte Person nach § 120 Absatz 1 ist verpflichtet, regelmäßig jungen Menschen alters- und interessengerecht über ihre Arbeit zu berichten. Die Berichte sind in verständlicher Sprache zu fassen und zu veröffentlichen.

(2) Die beauftragte Person berichtet unter Berücksichtigung aktueller Interessenlagen von jungen Menschen mindestens einmal in jeder Wahlperiode über ihre Tätigkeit gegenüber der Landesregierung und dem Landtag. Sie gibt über das zuständige Mitglied den anderen Mitgliedern der Landesregierung die Gelegenheit, zu ihrem Bericht Stellung zu nehmen.

Abschnitt 4

Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 124
Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind die Landkreise und kreisfreien Städte.

(2) In den Verwaltungen der Landkreise und kreisfreien Städte bilden die Organisationsbereiche und Funktionsträger das Jugendamt im Sinne des § 70 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Landesrecht wahrnehmen und den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe funktional zugewiesen sind.

(3) Es ist von der Landrätin, dem Landrat, der Oberbürgermeisterin oder dem Oberbürgermeister eine Führungskraft als mit der Leitung des Jugendamtes beauftragte Person zu bestimmen. Sie muss eine Weisungsbefugnis gegenüber den in Absatz 2 genannten Aufgabenbereichen in Angelegenheiten der Zusammenarbeit mit dem Jugendhilfeausschuss haben.

§ 125
Kommunale Gemeinschaftsarbeit

(1) Die Landkreise und kreisfreien Städte können die ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben eines örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe auf Grundlage des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg gemeinsam erfüllen. Die an einer Zusammenarbeit nach Satz 1 beteiligten Landkreise und kreisfreien Städte haben die Anzeige nach § 41 Absatz 2 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg auch gegenüber der obersten Landesjugendbehörde vorzunehmen.

(2) Eine Zusammenarbeit von Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer kreisangehörigen Gemeinde, einem Amt oder einer Verbandsgemeinde im Bereich der Aufgaben als örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist ausschließlich auf der Grundlage der Absätze 3 bis 5 zulässig.

(3) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe durch öffentlich-rechtlichen Vertrag kreisangehörigen Gemeinden, Ämtern oder Verbandsgemeinden übertragen. Eine Aufgabenübertragung nach Satz 1 bedarf der vorherigen Zustimmung der obersten Landesjugendbehörde, die mit Auflagen erteilt werden kann. Durch die Übertragung von Aufgaben werden die kreisangehörigen Gemeinden, Ämter, und Verbandsgemeinden nicht selbst zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe.

(4) Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eignen Maßnahmen absehen. Andernfalls können kreisangehörige Gemeinden, Ämter und Verbandsgemeinden Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe ohne eine Aufgabenübertragung gemäß Absatz 3 wahrnehmen.

(5) Vor einer Aufgabenübertragung nach Absatz 3 ist der Jugendhilfeausschuss anzuhören. Die Aufgabenübertragung darf nur erfolgen, wenn die übertragenen Aufgaben Bestandteil der Jugendhilfeplanung nach Kapitel 6 bleiben und die notwendige Informations- und Datenweitergabe in der Vereinbarung abgesichert ist. Eine Aufgabenübertragung ist öffentlich bekannt zu machen.

§ 126
Satzung des Jugendamtes

(1) Der Kreistag, bei den kreisfreien Städten die Stadtverordnetenversammlung erlässt für das Jugendamt eine Satzung.

(2) Die Satzung regelt insbesondere

  1. den Umfang des Beschlussrechts des Jugendhilfeausschusses,

  2. die Zahl der nach § 128 Absatz 1 stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses,

  3. die Anhörung des Jugendhilfeausschusses vor der Beschlussfassung des Kreistages, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung in Fragen der Jugendhilfe,

  4. den Umfang des Antragsrechts des Jugendhilfeausschusses an den Kreistag, bei kreisfreien Städten die Stadtverordnetenversammlung,

  5. den Kreis der Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, aus dem das vorsitzende Mitglied zu wählen ist.

§ 127
Jugendhilfeausschuss

(1) Für die Jugendhilfeausschüsse gelten die Bestimmungen der §§ 43 und 44 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg, soweit das Achte Buch Sozialgesetzbuch und dieses Gesetz nichts anderes bestimmen.

(2) Dem Jugendhilfeausschuss gehören stimmberechtigte und beratende Mitglieder an.

(3) Die Sitzungen des Jugendhilfeausschusses sind öffentlich, soweit nicht das Wohl der Allgemeinheit, berechtigte Interessen einzelner Personen oder schutzbedürftiger Gruppen entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit ergeht ein Beschluss des Jugendhilfeausschusses, in dem der Ausschlussgrund ausdrücklich festgestellt wird.

