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Zum Vollzug des § 67 Abs. 3 der Brandenburgischen Bauordnung - Rückbauverpflichtung und Sicherheitsleistung
vom 28. März 2006
(ABl./06, [Nr. 18], S.357)
Außer Kraft getreten am 18. März 2009 durch Verwaltungsvorschrift des MIR vom 18. Februar 2009
(ABl./09, [Nr. 10], S.459)
Auf Grund des Dritten Gesetzes zur Änderung der Brandenburgischen Bauordnung vom 19. Dezember 2005 (GVBl. I S. 267) ist eine Neufassung der betroffenen Verwaltungsvorschriften erforderlich. Bis zur Bekanntmachung der neuen Verwaltungsvorschriften gelten die mit diesem Erlass bekannt gemachten Vollzugshinweise:
67 Baugenehmigung (§ 67)
67.3 Zu Absatz 3
67.3.1 Bauliche Anlagen, die von vornherein nach ihrer Bauart, Art der Nutzung, Lage oder nach dem Willen des Bauherrn nur auf eine beschränkte Zeit errichtet werden können oder sollen, dürfen in der Regel nur befristet genehmigt werden. Dies betrifft zum Beispiel
- Behelfsbauten,
- Bauten mit begrenzter Lebensdauer,
- Bauten, die auf Grund eines zeitlich begrenzten Rechtes errichtet werden, wie Jagdhütten,
- Vorhaben, die laufenden Planungen widersprechen, wie Zwischennutzungen, bis zur Verwirklichung der Planung.
67.3.3 Für privilegierte Vorhaben im Außenbereich, deren planungsrechtliche Zulässigkeit sich aus § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB ergibt, folgt aus § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB als weitere materielle Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung des Bauherrn, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen.
Aus § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB ergibt sich, dass die Bauaufsichtsbehörde für die in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben die Einhaltung der Verpflichtungserklärung zum Rückbau nach dauerhafter Aufgabe der Nutzung gewährleisten soll.
Nicht anzuwenden ist diese Regelung für:
- privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, das heißt Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, und Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 7,
- sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB,
- bauliche Maßnahmen, die auf Grund von Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden, sowie öffentlich zugängliche Abfallbeseitigungsanlagen im Sinne des § 38 BauGB,
- Nutzungsänderungen von Vorhaben, deren Nutzung vor dem 20. Juli 2004 zulässigerweise aufgenommen wurde (§ 244 Abs. 7 BauGB), und
- Vorhaben, die nach § 55 BbgBO genehmigungsfrei sind.
Die “Soll“-Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde in Ausnahmefällen und in atypischen Situationen von dem Erfordernis einer Sicherung absehen kann.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweiligen Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB ist vor Erteilung der Baugenehmigung die Erforderlichkeit, die Art und die Höhe der Sicherheitsleistung zu klären.
Die Art, die Höhe und der Zeitpunkt der zu erbringenden Sicherheit werden in der Baugenehmigung durch Nebenbestimmung geregelt. Die Bauaufsichtsbehörde kann zulassen, dass die Sicherheit erst vor dem Baubeginn zu erbringen ist. In diesem Fall ist die Bauge-nehmigung mit einer entsprechenden aufschiebenden Bedingung zu erteilen, die wie folgt lauten kann:
„Diese Baugenehmigung wird unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass der Bauaufsichtsbehörde vor dem Beginn der Bauarbeiten eine Sicherheit in Form der ...(Bankbürgschaft usw.) für die Rückbaukosten in Höhe von ... Euro erbracht wird.“
Wird von der Möglichkeit der aufschiebenden Bedingung Gebrauch gemacht, kann sich die Bauaufsichtsbehörde nach § 68 Abs. 1 Satz 2 BbgBO die Freigabe der Bauarbeiten vorbehalten.
