Richtlinie des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Bekämpfung der Caprinen Arthritis-Encephalitis (CAE) und Sanierung infizierter Ziegenbestände
vom 11. Januar 1995
(ABl./95, [Nr. 18], S.276)
Bei der CAE der Ziegen handelt es sich um eine Lentivirusinfektion mit sehr langsamem Verlauf ("slow virus infektion"). Die vorrangig betroffenen Organe sind die Carpalgelenke und die Hirnhäute. Darüber hinaus wird eine allgemeine Immunschwäche hervorgerufen, die zu unterschiedlichen sekundären Krankheiten führen kann. Wirtschaftliche Bedeutung erlangen besonders Euterentzündungen mit Leistungseinbußen und die chronische Abmagerung infizierter Tiere. Ziegen mit einer CAE-Infektion bleiben lebenslang Virusträger. Eine Heilung ist gegenwärtig nicht möglich. Dem Nachweis der CAE in einem Bestand im Sinne dieser Richtlinie dienen serologische Untersuchungen. Diese Untersuchungen entsprechen denen der Maedi/Visna der Schafe, da die Erreger beider Erkrankungen verwandte bzw. identische antigene Eigenschaften besitzen. Eine Kopplung beider Sanierungsverfahren ist praktikabel.
Die Sanierung von Beständen erfolgt auf freiwilliger Grundlage.
I. Zielstellung
Das freiwillige Bekämpfungsverfahren hat folgende Zielsetzung:
- Verhinderung der Verbreitung des Erregers der CAE-Infektion,
- Sanierung infizierter Bestände,
- Schutz von CAE-unverdächtigen Beständen.
II. Ermittlung des Seuchenstatus
- Der Beitritt zum freiwilligen Bekämpfungsverfahren verpflichtet den Tierhalter zur Ermittlung des CAE- Seuchenstatus des Ziegenbestandes durch eine serologische Einzeltieruntersuchung aller über sechs Monate alten Ziegen und Schafe des Bestandes. Bestand im Sinne dieser Richtlinie ist eine epizootiologische Einheit.
- Nach Ermittlung des Bestandsstatus ist in jedem Fall das weitere Vorgehen vom Tierhalter mit dem zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, dem betreuenden Tierarzt und dem Schafherdengesundheitsdienst des Staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamtes abzustimmen. Das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt ist zur fachlichen Beratung und Begleitung der Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen verpflichtet.
- Bereits vorliegende Untersuchungsergebnisse können zur Ermittlung des Seuchenstatus herangezogen bzw. in den Sanierungsplan nach Abschnitt III Nummer 1 übernommen werden. Dazu ist der Schafherdengesundheitsdienst zu hören.
III. Sanierungsverfahren
- Der Sanierungsablauf ist in einem vom Amtstierarzt zu bestätigenden Sanierungsplan schriftlich zu fixieren. Der Betrieb verpflichtet sich, alle Tiere des Bestandes so zu kennzeichnen, daß eine eindeutige Identifizierung jederzeit möglich ist, sowie sämtliche Stallaufzeichnungen sorgfältig, gewissenhaft und nachvollziehbar durchzuführen.
- Bestände mit negativen Untersuchungsergebnissen bei der Ermittlung des Seuchenstatus nach Abschnitt II Nummer 1 sind in mindestens sechsmonatigem Abstand durch eine serologische Untersuchung aller über sechs Monate alten Ziegen und Schafe fortlaufend zu kontrollieren.
- Zugekaufte Tiere sind zu quarantänisieren und dürfen erst nach Vorliegen des negativen Ergebnisses einer blutserologischen Untersuchung auf CAE in den Bestand eingestellt werden.
- Einzelne verdächtige Reaktionen in sonst negativen Beständen werden nach sechs Wochen in einer einmaligen Wiederholungsuntersuchung abgeklärt und bei negativem Befund als negativ eingestuft.
- Bei einem Verseuchungsgrad bis zu 30 vom Hundert werden die Reagenten unverzüglich zusammen mit ihrer Nachzucht aus der Herde entfernt und der Bestand weiter in sechsmonatigem Abstand untersucht.
- Für Bestände mit mehr als 30 vom Hundert Reagenten ist eine Sanierung durch Selektion der Reagenten nicht sinnvoll. Sie kann über die getrennte mutterlose Aufzucht der Lämmer (ein spezielles Verfahren der Nachzucht über Jungziegen) sowie über Bestandsaustausch erfolgen.
