Bekanntmachung der Vereinbarungzwischen den Innenministern/-senatoren für Inneres der Länder und der Deutschen Bahn AG
Die Innenminister/-senatoren der Länder und die Deutsche Bahn AG halten es für erforderlich, im Rahmen der Gefahrenabwehr eng zusammenzuarbeiten. Die am 7. August 1998 unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und der Deutschen Bahn AG wird nachstehend veröffentlicht.
Potsdam, den 7. August 1998
gez. Knöll
Vereinbarung
zwischen
den Innenministerin/-senatoren für Inneres der Länder
und
der Deutschen Bahn AG
Präambel:
Die Vertragsparteien halten es für erforderlich, dass die Länder und die Deutsche Bahn AG im Rahmen der Gefahrenabwehr eng zusammenarbeiten. Sie sind entschlossen, bei Unfällen, Störungen und Katastrophen durch gemeinsam abgestimmte Maßnahmen umfassend Hilfe zu leisten.
Zu diesem Zweck vereinbaren sie:
1.1 Die Deutsche Bahn AG wird den Innenministerien der Länder statistisches Material der Jahre 1992 - 1997 zur Verfügung stellen, aus dem sich die Art, die Schwere und die Häufigkeit, die Gefahrenschwerpunkte, die zeitliche und räumliche Verteilung der Unfälle und die Beteiligung von Gefahrgütern an den Unfällen ergibt. Es sind nur Ereignisse aufzunehmen, bei denen Feuerwehren und/oder Rettungsdienste zum Einsatz kamen.
1.2 Gemeinsam werden die Deutsche Bahn AG und die zuständigen Landes- und Kommunaleinrichtungen eine Gefährdungsanalyse des Schienenverkehrs der Deutschen Bahn AG erstellen.
1.3 Für Sonderbauten, z. B. große Bahnhöfe, Tunnel über 1000 m Länge, Terminals und besondere Brückenbauwerke, wird die Deutsche Bahn AG gesonderte Objektpläne erstellen und auf Anforderung der Gefahrenabwehrbehörde betriebliche Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erstellen.
1.4 Die Deutsche Bahn AG wird den Leitstellen für Feuerwehr und Katastrophenschutz Pläne und Karten zur Verfügung stellen, aus denen sich die Zugänglichkeit der Gleisanlagen und die Befahrbarkeit der Zuwegung und der Aufstellflächen ergeben. Die Pläne werden in einem Maßstab 1:25.000, in städtischen Verdichtungsgebieten in der Regel im Maßstab 1:10.000, erstellt.
Diese organisatorischen Maßnahmen sollen nach den Erwartungen der Innenminister der Länder und der Deutschen Bahn AG bis zum 31.12.1998 abgeschlossen sein.
1.5 In Zukunft werden die zuständigen Dienststellen der Länder und der Deutschen Bahn AG Ereignisse, bei denen eine größere Anzahl von Personen oder erhebliche Sachwerte geschädigt worden sind, gemeinsam analysieren. Dies gilt auch für Ereignisse, bei denen eine erhebliche Gefährdung vorgelegen hat und eine breite Öffentlichkeit aufmerksam geworden ist.
2.1 Die Feuerwehren stehen der Deutschen Bahn AG wie anderen Eisenbahnen im Rahmen ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit zur Gefahrenabwehr zur Verfügung.
2.2 Die Deutsche Bahn AG unterhält z. Z. 15 ständig besetzte Notfallleitstellen, für die sie eine bundesweit einheitliche Telefonnummer anstrebt. Die in den Ländern vorhandenen Leitstellen für Feuerwehr und Katastrophenschutz und die Notfallleitstellen der Deutschen Bahn AG haben sich über Ereignisse im Bereich der Deutschen Bahn AG gegenseitig unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch für Situationen, in denen ein Eingreifen der Feuerwehr nicht erforderlich ist, aber die Öffentlichkeit auf ein Geschehen aufmerksam wird.
2.3 Die Innenministerien sagen der Deutschen Bahn AG zu, dass die Feuerwehren in aller Regel 15 Minuten nach ihrer Alarmierung am zugänglichen Einsatz sein werden. Die Deutsche Bahn AG wird den Feuerwehren so früh wie möglich über die Feuerwehrleitstelle bestätigen, dass der Fahrbetrieb eingestellt wurde und der Strom - soweit nach Auffassung der Einsatzleitung erforderlich - abgeschaltet wurde und geerdet ist. Die Feuerwehren werden in der Regel zum Eigenschutz vor einer solchen schriftlichen Bestätigung nicht tätig werden können. Die Innenministerien und die Deutsche Bahn AG sind sich darüber einig, dass das Bahnerden der Beseitigung einer bahntypischen Gefahr dient und damit Aufgabe der Deutschen Bahn AG ist. Die Länder sind andererseits damit einverstanden, wenn - ggf. nach Absprache mit dem jeweiligen Innenministerium - örtliche Feuerwehren das Bahnerden freiwillig übernehmen, sofern die Deutsche Bahn AG die erforderliche Ausrüstung bereitstellt und eine ausreichende Aus- und Fortbildung sicherstellt.
2.4 Die Deutsche Bahn AG sagt den Innenministerien zu, dass die Notfallleitstellen der Deutschen Bahn AG jederzeit lückenlos und umfassend Informationen über die Beladung der Waggons mit Gefahrgut und sonstige im Zusammenhang mit dem Gefahrgut zu beachtende Umstände geben kann.
