Richtlinie für Verkabelungen zum Aufbau von Kommunikationsnetzen für Fernmelde- und Datendienste des Landes Brandenburg (Verkabelungsrichtlinie)
vom 24. Februar 1994
(ABl./94, [Nr. 20], S.232)
1 Einleitung
Der zunehmende Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik in der Verwaltung weist dem Kommunikationsnetz eine besondere Rolle bei der Investitionsplanung zu. Eine ständig fortschreitende technische Entwicklung ist bei der Verkabelung der Gebäude und Liegenschaften zu beachten. Um nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch den zukünftigen Kommunikationsbedarf abzudecken, ist daher eine weitreichende, zukunftssichere Planung für die Verkabelung unerläßlich, die genügend Reserven für wachsende Anforderungen enthält.
2 Geltungsbereich
Die Richtlinie für Verkabelungen zum Aufbau von Kommunikationsnetzen für Fernmelde- und Datendienste des Landes Brandenburg - Verkabelungsrichtlinie - ist anzuwenden bei der Errichtung, der Nutzung und dem Umbau von Kommunikationsnetzen für Landesdienststellen.
3 Zuständigkeiten
Für den Bau, einschließlich Planung, Ausschreibung und Vergabe, der Verkabelung zum Aufbau von Kommunikationsnetzen, ist die Landesbauverwaltung zuständig. Ausgenommen davon sind geringfügige Netzergänzungen und nicht fest verlegte Verkabelungen, die der Bedarfsträger in eigener Zuständigkeit erstellen kann.
Für den Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern - Polizei - sind die Zuständigkeiten in einem gesonderten Erlaß geregelt.
Die vom Kommunikationsnetz zu erfüllenden Forderungen muß der Bedarfsträger detailliert erarbeiten und der Landesbauverwaltung mit dem Bauantrag vorlegen. Hierbei sind insbesondere die für Telekommunikation und Informationstechnik zuständigen Stellen des Bedarfsträgers einzuschalten. Bei umfangreichen Kommunikationsnetzen für Datendienste kann der Bedarfsträger das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik beteiligen.
4 Anforderungen an eine zukunftssichere Verkabelung
Unabhängig von den örtlichen Besonderheiten muß eine Verkabelung folgende Anforderungen erfüllen:
4.1 Größtmögliche Flexibilität hinsichtlich der Anschließbarkeit von Geräten
Durch die Art der Verkabelung und den hierbei verwendeten Kabeltyp dürfen sich keine Einschränkungen in der Anschließbarkeit von Endgeräten (z. B. DV-Endgeräte, Drucker, Telefon- und Telefaxgeräte) ergeben. Herstellerkonzepte, die auf einem eigenen, nicht genormten Kabeltyp oder Übertragungsverfahren aufbauen, sind für eine zukunftssichere Verkabelung nicht geeignet.
4.2 Größtmögliche Flexibilität bei der Belegung von Räumen
Das Kommunikationsnetz muß der Organisationsstruktur des Nutzers einfach - ohne großen Aufwand - angepaßt werden können (z. B. bei Raumbelegungsänderung).
4.3 Modulare Ausbaufähigkeit
Die Integration weiterer Endgeräte - ggf. unter Einsatz anderer Anschlußtechniken - in das bestehende Netz muß unter Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Netzes möglich sein.
4.4 Größtmögliche Unterstützung aller genormten LAN - Techniken
Das Verkabelungssystem muß erforderlichenfalls die Benutzung unterschiedlicher LAN-Techniken auf den bestehenden Leitungsverbindungen zulassen.
4.5 Reserven bei der Übertragungskapazität
In Hinblick auf zukünftige Anforderungen an ein Kommunikationsnetzwerk und die darauf zu übertragenden Informationen - z. B. hochauflösbare Graphik, Bewegtbildübertragung - muß die Verkabelung eine ausreichend hohe Übertragungskapazität haben.
4.6 Administrierbarkeit der Endgeräteanschlüsse
Die zu wählende Netztopologie muß gewährleisten, daß Endgeräteanschlüsse steuerbar und administrierbar sind (bei Bus- und Ringtopologien ist das nur begrenzt möglich).
4.7 Unempfindlichkeit gegen äußere Einflüsse bzw. Abstrahlung
Bei der Auswahl des zu verwendenden Kabeltyps und dessen Verlegung ist auf Unempfindlichkeit gegen äußere Einflüsse - z. B. elektrische Störfelder - und die erforderliche Abstrahlsicherheit zu achten. Auf die entsprechenden Installationsregeln ist besonders zu achten.
5 Planung und Errichtung von Kommunikationsnetzen
Das zu planende Kommunikationsnetz muß sowohl die derzeitig absehbaren Anforderungen als auch den zukünftigen Bedarf ohne Nachinstallation erfüllen können. Als Nutzungszeitraum ist im Regelfall ein Zeitraum von ca. 10 Jahren zugrunde zu legen.