IV. Bestandsstatus
1. CAE-Sanierungsbestand
Bestände, die dem Sanierungsverfahren angeschlossen sind und nicht die Bedingungen des Status "CAE-unverdächtiger Bestand" erfüllen, werden als "CAE-Sanierungsbestand" bezeichnet, wenn
- es sich ausschließlich um serologisch negative Tiere im Bestand handelt,
- Tierzustellungen nur aus "CAE-Sanierungsbeständen" oder aus "CAE-unverdächtigen Beständen" (Bestätigung gemäß amtstierärztlicher Bescheinigung Anlage 2) erfolgen,
- zugekaufte Tiere quarantänisiert und erst nach Vorliegen des negativen Ergebnisses einer blutserologischen Untersuchung auf CAE in den Bestand eingestellt werden,
- in dieser Zeit keine klinischen Erscheinungen, die für CAE sprechen, aufgetreten sind,
- der gesamte Bestand der serologischen Kontrolle nach Abschnitt III Nummer 2 unterliegt,
- der Besitzer die Sanierung durch die umgehende Entfernung festgestellter positiver Tiere und ihrer Nachkommen aus dem Bestand gewährleistet und
- die Tiere keine Kontakte zu verseuchten oder serologisch nicht untersuchten Ziegen- und Schafbeständen hatten.
2. CAE-unverdächtiger Bestand
Als CAE-unverdächtig ist ein Bestand anzusehen,
wenn die serologischen Untersuchungen aller Tiere dreimal im Abstand von jeweils sechs und eine weitere Untersuchung im Abstand von mindestens zwölf Monaten ein negatives Ergebnis erbracht haben und in dieser Zeit keine klinischen Befunde erhoben worden sind,
oder
wenn der Bestand ausschließlich mit Tieren aus "CAE-unverdächtigen Beständen" aufgebaut worden ist und alle Tiere des Bestandes nach Abschluß der Einstallung mindestens ein blutserologisch negatives Untersuchungsergebnis aufweisen
und
- die Tiere keine Kontakte zu verseuchten oder serologisch nicht untersuchten Ziegen- und Schafbeständen hatten und
- Zukäufe, Einsatz von Deckböcken, Einstellung von Pensionstieren, Ausstellungen, Körungen und dergleichen nur mit Tieren aus CAE-unverdächtigen Beständen (Bestätigung gemäß amtstierärztlicher Bestätigung Anlage 2) stattfinden.
Für die Aufrechterhaltung des Status sind Untersuchungen im Abstand von zwölf Monaten bei allen über sechs Monate alten Ziegen ausreichend. Werden diese Untersuchungen unterbrochen, so ist die Anerkennung zu widerrufen bzw. auszusetzen; dies erfolgt durch das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt. Verdächtige Reaktionen bei serologischen Blutuntersuchungen sind nach Abschnitt III Nummer 4 abzuklären. Bis zur Abklärung ist der Status "CAE-unverdächtiger Bestand" auszusetzen. Beim Auftreten eines oder mehrerer positiver Befunde wird der Status "CAE-unverdächtiger Bestand" aberkannt.
V. Zuständigkeit und Organisation
Die erfolgreiche Bekämpfung der CAE setzt ein enges Zusammenwirken von Tierhaltern, praktizierenden Tierärzten, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern und Staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämtern voraus.
1. Tierhalter und Verbände
Tierhalter, die sich dem freiwilligen Bekämpfungsverfahren anschließen wollen, melden ihr Interesse beim zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt an. Der Schafzuchtverband unterstützt die Sanierungsvorhaben seiner Mitgliedsbetriebe durch Kontrolle der Einhaltung entsprechender Vorschriften beim Handel, auf Auktionen und Märkten. Mit dem Beitritt zum freiwilligen Bekämpfungsverfahren verpflichtet sich der Tierhalter schriftlich zur Einhaltung der Bedingungen der Richtlinie (Anlage 1).
2. Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter
Die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter informieren den Schafherdengesundheitsdienst des Staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamtes über den Beitritt von Tierhaltern zum freiwilligen CAE-Bekämpfungsverfahren und erstellen mit ihm gemeinsam einen Sanierungsplan. Der Amtstierarzt führt eine Dokumentation über die Untersuchungsergebnisse. Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, so erkennt er den Status "CAE-unverdächtiger Bestand" an (Anlage 3).
3. Staatliche Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämter
Die Staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämter führen die erforderlichen Untersuchungen durch und teilen die Ergebnisse dem Tierhalter und dem Amtstierarzt mit. Die Schafherdengesundheitsdienste der Staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämter beraten Tierhalter, Amtstierärzte und praktizierende Tierärzte bei der epizootiologischen Analyse, beim Erstellen von Sanierungskonzeptionen sowie bei der Lösung auftretender Probleme und führen eine Übersichtsdokumentation über die Befunde der im Zuständigkeitsbereich angeschlossenen Ziegenbestände.
VI. Kosten
Die Kosten des Verfahrens hat der Tierhalter zu tragen, soweit sie nicht von anderen Kostenträgern übernommen werden.
Anmerkung: Die Anlagen wurden nicht aufgenommen.