3.1 Für die Bewältigung bahntypischer Gefahren wird die Deutsche Bahn AG Ausrüstung und ggf. Bedienungspersonal, die für das sonstige Einsatzgeschehen der Feuerwehren örtlich nicht erforderlich sind, bereitstellen. Dies kann ggf. gemeinsam zu treffenden Feststellungen folgendes Material sein:
- Die für die Befreiung von Personen aus verunfallten Waggons geeigneten Geräte (z. B. Spreizer, Schneidgeräte, Trennschleifer und Brennschneidgeräte),
- Auffangbehälter und leistungsfähige Umfüllpumpen für größere Mengen von Flüssigkeiten,
- Dichtungsmaterialien, Armaturen entsprechend der Vielfalt des Bahnbetriebes,
- Hebezeuge und Zuggeräte für größere Lasten.
3.2 Die Deutsche Bahn AG sagt zu, dass für die unter den Ziffern 2. - 4. genannten Geräte in der Regel Eintreffzeiten von 90 Minuten für Hauptfahrstrecken, für alle anderen Strecken Eintreffzeiten von 120 Minuten sichergestellt werden.
3.3 In vielen Fällen bahntypischer Gefahren ist eine fachliche Beratung erforderlich. Die Deutsche Bahn AG wird sicherstellen, dass Fachberater spätestens 30 Minuten nach Alarmierung für die örtlichen Feuerwehren zur Verfügung stehen.
3.4 Bestehende längere Tunnel sowie Brücken, Lärmschutzwände, Einschnitte, Trogstrecken u. ä. sind möglichst dem Stand der Technik anzupassen. Die Deutsche Bahn AG wird ergänzende Ausrüstung für den Einsatz der Feuerwehren in derartigen Anlagen zur Verfügung stellen, sofern sich dieses aus dem Sicherheitskonzept ergibt. Das Sicherheitskonzept ist von der Deutschen Bahn AG zu entwickeln und mit der Gefahrenabwehrbehörde abzustimmen.
4.1 Die Innenministerien der Länder und die Deutsche Bahn AG sind sich darüber einig, dass für die Bewältigung bahntypischer Gefahren die Aus- und Fortbildung für Einsatzkräfte der Feuerwehren erforderlich ist. Die Deutsche Bahn AG erklärt sich bereit, den Landesfeuerwehrschulen dafür erforderliche Übungsanlagen bereitzustellen, Unterrichtsmaterialien den Ausbildungseinrichtungen in den Ländern und Kommunen zur Verfügung zu stellen und auf Anforderung Lehrkräfte zu den Ausbildungseinrichtungen kostenlos zu entsenden.
4.2 Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass häufiger als bisher gemeinsam geübt werden soll. Die Deutsche Bahn AG verpflichtet sich, sich auf Anforderung der Länder bzw. der Träger der Feuerwehren an Übungen zu beteiligen. Mindestens einmal im Jahr soll eine Vollübung stattfinden.
5. Die Deutsche Bahn AG wird ihre betriebsinternen Regelungen zur Gefahrenabwehr jedenfalls insoweit mit den Innenministerien der Länder abstimmen, als in diesen die Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden festgelegt wird.
6. Einzelheiten zu den in 1.2, 1.3, 1.4, 3.1, 3.4 und 4 vorgesehenen Maßnahmen werden zwischen der Deutschen Bahn AG und einer Arbeitsgruppe der Innenministerien der Länder einvernehmlich festgelegt.
Als Ansprechpartner für Grundsatzfragen benennen die Länder den Vorsitzenden das Ausschusses für Feuerwehrangelegenheiten des AK V der IMK.
Vorbehaltlich der aus künftigen technischen oder verkehrlichen Entwicklungen und Schadensereignissen zu ziehenden Folgerungen sind sich die Innenminister und die Deutsche Bahn AG darüber einig, dass die vorstehend genannten Maßnahmen einen ausreichenden aber auch notwendigen Standard für Schutzmaßnahamen bestimmen.
7. Diese Vereinbarung wird für die Dauer von 5 Jahren geschlossen. Sie verlängert sich, sofern sie nicht gekündigt wird, jeweils um ein weiteres Jahr. Vor der Kündigung ist in einem gemeinsamen Gespräch auf Minister-/Staatssekretärebene mit einem Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG eine Streitschlichtung zu versuchen.
Potsdam, den 1. Juli 1998 Für das Land Brandenburg der Minister des Innern Alwin Ziel |
Frankfurt am Main, den 7. August 1998 Für die Deutsche Bahn AG Peter Münchschwander Vorstand Fahrweg Deutsche Bahn AG |
Protokollnotizen:
Zu 1.2 Die nach Landesrecht mögliche Anordnung von Werkfeuerwehren bleibt vorbehalten.
Zu 2.1 Die Deutsche Bahn AG legt Wert darauf, mit anderen Verkehrsträgern im Hinblick auf die Gefahrenabwehr gleichbehandelt zu werden.
Zu 3.1 Die Deutsche Bahn AG geht davon aus, dass die in Nr. 3.1 Nr. 1 genannten Geräte im Regelfall für andere Ereignisse bei den Feuerwehren vorhanden sind.
Zu 4.1 Die Länder werden darauf hinwirken, dass die Kosten dieser Aus- und Fortbildung so gering wie möglich gehalten werden. Sie gehen deshalb davon aus, dass die Veranstaltungen nach Möglichkeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfinden. Sie erwarten, dass die Deutsche Bahn AG sich an den Kosten angemessen beteiligt.
Zu 6. Einige Länder weisen darauf hin, dass ihren gesetzlichen Vorschriften Kreise und Gemeinden eigenverantwortlich gegenüber der Deutschen Bahn AG tätig werden können. Sie werden darauf hinwirken, dass die Kreise und Gemeinden sich bei ihren Entscheidungen möglichst im Rahmen dieser Vereinbarung halten.