Die Planungsvorgaben ergeben sich aus
- dem Bedarf an Informations- und Kommunikationstechnik,
- den baulichen Gegebenheiten,
- etwaigen besonderen Anforderungen
- wie z. B. Abhörsicherheit, besondere Abschirmung, elektr. Potentialtrennung und
- den technischen Rahmenbedingungen.
5.1 Bedarfsanalyse der nutzenden Verwaltung
Die Bedarfsanalyse erfordert zunächst die Ermittlung des aktuellen wie auch des zukünftigen Bedarfs an Informations- und Kommunikationstechnik für die vorgesehene Organisationsstruktur durch die nutzende Verwaltung.
5.2 Örtliche Gegebenheiten
Für Verkabelungsmaßnahmen sind zunächst durch die Bauverwaltung die baulichen und objektbezogenen Bedingungen zu untersuchen, wie
- vorgesehene Bau- und Umbaumaßnahmen,
- Nutzungsänderungen von Raumbereichen und Kabelwegen,
- bei Anmietungen Dauer und Bedingungen des Mietvertrages,
- Denkmalschutzauflagen,
- Brandschutzmaßnahmen, z. B. für Leitungsführung durch Decken und Brandwände,
- Anhäufung von Kabeln in Rettungswegen,
- Deckung des Raumbedarfes für Etagenverteiler, Hausverteiler und Systembetriebsraum,
- Nutzung vorhandener oder neu zu erstellender Kabelkanäle,
- Stromversorgung der aktiven Netzkomponenten sowie der DV-Geräte und
- elektromagnetische Verträglichkeit (EVM).
Für die Unterbringung der zentral genutzten Komponenten (z. B. Server, Bridges, Router, ggf. TK-Anlage) ist die Bereitstellung eigener Systembetriebsräume sowohl aus technischer als auch aus organisatorischer Sicht erforderlich. Bei der Standortfestlegung sind zu berücksichtigen:
Raumgröße, Raumhöhe, Kabel- und Leitungsführung, Tragfähigkeit des Fußbodens, elektr. Leitfähigkeit des Fußbodens, Lage, Himmelsrichtung, Sonnenschutz, Wärmeabführung, Transportwege, räumliche Nähe für die Systembetreuung, Stromversorgung - ggf. unterbrechungsfrei, Erdung, Potentialausgleich, Überwachungs- , Brandmelde- und Feuerlöscheinrichtungen, Zugangskontrollsystem.
5.3 Technische Rahmenbedingungen
Die jeweiligen Verkabelungssysteme sollen die nachstehend erläuterten technischen Anforderungen erfüllen.
5.3.1 Strukturierte Verkabelung
Im Regelfall wird die Verkabelung von Liegenschaften in den einzelnen Bereichen folgendermaßen strukturiert:
- Primärverkabelung (Verkabelung der Gebäude untereinander),
- Sekundärverkabelung (Verkabelung im Steigebereich des Gebäudes),
- Tertiärverkabelung (Verkabelung der Etage bis zur Anschlußdose).
Primär- und Sekundärverkabelung
Die Primärverkabelung muß besonders mechanisch stabil, temperaturbeständig, witterungsfest und alterungsbeständig sein.
Für Netze im Bereich der Informationstechnik eignen sich Lichtwellenleiter (LWL) für Primär- und Sekundärbereich. Die Vorteile der LWL-Verkabelung liegen bei der Überbrückung großer Entfernungen und der galvanischen Trennung der angeschlossenen Stationen (z. B. bei Blitzschlag). Empfohlen werden Bündelkabel mit 12 Gradiendenfasern 50/125 bzw. 62,5/125 (je nach günstiger Beschaffung). Es sollte nur ein Fasertyp verwendet werden, da die Übergänge jeweils höhere Dämpfung verursachen.
Für die Netze im Bereich der Telekommunikation wird im Regelfall das typische Fernmeldekabel I-Y(st)Y n x 2 x 0,6 bis zu den Etagenverteilpunkten verwendet. Das Kabel ist sternverseilt und besitzt einen Folienschirm.
Tertiärverkabelung
Im Tertiärbereich ist eine Verkabelung vorzusehen, die unabhängig von der jeweiligen aktuellen Nutzung für Sprach- bzw. Datenkommunikation ist, eine ausreichende Übertragungskapazität hat und damit wahlweise für unterschiedliche Endgeräte (z. B. Arbeitsplatzrechner, Terminals, Drucker, Telefon) genutzt werden kann. Es sind Kabel mit günstigen Verlegeeigenschaften (z. B. geringer Kabeldurchmesser, geringer Biegeradius) einzusetzen. Besonders geeignet ist hierfür 100 Ohm UTP-Kabel (Unshielded Twisted Pair) mit Folienschirmung und Beilaufdraht (Kabel der Kategorie 5 gemäß der technischen Richtlinie "Commercial Building Wiring Telecommunications Wiring Standard EIA/TIA 568" der Electronic Industries Association). Pro Anschluß sind 4 Doppeladern vorzusehen. Die Verteilpunkte je Etage sollten so liegen, daß die maximale fest installierte Kabellänge bis zur Anschlußdose 90 m nicht übersteigt.