(4) Der Jugendhilfeausschuss wird von seinem vorsitzenden Mitglied nach Bedarf, mindestens jedoch sechsmal im Jahr einberufen. Das vorsitzende Mitglied ist zur Einberufung verpflichtet, wenn ein Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder dies verlangt.

(5) Der Jugendhilfeausschuss beschließt in Angelegenheiten der Jugendhilfe gemäß § 71 Absatz 3 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sich nicht zuvor der Kreistag, bei den kreisfreien Städten die Stadtverordnetenversammlung die Beschlussfassung vorbehalten hat. Er berät die Verwaltung des Jugendamtes bei der Haushaltsaufstellung und befasst sich mit dem Jugendförderplan. Die Verwaltung des Jugendamtes berichtet dem Jugendhilfeausschuss über ihre Tätigkeit sowie über die Lage der Jugend im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes. Der Ausschuss kann Auskünfte von ihr verlangen.

(6) § 55 Absatz 1 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg gilt für Beschlüsse des Jugendhilfeausschusses entsprechend mit der Maßgabe, dass der Kreistag, bei den kreisfreien Städten die Stadtverordnetenversammlung in der nächsten ordentlichen Sitzung über die Beanstandung entscheidet.

§ 128
Stimmberechtigte Mitglieder des Jugendhilfeausschusses

(1) Dem Jugendhilfeausschuss gehören zehn oder 15 stimmberechtigte Mitglieder an.

(2) Bei der Zusammensetzung soll darauf geachtet werden, dass ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern entsteht und junge Menschen Stimmrecht im Jugendhilfeausschuss haben. Ist dies aufgrund der Vorschlagsliste nicht möglich, soll der Jugendhilfeausschuss nach seiner Einsetzung bestimmen, wie er die Interessen von jungen Menschen in seiner Arbeit berücksichtigt.

(3) Die stimmberechtigen Mitglieder werden für die Wahlperiode des Kreistages, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung von diesem oder dieser gewählt. Sie üben ihre Tätigkeit solange aus, bis der neugewählte Jugendhilfeausschuss zusammentritt. Scheidet ein stimmberechtigtes Mitglied vor Ablauf der Wahlperiode aus, so ist ein neues stimmberechtigtes Mitglied für den Rest der Wahlzeit auf Vorschlag derjenigen Stelle, die das ausgeschiedene Mitglied vorgeschlagen hatte, zu wählen. Entspricht im Fall des Satzes 3 die Zusammensetzung der gemäß § 71 Absatz 1 Nummer 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gewählten Mitglieder nicht mehr den Verhältnissen der Stärke der Fraktionen des Kreistages, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung, so bestimmt sich das Vorschlagsrecht nach § 43 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg.

(4) Für jedes stimmberechtigte Mitglied ist eine Vertretung zu wählen. Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Die Vertretungskörperschaft kann neben Mitgliedern des Kreistages, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung in der Jugendhilfe erfahrene erwachsene Menschen sowie jugendliche Menschen, die zum Zeitpunkt der Wahl das 14. Lebensjahr vollendet haben, in den Jugendhilfeausschuss wählen. Für die Mitglieder des Kreistages, bei den kreisfreien Städten der Stadtverordnetenversammlung und die in der Jugendhilfe erfahrenen Frauen, Männer und Jugendlichen stehen insgesamt drei Fünftel der Stimmen zur Verfügung. Als Erfahrungen in der Jugendhilfe gelten insbesondere ehrenamtliche und berufliche Tätigkeiten, die den Angeboten und Hilfen gemäß § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind.

(6) Die Oberbürgermeisterin, der Oberbürgermeister, die Landrätin oder der Landrat oder eine von ihnen bestellte Vertretung aus der Verwaltung des Landkreises oder der kreisfreien Stadt ist stimmberechtigtes Mitglied.

(7) Den Mitgliedern gemäß § 71 Absatz 1 Nummer 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch stehen die übrigen zwei Fünftel der Stimmen zur Verfügung.

(8) Die im Bereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe wirkenden und anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sollen mindestens die doppelte Anzahl der insgesamt auf sie entfallenden Mitglieder und ihrer Stellvertretungen vorschlagen. Dabei ist eine angemessene Anzahl ehrenamtlich tätiger Frauen, Männer und Jugendlicher, die im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe für einen freien Träger tätig sind, zu benennen. Der Kreistag, bei den kreisfreien Städten die Stadtverordnetenversammlung wählt aus den Vorgeschlagenen die Mitglieder. Bei der Wahl ist die Bedeutung der Arbeit des Trägers für die Jugendhilfe im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes angemessen zu berücksichtigen. Wird kein Vorschlag eingereicht, wählt der Kreistag, bei den kreisfreien Städten die Stadtverordnetenversammlung ihr bekannte Personen aus dem Kreise der Personen im Sinne des § 71 Absatz 1 Nummer 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die zum Zeitpunkt der Wahl das 14. Lebensjahr vollendet haben.

