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Gesetz zur Ausführung des Betreuungsorganisationsgesetzes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Betreuungsorganisationsausführungsgesetz - BbgAGBtOG)
Gesetz zur Ausführung des Betreuungsorganisationsgesetzes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Betreuungsorganisationsausführungsgesetz - BbgAGBtOG)
vom 16. Dezember 2022
(GVBl.I/22, [Nr. 33])
§ 1
Betreuungsbehörden
(1) Betreuungsbehörden auf örtlicher Ebene im Sinne des § 1 Absatz 1 des Betreuungsorganisationsgesetzes vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882, 917), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 24. Juni 2022 (BGBl. I S. 959, 963) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sind die Landkreise und kreisfreien Städte (örtliche Betreuungsbehörden).
(2) Betreuungsbehörde auf überörtlicher Ebene im Sinne des § 1 Absatz 2 des Betreuungsorganisationsgesetzes ist das Landesamt für Soziales und Versorgung (überörtliche Betreuungsbehörde).
§ 2
Aufgaben der Betreuungsbehörden
(1) Soweit nicht durch dieses Gesetz die Zuständigkeit der überbehördlichen Betreuungsbehörde begründet wird, sind die örtlichen Betreuungsbehörden zuständig für die Erfüllung der Aufgaben nach dem Betreuungsorganisationsgesetz. Die örtlichen Betreuungsbehörden führen die Aufgaben in Betreuungsangelegenheiten als pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben durch.
(2) Die überörtliche Betreuungsbehörde ist insbesondere zuständig für:
- die Unterstützung der örtlichen Betreuungsbehörden bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben,
- die Sicherstellung von überörtlichen Angeboten zur Fortbildung der Betreuerinnen und Betreuer,
- die Anerkennung und die fachliche Beratung der Betreuungsvereine,
- die Bedarfsermittlung und Planung für ein ausreichendes Angebot an Betreuerinnen und Betreuern sowie Betreuungsvereinen,
- die Anerkennung von Studien-, Aus- oder Weiterbildungsgängen und Sachkundelehrgängen nach der Betreuerregistrierungsverordnung vom 13. Juli 2022 (BGBl. I S. 1154) in der jeweils geltenden Fassung,
- die Einrichtung der überörtlichen Arbeitsgemeinschaft nach § 3 Absatz 2.
§ 3
Arbeitsgemeinschaften
(1) Eine örtliche Betreuungsbehörde kann zur Förderung der Zusammenarbeit in Betreuungsangelegenheiten auf örtlicher Ebene eine Arbeitsgemeinschaft einrichten. In der örtlichen Arbeitsgemeinschaft sollen alle für das Betreuungswesen vor Ort maßgeblichen Institutionen und Organisationen, insbesondere die örtliche Betreuungsbehörde, die Betreuungsgerichte, Betreuungsvereine und Berufsbetreuerinnen und -betreuer vertreten sein. Der Arbeitsgemeinschaft steht es frei, alles Nähere zur Organisation und Besetzung in einer Geschäftsordnung zu regeln.
(2) Zur Förderung der Zusammenarbeit in Betreuungsangelegenheiten wird auf überörtlicher Ebene eine Arbeitsgemeinschaft eingerichtet. Der Arbeitsgemeinschaft sollen Vertreterinnen und Vertreter der mit der Betreuung Volljähriger befassten Institutionen und Organisationen, insbesondere der überörtlichen Betreuungsbehörde, der örtlichen Betreuungsbehörden, der Gerichte und Betreuungsvereine sowie Berufsbetreuerinnen und -betreuer angehören. Vertreterinnen und Vertreter der Landesministerien nehmen als ständige Gäste teil. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung kann jederzeit weitere Mitglieder berufen. Die Beschlüsse der Arbeitsgemeinschaft stellen Empfehlungen dar. Die Arbeitsgemeinschaft kann das Nähere zur Organisation und Besetzung durch eine Geschäftsordnung regeln.
