Hinweis: brandenburg.de hat seine Internet-Seiten auf barrierefreien Zugriff optimiert und verwendet deshalb standardisiertes CSS (Stylesheets). Sollte Ihr Browser dieses nicht korrekt anzeigen, unterstützt er nicht die üblichen Webstandards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

A | A | A |
Aktuelle Fassung Änderungshistorie

Richtlinien zur Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und der Verbraucherschutzbehörden bei der Bekämpfung von Verstößen gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften


vom 6. Dezember 2006
(ABl./06, [Nr. 49], S.788)

geändert durch Gemeinsame Verfügung des MdJ, MUGV und MI vom 29. Dezember 2011
(ABl./12, [Nr. 04], S.121)

1. Zielsetzung

Die ständige Überwachung der Einhaltung lebensmittel- und futtermittelrechtlicher Vorschriften ist eine notwendige Maßnahme zum Schutz der Verbraucher.

Bei der Anwendung der geltenden Rechtsvorschriften kommt neben der ordnungsbehördlichen Durchsetzung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts mit Hilfe der Anordnungs- und Durchsetzungsbefugnisse des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) sowie des Verwaltungsvollstreckungsrechts auch der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und der Verfolgung von Straftaten eine herausgehobene Bedeutung zu. Auch verpflichtet Artikel 17 Abs. 2 der EG-Verordnung zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts (Verordnung (EG) Nr. 178/2002) die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, für eine effektive Durchsetzung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts mit Hilfe des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts Sorge zu tragen.

In der Praxis sind hierbei insbesondere ein zeitnaher und sachgerechter Informationsfluss zwischen den Behörden sowie eine gute Zusammenarbeit unerlässliche Grundlagen für eine effektive Verfolgung von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht.

2. Mitteilungspflichten

2.1. Pflichten der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachungsbehörden

Bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Straftat im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder bei einem Zusammentreffen einer Ordnungswidrigkeit mit einer Straftat (§§ 21, 41 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) gibt die Überwachungsbehörde das Verfahren unverzüglich an die Staatsanwaltschaft ab. Sie teilt die beabsichtigte Abgabe der Staatsanwaltschaft vorab fernmündlich mit, wenn hierzu aus ihrer Sicht Veranlassung besteht (zum Beispiel wegen der Schwere des Tatvorwurfes oder erforderlicher Eilmaßnahmen).

Die Überwachungsbehörden nehmen darüber hinaus eine Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden in der Regel dann vor, wenn

  • bestimmte Umstände (auch außerhalb eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens) bekannt geworden sind, die auf das mögliche Vorliegen einer Straftat im Zusammenhang mit lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Verstößen hindeuten,
  • bereits ein Ermittlungsverfahren bei einer Strafverfolgungsbehörde anhängig ist und die Überwachungsbehörde weitere Erkenntnisse (zum Beispiel über eine neue Ordnungswidrigkeit) hat, die für die Strafverfolgungsbehörde in dem anhängigen Verfahren relevant sein könnten.

Die Mitteilung erfolgt an die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft, bei erforderlichen Eilmaßnahmen vorab fernmündlich und zugleich auch an die örtlich zuständige Polizeidienststelle. Die Mitteilung hat unverzüglich nach Kenntniserlangung durch die Behörde zu erfolgen und soll im Falle des Vorliegens eines Straftatverdachts nach Möglichkeit folgende Angaben umfassen:

  • Darstellung des Sachverhalts, Angaben über den Betrieb und zu allen Verantwortlichen, auf die sich der strafrechtliche Vorwurf beziehen könnte;
  • Benennung aller aus Sicht der Behörde in Betracht kommenden Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch sowie dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), gegebenenfalls in Verbindung mit unmittelbar geltendem EG-Recht sowie der Lebensmittelrechtlichen Straf- und Bußgeldverordnung oder Verordnungen nach dem LFGB (zum Beispiel Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, Zusatzstoff-Zulassungsverordnung);
  • Darlegung tatsächlicher Umstände, die zur Feststellung von Vorsatz/Fahrlässigkeit beitragen, für die Bewertung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung hilfreich sein oder Strafzumessungskriterien darstellen könnten (zum Beispiel vorangegangene Anordnungen, Belehrungen, Verwarnungen, frühere Straf- und Bußgeldverfahren, Reaktion auf vorangegangene behördliche Maßnahmen, Menge der Lebens- oder Futtermittel, gesundheitliche Relevanz der Verstöße, Kreis der betroffenen Verbraucher, Einschätzung des konkret erzielten Gewinns);
  • Hinweis, ob und gegebenenfalls mit welchen Maßgaben aus Sicht der Überwachungsbehörde eine Einstellung des Verfahrens befürwortet werden könnte.