§ 129
Beratende Mitglieder des Jugendhilfeausschusses

(1) Als beratende Mitglieder gehören dem Jugendhilfeausschuss an:

  1. die Leitung der Verwaltung des Jugendamtes gemäß § 124 Absatz 3 oder die Stellvertretung,

  2. die kommunale Gleichstellungsbeauftragte,

  3. die mit Angelegenheiten der Kinder und Jugendlichen beauftragte Person, wenn eine solche bestellt ist, sonst eine Person aus dem Kreis der Beauftragten der kreisangehörigen Gemeinden oder Ämter und

  4. die Person, die mit den Belangen behinderter Menschen befasst ist.

(2) In den Jugendhilfeausschuss entsenden je ein weiteres beratendes Mitglied:

  1. das Amtsgericht, in dessen Gerichtsbezirk das Jugendamt seinen Sitz hat, aus der mit Vormundschafts-, Familien- oder Jugendsachen befassten Richterschaft,

  2. die für die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch zuständige Stelle,

  3. das staatliche Schulamt,

  4. das Gesundheitsamt,

  5. die Polizeibehörde,

  6. die evangelische und die katholische Kirche, die jüdische Gemeinde, die muslimische Gemeinde und die Gesamtheit der freigeistigen Verbände, wenn sie im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes vertreten sind; zusätzlich kann der Jugendhilfeausschuss bis zu zwei Vertreterinnen oder Vertreter von im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes vertretenen weiteren Religionsgemeinschaften zu beratenden Mitgliedern bestimmen,

  7. der Stadt- oder Kreissportbund,

  8. der Kreisrat der Schülerinnen und Schüler,

  9. der Kreisrat der Eltern,

  10. der Kreisrat der Lehrkräfte,

  11. der Kreiskitaelternbeirat der Kindertagesbetreuung,

  12. die selbstorganisierten Zusammenschlüsse gemäß § 137,

  13. die Arbeitsgemeinschaften nach § 78 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und

  14. der Kreis- oder Stadtjugendring, in dem sich im Zuständigkeitsbereich tätige Jugendverbände, Vereine und Organisationen der Jugendarbeit zusammengeschlossen haben.

Auf beratende Mitglieder findet § 43 Absatz 4 Satz 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg Anwendung. Sie können nicht den Vorsitz führen.

(3) Für jedes beratende Mitglied des Jugendhilfeausschusses nach Absatz 2 ist von der entsprechenden Stelle eine Stellvertretung zu bestimmen. Durch Beschluss der stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses wird zu Beginn der Wahlperiode festgelegt, welche gemäß § 137 gemeldeten selbstorganisierten Zusammenschlüsse gemäß Absatz 2 Satz 1 Nummer 12 zur Benennung eines beratenden Mitglieds und dessen Stellvertretung berechtigt sind.

(4) Die Satzung gemäß § 126 bestimmt, wie viele junge Menschen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, dem Jugendhilfeausschuss als beratende Mitglieder angehören sollen. Für die jeweils laufende Wahlperiode erfolgt ihre Bestimmung durch Beschluss auf Vorschlag der stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses. Sie bleiben während der Wahlperiode beratende Mitglieder, auch wenn sie die Altersgrenze gemäß Satz 1 während dieser Zeit überschreiten.

(5) Der Jugendhilfeausschuss kann zu einzelnen Themen Sachverständige hinzuziehen.

(6) Personen, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistisch benannt sind, können nicht beratendes Mitglied werden.

§ 130
Unterausschüsse des Jugendhilfeausschusses

(1) Der Jugendhilfeausschuss bildet einen ständigen Unterausschuss für die Jugendhilfeplanung.

(2) Bei weiterem Bedarf für einzelne Aufgaben der Jugendhilfe können aus Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses Unterausschüsse gebildet werden.

Abschnitt 5

Träger der freien Jugendhilfe

§ 131
Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

(1) Zuständig für die öffentliche Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gemäß § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind

  1. der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn der Träger der freien Jugendhilfe seinen Sitz in dessen Zuständigkeitsbereich hat und dort tätig ist,

  2. die oberste Landesjugendbehörde in Abstimmung mit dem Landes- Kinder- und Jugendausschuss, wenn der Träger der freien Jugendhilfe im Zuständigkeitsbereich von mindestens vier der Zuständigkeitsbereiche der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder auf Landesebene tätig ist.

Eine Anerkennung nach Satz 1 gilt sodann für alle örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Land Brandenburg. Der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe informiert den überörtlichen Träger der Jugendhilfe über die Anerkennung.

(2) Als öffentlich anerkannt gelten über den § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinaus

  1. die Untergliederungen der in der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände und die den Verbänden angehörenden Träger der freien Jugendhilfe, wenn die Voraussetzungen bereits am 1. März 1991 vorlagen;

  2. landesweit tätige Jugendverbände und ihre Untergliederungen, wenn die Voraussetzungen bereits am 1. März 1991 vorlagen;

  3. Sportvereine, die Mitglieder im Landessportbund sind, über eine eigene Jugendgliederung mit eigener Jugendordnung verfügen und die Voraussetzungen des § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfüllen.

