ARCHIV
Hinweise zur Anwendung der Vorschriften über den Verwaltungszwang nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg
vom 8. Juni 2000
(ABl./00, [Nr. 26], S.338)
Außer Kraft getreten am 18. Juni 2014 durch Bekanntmachung des MI vom 28. Mai 2014
(ABl./14, [Nr. 24], S.794)
Das Ministerium des Innern gibt zur Anwendung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) vom 18. Dezember 1991 (GVBl. S. 661), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. November 1998 (GVBl. I S. 218, 219), für den Verwaltungszwang folgende Hinweise:
Inhaltsübersicht
1. Zulässigkeit des Verwaltungszwanges (zu § 15)
2. Vollzugsbehörden (zu § 16)
3. Zwangsmittel (zu § 17)
4. Verhältnismäßigkeit (zu § 18)
5. Ersatzvornahme (zu § 19)
6. Zwangsgeld (zu § 20)
7. Ersatzzwangshaft (zu § 21)
8. Unmittelbarer Zwang (zu § 22)
9. Androhung der Zwangsmittel (zu § 23)
10. Festsetzung der Zwangsmittel (zu § 24)
11. Anwendung der Zwangsmittel (zu § 25)
12. Zulässigkeit des unmittelbaren Zwangs (zu § 26)
13. Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen (zu § 27)
14. Vollzugsdienstkräfte (zu § 28)
15. Androhung unmittelbaren Zwangs (zu § 29)
16. Anwendung unmittelbaren Zwangs in besonderen Fällen (zu § 30)
17. Handeln auf Anordnung (zu § 31)
18. Hilfeleistung für Verletzte (zu § 32)
19. Fesselung von Personen (zu § 33)
20. Zum Schusswaffengebrauch berechtigte Vollzugsdienstkräfte (zu § 34)
21. Notwehr und Notstand (zu § 35)
22. Verbot des Verwaltungszwangs (zu § 36)
23. Kosten (zu § 37)
1. Zulässigkeit des Verwaltungszwanges (zu § 15)
1.1 Allgemeine Begriffe
1.1.1 Erzwingbare Verwaltungsakte im Sinne des § 15 VwVGBbg werden nach den Vorschriften des Abschnitts II „vollzogen“ (§ 16 VwVGBbg). Das Gesetz spricht von „Vollzugsbehörde“ und „Vollzugsauftrag“ und fasst Androhung, Festsetzung und Anwendung der Zwangsmittel unter dem Begriff Vollzug zusammen (§ 25 Abs. 3 VwVGBbg). Dieser Begriff deckt sich mit dem Begriff Vollziehung von Verwaltungsakten in § 113 Abs. 1 und § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1.1.2 Wegen der unterschiedlichen Bedeutung von „sofortiger Vollziehung“ eines Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 4 VwGO und der Anwendung des Verwaltungszwangs ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt („sofortiger Vollzug“) nach § 15 Abs. 2 VwVGBbg wird auf die Nummern 1.2.2 und 1.3 hingewiesen.
1.1.3 Unter Verwaltungszwang versteht das Gesetz die Erzwingung einer behördlich angeordneten Handlung, Duldung oder Unterlassung durch den Einsatz der in § 17 VwVGBbg zugelassenen Zwangsmittel gegen den Betroffenen. Verwaltungszwang in der Form des unmittelbaren Zwangs (§ 22 VwVGBbg) ist auch zu anderen Zwecken als denen des Vollzugs eines Verwaltungsaktes denkbar. Seine Zulässigkeit richtet sich dann ausschließlich nach den §§ 26 bis 35 VwVGBbg.
1.2 Grundverfügung
1.2.1 Verwaltungszwang setzt grundsätzlich einen rechtmäßigen Verwaltungsakt voraus, mit dem von dem Betroffenen ein Handeln, Dulden oder Unterlassen verlangt wird. Verwaltungsakte, mit denen keine Handlung, Duldung oder Unterlassung verlangt wird (z. B. feststellende oder rechtsgestaltende Verwaltungsakte), sind ihrer Natur nach nicht vollzugsfähig. Welche Behörde (§ 16 VwVGBbg) den Verwaltungsakt erlassen hat, ist unerheblich.
1.2.2 Der Verwaltungsakt darf erst vollzogen werden, wenn er unanfechtbar geworden ist oder wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (§ 15 Abs. 1 VwVGBbg). Die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes ist dann keine Voraussetzung für seinen Vollzug, wenn nach § 80 Abs. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage entfällt. Das ist unter anderem der Fall, wenn der Verwaltungsakt im Zusammenhang mit der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten ergeht. Die wichtigsten Fälle sind diejenigen, in denen unter Beachtung des § 80 Abs. 3 bis 7 und des § 80 a VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes ausdrücklich angeordnet wird. Dabei ist besonders zu beachten, dass diese Anordnung - abgesehen von den ausdrücklich als solche bezeichneten Notstandsmaßnahmen (§ 80 Abs. 3 VwGO) - stets unter Angabe bestimmter Tatsachen und Umstände, aus denen sich das „besondere Interesse“ an der sofortigen Vollziehung ergibt, zu begründen ist. Der allgemeine Hinweis, die sofortige Vollziehung sei „im öffentlichen Interesse notwendig“, genügt nicht. Auch das ebenfalls zu begründende „überwiegende Interesse eines Beteiligten“ kann die Anordnung rechtfertigen. Die zum Vollzug des Grundverwaltungsaktes ergehende Maßnahme wie Androhung, Festsetzung und Anwendung der Zwangsmittel sind demgegenüber nach § 39 VwVGBbg sofort vollziehbar. Die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen entfällt bei ihnen, kann aber gemäß § 80 Abs. 4 bis 8 VwGO angeordnet werden.
1.3 Sofortvollzug
Der sofortige Vollzug einer tatsächlichen Maßnahme (§ 15 Abs. 2 VwVGBbg) ist nicht das Gleiche wie die in Nummer 1.2.2 behandelte „sofortige Vollziehung“ eines Verwaltungsaktes: Es handelt sich vielmehr dabei um den Sonderfall der sofortigen Verwirklichung einer hoheitlichen Maßnahme durch unmittelbaren Zwang oder Ersatzvornahme, ohne dass der behördliche Wille zuvor in einem erst zu vollziehenden (schriftlichen) Verwaltungsakt nach außen zum Ausdruck gekommen ist. Sofortvollzug ist nur unter zwei Voraussetzungen rechtmäßig:
1.3.1 Die Vollzugsbehörde muss „innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse“ handeln, das heißt sie müsste kraft gesetzlicher Vorschrift berechtigt sein, einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen, wenn sie unter normalen Umständen Zeit und Gelegenheit dazu hätte.
1.3.2 Der Sofortvollzug muss zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig sein. Die gegenwärtige Gefahr ist gegeben, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Das kann zur Verhinderung einer mit Strafe oder Geldbuße bedrohten Handlung (nicht zur Strafverfolgung nach geschehener Tat) der Fall sein.
Eine formelle Androhung des Verwaltungszwangs im Sinne des § 23 VwVGBbg kommt im Falle des „Sofortvollzugs“ seiner Natur nach regelmäßig nicht in Frage (§ 23 Abs. 1 Satz 3 VwVGBbg). Das schließt im geeigneten Einzelfall nicht einen mündlichen Hinweis, z. B. über Lautsprecher, auf die beabsichtigte Maßnahme aus. Ein solcher Hinweis kann auch auf Grund des Verhältnismäßigkeitsprinzips geboten sein.
1.4 Herausgabe einer Sache
Nach § 15 Abs. 3 VwVGBbg kann eine Behörde, die einen Anspruch auf Herausgabe einer Sache hat (z. B. eines Führerscheines), von dem Betroffenen die Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung verlangen, wenn dieser behauptet, die Sache nicht zu besitzen.
2. Vollzugsbehörden (zu § 16)
2.1 Vollzug
Zum Vollzug eines Verwaltungsaktes (Nummer 1.1.1) gehören die Androhung, Festsetzung und Anwendung der drei zugelassenen Zwangsmittel (§§ 23 bis 25 VwVGBbg) und der Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft (§ 21 VwVGBbg). Zum Vollzug gehört daher auch die Beitreibung des Zwangsgeldes oder der veranschlagten Kosten der Ersatzvornahme durch Pfändung und Versteigerung oder sonstige Verwertung der Pfandgegenstände.
2.2 Behörde
2.2.1 Grundsätzlich ist jede Behörde befugt und verpflichtet, ihre eigenen Verwaltungsakte und die selbst erlassenen Widerspruchsbescheide (§ 73 Abs. 1 Nr. 2 und 3 in Verbindung mit § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) zu vollziehen, wenn es sich nicht um die Beitreibung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen handelt.
