Verwaltungsabkommen zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die gegenseitige Unterstützung durch Polizeikräfte
vom 10. Mai 1996
(ABl./96, [Nr. 26], S.606)
Das Land Berlin
und
das Land Brandenburg
schließen folgendes Verwaltungsabkommen:
Artikel 1
Die Vertragspartner unterstützen sich gegenseitig bei der Durchführung polizeilicher Einsätze durch Polizeikräfte sowie Führungs- und Einsatzmittel. Dies gilt insbesondere für die Bewältigung von Sonderlagen und die Bereitstellung von Kräften mit einer Spezialausbildung sowie die Bereitstellung von technischem Gerät. Sie wirken auf die Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen, soweit eine länderübergreifende Zusammenarbeit geboten erscheint, sowie auf die Führung regelmäßiger Gespräche zwischen den nachgeordneten Polizeibehörden und -einrichtungen hin.
Artikel 2
(1) Beide Vertragspartner sind jederzeit bereit, sich zur Abwehr von Gefahren, die dem Bestand oder der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Bundes oder seiner Länder drohen (Artikel 91 Abs. 1 GG), und zur Hilfe bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen (Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 GG) durch den Einsatz von Polizeikräften gegenseitig zu unterstützen.
(2) Die Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung besteht unbeschadet der Zulässigkeit von Amtshandlungen von Polizeikräften im jeweils anderen Land aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und aufgrund von Staatsverträgen und Verwaltungsabkommen.
(3) Soweit die eigenen Polizeikräfte eines vertragsschließenden Landes zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung nicht ausreichen, gewährt das andere Land nach Maßgabe des Artikels 35 Abs. 1 GG ebenfalls Unterstützung.
(4) Unterstützung wird nur gewährt, soweit nicht die Verwendung der Polizeikräfte im eigenen Land dringender ist als die Unterstützung der Polizeikräfte des anderen Landes.
Artikel 3
(1) Die Polizeikräfte sowie Führungs- und Einsatzmittel werden unmittelbar von und bei dem Ministerium des Innern des Landes Brandenburg bzw. der Senatsverwaltung für Inneres, Berlin, angefordert. Die Anforderung soll alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages enthalten.
(2) In Eilfällen können die benötigten Polizeikräfte von der für den Einsatzort zuständigen Polizeibehörde bei der zuständigen Polizeibehörde oder Polizeieinrichtung des anderen Landes angefordert werden. Ein Eilfall liegt vor, wenn selbst eine telefonische Anforderung durch das Lagezentrum des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg bzw. durch das Lagezentrum der Senatsverwaltung für Inneres, Berlin, nicht abgewartet werden kann. Dies ist insbesondere bei akuten Gefahrenlagen im jeweils angrenzenden Gebiet oder bei Gefahr der Grenzüberschreitung durch gegenwärtige Einsätze gegeben. Über das Ersuchen entscheiden die zuständigen Stellen selbständig und unterrichten unverzüglich, ggf. mündlich voraus die jeweiligen obersten Aufsichtsbehörden.
(3) Die zur Verfügung gestellten Polizeikräfte werden der für den Einsatzort zuständigen Polizeibehörde unterstellt. Diese sorgt für klare Befehls- und Unterstellungsverhältnisse.
(4) Für den Einsatz der Polizei gelten jeweils die in dem anfordernden Land bestehenden Vorschriften des Polizeirechts. Die dienstrechtlichen Befugnisse verbleiben bei den zuständigen Stellen des entsendenden Landes.
Artikel 4
(1) Die Kosten der Unterstützung werden erstattet, soweit in Absatz 3 bis 6 nichts anderes bestimmt ist oder im Einzelfall aus besonderen Gründen nichts anderes vereinbart wird.
(2) Kosten im Sinne von Absatz 1 sind die durch die Hilfeleistung unmittelbar verursachten Aufwendungen, die ohne diese nicht entstanden wären. Dazu zählen insbesondere:
- Zusätzliche Personalkosten, z. B. Reisekosten, Erschwerniszulagen, Mehrarbeitsvergütungen,
- Betriebskosten für Fahrzeuge und Geräte,
- Kosten für Instandsetzungen und Ersatzbeschaffungen für beschädigtes, in Verlust geratenes, unbrauchbar gewordenes oder abgegebenes Gerät, sofern nicht aufgrund der Verwaltungsabkommen der Länder mit dem Bund von diesem Ersatz geleistet wird.