Bei Neu- und größeren Umbaumaßnahmen ist die Telefon- und Datenverkabelung im Tertiärbereich grundsätzlich mit den oben beschriebenen UTP-Kabeln auszuführen. Beide Netze, die zusammen verlegt werden sollten, sind in gemeinsame Verteilungen zu führen.
Die in Abschnitt 4.2 geforderte Raumflexibilität läßt sich nur bei einer flächendeckenden Verkabelung (Vollverkabelung) erreichen. Da die Installationskosten pro Arbeitsplatz bei einer Vollverkabelung gegenüber wiederholten kostenintensiven Teilverkabelungsmaßnahmen geringer sind, sollte grundsätzlich bei Neubaumaßnahmen und bei umfassenden Umbaumaßnahmen von vornherein eine Vollverkabelung installiert werden.
Kann aus baulichen, organisatorischen oder haushaltsmäßigen Gründen zunächst nur eine Teilverkabelung ausgeführt werden, muß eine spätere Vollverkabelung durch Anordnung und Freihaltung entsprechender Raumbereiche für Verteiler, Kabelschächte, Kabelkanäle usw. möglich sein.
5.3.2 Verteilpunkte
In den Gebäuden sind geeignete, ausreichend bemessene Standorte für Verteilerschränke der Unterverteilpunkte sowie für einen Hausverteilpunkt festzulegen. Grundsätzlich sind alle Unterverteiler sternförmig mit dem Hauptverteiler zu verbinden (Kaskadierungen sind zu vermeiden). Die Anzahl der Verteiler ist den Erfordernissen anzupassen. Bei kleinen Gebäuden können in der Regel mehrere Etagen von einem Verteilpunkt aus versorgt werden.
Bei Neuinstallationen und umfassenden Umbaumaßnahmen sollten für Telefon- und Datennetz gemeinsame Verteiler schränke aufgestellt werden, um günstige Rangiermöglichkeiten zwischen Datennetz und Telefonnetz zu schaffen und das Verkabelungssystem flexibel nutzen zu können.
5.3.3 Ausstattung der Arbeitsplätze mit Kommunikationsanschlüssen
Da sich auf Grund der zu erwartenden technischen Entwicklung die Zahl der Endgeräte am Arbeitsplatz zukünftig erheblich vergrößern wird, sind mehrere Endgeräteanschlüsse pro Büroraum vorzusehen. Unabhängig von dem jetzigen Bedarf und der derzeitigen Raumbelegung sollten deshalb je Raum mindestens ein TK- und ein DV-Anschluß für die ersten 12 m² und für jede weiteren 6 m² ein zusätzliches Anschlußpaar installiert werden, sofern der Raumzuschnitt die Anordnung entsprechender Arbeitsplätze zuläßt. Dieser Richtwert gilt nicht für Großraumbüros.
Als Anschlußdosen sind für das Datennetz geschirmte RJ45- Dosen und für das Telefonnetz ungeschirmte RJ45-Dosen vorzusehen. Vorzugsweise sollten Zweifach-Dosen verwendet werden.
Austattung von Büroräumen mit Kommunikationsanschlüssen
Raumgröße | Anzahl der Datenanschlüsse (Anz. Doppeldosen) | Anzahl der Telefonanschlüsse (Anz.Doppeldosen) |
---|---|---|
12 m² | 1 (1) | 2 (1) |
18 m² | 2 (1) | 4 (2) |
24 m² | 3 (2) | 4 (2) |
30 m² | 4 (2) | 6 (3) |
36 m² | 5 (3) | 6 (3) |
1. Hinweis: Da für die TK- und DV-Verkabelung der gleiche Kabeltyp (UTP; 4-paarig) verwendet wird, kann ein Kabel entweder einen DV-Anschluß oder zwei TK-Anschlüsse versorgen.
2. Hinweis: Für die Versorgung der DV-Geräte aus dem 230V- Netz sind gesonderte, von der allgemeinen Stromversorgung getrennte, Stromkeise vorzusehen. Die Anzahl dieser Steckdosen orientiert sich an der Anzahl der Datenanschlüsse (für einen Datenanschluß ein Paar Steckdosen).
6 Ausnahmeregelungen
Von den vorstehend festgelegten technischen Vorgaben kann im Ausnahmefall abgewichen werden, wenn dies aus baulichen und/oder technischen Gründen zwingend notwendig ist. Im Rahmen der Vorbereitung der Baumaßnahme ist die Zustimmung der für die Genehmigung der Maßnahme zuständigen Dienststelle erforderlich.
7 Weitere technische Ausführungsregelungen
Weitere technische Regelungen werden in einem in Vorbereitung befindlichen Verkabelungshandbuch getroffen.