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Einführung bautechnischer Regelungen für das Straßenwesen in Brandenburg - Umgang mit pechhaltigen Straßenausbaustoffen bei Baumaßnahmen an Bundesfern- und Landesstraßen
vom 30. Januar 2007
(ABl./07, [Nr. 08], S.431)
Außer Kraft getreten am 29. Januar 2012
(ABl./07, [Nr. 08], S.431)
Der Runderlass richtet sich an
- die Straßenbaubehörde des Landes Brandenburg,
- die Landkreise, die kreisfreien Städte sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Landes Brandenburg.
1 Rechtsgrundlagen
Am 1. Januar 2002 trat die Verordnung zur Umsetzung des Europäischen Abfallverzeichnisses (Abfallverzeichnis-Verordnung), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 15. Juli 2006 (BGBl. I S. 1619) in Kraft. Somit gilt EU-weit ein einheitliches Abfallverzeichnis.
Pechhaltige Straßenausbaustoffe unterliegen dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2819) in Verbindung mit dessen Verordnungen.
Bezüglich der Entsorgung (Verwertung bzw. Beseitigung) pechhaltiger Straßenausbaustoffe sind die “Brandenburgischen Technischen Richtlinien für die Verwertung von Recycling-Baustoffen im Straßenbau - Herstellung, Prüfung, Auslieferung und Einbau - (BTR RC-StB)“ in der jeweils gültigen Fassung zu beachten.
2 Begriffsbestimmung
Pechhaltige Straßenausbaustoffe sind Stoffe, die beim Aufnehmen vorhandener Straßenbefestigungen anfallen und pechtypische Bestandteile im Bindemittel enthalten. Pechtypische Bestandteile sind die 16 von der United States Environmental Protection Agency (US-EPA 610) festgelegten polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie Phenole (Phenolindex). Bereits die Überschreitung eines Richtwertes klassifiziert den Straßenaufbruch als pechhaltigen Straßenausbaustoff.
Auftraggeber im Sinne dieses Runderlasses sind die Veranlasser einer Ausbaumaßnahme (gemäß KrW-/AbfG Erzeuger).
Andere Straßenbaulastträger im Sinne dieses Runderlasses sind die Träger der Straßenbaulast von Kreis- und Gemeindestraßen.
Dritte im Sinne dieses Runderlasses sind Träger öffentlicher Versorgungsaufgaben z. B. Telekom, Wasserverbände usw.
3 Grundsätze
Vermeidung
Der Ausbau pechhaltiger Schichten ist nach Möglichkeit zu vermeiden.
Verwertung
Straßenbaulastträger sind grundsätzlich verpflichtet, die bei eigenen Baumaßnahmen anfallenden pechhaltigen Straßenausbaustoffe einer Verwertung zuzuführen. Gemäß § 5 KrW/AbfG ist die Pflicht zur Verwertung einzuhalten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Eine Verwertung von pechhaltigen Straßenausbaustoffen kann mit einer erforderlichen Vorbehandlung verbunden sein.
Bei der Verwertung in Straßenbaumaßnahmen hat die Einbindung von pechhaltigen Straßenausbaustoffen ordnungsgemäß und schadlos gemäß den BTR RC-StB zu erfolgen. Diese Verwertungsart hat Vorrang vor anderen Verwertungsarten.
Pechhaltige Straßenausbaustoffe, die bei Baumaßnahmen Dritter an Bundesfern- und Landesstraßen anfallen, sind durch die brandenburgische Straßenbauverwaltung in aufbereiteter Form in Bundesfern- und Landesstraßen wieder einzubauen bzw. einer anderen Verwertung zuzuführen.
Den Wiedereinbau aufbereiteter pechhaltiger Straßenausbaustoffe anderer Straßenbaulastträger übernimmt die brandenburgische Straßenbauverwaltung, sofern geeignete Baumaßnahmen im Zuge von Landesstraßen anstehen.
Zwischen dem Auftraggeber und den Betreibern der fremdüberwachten
Zwischenlager, der fremdüberwachten Aufbereitungsanlagen bzw. der Verwertungsanlagen sind die Verträge jährlich für das Folgejahr abzuschließen. Hinweise für den Abschluss eines Vertrages können im Internet unter www.ls.brandenburg.de abgerufen werden.