(3) Dauert ein Einsatz nicht länger als 24 Stunden, werden die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 genannten Kosten nicht erstattet. Der Einsatz beginnt mit der Fahrt in das andere Bundesland oder mit dem Bereitschaftsdienst in Erwartung eines Einsatzes. Er endet, wenn die Rückfahrt zur Unterkunft, Dienststelle o. ä. oder der Bereitschaftsdienst abgeschlossen sind.
(4) Unabhängig von der Schadensurheberschaft übernehmen die Vertragspartner jeweils die Unfallfürsorgeleistungen nach §§ 30 ff. des Beamtenversorgungsgesetzes und Dienstbezüge für ihre Bediensteten, die bei einem Unfall im Rahmen der Hilfeleistung geschädigt wurden. Ausgleichsansprüche entfallen insoweit. Das gleiche gilt für die Kosten einer während oder infolge eines Einsatzes erforderlich werdenden sonstigen Heilbehandlung. Heilbehandlung durch den Polizeiarzt während des Einsatzes wird kostenlos gewährt.
(5) Die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 genannten Kosten werden nicht erstattet, wenn die entsandten Polizeikräfte den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben.
(6) Ersatz für die Nutzung oder Abnutzung von Gerät wird nicht geleistet. Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bleibt unberührt.
(7) Schäden an beweglichen und unbeweglichen Sachen des anfordernden Landes werden vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung im Einzelfall nur ersetzt, wenn sie von den entsandten Polizeikräften vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sind.
Artikel 5
Bei der Inanspruchnahme auf Schadensersatz durch Dritte ist zwischen den Vertragspartnern vereinbart, daß das entsendende Land von Ansprüchen freigestellt wird, die aus fahrlässigen Handlungen der entsandten Polizeikräfte entstehen. Für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden haftet im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern die jeweilige Anstellungskörperschaft.
Artikel 6
(1) Soweit die Mitwirkung der jeweils zuständigen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint, können Polizeikräfte eines Landes im anderen Land unaufschiebbare Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen sowie Ordnungswidrigkeiten erforschen und dabei alle unaufschiebbaren Anordnungen treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Sie unterrichten die an sich zuständige Polizeibehörde unverzüglich von allen Vorgängen. Diese unterrichtet die zuständigen Behörden von allen Vorgängen, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung dieser Behörden notwendig sein kann.
(2) Darüber hinaus können im grenznahen Bereich planmäßig angelegte Kontrollen des Straßenverkehrs mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Polizeibehörde durchgeführt werden; Absatz 1 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.
(3) Artikel 3 Abs. 4 und Artikel 5 gelten entsprechend.
Artikel 7
(1) Die Vertragspartner unterstützen sich gegenseitig in der Aus- und Fortbildung einschließlich der Durchführung von Hospitationen. Sie sehen darin eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung gemeinsamer polizeilicher Einsätze.
(2) Kosten werden grundsätzlich nicht erstattet. Ausgenommen sind die Kosten, die durch vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden im Zusammenhang mit der Aus- und Fortbildung entstehen.
(3) Für die gemeinsame Ausbildung der Anwärter des höheren Polizeivollzugsdienstes werden gesonderte Regelungen getroffen.
Artikel 8
Die angrenzenden Polizeidienststellen pflegen einen regelmäßigen Informationsaustausch und erörtern hierbei insbesondere Fragen der polizeilichen Zusammenarbeit.
Artikel 9
Dieses Verwaltungsabkommen kann von jedem der vertragsschließenden Teile jeweils zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals zum 31. Dezember 1997, gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Die Kündigung ist von jedem der vertragsschließenden Teile schriftlich zu erklären.
Artikel 10
Dieses Verwaltungsabkommen tritt am 1. Mai 1996 in Kraft.
Berlin, den 25. April 1996 Potsdam, den 10. Mai 1996
Für das Land Berlin Für das Land Brandenburg
Der Regierende Bürgermeister Der Ministerpräsident
vertreten durch den Senator für Inneres vertreten durch den Ministerdes Innern
Jörg Schönbohm Alwin Ziel