2.2.2 Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, vollzieht auch die Widerspruchsbescheide der nächsthöheren Behörde (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) oder der Aufsichtsbehörde unmittelbar, sofern diese Bescheide einer selbständigen Vollziehung fähig sind, wie im Falle der erstmaligen Beschwer eines Dritten. Die nächsthöhere oder die Aufsichtsbehörde ist keinesfalls Vollzugsbehörde für die von ihr getroffenen Widerspruchsentscheidungen, die ein Gebot oder Verbot enthalten.
2.3 Bestimmung der Vollzugsbehörde
Der Grundsatz, dass jede Behörde ihre Verwaltungsakte selbst vollzieht, gilt nicht in den Fällen, in denen nach den gegebenen Umständen nicht erwartet werden kann, dass eine Behörde ihre Verwaltungsakte selbst durchsetzt (z. B. bei den Verwaltungsakten oberster Landesbehörden). In diesen Fällen lässt die Regelung des § 16 Abs. 2 VwVGBbg die Bestimmung einer anderen Vollzugsbehörde anstelle der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde zu.
3. Zwangsmittel (zu § 17)
Die Aufzählung der Zwangsmittel in § 17 Abs. 1 VwVGBbg ist abschließend. Sie sind Mittel zur Beugung des Willens. Sie dienen nicht der Ahndung wie die Strafe oder das Bußgeld. Von der weiteren Anwendung des Zwangsmittels ist daher sofort abzusehen, wenn dem Gebot oder Verbot Folge geleistet wird oder der angestrebte Zweck auf andere Weise erreicht worden ist (wie durch Handeln Dritter oder durch Naturereignisse).
4. Verhältnismäßigkeit (zu § 18)
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen die angewandten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen. Da Zwangsmittel Beugemittel sind, ist z. B. von der Beitreibung der festgesetzten Zwangsgelder sofort abzusehen, wenn dem Ge- oder Verbot Folge geleistet wird (§ 25 Abs. 3 VwVGBbg, Nummern 3 und 11.3). Die Vollzugsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, welches der drei Zwangsmittel sie anwendet. Sofern es sich darum handelt, Verwaltungsakte durchzusetzen, kommen als andere Zwangsmittel, die dem unmittelbaren Zwang vorgehen, die Ersatzvornahme (§ 19 VwVGBbg) und das Zwangsgeld (§ 20 VwVGBbg) in Betracht. Im Regelfall werden Ersatzvornahme und Zwangsgeld hinsichtlich der Schwere des Eingriffs etwa auf gleicher Stufe stehen, wobei bei vertretbaren Handlungen die Ersatzvornahme meist als das geeignetere Mittel erscheint. Doch darf Zwangsgeld auch bei vertretbaren Handlungen gewählt werden. Sofern es sich nicht um eilbedürftige Maßnahmen handelt, sollte zunächst der Weg des Zwangsgeldes beschritten werden und bei Erfolglosigkeit des Zwangsgeldes zu Ersatzvornahme (oder zum unmittelbaren Zwang) übergegangen werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht nur bei der Wahl des jeweiligen Zwangsmittels, sondern auch hinsichtlich des Umfanges des gewählten Zwangsmittels zu beachten (Umfang der Ersatzvornahme, Höhe des Zwangsgeldes). Bei der Bestimmung der Höhe des Zwangsgeldes sind die Hartnäckigkeit des pflichtwidrigen Verhaltens (erster Verstoß oder Wiederholungsfall), die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betroffenen und die Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen.
5. Ersatzvornahme (zu § 19)
5.1 Begriff der Ersatzvornahme
Die „Ersatzvornahme“ dient der Durchsetzung einer vertretbaren Handlung, die die Vollzugsbehörde auf Kosten des Betroffenen entweder selbst oder durch einen anderen ausführen lässt, da dieser seiner Verpflichtung zur Vornahme dieser Handlung nicht nachkommt (§ 19 Abs. 1 VwVGBbg). Vertretbar ist eine Handlung, wenn sie ohne Veränderung ihres Inhalts auch von einem anderen als dem Adressaten des Verwaltungsaktes vorgenommen werden kann. Beispiele sind das Abstützen oder Abreißen einer baufälligen Mauer, das Abschleppen eines Kraftfahrzeuges oder die Reinigung einer Straße. Handlungen, die nur von dem Betroffenen selbst vorgenommen werden können (wie z. B. Abgabe einer Willens- oder Wissenserklärung), sind demgegenüber unvertretbar. „Ein anderer“ gemäß § 19 Abs. 1 VwVGBbg, der die Ersatzvornahme durchzuführen hat, kann ein Handwerker, ein Abbruch- oder Abschleppunternehmer, aber auch z. B. die juristisch selbständigen Stadtwerke mit ihrem technischen Personal im Verhältnis zur Ordnungsbehörde sein.
5.2 Kosten der Ersatzvornahme
Der Behörde steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Zahlung der Kosten der Ersatzvornahme zu. Sie setzt diesen durch Verwaltungsakt fest. Soll der Betroffene die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Voraus zahlen, sind sie mit Zustellung der Androhung (§ 23 Abs. 4 und 5 VwVGBbg) unter Angabe einer Zahlungsfrist vom Betroffenen anzufordern. Sie können jedoch erst nach Ablauf der Zahlungsfrist und der ersten Frist zum Handeln (§ 23 Abs. 1 VwVGBbg), aber ohne Einhaltung einer Schonfrist und ohne Mahnung beigetrieben werden (s. aber § 6 Abs. 4 VwVGBbg). In der Bestimmung und Anforderung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme liegt der eigentliche Wert dieses Beugemittels. Die entstandenen Kosten müssen nicht den veranschlagten entsprechen. Die Differenz kann nachgefordert werden oder muss bei Überzahlung erstattet werden. Aus dem Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen der Behörde und dem Pflichtigen ergibt sich aber die Nebenpflicht der Behörde, dem Pflichtigen eine voraussehbare wesentliche Kostenüberschreitung vor Durchführung der Ersatzvornahme mitzuteilen. Die Folge der Unterlassung einer Mitteilung über voraussehbar höhere Kosten kann bei nachweisbarer Schädigung des Pflichtigen durch schuldhafte Verletzung der Mitteilungspflicht die Amtshaftung der Behörde sein (BVerwG, Urt. v. 13. April 1984 - 4 C 31/81, NJW 1984, S. 2591).
6. Zwangsgeld (zu § 20)
6.1 Sinn und Zweck des Zwangsgeldes
Das Zwangsgeld dient zur Erzwingung unvertretbarer Handlungen, die der Betroffene nur persönlich vornehmen kann. Beispiele sind persönliches Erscheinen kraft gesetzlicher Verpflichtung, die Erteilung von Auskünften und die Herausgabe einer Urkunde. Das Zwangsgeld kann nach pflichtgemäßem Ermessen auch anstatt der Ersatzvornahme angewendet werden, um eine vertretbare Handlung zu erzwingen. Besonders wichtig ist die Androhung des Zwangsgeldes, um die Verletzung von Unterlassungspflichten zu verhindern, also ein Verbot durchzusetzen. Der Wiederholung von Verstößen gegen behördliche Verbote kann nur durch sofortige Festsetzung und unverzügliche Beitreibung des angedrohten Zwangsgeldes nach Zuwiderhandlung, notfalls durch gleichzeitig erneute Androhung eines höheren Zwangsgeldes, begegnet werden (vgl. Nummer 11.4.2).
6.2 Androhung und Bemessung des Zwangsgeldes
Das Zwangsgeld muss in bestimmter Höhe angedroht werden (also z. B. nicht „bis zu 500 Deutsche Mark“) und so bemessen sein, dass der Betroffene es voraussichtlich vorziehen wird, seine Pflicht zu erfüllen (vgl. aber Nummer 4 letzter Satz).
7. Ersatzzwangshaft (zu § 21)
7.1 Sinn und Zweck der Ersatzzwangshaft
Die Ersatzzwangshaft dient nicht der Beitreibung des Zwangsgeldes, sondern wie dieses der Durchsetzung des der Zwangsmittelandrohung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes. Sie ist Beugehaft, nicht Strafe und nicht Ersatzahndungsmittel wie etwa die an die Stelle einer an sich verwirkten Geldstrafe tretende Erzwingungshaft. Ihre Bedeutung liegt weniger in ihrer Anwendung - der Inhaftierte wird seine Verpflichtung aus dem Verwaltungsakt in der Haft kaum erfüllen können - als in der abschreckenden Wirkung ihrer Ankündigung. Der Hinweis, dass die Ersatzzwangshaft im Falle der Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes angeordnet werden kann, ist mit der Androhung des Zwangsgeldes zu verbinden.