Von der Forderung einer Sicherheit kann, soweit tatsächliche besondere Umstände vorliegen, abgesehen werden. Eine Sicherheit ist insbesondere nicht erforderlich, wenn
- die Rückbaukosten so gering sind, dass keine Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des zum Rückbau Verpflichteten bestehen (Bagatellefälle, zum Beispiel Gewächshäuser in Leichtbauweise, sowie Vorhaben, bei denen die voraussichtlichen Rückbaukosten 10.000 Euro nicht übersteigen),
- ein Vorhaben im Verhältnis zu bestehenden baulichen Anlagen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB deutlich untergeordnet ist und in einem engen räumlichen Zusammenhang zu dem bestehenden Betrieb errichtet wird (zum Beispiel eine Kompostierungsanlage, eine Biomasseanlage bis 0,5 MW oder ein Gewächshaus auf der Hofstelle) oder
- der zum Rückbau Verpflichtete ein der Aufsicht des Landes Brandenburg unterstehender öffentlicher Bauherr ist.
Die vorstehenden Vollzugshinweise sind auch im Fall einer genehmigungspflichtigen baulichen Änderung anzuwenden. Bei Windenergieanlagen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Änderungen der Anlage, zum Beispiel der Austausch der Turbine gegen eine leistungsfähigere, bauaufsichtlich genehmigungspflichtig sind und das Erfordernis der Sicherheitsleistung auslösen.
Art der Sicherung
Die Sicherung kann durch die in § 232 BGB genannten Arten oder durch andere gleichwertige Sicherungsmittel, die zur Erfüllung des Sicherungszwecks geeignet sind, erbracht werden. In Betracht kommen insbesondere
- die unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bank- oder Konzernbürgschaft unter Ausschluss der Einrede der Vorausklage,
- die Hinterlegung der Sicherheitsleistung in Geld,
- die Verpfändung von Gegenständen oder Rechten (zum Beispiel Grundschuld),
- ein Festgeldkonto, dessen Kündigungsfrist nicht mehr als sechs Monate beträgt und nur durch die Behörde gekündigt werden kann, oder
- der Abschluss einer Ausfall-Versicherung.
Bei der Eignung des Sicherungsmittels ist unter anderem auf die Insolvenzfestigkeit des angebotenen Sicherungsmittels, auf den unbedingten Zugriff durch die Bauaufsichtsbehörde und auf die Unbefristetheit des Sicherungsmittels zu achten.
Höhe der Sicherheitsleistung
Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den Kosten, die voraussichtlich für den vollständigen Rückbau der Anlage - einschließlich der Beseitigung der Bodenversiegelung - aufgewendet werden müssen. Bei nachträglicher baulicher Änderung beziehungsweise Erweiterung einer bestehenden baulichen Anlage ist für die Höhe der Sicherheitsleistung nur der geänderte beziehungsweise erweiterte Teil maßgebend.
Grundsätzlich sind bei der Ermittlung der Rückbaukosten 10 Prozent der Rohbaukosten anzusetzen. Bei Windenergieanlagen sind als fiktive Rohbausumme 40 Prozent der Herstellungskosten (§ 4 Abs. 2 Satz 3 BbgBauGebO) zu berücksichtigen.
Auf Grund von Besonderheiten im Einzelfall kann ausnahmsweise eine Erhöhung oder Verringerung des Prozentsatzes gerechtfertigt sein.
Die Bauaufsichtsbehörde kann vom Bauherrn eine entsprechende Kostenkalkulation verlangen. Legt der zum Rückbau Verpflichtete keine Kostenkalkulation vor oder ist die Berechnung der voraussichtlichen Höhe der Rückbaukosten aus Sicht der Bauaufsichtsbehörde nicht nachvollziehbar, so kann diese die Höhe der Rückbaukosten schätzen und in der Baugenehmigung festsetzen.
67.3.4 Die Vollzugshinweise der Nummer 67.3.3 sind auch in den Fällen anzuwenden, in denen eine Gestattung einer anderen Behörde die Baugenehmigung für ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB einschließt oder ersetzt. Da bei einem Planfeststellungsverfahren gemäß
§ 38 des Baugesetzbuchs die Anwendung des § 35 des Baugesetzbuchs ausgeschlossen ist, betrifft dies im Wesentlichen das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren.
Aus Satz 4 ergibt sich, dass auch im immissionsschutzrechtlichen Verfahren die Sicherheit gegenüber der Bauaufsichtsbehörde zu erbringen ist. Die Bauaufsichtsbehörde teilt die Art des Sicherungsmittels, die Höhe der erforderlichen Sicherheitsleistung und den Zeitpunkt, zu dem die Sicherheit zu erbringen ist, der Immissionsschutzbehörde mit.