Beachtung der (gefahr)stoffrechtlichen Anforderungen in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
Wegen der Aufgaben der Immissionsschutz-, Arbeitsschutz und Bergbehörden bei der Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren werden zur Beachtung der gefahrstoffrechtlichen Umgangsbeschränkungen folgende Hinweise gegeben und Festlegungen getroffen:
- Die Grundpflicht zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Bundes‑lmmissionsschutzgesetz (BlmSchG) enthält bedeutsame Anforderungen zu Stoffströmen für den Anlagenbetreiber. Zu den Einzelheiten wird auf die Verwaltungsvorschrift zur Vemeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Bundes‑lmmissionsschutzgesetz (VV zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG) vom 22. September 1999 verwiesen.
Die Pflicht zur Abfallvermeidung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG ist andererseits in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Beispielsweise können keine Anforderungen an die einzusetzenden Stoffe (z. B. Abfälle) an die Pflicht zur Abfallvermeidung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG gestellt werden. Vielmehr richtet sich die Abfallvermeidungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG) nur auf die bei Errichtung oder Betrieb der Anlage entstehenden Abfälle. Aufgrund der Abfallvermeidungsgrundpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG können auch keine Pflichten wegen der beim Betrieb hergestellten oder herzustellenden Produkte auferlegt werden, da sich § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG lediglich auf die in der Anlage entstehenden Abfälle, nicht aber auf die dort hergestellten Produkte bezieht (vgl. zu den Grenzen der Grundpflicht zur Abfallvermeidung auch Nummern 2, 2. 1, 3.1 der VV zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG). - Umso bedeutsamer ist daher die Prüfung hinsichtlich anderer, öffentlich‑rechtlicher Vorschriften im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, die gefahrstoffrechtliche Beschränkungen zum Gegenstand haben und Errichtung und Betrieb der Anlage entgegenstehen können (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG). Über die Frage anderer, entgegenstehender öffentlich‑rechtlicher Vorschriften sowie über gegebenenfalls notwendige Ausnahmen und Zulassungen ist mit der Entscheidung über die Genehmigung zu befinden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2, § 13 BlmSchG). Insofern ist der Prüfmaßstab umfangreicher als derjenige, der bei der immissionsschutzrechtlichen Überwachung zugrunde gelegt wird (§ 52 BlmSchG).
Zu solchen entgegenstehenden öffentlich‑rechtlichen Vorschriften zählen die gefahrstoffrechtlichen Beschränkungen und Verbote zum Verwenden und Herstellen von gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen (§ 15 in Verbindung mit Anhang IV Gefahrstoffverordnung), wenn sich Errichtung oder Betrieb der Anlage hierauf richten. Soweit der Anlagenbetrieb auch die Bereitstellung für Dritte (Inverkehrbringen gemäß § 3 Nr. 9 Chemikaliengesetz) umfasst, sind die entsprechenden Inverkehrbringensbeschränkungen des Chemikalienrechts zu berücksichtigen (§ 1 in Verbindung mit Anhang zu § 1 Chemikalienverbotsverordnung, § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG). Dies gilt z. B. dann, wenn zum Betrieb der Anlage auch das Lagern bzw. Bereitstellen von gefährlichen Stoffen sowie Zubereitungen und Erzeugnissen, die solche enthalten, gehört, um die Abgabe an Dritte unmittelbar vom Betriebsgelände aus zu ermöglichen.
Die oben genannten stoffrechtlichen Beschränkungen sind daher Prüfungs‑ und Beurteilungsgegenstand in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, wenn sich Errichtung oder Betrieb der Anlage auf die oben genannten verbotenen Tatbestände des Herstellens, Verwendens oder Inverkehrbringens richten. Kann den stoffrechtlichen Beschränkungen nicht ausreichend Rechnung getragen werden, z. B. durch Auferlegung von Nebenbestimmungen (§ 12 BlmSchG), so ist die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu versagen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG). - Die Prüfung der oben genannten gefahrstoffrechtlichen Beschränkungen erfolgt aufgrund der Angaben zu den Einsatzstoffen (§ 4 a Nr. 3 a der Verordnung über das Genehmigungsverfahren ‑ 9. BlmSchV). Gegebenenfalls können vom Antragsteller weitere Unterlagen nachgefordert werden, soweit sie für die Prüfung des Genehmigungsgegenstandes im Sinne von § 6 BlmSchG erforderlich sind (§ 10 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG).
Innerhalb des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens geben die betreffenden Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt ist, eine Stellungnahme ab (§ 10 Abs. 5 BlmSchG). Für die chemikalienrechtlichen Verbotstatbestände ist dies wegen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe sowie Zubereitungen und Erzeugnissen, die solche enthalten, das Amt für Immissionsschutz, wegen deren Verwenden und Herstellen das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (§ 1 in Verbindung mit Nummern 1. 1.7.3 und 1.1.13 Anlage zur Gefahrstoffzuständigkeitsverordnung - GStZV), und das Bergamt, wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die der Bergaufsicht unterliegt (§ 69 Bundesberggesetz in Verbindung mit § 1 und Nummer 1.1.1 Immissionsschutzzuständigkeitsverordnung sowie § 1 in Verbindung mit Nummern 1.1.7.3 und 1.1.13 Anlage zur GStZV). Diese Behörden unterbreiten der Genehmigungsbehörde im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ihr Votum hinsichtlich der Entscheidung über die entgegenstehenden Vorschriften (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG) bzw. Vorschläge über die einzuhaltenden Nebenbestimmungen (§ 12 BlmSchG) oder die einzustellenden Formulierungen wegen der Erteilung von Ausnahmen (§ 13 BlmSchG).