Der Mitteilung sind die erforderlichen Unterlagen beizufügen und die Beweismittel sind zu benennen. Soweit Angaben erst zu einem späteren Zeitpunkt gemacht werden können, ist hierauf hinzuweisen.

Die Mitteilung trägt die Überschrift “Mitteilung nach Nr. 2.1 der Richtlinien zur Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und der Verbraucherschutzbehörden bei der Bekämpfung von Verstößen gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften vom 6. Dezember 2006 (4100-III.066)“.

Durch die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden bleiben die ordnungsbehördlichen Aufgaben und Befugnisse der Überwachungsbehörden, insbesondere zur Abwehr konkreter Gefahren sowie zur Verhütung künftiger Verstöße, unberührt. Soweit erforderlich, ist wegen beabsichtigter Maßnahmen eine Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden vorzunehmen, um nicht die dort laufenden Ermittlungen zu beeinträchtigen.

2.2. Pflichten der Strafverfolgungsbehörden

Nach Maßgabe der geltenden Vorschriften über die Information oder Beteiligung von Verwaltungsbehörden in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren nehmen die Strafverfolgungsbehörden eine Mitteilung an die Überwachungsbehörden in der Regel dann vor, wenn

  • im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erlangte Erkenntnisse über eine mögliche Ordnungswidrigkeit wegen eines lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Verstoßes vorliegen, soweit keine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für die Verfolgung auch dieser Ordnungswidrigkeit besteht,
  • Anzeigen unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft oder Polizei eingehen und der Inhalt der Anzeige Anlass zu Maßnahmen der Überwachungsbehörde geben könnte.

Die Mitteilung erfolgt an die zuständige Überwachungsbehörde, bei erforderlichen Eilmaßnahmen vorab fernmündlich. Die Mitteilung hat unverzüglich nach Kenntniserlangung durch die Strafverfolgungsbehörde zu erfolgen. Bei unmittelbar an die Strafverfolgungsbehörden gerichteten Anzeigen ist eine Ablichtung der Anzeige beizufügen, ansonsten soll die Mitteilung nach Möglichkeit insbe-sondere folgende Angaben umfassen:

  • Namen der Verantwortlichen und nähere Angaben über den betroffenen Betrieb;
  • aus Sicht der Strafverfolgungsbehörde in Betracht kommende Ordnungswidrigkeitentatbestände;
  • sonstige Gesichtspunkte, die aus Sicht der Strafverfolgungsbehörde für die Ermittlungen der Überwachungsbehörde von Belang sein könnten.

Die Mitteilung trägt die Überschrift “Mitteilung nach Nr. 2.2 der Richtlinien zur Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und der Verbraucherschutzbehörden bei der Bekämpfung von Verstößen gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften vom 6. Dezember 2006 (4100-III.066)“.

Die Überwachungsbehörden können auf Antrag jederzeit Akteneinsicht oder Auskünfte von der Staatsanwaltschaft nach Maßgabe von § 474 Abs. 2 bis 5 der Strafprozessordnung erhalten.

3. Zusammenarbeit in Einzelfällen und allgemein

Die Strafverfolgungs- und Überwachungsbehörden sollen eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Hierzu teilen sie sich gegenseitig die Namen und Erreichbarkeiten der jeweiligen mit der Bearbeitung von lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Verstößen befassten Dezernenten und Sachbearbeiter (Ansprechpartner) mit. Zwecks erforderlicher Abstimmung im Einzelfall, zum Beispiel bei beabsichtigter Sicherung von Beweismitteln oder der Auftragserteilung für Begutachtungen, soll in der Regel eine persönliche Kontaktaufnahme erfolgen.

Die Ansprechpartner der Strafverfolgungs- und Überwachungsbehörden treffen sich mindestens einmal jährlich zu einer gemeinsamen Arbeitsbesprechung zum Zwecke eines Meinungs- und Erfahrungsaustausches, zur Erörterung von Fragen des Informationsaustausches, der Zusammenarbeit sowie der Auslegung geltender Vorschriften und aktueller Rechtsprechung.

4. Schlussbestimmung

Diese Gemeinsame Verfügung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.

Potsdam, den 6. Dezember 2006

Die Ministerin der Justiz

Beate Blechinger

Der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz

Dr. Dietmar Woidke

Der Minister des Innern

Jörg Schönbohm