§ 55 Öffentliche Ausschreibung
§ 55 LHO
Öffentliche Ausschreibung
(1) Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
(2) Beim Abschluss von Verträgen ist nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren.
VV-LHO zu § 55
1 Grundsätze
1.0
Die nachfolgenden Grundsätze gelten für die Vergabe öffentlicher Aufträge.
1.1
Öffentliche Aufträge über Bauleistungen, Lieferungen und Leistungen sind in transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu vergeben. Der Wettbewerb soll dabei die Regel sein.
1.2
Der geschätzte Wert eines öffentlichen Auftrages darf nicht allein zu dem Zweck aufgeteilt werden, eine öffentliche oder beschränkte Ausschreibung zu umgehen.
1.3
Der Beauftragte für den Haushalt (§ 9) ist bei Aufträgen mit einem Wert von mehr als 100.000 Euro sowie bei Abweichungen von den Beschaffungsgrundsätzen zu beteiligen.
1.4
Die Beschaffungsgrundsätze ergeben sich aus den anzuwendenden Vergabevorschriften und -bestimmungen.
1.5
Alle in dieser Verwaltungsvorschrift genannten Auftragswerte, Gesamtauftragswerte und Wertgrenzen errechnen sich ohne die jeweils geltende Umsatzsteuer.
1.6
Für die Aufbewahrung von Vergabeunterlagen gelten die Bestimmungen der Anlage zu Nr. 16.1 zu § 71 (Aufbewahrungszeiten für Belege, VV Nr. 2.3 der genannten Anlage) entsprechend, soweit nicht Sonderregelungen bestehen (z. B. RLBau BB für die staatlichen Hochbauten des Landes).
1.7
Alle Gesetze, Verordnungen und sonstigen Vorschriften, auf die in dieser Verwaltungsvorschrift Bezug genommen wird, sind in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden.
2 Vergabevorschriften
2.1
Vergaben nach dem GWB
Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen richtet sich nach dem Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), soweit bestimmte Auftragswerte (Schwellenwerte) erreicht oder überschritten werden. Die Schwellenwerte ergeben sich aus der Vergabeverordnung (VgV). Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren von den öffentlichen Auftraggebern eingehalten werden (§ 97 Abs. 7 GWB).
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wendet das Land entsprechend VgV die folgenden Vorschriften an:
- Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil A - VOB/A
- Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A - VOL/ A
- Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen VOF
- für Sektorentätigkeiten die Sektorenverordnung (SektVO)
2.2
Nationale oder sonstige Vergaben
Bei der Vergabe von Bauleistungen, Lieferungen und Leistungen, die nicht dem Vierten Teils des GWB unterliegen, sind anzuwenden:
- Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - VOB Teil A , Abschnitt 1
- Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen - VOL Teil A , Abschnitt 1
2.3
Ergänzende Regelungen
Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen nach den Nrn. 2.1 und 2.2 sind insbesondere die folgenden Regelungen zu berücksichtigen:
- Gesetz zur Förderung des Mittelstandes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Mittelstandsförderungsgesetz - BbgMFG),
- Richtlinien für die bevorzugte Berücksichtigung bestimmter Bewerber,
- Runderlass des Ministeriums der Finanzen „Vergabehandbuch für die Vergabe von Leistungen nach der Verdingungsordnung für Leistungen“ vom 16. November 1999.
- Vergabehandbuch des Landes Brandenburg für die Vergabe von Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VHB-VOLBbg)
- EG-Richtlinien, soweit sie nicht in nationale Vergabevorschriften umgesetzt worden sind,
- Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen (EVB-IT)
2.4
Richtlinien und Hinweise
Allgemeine Richtlinien und Hinweise zur Anwendung der VOL, VOB und VOF sowie zur Ausgestaltung der Vertragsbedingungen bei der Vergabe von Lieferungen und Leistungen sind vor ihrem Erlass von den zuständigen Ministerien untereinander abzustimmen und zu vereinheitlichen.