(3) Die öffentliche Anerkennung gilt nur für die Organisationsstufe eines Trägers der freien Jugendhilfe, für die sie erteilt ist. Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte Anerkennungen gelten fort.

(4) Über die Anerkennung ist eine Bescheinigung auszustellen, die auch Angaben zur Organisationsstufe nach Absatz 3 enthält.

(5) Die öffentliche Anerkennung kann zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht vorgelegen haben oder nicht mehr vorliegen. Das gilt auch für die öffentliche Anerkennung gemäß Absatz 2.

§ 132
Vereinbarungen gemäß § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch
mit Trägern der freien Jugendhilfe

(1) Für Vereinbarungen nach § 72a Absatz 2 und 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch mit nach § 131 Absatz 1 anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe ist derjenige Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, der ihn anerkannt hat. Für andere Träger ist der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Träger erstmalig im Land Brandenburg tätig wird.

(2) Die Vereinbarungen gelten für alle Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe im Land Brandenburg.

(3) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe informieren die oberste Landesjugendbehörde unverzüglich über die von ihnen getroffenen Vereinbarungen unter Angabe der durch die Vereinbarungen gebundenen Träger der freien Jugendhilfe und der jeweiligen Geltungsdauer.

(4) Die oberste Landesjugendbehörde gibt die von ihr getroffenen Vereinbarungen im Amtsblatt für Brandenburg bekannt.

§ 133
Führungszeugnisse

In den Vereinbarungen nach § 132 ist zu regeln, dass spätestens nach Ablauf von fünf Jahren die haupt-, neben- oder ehrenamtlich tätigen Personen schriftlich oder elektronisch aufzufordern sind, ein neues erweitertes Führungszeugnis gemäß §§ 30a oder 30b des Bundeszentralregistergesetzes vorzulegen.

§ 134
Arbeitsgemeinschaften nach § 78 des Achten Buches Sozialgesetzbuch

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe streben gemäß § 78 des Achten Buches Sozialgesetzbuch an, die vorgesehenen Arbeitsgemeinschaften zu bilden. In diesen Arbeitsgemeinschaften sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, Träger geförderter Maßnahmen und selbstorganisierte Zusammenschlüsse gemäß § 4a des Achten Buches Sozialgesetzbuch vertreten sein. Ziel und Aufgabe dieser Arbeitsgemeinschaften ist, die unterschiedlichen Maßnahmen und Angebote der Jugendhilfe im Interesse der jungen Menschen und deren Familien aufeinander abzustimmen. Im Unterausschuss Jugendhilfeplanung der Jugendhilfeausschüsse wird zu der Arbeit der Arbeitsgemeinschaften aus dieser heraus berichtet.

Abschnitt 6

Fachstellen

§ 135
Fachstellen

(1) Fachstellen sind selbstständige unabhängige Beratungs- und Unterstützungsangebote im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, die von der obersten Landesjugendbehörde finanziert werden.

(2) Träger von Fachstellen können Träger der Jugendhilfe, Hochschulen, wissenschaftliche Einrichtungen und Institute sowie andere geeignete Rechtsträger sein. Fachstellen sollen ihren Sitz im Land Brandenburg oder in Berlin haben.

(3) Fachstellen haben folgende Aufgaben:

  1. kostenfreie Beratung von Trägern der Jugendhilfe, den Verpflichteten nach § 15 sowie Schulen,

  2. Unterstützung bei Einzelfallangelegenheiten,

  3. Förderung der Verständigung von Trägern der Jugendhilfe auf gemeinsame Standards,

  4. Herbeiführung und Begleitung von Netzwerken zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Gesetz,

  5. Förderung der prozessorientierten Entwicklung von strategischen Themen und Fragestellungen,

  6. Unterstützung der Qualitätsentwicklung nach § 79a Satz 1 Nummer 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

Fachstellen führen keine Rechtsberatung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz durch. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist nur im Rahmen der Förderbedingungen zugelassen. Durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes kann von den Sätzen 2 und 3 abgewichen werden.

(4) Die Aufgaben nach Absatz 3 können von der obersten Landesjugendbehörde erweitert werden. Sie sind auf den Handlungs- und Aufgabenbereich zu beschränken, für den die Einrichtung der Fachstelle erfolgt.

(5) Fachstellen dürfen Daten über Personen oder Träger der Jugendhilfe, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werden, nicht an die oberste Landesjugendbehörde weitergeben, es sei denn, die Person oder der Träger der Jugendhilfe stimmt zu. Zum Zwecke der Förderung und Abrechnung von Leistungen sowie aus statischen Zwecken können Daten in anonymisierter Form weitergegeben werden.