7.2 Voraussetzungen der Ersatzzwangshaft
Voraussetzungen der Ersatzzwangshaft sind die Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes, die Androhung der Ersatzzwangshaft und eine positive richterliche Entscheidung. Die Schwere des Eingriffs in die durch Artikel 2 Abs. 2 GG garantierte Freiheit der Person wird die Inanspruchnahme dieses letzten Mittels nur in schwerwiegenden Ausnahmefällen rechtfertigen. Das Zwangsgeld ist dann „uneinbringlich“, wenn die Beitreibung des Zwangsgeldes ohne Erfolg versucht worden ist oder wenn offensichtlich ist, dass sie keinen Erfolg haben wird. Der Antrag der Vollzugsbehörde ist an das zuständige Verwaltungsgericht zu richten.
8. Unmittelbarer Zwang (zu § 22)
(vgl. auch Nummern 12, 13, 14 und 16)
8.1 Pflicht zur Prüfung der Voraussetzungen des unmittelbaren Zwangs
Die Vollzugsdienstkräfte (Nummer 14) haben in eigener Verantwortung zu prüfen, ob unmittelbarer Zwang (§ 27 Abs. 1 VwVGBbg) anzuwenden ist oder ob nicht andere Zwangsmittel ausreichen, den erstrebten Erfolg herbeizuführen. Die Pflicht zur Prüfung in eigener Verantwortung trifft die Vollzugsdienstkräfte nicht in solchen Fällen, in denen ihnen eine dienstliche Weisung zur Anwendung unmittelbaren Zwangs ausdrücklich erteilt worden ist (vgl. Nummer 17.1).
8.2 Voraussetzungen des unmittelbaren Zwangs
8.2.1 Unmittelbarer Zwang darf nur angewendet werden, wenn andere Zwangsmittel nicht zum Ziele führen. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese vorher vergeblich angewandt sein müssen. Steht von vornherein fest, dass die Ersatzvornahme, die ohnehin nur der Erzwingung vertretbarer Handlungen dienen kann (§ 19 VwVGBbg), oder das Zwangsgeld nicht zum Ziele führen werden, kann unmittelbarer Zwang sofort angewandt werden. In der Mehrzahl der Fälle ist jedoch davon auszugehen, dass unmittelbarer Zwang gegen Personen als schärfste Form des Vollzuges hoheitlicher Gewalt der „letzte Ausweg“ ist.
8.2.2 Es ist stets zu prüfen, welches Ziel mit der Anwendung unmittelbaren Zwangs erreicht werden soll. Besteht kein wesentliches öffentliches Interesse an der Durchsetzung eines bestimmten Verwaltungsaktes, so scheidet die Anwendung unmittelbaren Zwangs, der erhebliche körperliche Schäden verursachen kann, aus. Lässt sich unmittelbarer Zwang nicht vermeiden, so ist schnell und zügig zu handeln. Wird dabei jemand verletzt, so ist im Rahmen des § 32 VwVGBbg Hilfe zu leisten.
8.2.3 Für die Erzwingung von Willens- oder Wissenserklärungen kommt nur ein Zwangsgeld in Betracht.
8.3 Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs
8.3.1 Ist entschieden, dass unmittelbarer Zwang angewendet werden soll, ist zu prüfen, welche der möglichen Mittel des unmittelbaren Zwangs (körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und Waffen, § 27 VwVGBbg) anzuwenden sind. Zunächst hat die Vollzugsdienstkraft zu prüfen, welche Art überhaupt möglich ist. So scheidet z. B. bei einer flüchtenden Person einfache körperliche Gewalt von vornherein aus. Bleiben nach dieser Prüfung noch mehrere Maßnahmen möglich, so ist die geeignete auszuwählen. Unter mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Andere als die genannten drei Formen des unmittelbaren Zwangs sind unzulässig.
8.3.2 Eine Stufenfolge zwischen körperlicher Gewalt und Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt lässt sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht aufstellen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt können den Einzelnen unter Umständen weniger beeinträchtigen als einfache körperliche Gewalt. Das Anlegen von Fesseln kann z. B. das körperliche Überwältigen einer Person durch schmerzhafte Schläge oder Griffe überflüssig machen.
8.3.3 Grundsätzlich gelten diese Zulässigkeitsvoraussetzungen auch für die Einwirkung durch körperliche Gewalt auf Sachen. Maßnahmen, bei denen die Behörde keinen Dritten beauftragt, sondern die Handlungen selbst ausführt (Selbstvornahme), sind als Unterfall der Ersatzvornahme (§ 19 Abs. 1 VwVGBbg) und nicht als die Anwendung unmittelbaren Zwangs geregelt.
9. Androhung der Zwangsmittel (zu § 23)
9.1 Sinn und Zweck der Androhung
Der Betroffene soll durch die Androhung darüber unterrichtet werden, welche Folgen er zu erwarten hat, falls er das behördliche Gebot nicht fristgemäß erfüllt oder einem Verbot zuwiderhandelt.
9.2 Anforderungen an die Androhung des Zwangsmittels (Form und Inhalt)
An Form und Inhalt der Androhung des Zwangsmittels stellt das Gesetz besondere Anforderungen. Sie sind sorgfältig zu beachten, denn die Rechtmäßigkeit der Androhung ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Festsetzung und Anwendung.
9.2.1 Die Androhung muss schriftlich ergehen. Das gilt auch für den Fall des unmittelbaren Zwangs (§ 29 Abs. 2 VwVGBbg). Von der schriftlichen Androhung kann im Falle des sofortigen Vollzugs nach § 15 Abs. 2 VwVGBbg abgesehen werden.
9.2.2 Die schriftliche Androhungsverfügung ist in jedem Fall zuzustellen, auch wenn das durchzusetzende Gebot oder Verbot selbst nicht zugestellt zu werden braucht (§ 23 Abs. 6 VwVGBbg). Die Zustellung ist nach Maßgabe des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Brandenburg (BbgVwZG) zu bewirken.
9.2.3 Die Vollzugsbehörde kann die Androhung in Form einer selbständigen Verfügung aussprechen, etwa wenn sich erst nach Erlass des materiellen Verwaltungsaktes die Notwendigkeit herausstellt, ihn zwangsweise durchzusetzen. Sie kann die Androhung aber auch, was die Regel sein dürfte, mit dem Verwaltungsakt verbinden. Sie soll beide Verfügungen zusammenfassen, wenn hinsichtlich des Verwaltungsaktes die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 VwGO (keine aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs) vorliegen (Nummer 1.2.2). In dringenden Fällen mit kürzesten Fristen empfiehlt es sich, die Androhung besonders des unmittelbaren Zwangs zusammen mit der Festsetzung durch den Vollziehungsbeamten zustellen zu lassen (§ 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes), der den Ablauf der kurzen Frist abwartet und dann unverzüglich tätig wird. Eine nicht zugestellte Androhung entfaltet für den Bürger keine Wirkung und macht den nachfolgenden Vollzug des Verwaltungsaktes rechtswidrig.
9.2.4 In der Androhung müssen die vorgesehenen Zwangsmittel genau bestimmt werden (und bei mehreren Zwangsmitteln ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollen). Es muss also „ein Zwangsgeld in Höhe von ... DM“ (nicht: „ein Zwangsgeld bis zu 500 DM“!) oder die „Beseitigung der baufälligen Mauer durch einen beauftragten Unternehmer“ (Ersatzvornahme) oder „durch eigene Kräfte“ (Selbstvornahme) angedroht werden. Es genügt nicht, etwa nur „die Anwendung von Verwaltungszwang“ oder „die gewaltsame Beseitigung der Mauer“ anzudrohen. Eine Androhung, wie „für den Fall ... behalte ich mir die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 100 Deutsche Mark vor“, wäre deshalb rechtswidrig.
9.2.5 Mit der Androhung einer Ersatzvornahme sollen zugleich ihre voraussichtlichen Kosten mitgeteilt werden, möglichst unter Hinweis darauf, dass sie nach Fristablauf beigetrieben werden (§ 6 Abs. 4 VwVGBbg). Werden bei der Androhung die voraussichtlichen Kosten nicht angegeben, ist eine solche Androhung gleichwohl rechtswirksam. Da die Rechtmäßigkeit der späteren Festsetzung und Anwendung der Ersatzvornahme aber vornehmlich davon abhängt, dass diese nicht über den in der Androhung vorgesehenen Umfang hinausgehen, ist es wichtig, dass nicht einfach „Ersatzvornahme“ angedroht, sondern gesagt wird, welche Maßnahmen auf Kosten des Betroffenen durchgeführt werden sollen (vgl. auch Nummer 5.2).