§ 4
Erweiterte Unterstützung
(1) Die Aufgaben nach § 11 Absatz 3 und 4 des Betreuungsorganisationsgesetzes werden gemäß § 11 Absatz 5 des Betreuungsorganisationsgesetzes bis zum 31. Dezember 2027 im Rahmen von Modellprojekten durchgeführt. Bis zu vier örtlichen Betreuungsbehörden wird die Möglichkeit der Durchführung der Modellprojekte eingeräumt. Die überörtliche Betreuungsbehörde und die teilnehmenden örtlichen Betreuungsbehörden regeln Einzelheiten zur Durchführung der Modellprojekte durch Vertrag.
(2) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung fördert die Durchführung der Modellprojekte nach Absatz 1 durch Personal- und Sachkostenzuschüsse.
§ 5
Anerkennung von Betreuungsvereinen
(1) Rechtsfähige Betreuungsvereine können unter den Voraussetzungen des § 14 Absatz 1 des Betreuungsorganisationsgesetzes anerkannt werden, wenn sie
- ihren Sitz und Tätigkeitsbereich im Land Brandenburg haben und Personen aus dem Land Brandenburg betreuen,
- die Anerkennung der Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts nachweisen,
- die Gewähr bieten, dass ihre Arbeit nach Inhalt, Umfang und Qualität zugunsten der Betreuten erfolgen wird und sie über fachlich geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen,
- aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung auf Dauer bieten und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in keinem Abhängigkeitsverhältnis oder einer anderen engen Beziehung zu Einrichtungen stehen, in denen Personen, die sie betreuen, untergebracht sind oder wohnen,
- ihre Bereitschaft erklären,
- mit Behörden, Institutionen und Einzelpersonen vor allem auf regionaler Ebene zusammenzuarbeiten und
- jährlich zum Stichtag 30. Juni einen Tätigkeitsbericht vorzulegen,
- für die Deckung des Bedarfs an Betreuungsvereinen notwendig sind.
Mehrere Betreuungsvereine können sich zur Erfüllung einzelner Aufgaben nach § 15 Absatz 1 des Betreuungsorganisationsgesetzes zu einer Gemeinschaft zusammenschließen.
(2) Der Tätigkeitsbericht nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe b hat sich zumindest auf folgende Angaben zu erstrecken:
- Zahl, Qualifikation und Stellenanteile der hauptamtlichen Fachkräfte,
- Zahl der ehrenamtlich betreuenden Personen, die der Verein begleitet,
- Art und Inhalt von Maßnahmen für Querschnittsaufgaben,
- Zahl der im Vorjahr neugewonnenen ehrenamtlich betreuenden Personen,
- Zahl der Vereinsbetreuungen und
- Zahl der Betreuungen durch Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer.
(3) Die überörtliche Betreuungsbehörde wird ermächtigt, einmal jährlich alle zur Ermittlung des Bedarfs nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 notwendigen Daten bei den Betreuungsbehörden zu erheben.
(4) Die Anerkennung der bereits vor dem 1. Januar 2023 anerkannten Betreuungsvereine kann binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die überörtliche Betreuungsbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Zur Vermeidung einer unbilligen Härte kann von der Bedarfsprüfung abgesehen werden.
(5) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung regelt das Verfahren der Anerkennung der Betreuungsvereine.
§ 6
Finanzierungsanspruch der Betreuungsvereine
(1) Die anerkannten Betreuungsvereine erhalten zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 15 Absatz 1 und 3 des Betreuungsorganisationsgesetzes auf Antrag, der bei dem Landesamt für Soziales und Versorgung einzureichen ist, eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung. Bis zur Bestandskraft des Widerrufsbescheides nach § 5 Absatz 4 bleibt der Anspruch erhalten.