Beseitigung
Pechhaltige Straßenausbaustoffe mit einem Benzo[a]pyrengehalt ≥ 50 mg/kg werden als besonders überwachungsbedürftige Abfälle eingestuft. Die Abgrenzung zu besonders überwachungsbedürftigen Abfällen ergibt sich aus § 41 KrW-/AbfG in Verbindung mit der Abfallverzeichnis-Verordnung.
Diese Stoffe sind einer Beseitigung zuzuführen und gemäß der Verordnung über die Organisation der Sonderabfallentsorgung im Land Brandenburg (Sonderabfallentsorgungsverordnung-SAbfEV) vom 3. Mai 1995 (GVBl. II/1995 Nr. 39 S.404), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. September 2002 (GVBl II Nr. 25, S. 571) der Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH (SBB) anzudienen.
4 Baustoffmanagement
Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg koordiniert die Aus- und Einbaumengen der pechhaltigen Straßenbau- und Straßenausbaustoffe. Als Steuerungsinstrument wird eine jährliche Bilanz unter Berücksichtigung der jeweiligen Verwertungsarten für Bundesfern- und Landesstraßen geführt. Zwischen Aus- und Einbaumengen ist ein Ausgleich, differenziert nach den Straßenbaulastträgern, zu schaffen.
Um die Kosten insbesondere durch lange Lagerungszeiten bei der Projektrealisierung zukünftig weitestgehend zu minimieren, ist die Wiederverwertung pechhaltiger Straßenausbaustoffe in Abstimmung mit der Planung zu steuern.
Bereits in den Vorentwurfsunterlagen soll die Eignung einer Straßenbaumaßnahme für den Wiedereinbau von pechhaltigen Straßenausbaustoffen in gebundener Form (gemäß BTR RC-StB) bewertet werden.
Darüber hinaus sollen die möglichen Einbaumengen pechhaltigen Materials und die substituierten Baustoffmengen ermittelt werden. Die endgültige Entscheidung über den Einbau wird in der Ausführungsplanung getroffen.
Bei vorgesehenen Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmen wird das Vorhandensein von pechtypischen Bestandteilen in den vorhandenen Asphaltschichten geprüft. Als eine wichtige Vorinformation werden in der Straßendatenbank umfangreiche umweltrelevante Analyseergebnisse vorgehalten. Nach Feststellung pechtypischer Bestandteile in den Schichten erfolgt die Prüfung bezüglich einer Vermeidung des Materialausbaus. Wird der Ausbau unumgänglich, sind genaue Analysen der Schadstoffbelastung vorzunehmen sowie die zu erwartenden Mengen möglichst exakt zu ermitteln. Zur Vermeidung unnötiger Ausbaumengen ist eine schichtgenaue Analyse und ein separater Ausbau der pechhaltigen Schicht erforderlich.
5 Verfahrensweise der Nachweisführung
Der Nachweis über die erfolgte ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von pechhaltigen Straßenbau- bzw. Straßenausbaustoffen wird in Form von Vereinbarungen, wie z. B. Liefervereinbarungen, geführt (Formblätter des Auftraggebers).
Transport
Pechhaltige Straßenbau- bzw. Straßenausbaustoffe, die mit dem Ziel ihrer Verwertung befördert werden, sind nach § 49 Abs.1 KrW-/AbfG nicht transportgenehmigungspflichtig. Für besonders überwachungsbedürftige Abfälle ist eine Transportgenehmigung erforderlich.
Zwischenlagerung, Aufbereitung und Verwertung
Mit der Zwischenlagerung, Aufbereitung und Verwertung von pechhaltigen Straßenausbaustoffen dürfen nur fremdüberwachte Anlagen bzw. Entsorgungsfachbetriebe, die in der entsprechenden Liste des Landesbetriebes Straßenwesen erfasst sind (siehe BTR RC-StB), beauftragt werden.
Die Betreiber der Zwischenlager bzw. der Verwertungsanlagen dürfen nur pechhaltige Straßenausbaustoffe annehmen, wenn eine Liefervereinbarung vorliegt. Liegt diese nicht vor, ist der Fremdüberwacher verpflichtet, den Landesbetrieb Straßenwesen umgehend darüber zu informieren.
Mit dem Abschluss der Liefervereinbarung ist dem Betreiber des Zwischenlagers bzw. der Verwertungsanlage gleichzeitig das Prüfzeugnis (Nachweis PAK nach EPA einschließlich des Benzo[a]pyrengehaltes im Feststoff und des Phenolindexes im Eluat bzw. Deklarationsanalyse) durch den Auftraggeber der Ausbaumaßnahme vorzulegen.