9.2.6 Die Festsetzung und Anwendung des angedrohten Zwangsmittels ist von der Nichterfüllung der Verpflichtung innerhalb einer angemessenen Frist abhängig zu machen. Wie lang die Frist sein muss, richtet sich nach den allgemeinen Lebenserfahrungen und vor allem nach der Schwierigkeit der zu erfüllenden Verpflichtung. Für den Abbruch eines Hauses wird - sofern nicht der sofortige Vollzug geboten ist - im Regelfall eine Frist von mehreren Wochen oder Monaten angemessen sein; die Vorlage einer Urkunde oder das persönliche Erscheinen kann in wenigen Tagen oder sogar Stunden verlangt und erwartet werden. Es sind auch Fälle denkbar, in denen eine Handlung, wie die Herausgabe des beschlagnahmten Vereinsvermögens oder die Herausgabe einer über die Forderung vorhandenen Urkunde „unverzüglich“ verlangt werden kann. Soweit vertretbar, sollte die Frist aber nicht kürzer gewählt werden als die Monatsfrist für den Widerspruch gegen den durchzusetzenden Verwaltungsakt. Andernfalls sollte nach Möglichkeit die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet werden.
9.2.7 Die Fristsetzung ist für den Fall, dass dem Betroffenen aufgegeben werden soll, „bis zum ...“ Urkunden vorzulegen, Trümmer zu beseitigen, einen unzulässigen Bau abzubrechen oder sonst irgend etwas zu tun, unerlässlicher Bestandteil einer gültigen Androhung. Weder die Aufforderung, etwas zu dulden oder zu unterlassen, noch das Verbot, etwas zu tun, können mit einer Fristsetzung in diesem Sinne verbunden werden. Mit der Aufforderung „bis zum 30. Juni 1998“ etwa die öffentliche Benutzung eines über das Grundstück führenden Weges zu dulden (weil erst ab 1. Juli 1998 die neue Straße freigegeben wird) oder „in der Zeit von ... bis ...“ keine Teppiche zu klopfen oder das Posaunenblasen zu unterlassen, wird keine „Frist für die Erfüllung einer Verpflichtung“ im Sinne des § 23 Abs. 1 VwVGBbg gesetzt, sondern nur ein Zeitraum bestimmt, innerhalb dessen die angeordneten Beschränkungen zu beachten sind. Ein Verbot kann auch „ab sofort“ ausgesprochen werden, wobei dann die Anordnung der sofortigen Vollziehung zweckmäßig sein wird (§ 15 Abs. 1 VwVGBbg). In derartigen Fällen kann das Zwangsmittel rechtsgültig „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ angedroht werden.
10. Festsetzung der Zwangsmittel (zu § 24)
10.1 Form der Festsetzung
Nur ein festgesetztes Zwangsmittel darf angewendet werden. Die Festsetzung ist anfechtbarer Verwaltungsakt. Regelmäßig wird die Schriftform ausreichen, die förmliche Zustellung ist nicht vorgeschrieben. Bei sofortigem Vollzug entfällt die Festsetzung, der Betroffene braucht auf die beabsichtigte Anwendung des Zwangsmittels nicht hingewiesen zu werden (§ 24 Satz 2 VwVGBbg). Das Zwangsgeld wird in Form eines Leistungsbescheides nach § 6 VwVGBbg festgesetzt.
10.2 Voraussetzung der Festsetzung
10.2.1 Die Androhung des Zwangsmittels muss nicht unanfechtbar sein, um es festsetzen zu können. Es bedarf auch nicht der Anordnung seiner sofortigen Vollziehung (§ 39 VwVGBbg, vgl. Nummer 1.2.2). Eine Festsetzung kann mit Erfolg nur angefochten werden, wenn das Zwangsmittel überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß angedroht worden war, wenn sie nicht der Androhung des Zwangsmittels entspricht oder wenn die bei der Androhung gesetzte Frist noch nicht verstrichen ist (Nummer 10.2.2 und Nummer 10.2.3). Es ist deshalb darauf zu achten, dass ein Zwangsgeld nur in der angedrohten Höhe und eine Ersatzvornahme nur in dem in der Androhung vorgesehenen Umfang festgesetzt wird.
Beispiel: Einem Hauseigentümer wird angedroht, bestimmte Reparaturarbeiten in seinem baufälligen Haus im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen. Nachträglich stellt sich heraus, dass weitere Instandsetzungsarbeiten erforderlich sind. Dann dürfen nach Fristablauf nur die zunächst vorgesehenen Maßnahmen festgesetzt werden. Die „weiteren“ Arbeiten müssen dem Betroffenen zunächst in einem besonderen Verwaltungsakt aufgegeben und es muss insoweit die Ersatzvornahme zusätzlich angedroht werden.
10.2.2 Ein Fristablauf ist nur dann Voraussetzung für die Festsetzung des Zwangsmittels, wenn dem Betroffenen die Vornahme einer Handlung „bis zum ...“ aufgegeben worden ist. In diesem Fall kann das Zwangsmittel festgesetzt werden, sobald die Frist verstrichen ist und der Betroffene dem Gebot nicht Folge geleistet hat.
10.2.3 Es ist rechtlich nicht geboten, bei der Festsetzung nochmals eine Frist zu setzen und erst nach deren Ablauf das Zwangsmittel anzuwenden. Die Anwendung kann der Festsetzung sofort folgen. Die Vollzugsbehörde wird von Fall zu Fall entscheiden müssen, ob es im Einzelfall geboten ist, dem Betroffenen nochmals eine letzte Gelegenheit zu geben, seiner Verpflichtung nachzukommen, ehe insbesondere mit unmittelbarem Zwang vollendete Tatsachen geschaffen werden.
11. Anwendung der Zwangsmittel (zu § 25)
11.1 Inhalt der Anwendung
Die Anwendung besteht
- bei der Ersatzvornahme regelmäßig schon in der Beitreibung der in der Androhung vorläufig veranschlagten Kosten, jedenfalls in der Beauftragung einer anderen Person mit der Durchführung der Maßnahme und in der Durchführung der vom Betroffenen verweigerten oder unterlassenen Maßnahme durch den Beauftragten oder durch die Vollzugsbehörde;
- beim Zwangsgeld in der Einziehung und Beitreibung aufgrund der Festsetzung (Leistungsbescheid), wobei weder Schonfrist noch Mahnfrist eingehalten zu werden brauchen (§ 6 Abs. 4 VwVGBbg) und
- beim unmittelbaren Zwang in der körperlichen und tatsächlichen Gewaltanwendung gegen Personen oder Sachen (§ 27 VwVGBbg).
Die Anwendung muss nach Art und Ausmaß der Androhung und Festsetzung entsprechen und darf keine größere Beeinträchtigung für den Betroffenen ergeben, als dieser nach der Androhung hinnehmen muss. Die Unanfechtbarkeit der vorausgegangenen Androhung und Festsetzung ist nicht Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Anwendung (§ 39 VwVGBbg). Es ist dem Betroffenen überlassen, notfalls bei der Widerspruchsbehörde die Aussetzung der Vollziehung oder beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 4 und 5 VwGO zu erreichen.
11.2 Pflichten des Betroffenen, Vollzugshilfe der Polizei
Der Betroffene muss alle rechtmäßigen Maßnahmen der mit der Ersatzvornahme Beauftragten und der Vollzugsdienstkräfte sowie ihrer Hilfskräfte dulden. Er darf ihnen, soweit erforderlich, weder das Betreten seines Grundstückes, seiner Wohnung und seiner Geschäftsräume noch die Aushändigung der zur Öffnung von Türen oder Behältnissen erforderlichen Schlüssel verweigern. Tut er das dennoch, so kann sein Widerstand mit Gewalt gebrochen werden. Die Polizei ist gemäß den §§ 50 bis 52 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG) zur Vollzugshilfe verpflichtet. Ihre Inanspruchnahme ist vor allem dann erforderlich, wenn der Widerstand sich gegen eine Ersatzvornahme richtet, da die damit Beauftragten in keinem Fall zur Gewaltanwendung befugt sind.
11.3 Ende der Anwendung, Einstellung des Vollzugs
Die Anwendung der Zwangsmittel ist nur solange rechtmäßig, bis der von der Behörde verlangte Zustand hergestellt ist.