3 Wertgrenzen
3.1
Bei Vergabeverfahren, für die der 1. Abschnitt der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A - VOB/A - gilt, ist auch zulässig
- eine Beschränkte Ausschreibung, wenn der Auftragswert 200.000 EUR und
- eine Freihändige Vergabe, wenn der Auftragswert 20.000 EUR
voraussichtlich nicht überschreitet. Hinsichtlich der genannten Auftragsgrenzen ist bis zum 31. Dezember 2011 die Ausnahmeregelung der Nummer 5 anzuwenden.
3.2
Bei Vergabeverfahren, für die der Abschnitt 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A - VOL/A gilt, ist eine Freihändige Vergabe oder eine Beschränkte Ausschreibung auch zulässig, wenn der Auftragswert 20.000 EUR voraussichtlich nicht überschreitet.
Hinsichtlich der genannten Auftragsgrenzen ist bis zum 31. Dezember 2011 die Ausnahmeregelung der Nummer 5 anzuwenden.
3.3
Für die in den Nrn. 3.1 und 3.2 genannten Werte gilt:
Die genannten Werte gelten nicht nur für Gesamtauftragswerte sondern auch für die Werte der einzelnen Aufträge, die sich aus der Vergabe nach Teil- oder Fachlosen ergeben.
Zur Gewährleistung der Transparenz informieren die Auftraggeber fortlaufend Unternehmen auf einem Vergabeportal über beabsichtigte Freihändige Vergaben und Beschränkte Ausschreibungen ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 25.000 Euro.
3.4
Wird von den Nrn. 3.1 oder 3.2 Gebrauch gemacht, sind bei der beschränkten Ausschreibung mindestens fünf, bei der freihändigen Vergabe mindestens drei Angebote einzuholen. Bei weiteren beschränkten Ausschreibungen oder freihändigen Vergaben für Aufträge über ähnliche Leistungen sollen grundsätzlich andere Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Sofern von einem Wechsel der Bieter bei der Angebotsaufforderung abgesehen wird, ist dies im Vergabevermerk zu begründen.
3.5
Bei Aufträgen bis 500 EUR kann auf einen Vergabevermerkverzichtet werden.
4 Nachprüfung
Für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge nach dem GWB (oben Nr. 2.1) gelten folgende Bestimmungen:
- Vierter Teil des GWB (§§ 102 ff.),
- Verordnung über die Nachprüfungsbehörden (Landesnachprüfungsverordnung - LNpV).
5 Befristete Ausnahmeregelung zu Nummern 3.1 und 3.2
5.1
Befristet bis zum 31. Dezember 2011 werden die in den VV Nrn. 3.1 und 3.2 zu § 55 LHO genannten Auftragswerte für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige Vergaben (jeweils ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb) mit folgender Höhe eingeführt.
Für Bauleistungen:
-
Beschränkte Ausschreibung: 1.000.000 Euro
-
Freihändige Vergabe: 100.000 Euro
Für Liefer- und Dienstleistungen:
-
Freihändige Vergabe und Beschränkte Ausschreibung: 100.000 Euro
Unterhalb dieser Auftragswerte kann die Vergabestelle ohne Nachweis eines Ausnahmetatbestandes Beschränkte Ausschreibungen oder Freihändige Vergaben durchführen.
5.2
Über die Ergebnisse der Freihändigen Vergaben und Beschränkten Ausschreibungen, die aufgrund der Nummer 5.1 ohne Nachweis eines Ausnahmetatbestandes durchgeführt werden, ist eine interne Vergabestatistik zu führen und der Fachaufsichtsbehörde erstmalig mit Stand 30. Juni 2009 jeweils halbjährlich zuzusenden. Diese Vergabestatistik dient der Dokumentationspflicht, berücksichtigt den Grundsatz der Transparenz und ist mit nachfolgenden Informationen zu versehen:
-
Vergabeart,
-
Name und Anschrift des Auftraggebers,
-
Art und Umfang der Leistung (Gewerk),
-
Wert der Gesamtmaßnahme (Baumaßnahmen),
-
Wert des Auftrags (Los),
-
Ort der Ausführung,
-
Ausführungszeitraum und
-
Name des Auftragnehmers.
5.3
Die Fachaufsichtsbehörden und die Bewilligungsbehörden haben die jeweils betroffenen Bereiche bei der Umsetzung durch geeignete Maßnahmen zur Korruptionsprävention zu unterstützen.