(6) Die Finanzierung der Fachstellen erfolgt aufgrund von Vereinbarungen gemäß § 77 des Achten Buches Sozialgesetzbuch im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Eine Eigenleistung der Träger der Fachstellen ist nicht zu erbringen. Sie soll über einen längeren Zeitraum erfolgen. § 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch findet Anwendung.

Abschnitt 7

Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut

§ 136
Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut

(1) Die oberste Landesjugendbehörde richtet in Erfüllung der Aufgaben nach § 85 Absatz 2 Nummer 8 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ein sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut ein, welches Angebote zur überörtlichen Fort- und Weiterbildung von sozialpädagogischem Personal im System der Kinder- und Jugendhilfe und den Aufgaben- und Einrichtungsträgern im Land anbietet.

(2) Das Institut gemäß Absatz 1 ist berechtigt, bei den Trägern der Jugendhilfe direkt Bedarfsabfragen durchzuführen.

Abschnitt 8

Organisierte Zusammenschlüsse

§ 137
Selbstorganisierte Zusammenschlüsse

(1) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse gemäß § 4a des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind nur solche, die nicht nach anderen Gesetzen oder aufgrund anderer Gesetze gebildet werden.

(2) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse gelten als nicht eingetragene Vereine im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches, es sei denn, sie besitzen eine andere vollständig rechtsfähige Organisationform. Sie sind partei- und rechtsfähig im Sinne dieses Gesetzes und des Achten Buches Sozialgesetzbuch. Als Zusammenschlüsse gelten nicht Vereinigungen gemäß Satz 1, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder der Länder als extremistisch eingestuft sind.

(3) Ein nur vorübergehender selbstorganisierter Zusammenschluss gemäß § 4a des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist gegeben, wenn er nur aus einem bestimmten Anlass, zum Beispiel zur Verwirklichung eines einzigen Ziels oder der Durchsetzung eines einzelnen Anliegens gebildet wird, oder nach den Absprachen der beteiligten Personen für weniger als zwölf Monate bestehen soll.

(4) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse müssen

  1. sich einen Namen geben, der sie von anderen Zusammenschlüssen unterscheidbar macht,

  2. über einen Vorstand oder einen Sprecher oder eine Sprecherin verfügen und

  3. im Mindestmaß über demokratisch legitimierte interne Handlungs- und Meinungsbildungsprozesse verfügen,

wenn sie ihre Rechte nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und nach diesem Gesetz wahrnehmen wollen. Die Feststellungen trifft das Jugendamt.

§ 138
Anzeige selbstorganisierter Zusammenschlüsse; Mehrbelastungsausgleich

(1) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse gemäß § 137 sind nur von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe hinsichtlich der Verwirklichung ihrer Rechte nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch zu berücksichtigen, wenn sie gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe angezeigt haben, dass sie berücksichtigt werden wollen.

(2) Die Anzeige muss folgende Daten enthalten:

  1. den Namen gemäß § 137 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 sowie

  2. für jede Person im Sinne des § 137 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 deren Name, Vorname, Anschrift und Geburtsdatum und

  3. die Angabe, welches Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe dieser Zusammenschluss betrifft.

Als Handlungsfelder gelten insbesondere die Kindertagesbetreuung, Hilfen zur Erziehung, Jugendarbeit, Jugendsozial- und Schulsozialarbeit sowie die Förderung der Erziehung in der Familie. Es können mehrere Handlungsfelder angegeben werden.

(3) Das Jugendamt führt ein Register der selbstorganisierten Zusammenschlüsse mit den Daten nach Absatz 2. Das Datum der Anzeige gemäß Absatz 2 ist mit anzugeben. Er legt einmal jährlich dem Jugendhilfeausschuss das Register zur Kenntnisnahme vor.

(4) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse sind verpflichtet, die Anzeige gemäß Absatz 2 zu aktualisieren, sobald sich Veränderungen ergeben haben. Sie sind aus dem Register gemäß Absatz 3 zu streichen, wenn binnen vier Wochen nach einer Aufforderung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nicht angezeigt wird, dass der selbstorganisierte Zusammenschluss fortbesteht.

(5) Das Land gleicht den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Mehrbelastungen aus, die durch die Anzeige selbstorganisierter Zusammenschlüsse entstehen. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen unter Beachtung von § 79 Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten.

§ 139
Landesweite Anerkennung selbstorganisierter Zusammenschlüsse

(1) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse gemäß § 137 können überörtlich tätig sein und von der obersten Landesjugendbehörde als landesweit tätiger selbstorganisierter Zusammenschluss anerkannt werden.

(2) Für eine Anerkennung als landesweiter selbstorganisierter Zusammenschluss bedarf es einer gemeldeten Tätigkeit in mindestens vier der Zuständigkeitsbereiche der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder auf der Landesebene. § 131 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 findet Anwendung.