11.3.1 Das gilt uneingeschränkt in den Fällen, in denen die Vornahme einer Handlung, insbesondere die Herausgabe einer Sache, erzwungen werden soll. Sobald also, wenn auch nach Ablauf der gesetzten Fristen, z. B. die verlangte Urkunde herausgegeben, der Fahrzeugbrief vorgelegt, der Streupflicht bei Glatteis genügt wird oder mit dem verlangten Abreißen einer nicht genehmigten Garage begonnen worden ist, müssen alle etwa festgesetzten Zwangsmaßnahmen sofort abgebrochen, z. B. Versteigerungstermine aufgehoben werden. Auf eingeleitete Pfändungen soll aber erst dann verzichtet und eine Pfandsache sollte erst dann freigegeben werden, wenn die durchzuführende Handlung abgeschlossen ist. Die Verhängung und Beitreibung einer zugleich verwirkten Geldstrafe oder Geldbuße werden dadurch ebensowenig berührt wie die Einziehung und Beitreibung der bei Anwendung der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwangs tatsächlich entstandenen Kosten (§ 11 Abs. 2 Nr. 7 und 8 der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg - Bbg KostO).
11.3.2 Wann dagegen der Zweck des Vollzugs bei einem Verbot erreicht ist, wird danach zu beurteilen sein, ob im Falle einer Zuwiderhandlung mit Wiederholungen gerechnet werden muss. In diesen Fällen rechtfertigt sich die Festsetzung und Anwendung des Zwangsmittels auch dann, wenn der Betroffene die verbotene Tätigkeit wieder eingestellt hat oder durch „sofortigen Vollzug“ im Sinne des § 15 Abs. 2 VwVGBbg daran gehindert worden ist.
11.3.3 Die Einstellung des Vollzugs bezieht sich im Falle der Beitreibung von Zwangsgeldern und von Kosten der Ersatzvornahme auf Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde. Die Vollzugsbehörde hat daher die Vollstreckungsbehörde unverzüglich, notfalls fernmündlich, zu verständigen, sobald der Zweck des Vollzugs erreicht und die Vollstreckung daher einzustellen ist.
12. Zulässigkeit des unmittelbaren Zwangs (zu § 26)
12.1 Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs
§ 26 Abs. 1 VwVGBbg legt die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs fest. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs ist danach nur zulässig, wenn
- er von Vollzugsdienstkräften angewandt wird,
- die Vollzugsdienstkräfte in rechtmäßiger Ausübung öffentlicher Gewalt handeln und
- die Anwendung unmittelbaren Zwangs nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVGBbg zulässig ist.
12.2 Anwendung unmittelbaren Zwangs
12.2.1 Unmittelbaren Zwang dürfen nur die in § 28 VwVGBbg in Verbindung mit § 1 der Verordnung über die Bestimmung von Vollzugsdienstkräften vom 4. September 1992 (GVBl. II S. 590) abschließend aufgeführten Vollzugsdienstkräfte anwenden. Die Vollzugsdienstkraft übt rechtmäßig öffentliche Gewalt aus, wenn sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse und der hierauf ergangenen Weisungen und Anordnungen handelt. Das Recht zur Ausübung öffentlicher Gewalt kann sich aus dem dienstlich übertragenen allgemeinen Aufgabenkreis ergeben, der die Ausübung öffentlicher Gewalt einschließt (z. B. Gefahrenabwehr für die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden im Sinne des § 13 des Ordnungsbehördengesetzes, Seuchenbekämpfung für die beamteten Ärzte und Tierärzte). Ferner kann einer Vollzugsdienstkraft für den konkreten Einzelfall ein Vollzugsauftrag, der die Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwangs einschließt, übertragen werden (z. B. einer bestimmten Dienstkraft einer Gemeinde wird der Auftrag erteilt, einen psychisch Kranken, der die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet, in eine Einrichtung nach § 10 des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes - BbgPsychKG - vom 8. Februar 1996, GVBl. I S. 26, zu bringen).
12.2.2 Für die Mehrzahl der Fälle, in denen unmittelbarer Zwang angewendet werden darf, bildet § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg die Rechtsgrundlage. Danach können Verwaltungsakte, die auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg sieht das gleiche Recht ohne vorausgehenden Verwaltungsakt vor, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.
12.2.3 § 26 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg enthält die gesetzliche Ermächtigung zur Anwendung unmittelbaren Zwangs im Zusammenhang mit der Unterbringung in Anstalten.
12.2.3.1 In einer abgeschlossenen Krankenanstalt oder in einem abgeschlossenen Teil einer Krankenanstalt können Kranke und Krankheitsverdächtige gemäß § 37 Abs. 2 des Bundes-Seuchengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1979 (BGBl. I S. 2262, ber. 1980 I S. 151), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594, 705), oder gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 (BGBl. I S. 700), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzesvom 19. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3158, 3160), auf Grund eines Gerichtsbeschlusses gemäß § 3 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung vom 29. Juni 1956 (BGBl. I S. 599), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzesvom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2461, 2468), untergebracht werden. Die Rechtsgrundlage für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in einer Einrichtung oder sonstigen betreuten Wohnform bilden die §§ 42 und 43 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546). Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig (§§ 1800, 1631 b Satz 1 BGB). Personen mit einer psychischen Krankheit oder seelischen Behinderung können gemäß § 11 Abs. 1 BbgPsychKG auf Grund eines Gerichtsbeschlusses gemäß § 70 Abs. 3 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), der durch Artikel 5 des Betreuungsgesetzes vom 12. September 1990 (BGBl. I S. 2002) eingefügt wurde, in einer Einrichtung gemäß § 10 BbgPsychKG untergebracht werden. Bei Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr für die betroffene oder eine andere Person oder bedeutende Rechtsgüter kann die betroffene Person gemäß § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 BbgPsychKG in sofortigen Gewahrsam genommen und vorläufig untergebracht werden.
12.2.3.2 Die Aufgabenbereiche sind in § 26 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg abschließend aufgeführt. Zu den Vollstreckungsaufgaben gehört in erster Linie die Verbringung einer Person in eine Anstalt auf Grund rechtmäßiger Anordnung; dagegen erstrecken sich die Aufsichts-, Pflege- und Erziehungsaufgaben auf Maßnahmen gegenüber den in den Anstalten untergebrachten Personen im Rahmen der gesetzlichen Unterbringung. Hierzu gehören insbesondere die Verhinderung und Abwehr einer Störung der Anstaltsordnung, die gesundheitliche Betreuung und die erzieherische Beeinflussung der untergebrachten Personen. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs sowie besonderer Sicherungsmaßnahmen gegen psychisch kranke oder seelisch behinderte Personen, die in einer Einrichtung nach § 10 oder § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht sind, sind nur unter den Voraussetzungen der §§ 19, 20 BbgPsychKG zulässig. Die Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen richtet sich nach § 27 BbgPsychKG.
12.2.4 Gesetzliche Vorschriften mit weitergehenden Erfordernissen als die in § 26 Abs. 2 VwVGBbg enthält zum Beispiel die Strafprozessordnung (StPO). So dürfen bei der körperlichen Untersuchung des Beschuldigten nach § 81 a Abs. 1 StPO Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe nur von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werden, wenn kein gesundheitlicher Nachteil zu befürchten ist. Gleiches gilt für die Untersuchung anderer Personen nach § 81 c Abs. 2 StPO, bei der im Übrigen unmittelbarer Zwang nur auf besondere Anordnung des Richters angewandt werden darf (§ 81 c Abs. 6 Satz 2 StPO).
13. Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen (zu § 27)
13.1 Unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen
Eine unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen liegt beispielsweise bei dem Festhalten einer Person oder bei der Anwendung von Judogriffen vor. Hiebe mit der Hand und Boxschläge dürfen nur angewendet werden, wenn ein Angriff auf eine Vollzugsdienstkraft oder einen Dritten nicht auf andere Weise abgewendet werden kann. Auf Sachen wird zum Beispiel bei dem Eintreten einer Tür, dem Einschlagen einer Fensterscheibe mit dem Ellenbogen, dem Auf- oder Verschließen einer Tür, dem Plombieren eines Verschlusses, dem Unbrauchbarmachen nicht geeichter, nicht beglaubigter oder nicht verkehrsrichtiger Messgeräte oder wesentlicher Teile von ihnen unmittelbar körperlich eingewirkt.