Nach Abschluss der in der Liefervereinbarung angegebenen Ausbaumaßnahme ist dem Auftraggeber und dem Wiederverwerter durch den Betreiber des Zwischenlagers die Gesamtmenge der angelieferten pechhaltigen Straßenbaustoffe nachzuweisen. Dieser Nachweis ist Grundlage für die Abrechnung.
Darüber hinaus meldet der Betreiber des Zwischenlagers dem Auftraggeber und dem Wiederverwerter am Quartalsende den Stand der Lagermenge, differenziert nach Material und Auftraggeber (Straßenbauverwaltung, andere Straßenbaulastträger, Dritte).
6 Kosten
Die Kosten für Aufbruch, Transport, ggf. Zwischenlagerung sowie Aufbereitung, Verwertung bzw. Beseitigung des pechhaltigen Materials trägt der Auftraggeber der Ausbaumaßnahme.
Die Kosten für den Transport des aufbereiteten Materials von der Aufbereitungsanlage zur Einbaustelle sowie für den Einbau trägt der Auftraggeber der Einbaumaßnahme.
7 Regelungen für andere Straßenbaulastträger und Dritte
Straßenbaulastträger sind verpflichtet, Dritte darauf hinzuweisen, dass bei Aufgrabungen mit pechhaltigen Straßenbaustoffen gerechnet werden muss und die zusätzlichen Kosten zu tragen sind. Dies ist in die Genehmigungen für Aufgrabungen mit aufzunehmen.
Ist dem Straßenbaulastträger durch Vorinformationen nicht bekannt, ob in der Straßenkonstruktionsschicht pechhaltige Straßenbaustoffe enthalten sind, ist der Dritte verpflichtet, vor Beginn der Baumaßnahme die Schichten auf pechtypische Bestandteile zu untersuchen. Die Kosten hierfür übernimmt der Dritte.
Bedingung für die Verwertung pechhaltiger Straßenausbaustoffe anderer Straßenbaulastträger oder Dritter durch die brandenburgische Straßenbauverwaltung ist die Nachweisführung des anderen Straßenbaulastträgers oder Dritten, dass die bei ihren Baumaßnahmen anfallenden pechhaltigen Straßenausbaustoffe nicht im eigenen Zuständigkeitsbereich in aufbereiteter Form eingebaut oder einer anderen Verwertung zugeführt werden können. Anderen Straßenbaulastträgern und Dritten ist es freigestellt, weitere Möglichkeiten der Entsorgung im Sinne des KrW/AbfG zu nutzen.
Der Ort des vorgesehenen Zwischenlagers und der Aufbereitung wird vom Wiederverwerter in Abhängigkeit vom vorgesehenen Einsatzort bestimmt.
Zwischen dem Auftraggeber, dem Betreiber des Zwischenlagers und dem Wiederverwerter ist die Liefervereinbarung gemäß BTR RC-StB abzuschließen.
8 Dokumentation
Bei der Wiederverwertung pechhaltiger Straßenbaustoffe sind die neuen Einsatzorte dauerhaft zu dokumentieren. Die Daten sind zeitnah und prüffähig zu erfassen.
Für Maßnahmen an Bundesfern- und Landesstraßen ist der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg verantwortlich für die Übertragung und Aktualisierung dieser Daten in die Straßeninformationsbank.
Hiermit werden die Regelungen für den Umgang mit pechhaltigen Straßenbau- und Straßenausbaustoffen bei Baumaßnahmen an Bundesfern- und Landesstraßen für den Bereich der Bundesfern- und Landesstraßen im Land Brandenburg eingeführt. Die Landkreise, kreisfreien Städte sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Landes Brandenburg werden um Beachtung gebeten.
Der Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr, Abteilung 5, Nummer 38/2003 - Straßenbau vom 21. November 2003 (ABl. S. 1227) wird hiermit aufgehoben.
Gemäß dem Landesorganisationsgesetz vom 24. Mai 2004 (GVBl. I S. 186), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Juni 2005 (GVBl. I S. 210, 211) wird die Geltung dieses Runderlasses auf einen Zeitraum von 5 Jahren ab dem Einführungsdatum befristet.