§ 140
Kinder- und Jugendhilfelandesrat; Mehrbelastungsausgleich

(1) Der selbstorganisierte Kinder- und Jugendhilfelandesrat wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von dem für Jugend zuständigen Ministerium gefördert und begleitet. In ihm sollen junge Menschen aus allen Teilen des Landes und aller Altersgruppen vertreten sein, die in Einrichtungen der teilstationären und stationären Hilfen zur Erziehung im Land Brandenburg untergebracht oder von Maßnahmen für ambulante Hilfen betroffen sind. Die Benennung der jungen Menschen soll durch ein geeignetes demokratisches Verfahren erfolgen.

(2) Neben selbstbestimmten Aufgaben darf der Kinder- und Jugendhilfelandesrat die oberste Landesjugendbehörde in allen Angelegenheiten, die die Unterbringung, Betreuung, Versorgung und Unterstützung von jungen Menschen in Einrichtungen der teilstationären und stationären Hilfen zur Erziehung betreffen, beraten. Soweit einrichtungsbezogene Regelungen geändert werden, soll er in geeigneter Form frühzeitig beteiligt werden. Er kann Initiativen zur Verbesserung und Änderung von Regelungen vorschlagen, über die die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Träger der Einrichtungen und der Landes- Kinder- und Jugendausschuss zu unterrichten sind.

(3) Für die Begleitung und Unterstützung des Kinder- und Jugendhilfelandesrates fördert die oberste Landesjugendbehörde einen anerkannten freien Träger der Jugendhilfe, soweit die oberste Landesjugendbehörde diese Aufgabe nicht selber ausführt. Die Kosten des Kinder- und Jugendhilfelandesrates trägt die oberste Landesjugendbehörde auch im Übrigen. Träger von Einrichtungen, die zusätzliche Kosten und Aufwendungen für die Mitwirkung von jungen Menschen im Kinder- und Jugendhilfelandesrat haben, erhalten diese Aufwendungen auf Antrag vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erstattet.

(4) Das Land erstattet den Landkreisen und kreisfreien Städten die finanziellen Mehrbelastungen nach Absatz 3. Es sind die konkret nachgewiesenen angemessenen Mehrbelastungen zu erstatten.

Kapitel 11

Information der Öffentlichkeit, Statistiken und Datenschutz

§ 141
Information der Öffentlichkeit

(1) Das für Jugend zuständige Ministerium darf die Öffentlichkeit, die Presse und den Landtag ohne Verwendung von personenbezogenen Daten über das Vorliegen von Kinder- und Jugendschutzfällen sachbezogen informieren, wenn ein öffentliches Interesse an einer Information besteht. Weitergehende Rechte der Mitglieder des Landtages bleiben unberührt.

(2) Das Informationsrecht nach Absatz 1 umfasst insbesondere Daten, die den Eingang der Meldung oder der Anzeige, deren wesentlichen Inhalt und den konkreten Träger der Jugendhilfe betreffen. Träger der Jugendhilfe dürfen nur genannt werden, wenn das Vorliegen eines Kinderschutzfalls mit Bezug auf den Träger bereits öffentlich bekannt ist. Es darf über die eingeleiteten Maßnahmen berichtet werden. Der Umfang der Information nach Absatz 1 ist insbesondere hinsichtlich der Rechte und des Schutzes der betroffenen jungen Menschen abzuwägen.

(3) Die betroffenen Träger der Jugendhilfe gemäß Absatz 2 sind mindestens zeitgleich über die Informationsweitergabe gemäß Absatz 1 zu informieren.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

§ 142
Statistiken; Verordnungsermächtigung

(1) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung kann durch Rechtsverordnung nach Maßgabe des Absatzes 2 regeln, dass über die gesetzlichen Regelungen des Neunten Kapitels des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinaus die Träger der freien Jugendhilfe, die aus öffentlichen Mitteln des Landes zumindest mitfinanziert werden, in anonymisierter Weise an sie Daten und Informationen zur Umsetzung der Aufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und den in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallenden Aufgaben zu übermitteln haben.

(2) Eine Rechtsverordnung gemäß Absatz 1 bedarf der vorherigen Anhörung im Landes- Kinder- und Jugendausschuss und einer gesonderten Anhörung der kommunalen Spitzenverbände. In der Rechtsvorschrift ist anzugeben, welches Steuerungs- oder Erkenntnisinteresse mit der Erhebung verbunden ist.

(3) Bei der Datenerhebung sollen Angaben junger Menschen zu ihrer geschlechtlichen Identität berücksichtigt werden.

(4) Statistische Auswertungen über Daten nach dem Neunten Kapitel des Achten Buches Sozialgesetzbuch und über Daten nach Absatz 1 sollen veröffentlicht werden.

§ 143
Datenschutz

Datenschutzrechtliche Bestimmungen richten sich nach der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG). Der Sozialdatenschutz richtet sich zudem nach § 35 Absatz 1 und 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, nach den §§ 61 bis 68 und § 72a Absatz 5 und 6 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und den §§ 67 bis 85a des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Soweit eine Datenverarbeitung nach diesem Gesetz nicht geregelt ist, finden ergänzend die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften Anwendung.