13.2 Hilfsmittel der körperlichen Gewalt
13.2.1 Außer den im Gesetz ausdrücklich genannten Gegenständen kommen Nachschlüssel, Brechstangen (wie zum gewaltsamen Öffnen einer Tür) oder ähnliche Gegenstände in Betracht. Es sind stets nur solche Gegenstände als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt zu verwenden, deren Wirkung in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht (§ 28 Abs. 3 VwVGBbg).
13.2.2 Als Fesseln sind die behördlich oder dienstlich zugewiesenen Fesseln zu benutzen. Stehen solche nicht zur Verfügung, so können auch sonstige zur Fesselung geeignete Mittel wie Stricke und Gürtel verwendet werden.
13.2.3 Technische Sperren sind z. B. Drähte, Seile, Zäune, Straßensperren. Diensthunde müssen abgerichtet sein und dürfen nur von Vollzugsdienstkräften eingesetzt werden, die hierfür besonders ausgebildet sind.
13.2.4 Dienstfahrzeuge dürfen eingesetzt werden, um Straßen, Plätze oder anderes Gelände zu sperren oder zu räumen. Der Einsatz ist möglichst so durchzuführen, dass hierdurch niemand verletzt wird.
13.2.5 Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz einfacher körperlicher Gewalt oder anderer Hilfsmittel keinen Erfolg verspricht und wenn durch den Einsatz dieser Stoffe die Anwendung von Waffen vermieden werden kann. Zu dem Gebrauch von Reiz- und Betäubungsstoffen gehört auch die Verwendung von Tränengas und Nebelkörpern.
13.3 Waffen, Schusswaffen
Die Waffen, mit denen die Vollzugsdienstkräfte ausgerüstet werden dürfen, sind in § 27 Abs. 4 VwVGBbg abschließend aufgezählt. Der Gebrauch von Schusswaffen im Vollzugsdienst ist für die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden und Sonderordnungsbehörden nicht zulässig (§ 28 Abs. 3 VwVGBbg). Für den Schusswaffengebrauch besteht keine gesetzliche Ermächtigung. Auch zum Töten von Tieren aus Anlass der Tollwut dürfen die Vollzugsdienstkräfte der Ordnungsbehörden und Sonderordnungsbehörden - dazu gehören die beamteten Tierärzte - außer im Falle des Notstandes keine Schusswaffen benutzen. Ist die Tötung von Tieren aus Anlass der Tollwut mit einer Schusswaffe notwendig, so sind hierzu Polizeivollzugsbeamte hinzuzuziehen.
14. Vollzugsdienstkräfte (zu § 28)
Die Vollzugsdienstkräfte sind in der Verordnung über die Bestimmung von Vollzugsdienstkräften vom 2. Dezember 1998 (GVBl. 1999 II S. 8) bestimmt worden.
14.1 Dienstausweis der Vollzugsdienstkräfte
14.1.1 Alle Vollzugsdienstkräfte haben ausnahmslos einen Dienstausweis bei sich zu führen. Der Ausweis muss ein vom Inhaber unterschriebenes Lichtbild enthalten. Er muss über Namen und Vornamen des Inhabers, Dienststellung und die ausstellende Behörde Auskunft geben sowie Angaben über die zeitliche Geltung enthalten. Für die Ausstellung des Ausweises ist in der Regel die Anstellungs- oder Beschäftigungsbehörde zuständig.
14.1.2 Nach der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 2 VwVGBbg sind die Vollzugsdienstkräfte zwar nur verpflichtet, den Ausweis auf Verlangen vorzuzeigen. Sie sollten jedoch in geeigneten Fällen, insbesondere wenn sie außerhalb von Behördenräumen tätig werden, schon von sich aus durch Vorzeigen des Ausweises Zweifel über ihre Person und über ihre Befugnisse ausschließen, um so Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu vermeiden. Auf Verlangen haben die Vollzugsdienstkräfte auch die Behörde zu benennen, an die etwaige Beschwerden zu richten sind.
14.1.3 Ausnahmen von der Verpflichtung, den Ausweis auf Verlangen vorzuzeigen, sind in § 28 Abs. 2 Buchstabe a und b VwVGBbg abschließend aufgezählt. Die Umstände lassen das Vorzeigen des Ausweises insbesondere dann nicht zu, wenn hierdurch der Vollzug wesentlich erschwert oder verhindert oder die Vollzugsdienstkraft selbst in Gefahr gebracht würde. Eine Ausnahme von der Vorzeigepflicht in Anstalten ergibt sich aus der Art des für Anstalten gesetzlich angeordneten „Sonderstatus“.
14.2 Anwendung von Waffengewalt
14.2.1 Eine gesetzliche Ermächtigung zur Anwendung von Waffengewalt ist nicht nur für den Schusswaffengebrauch, sondern für die Verwendung aller Waffen im Sinne des § 27 Abs. 4 VwVGBbg erforderlich. Sie ist auch für den Schlagstock notwendig. Die mit Waffen ausgestatteten Vollzugsdienstkräfte können sich der Waffen unter Beachtung des § 18 VwVGBbg in geeigneten Fällen bedienen. Um schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden, sollen Schläge gegen Arme oder Beine gerichtet werden.
14.2.2 Der Schusswaffengebrauch ist den in § 34 VwVGBbg genannten Personen vorbehalten. Daneben besteht eine Befugnis der Polizei gemäß den §§ 60 bis 69 BbgPolG, Schusswaffen einzusetzen.
15. Androhung unmittelbaren Zwangs (zu § 29)
Der unmittelbare Zwang braucht nicht durch die Vollzugsdienstkraft selbst angedroht zu werden. Handelt es sich um die Durchsetzung von Verwaltungsakten, so muss der unmittelbare Zwang, wenn er nicht nach § 15 Abs. 2 VwVGBbg sofort angewendet werden kann, schriftlich angedroht werden (§ 23 Abs. 1 VwVGBbg). Die schriftliche Androhung wird in der Regel die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, vornehmen. Die Vollzugsdienstkraft trifft die Verpflichtung zur Androhung deshalb nur dann, wenn nicht die Behörde den unmittelbaren Zwang schon angedroht hat. Die Vollzugsdienstkraft muss sich daher vor jeder Anwendung unmittelbaren Zwangs vergewissern, ob die Behörde schon den unmittelbaren Zwang angedroht hat oder ob sie es selbst tun muss. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, dass sie ihn selbst - unter Umständen nochmals - androht. Bei der Ausführung von Vollzugs-, Vollstreckungs- und Sicherungsmaßnahmen in den Anstalten (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg) ist es häufig sachlich nicht gerechtfertigt und praktisch auch nicht durchführbar, den unmittelbaren Zwang vor seiner Anwendung anzudrohen. Auch in diesen Bereichen haben die Vollzugsdienstkräfte jedoch den unmittelbaren Zwang nach Möglichkeit anzudrohen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um außergewöhnliche oder um besonders schwerwiegende Eingriffe handelt. Wird unmittelbarer Zwang nicht schriftlich angedroht (§ 15 Abs. 2 VwVGBbg), muss die Androhung unmissverständlich sein. Zeichen (z. B. Drohen mit der Hand) allein reichen deshalb im Allgemeinen zur Androhung nicht aus. Sie können aber in Fällen, in denen eine Androhung nicht vorgeschrieben ist, wie bei der Verhinderung strafbarer Handlungen oder bei gegenwärtiger Gefahr, sowie in Anstalten, wenn die Umstände eine Androhung nicht zulassen, zweckmäßig sein. Die Androhung unmittelbaren Zwangs bzw. von besonderen Sicherungsmaßnahmen gegen psychisch kranke oder seelisch behinderte Personen, die in einer Einrichtung nach § 10 oder § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht sind, erfolgt gemäß § 19 Abs. 2 sowie § 20 Abs. 1 BbgPsychKG unter den dort genannten Voraussetzungen.
