Erlass des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Begnadigungsrechts (Gnadenerlass)
vom 19. April 1995
(ABl./95, [Nr. 36], S.442)
I.
Auf Grund des Artikels 92 der Verfassung des Landes Brandenburg bestimme ich über die Ausübung des mir zustehenden Begnadigungsrechts folgendes:
Artikel 1
Ich behalte mir die Entscheidung über die Ausübung des Begnadigungsrecht vor:
- bei lebenslangen Freiheitsstrafen,
- bei Freiheitsstrafen, die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht im ersten Rechtszug verhängt sind, soweit nicht das Begnadigungsrecht dem Bund zusteht (§ 452 StPO),
- bei der Beseitigung der beamtenrechtlichen Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung,
- bei gerichtlichen Disziplinarentscheidungen, soweit auf Entfernung aus dem Dienst oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt ist,
- bei der berufsgerichtlichen Entscheidung der Ausschließung aus einem Berufsstand, sofern die Ausschließung den Verlust des Rechts zur Zulassung zum Beruf zur Folge hat.
Artikel 2
Im übrigen übertrage ich mit dem Recht der Weiterübertragung die Befugnis zur Entscheidung über die Ausübung des Begnadigungsrechts:
- für die von den Strafgerichten verhängten Strafen und für die von den Gerichten aufgrund des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten festgesetzten Geldbußen dem Minister der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten,
- für Ordnungsstrafen, die von einem Gericht verhängt worden sind, dem Minister, welcher die Dienstaufsicht über das Gericht führt,
- bei Entscheidungen, die von Fach- bzw. Berufsgerichten getroffen worden sind, dem jeweils fachlich zuständigen Minister,
- bei Entscheidungen, die im Bußgeldverfahren von Verwaltungsbehörden erlassen worden sind, dem fachlich zuständigen Minister.
- in Disziplinarsachen
- gegen Landesbeamte dem für die Dienstaufsicht über den Beamten zuständigen Minister;
- bei Beamten der Gemeinden und der Gemeindeverbände dem für die Kommunalaufsicht zuständigen Minister und bei Beamten der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts dem für die Staatsaufsicht zuständigen Minister.
Artikel 3
Soweit ich bedingte Strafaussetzung unter Zubilligung einer Bewährungsfrist gewährt habe, übertrage ich das Recht zum endgültigen Straferlass dem Minister der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten für seinen Geschäftsbereich, behalte mir jedoch die Befugnis vor, die Strafaussetzung zu widerrufen.
Artikel 4
Die Vorbereitung der mir vorbehaltenen Entscheidungen und die Ausführung meiner Gnadenentscheidungen obliegt dem jeweils zuständigen Minister.
II.
Dieser Erlass tritt am 01. Mai 1995 in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass vom 07. Oktober 1993 - 15-183 01 GNA 2 - (ABl. 1993, S. 1630) außer Kraft.
Potsdam, den 19. April 1995
Der Ministerpräsident
Manfred Stolpe