Kapitel 12

Durchführungsvorschriften

Abschnitt 1

Verwaltungsverfahren

§ 144
Erbringung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe

(1) Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und Leistungen zu ihrer Unterstützung und Förderung, die von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu erbringen sind, können von Trägern der freien Jugendhilfe und Dritten mit Erfüllungswirkung erbracht werden, soweit zwingende gesetzliche Regelungen, insbesondere die Notwendigkeit einer Beleihung gemäß § 16 des Landesorganisationsgesetzes, nicht entgegenstehen. Gesetzliche Gewährleistungspflichten und die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch bestehende Gesamtverantwortung der öffentlichen Träger einschließlich ihrer Planungsverantwortung bleiben hiervon unberührt.

(2) Die Träger der freien Jugendhilfe erbringen Leistungen gemäß § 2 Absatz 2 in Verbindung mit § 3 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend ihrer karitativen Ausrichtung eigenständig und unabhängig. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sie gemäß § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 74 des Achten Buches Sozialgesetzbuch fördern, wofür auch Vereinbarungen nach §§ 77 und 78a bis 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen werden können. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Leistungen, die mittels gesetzlicher Zuschüsse zu unterstützen sind.

§ 145
Verwaltungsverfahren

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten die Vorschriften des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Im Übrigen findet § 1 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg in Verbindung mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz Anwendung.

§ 146
Kostenbeiträge und andere Ansprüche

(1) § 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg findet auf § 90 des Achten Buches Sozialgesetzbuch keine Anwendung.

(2) Eine Kostenbeitragspflicht gemäß § 90 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erlischt nicht, wenn das Angebot aus einem vom Träger nicht zu vertretenden Grund nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang erbracht werden kann. Eine laufende Kostenbeitragspflicht entfällt jedoch nach vier Wochen, wenn das Angebot der Kinder- und Jugendhilfe durchgehend nicht mehr genutzt werden kann. Eine laufende Kostenbeitragspflicht ist auf Verlangen der Kostenbeitragspflichtigen entsprechend Satz 2 zu reduzieren, wenn das Angebot länger als vier Wochen nur noch in einem geringeren Umfang zur Verfügung steht.

(3) Schadensersatz von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe für nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehende Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe kann nur gefordert werden, wenn

  1. ein schuldhaftes Verhalten des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vorliegt,

  2. kein anderes, vergleichbares Angebot vorgehalten werden kann oder

  3. keine vergleichbare Leistung erbracht werden kann.

Die Regelungen zur Selbstbeschaffung von Leistungen bleiben unberührt. Wird der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Schadensersatz in Anspruch genommen, so kann er seinerseits Schadensersatz von den öffentlichen Aufgabenträgern fordern, die ihren gesetzlichen Pflichten oder ihren Pflichten, die sie im Zuge einer Aufgabenübertragung gemäß § 125 übernommen oder die ihnen aufgrund der Regelungen zur öffentlichen Mitfinanzierung obliegen, nicht nachgekommen sind.

§ 147
Gebühren und Auslagen

(1) Für Verfahren bei den zuständigen Behörden nach diesem Gesetz werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. Dies gilt auch für Beratungen, Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Leistung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch oder diesem Gesetz nötig werden. Satz 1 gilt auch für die Anrufung und das Tätigwerden einer Ombudsstelle gemäß den §§ 42 bis 45.

(2) Die Landkreise und kreisfreien Städte können abweichend von Absatz 1 die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Beurkundungen nach § 59 des Achten Buches Sozialgesetzbuch durch Satzung regeln, soweit nicht § 64 Absatz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden ist.

Abschnitt 2

Schlussvorschriften

§ 148
Zuständigkeiten bei Ordnungswidrigkeiten

Zuständige Behörde für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 104 Absatz 1 Nummer 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind die örtlich zuständigen Ordnungsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte.

§ 149
Mehrbelastungsausgleich; Verordnungsermächtigung

(1) Werden durch Bundesrecht die Aufgaben der örtlichen Träger der Jugendhilfe nach Inkrafttreten dieses Gesetzes verändert, so ist ein nach Artikel 97 Absatz 3 der Verfassung des Landes Brandenburg erforderlicher finanzieller Ausgleich für dadurch entstehende Mehrbelastungen zu schaffen. Ein Mehrbelastungsausgleich findet nicht für redaktionelle Änderungen und sprachliche Klarstellungen im Bundesrecht statt. Ein Mehrbelastungsausgleich findet nicht statt, wenn ohne Änderung des Bundesrechts lediglich die Fallzahlen ansteigen. Besteht ein Anspruch auf einen Mehrbelastungsausgleich nach Satz 1, ist dieser bei einer Änderung der Fallzahlen anzupassen.