16. Anwendung unmittelbaren Zwangs in besonderen Fällen (zu § 30)
16.1 Körperliche Untersuchung
Die körperliche Untersuchung dient der Beurteilung des Gesundheitszustandes unter Beachtung etwaiger spezialgesetzlicher Regelungen (z. B. § 32 des Bundes-Seuchengesetzes). Von der körperlichen Untersuchung sind die Durchsuchung einer Person und die Feststellung körperlicher Identitätsmerkmale zu unterscheiden. Auf Grund der Durchsuchung soll festgestellt werden, ob sich Gegenstände in oder unter der Kleidung oder am Körper der Person befinden. Die Feststellung bestimmter Identitätsmerkmale bezieht sich z. B. auf das Fehlen eines Fingers oder das Vorhandensein einer Narbe am Körper. Durchsuchung und Feststellung körperlicher Identitätsmerkmale unterliegen nicht den Einschränkungen des § 30 Abs. 1 VwVGBbg. Ist zu ihrer Durchführung unmittelbarer Zwang anzuwenden, so richten sich Art und Weise nach den allgemeinen Vorschriften dieses Unterabschnittes, soweit nicht besondere Bestimmungen abweichende Regelungen enthalten. Körperliche Untersuchungen dürfen nur folgende Vollzugsdienstkräfte vornehmen:
- Ärzte und Beauftragte des Gesundheitsamtes und seiner Aufsichtsbehörde bei der Durchführung von Aufgaben nach dem Bundes-Seuchengesetz,
- Beauftragte und Ärzte des Gesundheitsamtes, die gemäß dem § 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten eine Behandlung, eine Maßnahme zur Verhütung der Ansteckung oder eine Untersuchung durchzuführen haben oder
- mit der Durchführung von Vollstreckungs-, Aufsichts-, Pflege- oder Erziehungsaufgaben beauftragte Dienstkräfte in Anstalten.
Hierbei sind neben Ärzten nur solche Vollzugsdienstkräfte mit der körperlichen Untersuchung zu betrauen, die entsprechend geschult und deshalb berufsrechtlich zu den Untersuchungshandlungen befugt sind. Stehen diese Personen in Eilfällen nicht zur Verfügung, sind solche Dienstkräfte zu bestimmen, die auf Grund ihrer Kenntnisse, Erfahrungen und Zuverlässigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Untersuchung bieten. Eine unsachgemäße Untersuchung, die zu körperlichen Schäden führen kann, hat in jedem Falle zu unterbleiben. Die Zulässigkeit der körperlichen Untersuchung von psychisch kranken oder seelisch behinderten Personen, die in einer Einrichtung nach § 10 BbgPsychKG untergebracht sind, richtet sich nach § 17 BbgPsychKG. Die Zulässigkeit der körperlichen Untersuchung von Personen, die in einer Einrichtung nach § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht sind, richtet sich nach § 17 BbgPsychKG unter der Maßgabe der Berücksichtigung der besonderen Sicherungsbelange im Umgang mit psychisch kranken Straftätern.
16.2 Zwangsweise Ernährung und gesundheitliche Betreuung
16.2.1 Ernährung und gesundheitliche Betreuung dürfen zwangsweise nur insoweit vorgenommen werden, als es die mit dem Zweck des Gewahrsams verbundene Betreuung notwendig macht oder als es zur Erreichung des Gewahrsamszweckes erforderlich ist. Anstaltsinsassen dürfen deshalb nur dann zwangsweise ernährt oder ärztlich behandelt werden, wenn die mangelnde Nahrungsaufnahme oder gesundheitliche Betreuung zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens führen würde. Zwangsweise ärztliche Behandlung ist ferner bei ansteckenden Krankheiten zum Schutz der Mitinsassen oder des Anstaltspersonals zulässig. Eine Ernährung mit Zwang kommt z. B. bei einem Anstaltsinsassen in Betracht, der einen Hungerstreik durchführt. Eine zwangsweise Operation kann geboten sein, um einen festen Gegenstand, den ein Anstaltsinsasse verschluckt hat, zu entfernen oder um die Verletzung, die er sich infolge eines Selbsttötungsversuchs zugezogen hat, zu heilen. Ferner kann z. B. ein an Grippe erkrankter Anstaltsinsasse zwangsweise behandelt werden. Dagegen berechtigt § 30 Abs. 2 VwVGBbg nicht zu solchen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit, die über die durch die Unterbringung gebotene Betreuung hinausgehen. Der Begriff „gesundheitliche Betreuung“ deckt z. B. nicht die Heilbehandlung eines chronischen organischen oder psychischen Leidens gegen den Willen eines Kranken, wenn der Unterbringungszweck durch das Unterlassen der Behandlung nicht gefährdet wird. Unberührt bleiben gesetzliche Vorschriften, nach denen auch in solchen Fällen eine Heilbehandlung gegen den Willen des Kranken zulässig ist, z. B. auf Grund des § 17 Abs. 1 oder des § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Für die Behandlung von psychisch kranken oder seelisch behinderten Personen, die in einer Einrichtung nach § 10 BbgPsychKG untergebracht sind, gilt § 17 BbgPsychKG. Die Behandlung von Personen, die in einer Einrichtung nach § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht sind, richtet sich nach § 17 BbgPsychKG unter der Maßgabe der Berücksichtigung der besonderen Sicherungsbelange im Umgang mit psychisch kranken Straftätern.
16.2.2 Im Rahmen einer zwangsweisen Ernährung oder gesundheitlicher Betreuung dürfen auch Beruhigungsmittel gegeben werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn ohne Beruhigungsmittel Nahrung nicht zugeführt werden kann oder zur gesundheitlichen Betreuung gerade die Verabreichung von Beruhigungsmitteln nach ärztlichen Gesichtspunkten notwendig ist (Nummer 16.3.5).
16.2.3 Zwangsweise Ernährung und gesundheitliche Betreuung dürfen nur durch Ärzte angeordnet werden. Andere Personen, wie der Vorsteher einer Anstalt, dürfen solche Anordnungen nicht treffen. Sie können dem Arzt lediglich Anregungen und Empfehlungen geben. Ob die zwangsweise Ernährung oder gesundheitliche Betreuung angeordnet wird, liegt allein in der freien, durch die Regeln der ärztlichen Kunst bestimmten Entscheidungsgewalt des Arztes.
16.2.4 Die Ärzte haben nicht nur über die zwangsweise Ernährung und die gesundheitliche Betreuung zu entscheiden, sondern auch das Nähere über die sachgerechte Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu bestimmen. Sie sollen die Durchführung überwachen.
16.3 Verabreichen von Beruhigungsmitteln
16.3.1 Von der Befugnis, Beruhigungsmittel zu verabreichen, ist nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen. Der Arzt hat deshalb besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 VwVGBbg vorliegen. Die Prüfung muss sich auch insbesondere darauf erstrecken, ob die Gefahr für den Kranken oder seine Umgebung nicht auf andere Art (z. B. durch Absonderung) abgewendet werden kann. Eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Kranken oder seine Umgebung besteht z. B., wenn er versucht, eine Selbsttötung zu begehen, oder wenn ein Nervenkranker sich in einem hochgradigen Erregungszustand befindet und dadurch das Pflegepersonal oder untergebrachte Personen gefährdet.
16.3.2 Der Kreis der Kranken, denen Beruhigungsmittel zwangsweise verabreicht werden dürfen, ist nicht auf Anstaltsinsassen beschränkt. Beruhigungsmittel dürfen unter den besonderen Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 VwVGBbg vielmehr allen kranken Personen gegeben werden, gegen die unmittelbarer Zwang angewendet werden darf. Praktisch wird die Verabreichung eines Beruhigungsmittels allerdings nur dann in Betracht kommen, wenn es gilt, den Transport in eine Anstalt oder den Aufenthalt in einer Anstalt ohne Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Kranken oder seiner Umgebung sicherzustellen.
16.3.3 Die Verabreichung von Beruhigungsmitteln darf nur durch Ärzte in eigener Verantwortung angeordnet werden. Die Ärzte haben die Mittel selbst zu verabreichen, wenn dies nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich ist. Soll das Mittel durch eine Injektion verabreicht werden, so kann auch eine in der Verabreichung von Spritzen ausgebildete Person im Rahmen ihrer Befugnisse die Injektion vornehmen.
16.3.4 Gesunden Personen dürfen mit Ausnahme der Fälle in § 30 Abs. 2 VwVGBbg Beruhigungsmittel nicht gegeben werden; der Entscheidung des Arztes, ob ein Beruhigungsmittel zu verabreichen ist, hat deshalb eine ärztliche Untersuchung der Krankheit vorauszugehen.
16.3.5 Anstaltsinsassen dürfen Beruhigungsmittel auch zwangsweise verabreicht werden, um ihre Ernährung und gesundheitliche Betreuung sicherzustellen (Nummer 16.2.2). Dies gilt auch für solche Anstaltsinsassen, die nicht krank sind.
16.3.6 Die Ruhigstellung einer psychisch kranken oder seelisch behinderten Person, die in einer Einrichtung nach § 10 oder § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht ist, ist nur unter den Voraussetzungen des § 20 BbgPsychKG zulässig.