(2) Die Höhe der finanziellen Ausstattung bemisst sich an den Personal- und Sachausgaben einer hauptberuflichen Fachkraft je 70 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Maßgeblich ist insoweit die Eingruppierung der Entgeltgruppe S 12 der Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst gemäß Anlage C des für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in der jeweils geltenden Fassung.
(3) Die Leistung nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn mehrere hauptberufliche Fachkräfte in Teilzeit in einem einer Vollzeitkraft vergleichbaren Umfang beschäftigt werden. Sie verringert sich für teilzeitbeschäftigte oder nicht ganzjährig beschäftigte Fachkräfte in entsprechendem Umfang.
(4) Die Finanzierung wird erstmals für das Förderjahr 2023 und sodann jährlich auf der Grundlage der jeweiligen Personaldurchschnittskosten für vergleichbare Beschäftigte ermittelt.
(5) Näheres über Art, Umfang und Verfahren der Förderung regelt das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Mitglied der Landesregierung.
§ 7
Kostentragung, Kostenerstattung, Überprüfung und Verordnungsermächtigung
(1) Die Landkreise und kreisfreien Städte tragen die Kosten der Wahrnehmung der ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben.
(2) Das Land gleicht die durch die zusätzlichen Aufgabenverpflichtungen durch dieses Gesetz verursachten Mehrbelastungen aus. Hierzu erstattet das Land die zusätzlich notwendigen personellen und sachlichen Verwaltungskosten gesondert pauschal. Erstattungsbehörde ist das Landesamt für Soziales und Versorgung. Die Pauschale ist an den der wahrzunehmenden Tätigkeiten entsprechenden Personaldurchschnittskosten zuzüglich angemessener Sachkosten zu bemessen.
(3) Als erforderliche Personalkosten gelten die unmittelbar entgeltbezogenen Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Vollzeitstelle der Entgeltgruppe S 12 der Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst gemäß Anlage C des für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst einschließlich aller vom Arbeitgeber zu tragenden Entgeltbestandteile und einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberbrutto).
(4) Die Auskömmlichkeit der Personal- und Sachkostenpauschale gemäß Absatz 2 ist auf Grundlage der tatsächlichen notwendigen Aufwendungen spätestens im ersten Quartal des Erstattungsjahres 2024 auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Die Überprüfung erfolgt jährlich. Soweit die Personal- und Sachkostenpauschale nicht auskömmlich war, haben die jeweiligen Landkreise und kreisfreien Städte Anspruch auf rückwirkenden Ausgleich durch das Land. Soweit die Personal- und Sachkostenpauschale zu hoch war, werden die jeweiligen Überzahlungen des Landes im Rahmen der nächsten Abschlagszahlung verrechnet.
(5) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den für Inneres und für Finanzen zuständigen Mitgliedern der Landesregierung durch Rechtsverordnung das Nähere zu bestimmen über
- die Höhe der Pauschale nach Absatz 2 und ihre jeweilige Anpassung an die Kostenentwicklung, sowie an die Ergebnisse der Überprüfung der Personal- und Sachkostenpauschale nach Absatz 4,
- weitere Einzelheiten zu den Voraussetzungen und zu dem Verfahren der Kostenerstattung, insbesondere die Auszahlungstermine, und
- das für die Überprüfung nach Absatz 4 notwendige Verfahren und vorzulegenden Informationen, insbesondere die durch die Aufgabenwahrnehmung entstehenden Kosten.
Die Rechtsverordnung nach Satz 1 stellt den nach Artikel 97 Absatz 3 Satz 2 und 3 der Verfassung des Landes Brandenburg gebotenen Ausgleich der Mehrbelastungen der Landkreise und kreisfreien Städte infolge der Aufgabenübertragung sicher.
§ 8
Evaluation
Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung evaluiert bis zum 31. Dezember 2026 die Anwendung und Auswirkungen der Modellprojekte nach § 4 und den Finanzierungsanspruch der Betreuungsvereine nach § 6. Es berichtet dem Landtag bis zum 30. Juni 2027 über das Ergebnis der Evaluation.