(2) Mehrbelastungen werden den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe nach diesem Gesetz ausgeglichen für

  1. Beratungen gemäß den §§ 8 bis 10,

  2. Beteiligungsverfahren gemäß § 11,

  3. die Erarbeitung von Grundsätzen zum Schutz bei Kindeswohlgefährdungen gemäß § 18,

  4. die Meldung schwerwiegender Kinderschutzfälle gemäß § 19,

  5. die Erstellung und Aktualisierungen von Schutzkonzepten für Pflegekinder gemäß § 28,

  6. die Wahrnehmung der Aufgaben bei der Aufnahme von Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe aus anderen Staaten und unbegleiteten jungen ausländischen Menschen gemäß § 38,

  7. die Betreuung von Kindern in Notsituationen gemäß § 41,

  8. die außerschulische Betreuung gemäß § 49,

  9. die Begleitung von minderjährigen Leistungsberechtigten mit Behinderung oder drohender Behinderung gemäß § 51,

  10. die Einrichtung von Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen gemäß § 55,

  11. die Hilfe für junge Volljährige gemäß § 97,

  12. die Nachbetreuung gemäß § 98,

  13. die Durchführung von Auslandsmaßnahmen gemäß § 101,

  14. die Aufgabenübertragung der obersten Landesjugendbehörde und des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe gemäß § 106,

  15. die Aufnahme von Anzeigen selbstorganisierter Zusammenschlüsse gemäß § 138 und

  16. die Durchführung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Kinder- und Jugendhilfelandesrat gemäß § 140.

(3) Es sind nach den Absätzen 1 und 2 die konkret entstandenen und nachgewiesenen Mehrbelastungen zu erstatten, die unter Beachtung von § 79a Satz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch angemessen sind. Die Landkreise und kreisfreien Städte haben bei der Organisation und der Wahrnehmung von Aufgaben, für die ein Mehrbelastungsausgleich zu leisten ist, die finanziellen Interessen des Landes zu wahren.

(4) Anträge auf einen Mehrbelastungsausgleich nach diesem Gesetz und den Absätzen 1 und 2 sind binnen zwölf Monaten nach den Rechtsänderungen gemäß den Absätzen 1 und 2 zu stellen. Für Mehrbelastungen, die durch das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz) vom 3. Juni 2021 (BGBl. I, S. 1444) bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden sind, ist der Ausgleich bis zum 30. Juni 2025 zu beantragen.

(5) Das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung einen Ausgleich für Mehrbelastungen der Landkreise und kreisfreien Städte nach den Absätzen 1 bis 4 zu regeln.

§ 150
Grundrechtseinschränkungen

(1) Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Artikel 8 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) wird durch § 67 eingeschränkt.

(2) Das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Artikel 49 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg), wird durch die §§ 17, 27, 54, 66, 67, 69,79 bis 83 sowie die 120 bis 123 eingeschränkt. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Artikel 49 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) wird darüber hinaus eingeschränkt, soweit den freien Trägern sowie den Trägern von freien Schulen und Schulsozialarbeit über die Bestimmungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch und des Brandenburgisches Schulgesetzes hinausgehende Verpflichtungen auferlegt werden.

(3) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und das Grundrecht auf Datenschutz (Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) wird durch die § 14 Absatz 3, § 19, § 31 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 6 Satz 2, § 33, § 36 Absatz 2, §§ 67, 69, 70, 71, 72, § 76 Absatz 1, § 77, § 79 Absatz 3 Satz 3, § 102 Absatz 1, § 133, § 138 Absatz 2 bis 4 sowie § 141 Absatz 2 eingeschränkt. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und das Grundrecht auf Datenschutz (Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) wird darüber hinaus eingeschränkt, soweit durch dieses Gesetz über die Bestimmungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinausgehende Mitteilungs-, Informations- und Anzeigepflichten geregelt werden.

(4) Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes und Artikel 15 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) wird durch § 83 eingeschränkt.

§ 151
Evaluation

(1) Das für Jugend zuständige Ministerium gibt im Kalenderjahr 2027 ein Gutachten in Auftrag, welches die tatsächlichen Auswirkungen auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe wissenschaftlich evaluiert. Zu untersuchen sind die personellen Aufwendungen sowie die Ausgabenentwicklung für die Aufgabenwahrnehmung nach diesem Gesetz. Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 31. Dezember 2028 über die Ergebnisse der Evaluierung.

(2) Soweit erforderlich, legt die Landesregierung dem Landtag im Jahr 2029 einen Novellierungsentwurf vor.

§ 152
Übergangsvorschrift

Bis zum Ablauf des 22. September 2024 gelten die §§ 10 bis 12 des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 1997 (GVBl. I S. 87), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 4 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GVBl. I Nr. 10 S. 79) geändert worden ist.


* Die §§ 8, 9, 26 bis 28 und 49 treten am 1. Januar 2025 in Kraft.