17. Handeln auf Anordnung (zu § 31)
17.1 Befugnis zur Anordnung sowie Verpflichtung zur Folgeleistung
17.1.1 Häufig entscheidet die Vollzugsdienstkraft selbst, ob unmittelbarer Zwang anzuwenden ist. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Vollzugsdienstkraft unmittelbaren Zwang auf Anordnung eines Vorgesetzten oder einer sonst dienstlich dazu befugten Person anwendet. Dies ist vor allem der Fall, wenn besondere Verhältnisse den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Vollzugsdienstkräfte erfordern (z. B. wenn ein flüchtiger Anstaltsinsasse durch den Einsatz mehrerer Anstaltsdienstkräfte wieder ergriffen werden soll). In solchen Fällen sind die Vollzugsdienstkräfte grundsätzlich verpflichtet, den Anordnungen ihrer Vorgesetzten oder einer dienstlich sonst dazu befugten Person Folge zu leisten. Die Verpflichtung, Anordnungen Folge zu leisten, wird nur eingeschränkt durch § 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 VwVGBbg. Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Anordnung entbinden die Vollzugsdienstkraft nicht von der Gehorsamspflicht. Vorgesetzter einer Vollzugsdienstkraft ist, wer ihr für ihre dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen kann.
17.1.2 Befindet sich der Anordnende nicht am Ort des Vollzugs, so darf er unmittelbaren Zwang nur anordnen, wenn er sich ein so genaues Bild von den herrschenden Verhältnissen am Ort des Vollzuges verschafft hat, dass ein Irrtum über die Voraussetzungen der Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht zu befürchten ist.
17.2 Rechtswidrige Anordnungen
17.2.1 Anordnungen, die die Menschenwürde verletzen oder die nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden sind, sind rechtswidrig und die Vollzugsdienstkraft braucht sie nicht zu befolgen. Glaubt die Vollzugsdienstkraft, dass eine solche Anordnung erteilt worden ist, und will sie deshalb die Anordnung nicht befolgen, hat sie den Anordnenden darauf hinzuweisen, soweit dies nach den Umständen möglich ist (§ 31 Abs. 3 VwVGBbg).
17.2.2 Eine Anordnung, deren Ausführung ein Verbrechen oder Vergehen zur Folge haben würde, ist rechtswidrig. Sie darf deshalb weder von dem Anordnenden erteilt noch von der Vollzugsdienstkraft befolgt werden. Auch der Anordnende muss prüfen, ob sich seine Anordnung im Rahmen des § 31 Abs. 2 Satz 1 VwVGBbg hält. Die Regelung geht der des § 21 Abs. 2 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes (LBG) vor, so dass eine Gehorsamsverweigerung nicht gerechtfertigt ist, wenn durch die Befolgung der Anordnung nur eine Ordnungswidrigkeit begangen würde; § 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 bleibt unberührt.
17.2.3 Macht die Vollzugsdienstkraft Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung geltend und hält der Anordnende die Bedenken für gerechtfertigt, so hat er die Anordnung zurückzunehmen. Wird die Anordnung aufrecht erhalten, so hat die Vollzugsdienstkraft, wenn ihre Bedenken fortbestehen, in eigener Verantwortung zu beurteilen, ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind, die Anordnung ausnahmsweise nicht befolgen zu müssen. Im Übrigen findet § 21 LBG entsprechende Anwendung.
18. Hilfeleistung für Verletzte (zu § 32)
Die Verpflichtung, Verletzten Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen, ist vordringlicher als die Pflicht, an Ort und Stelle keine Veränderungen vorzunehmen, und als die Pflicht, dem Vorgesetzten zu berichten.
19. Fesselung von Personen (zu § 33)
19.1 Zulässigkeit der Fesselung von Personen
Die Fesselung ist nicht nur bei Personen zulässig, die sich in einem Anstaltsgewahrsam befinden, sondern auch bei solchen, die in einem Gewahrsam außerhalb von Anstalten sind (z. B. bei dem Transport einer Person). Fesseln dürfen nur angelegt werden, wenn einer der in § 33 Nr. 1 bis 3 VwVGBbg genannten Tatbestände vorliegt. Die Fesselung einer Person zu anderen Zwecken, z. B. um sie zu ermüden, ist unzulässig.
19.2 Fesseln
Als Fesseln sind die in Nummer 13.2.2 genannten Gegenstände zu verwenden. Sind diese nicht vorhanden oder reichen sie nicht aus, so sind andere Maßnahmen zu treffen, die eine ähnliche Behinderung wie Fesseln herbeiführen (z. B. Abnahme der Hosenträger oder der Schnürsenkel). Die Fesselung einer psychisch kranken oder seelisch behinderten Person, die in einer Einrichtung nach § 10 oder § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht ist, ist nur unter den Voraussetzungen des § 20 BbgPsychKG zulässig.
19.3 Zusammenschließen mehrerer Personen, Einzelfesselung
Mehrere Personen sollen nicht zusammengeschlossen werden, wenn für eine dieser Personen die Zusammenschließung eine Gesundheitsgefährdung zur Folge hat oder eine erniedrigende Behandlung bedeuten würde. Personen verschiedenen Geschlechts sollen nach Möglichkeit nicht zusammengeschlossen werden. Auch bei Einzelfesselung ist darauf zu achten, dass gesundheitliche Gefahren (wie durch Frost oder Blutstauung) nicht auftreten. Die Absonderung einer psychisch kranken oder seelisch behinderten Person, die in einer Einrichtung nach § 10 oder § 36 Abs. 3 BbgPsychKG untergebracht ist, ist nur unter den Voraussetzungen des § 20 BbgPsychKG zulässig.
20. Zum Schusswaffengebrauch berechtigte Vollzugsdienstkräfte (zu § 34)
Nur die mit Vollzugs-, Vollstreckungs- und Sicherungsmaßnahmen beauftragten Dienstkräfte der Gerichte und Staatsanwaltschaften sind zum Gebrauch von Schusswaffen befugt. In ihren Aufgabenbereich fällt auch der Vollzug sitzungspolizeilicher Maßnahmen nach Weisung des Gerichts. Im Übrigen nehmen sie weitere Aufgaben wahr, wie die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit innerhalb und außerhalb der Justizgebäude und die Vorführung von Gefangenen. Die Gerichtsvollzieher und die Vollziehungsbeamten der Justiz haben diese Befugnis nicht (vgl. auch § 1 Nr. 17 der Verordnung über die Bestimmung von Vollzugsdienstkräften).
21. Notwehr und Notstand (zu § 35)
Die Vorschriften der §§ 15 bis 35 VwVGBbg befassen sich mit der Ausübung unmittelbaren Zwangs in Ausübung öffentlicher Gewalt zur Durchsetzung rechtmäßigen Verwaltungshandelns. Daneben steht den Vollzugsdienstkräften wie allen Bürgern das Recht zu, von allen vorhandenen Mitteln gegen Personen oder Sachen Gebrauch zu machen, wenn die Voraussetzungen der Notwehr oder des Notstandes vorliegen (z. B. körperliche Bedrohung eines Arztes). Dann beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Gewaltanwendung allein nach den besonderen Vorschriften über Notwehr und Notstand, wie nach den §§ 32 bis 34 des Strafgesetzbuchs und den §§ 227 und 228 BGB, also nicht nach dem VwVGBbg.
22. Verbot des Verwaltungszwangs (zu § 36)
Die Vorschrift verbietet nur den Verwaltungszwang gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit gegen sie als Betroffene ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfGBbg ergangen ist. Kommen sie ihrer Verpflichtung nicht nach, wird die Aufsichtsbehörde um ihr Einschreiten zu ersuchen sein. Bundesrechtlich ist der Verwaltungszwang gegen Behörden in gewissen Grenzen zugelassen, z. B. in § 172 VwGO und in § 201 des Sozialgerichtsgesetzes. Unberührt bleiben die rechtlichen Möglichkeiten, das Zwangsverfahren wegen einer Geldforderung auch gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, wenn auch unter gewissen Vorbehalten, durchzuführen (vgl. § 38 VwVGBbg, § 170 VwGO, § 882 a der Zivilprozessordnung, § 129 der Gemeindeordnung, gegebenenfalls in Verbindung mit § 8 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg).
23. Kosten (zu § 37)
Die für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren zu erhebenden Gebühren und die sowohl im Vollstreckungs- wie im Erzwingungsverfahren zu ersetzenden Auslagen der Vollstreckungs- und Vollzugsbehörden ergeben sich aus der Bbg KostO. Gebühren für Vollstreckungsmaßnahmen im Rahmen der Anwendung der Zwangsmittel und Auslagen gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 7 und 8 Bbg KostO sind auch dann einzuziehen und notfalls beizutreiben, wenn der Vollzug gemäß § 25 Abs. 3 VwVGBbg eingestellt werden musste.