Sicherung der Verwirklichung von in Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung zur Steuerung der Windenergienutzung
1 Zwischen dem Landesumweltamt als Genehmigungsbehörde für Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m, den Regionalen Planungsgemeinschaften als Träger der Regionalplanung und der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung als Landesplanungsbehörde wird eine enge Zusammenarbeit mit dem Ziel vereinbart, Investitionen frühzeitig auf geeignete Standorte im Sinne der raumordnungsrechtlichen Vorgaben für die Windenergienutzung zu lenken und im Genehmigungsverfahren Erfordernisse der Raumordnung nach Maßgabe der nachfolgend dargestellten rechtlichen Vorgaben zu beachten.
2 Die frühzeitige Unterrichtung über den Stand und die Inhalte von Regionalplanungsverfahren einerseits und die Sensibilisierung von Antragstellern für raumordnerische Belange in sich anbahnenden Genehmigungsverfahren andererseits bilden die Basis für das Zusammenwirken der Regionalen Planungsgemeinschaften und des Landesumweltamtes au-ßerhalb von Genehmigungsverfahren.
3 Sofern sich mögliche Antragsteller für die Genehmigung von Windkraftanlagen informell zuerst an die Regionalen Planungsgemeinschaften oder die Gemeinsame Landesplanungsabteilung wenden, ist das Landesumweltamt über das Ergebnis solcher Gespräche zu informieren.
4 Soweit vor der eigentlichen Antragstellung beim Landes-umweltamt ein Vorgespräch oder eine Vorprüfung zur Feststellung der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) durchgeführt wird, weist das Landesumweltamt den potenziellen Antragsteller frühzeitig auf die bestehenden Erfordernisse der Raumordnung hin und regt eine Kontaktaufnahme mit der zuständigen Regionalen Planungsgemeinschaft an. Das Landesumweltamt setzt die jeweilige Regionale Planungsgemeinschaft darüber in Kenntnis. Für den Fall einer sich abzeichnenden UVP-Pflicht wird auf die Notwendigkeit gegebenenfalls notwendiger weiterer vorgreiflicher raumordnerischer Entscheidungen der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung hingewiesen (§ 15 des Raumordnungsgesetzes - ROG - in Verbindung mit § 1 Nummer 1 der Raumordnungsverordnung - RoV -). Die Genehmigungsbehörde macht insbesondere Antragsteller für Standorte in Gebieten, für die keine Eignungsgebietsfestsetzungen erfolgen sollen, darauf aufmerksam, dass mit der Entscheidung über einen eingegangenen Antrag (Genehmigung, Ablehnung) die Kostenschuld entsteht.
5 Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen beteiligt die Genehmigungsbehörde die Gemeinsame Landesplanungsabteilung und die jeweilige Regionale Planungsgemeinschaft gemäß § 10 Absatz 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) in Verbindung mit § 11 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV).
6 Auf Grundlage der übermittelten Antragsunterlagen geben die Gemeinsame Landesplanungsabteilung und die jeweilige Regionale Planungsgemeinschaft parallel Stellungnahmen zu den raumordnerischen Erfordernissen mit Blick auf § 6 Absatz 1 Nummer 2 BImSchG (mögliches Entgegenstehen sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften) ab. Dieses Votum geht dem der unteren Bauaufsichtsbehörde zu bauplanungsrechtlichen Fragen vor.
7 Ist die Aufstellung eines Ziels der Raumordnung eingeleitet, kann es einem Vorhaben gemäß § 35 Absatz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) als unbenannter öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Absatz 3 Satz 1 BauGB in Verbindung mit § 4 Absatz 2 ROG als sonstiges Erfordernis der Raumordnung (§ 3 Absatz 1 Nummer 4 ROG) entgegenstehen (vgl. auch BVerwG, NVwZ 2003, S. 1261 - 1263). Voraussetzung dafür ist, dass es inhaltlich hinreichend konkretisiert und zu erwarten ist, dass es sich zu einer verbindlichen, den Wirksamkeitsanforderungen genügenden Zielfestlegung im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 2 ROG verfestigt (vgl. auch BVerwG, NVwZ 2005, S. 578 - 581).
8 Die Regionalen Planungsgemeinschaften haben die Aufgabe, Flächenvorsorge für die Nutzung der Windenergie zu treffen. Dafür werden in Regionalplänen, die auch als sachliche Teilpläne aufgestellt werden können, Eignungsgebiete (im Sinne von § 8 Absatz 6 ROG) als Ziele der Raumordnung festgelegt. Die Aufstellung der Ziele der Raumordnung gilt als eingeleitet, wenn ein Planentwurf erarbeitet, durch die Regionalversammlung gebilligt und den öffentlichen Stellen zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurde.
9 Bei ablehnenden Stellungnahmen der Regionalen Planungsgemeinschaften, gestützt auf die oben genannte bauplanungsrechtliche Raumordnungsklausel, sind ausführlich die Gründe darzulegen, auf deren Basis die regionalplanerische Beurteilung getroffen worden ist. Dabei ist eine auf den Einzelfall abstellende Darlegung erforderlich. Ein allgemeiner Verweis auf der Planung grundsätzlich zugrunde liegende Kriterien reicht nicht aus. Es ist am konkreten Fall nachvollziehbar darzulegen, dass die beabsichtigte regionalplanerische Festlegung ein genügendes Maß an Verlässlichkeit bietet. Dazu ist eine begründete Prognose darüber abzugeben, ob die im Regionalplanentwurf enthaltene Festlegung Eingang in die endgültige Fassung des Regionalplanes finden wird.
10 Die Genehmigungsbehörde entscheidet unter Berücksichtigung der Stellungnahmen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 BImSchG vorliegen. Die Genehmigungsvoraussetzungen für Außenbereichsvorhaben liegen nicht vor, wenn die (in Aufstellung befindlichen) Ziele der Raumordnung der Planung entgegenstehen (§ 35 Absatz 3 BauGB). Sollte die Stellungnahme der Regionalen Planungsgemeinschaft nicht hinreichend begründet sein, ist die Regionale Planungsgemeinschaft zur Ergänzung ihrer Stellungnahme aufzufordern.
11 Eine befristete Untersagung gemäß § 14 Absatz 2 ROG in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 3 des Landesplanungsvertrages kann von der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung ausgesprochen werden, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass durch ein Vorhaben die eingeleitete Aufstellung, Änderung oder Ergänzung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Dies wäre nur erforderlich, wenn alle sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 6 Absatz 1 BImSchG vorlägen. In einem solchen Fall unterrichtet das Landesumweltamt die Gemeinsame Landesplanungsabteilung. Im Falle der Einleitung eines Untersagungsverfahrens ist eine Anhörung der Genehmigungsbehörde und des Antragstellers erforderlich.
Dieses Rundschreiben tritt am Tage nach seiner öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
Mit Inkrafttreten dieses Rundschreibens tritt das Rundschreiben vom 1. Juli 2003 (ABl. S. 726) außer Kraft.