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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Verleihung der Rechtsfähigkeit nach § 22 des Bürgerlichen Gesetzbuches (wirtschaftlicher Verein) an Erzeugergemeinschaften und Vereinigungen von Erzeugergemeinschaften im Sinne des Marktstrukturgesetzes


vom 19. März 1993
(ABl./93, [Nr. 32], S.603)

In Vollzug der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB MG ZV) vom 19. September 1992 (GVBl. II S. 618) erläßt der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die folgende Richtlinie:

1. Allgemeines

Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Anpassung der landwirtschaftlichen Erzeugung an die Erfordernisse des Marktes (Marktstrukturgesetz) vom 6. September 1990 (BGBl. I S. 2943) setzt die Anerkennung von Erzeugergemeinschaften (im folgenden "Zusammenschlüsse") deren Rechtsfähigkeit als juristische Personen des Privatrechts voraus. Für Vereinigungen von Erzeugergemeinschaften besteht eine derartige Anerkennungsvoraussetzung nicht; gleichwohl können sich auch diese Vereinigungen in der Rechtsform der juristischen Person des Privatrechts bilden.

Juristische Personen des Privatrechts sind eingetragene Vereine, Genossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften.

Außerdem kommt für die vorgenannten Zusammenschlüsse auch die Wahl der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins in Betracht, dem die Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB verliehen wird. Hat sich der Zusammenschluß für die Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins entschieden, kann ihm die Rechtsfähigkeit nach Maßgabe der folgenden Grundsätze verliehen werden:

2. Voraussetzung für die Verleihung der Rechtsfähigkeit

2.1 Der Zusammenschluß muß - abgesehen von der noch fehlenden  Rechtsfähigkeit - alle Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem Marktstrukturgesetz erfüllen.

2.2 In der Satzung des Zusammenschlusses müssen die zwingenden  und nachgiebigen Vorschriften des allgemeinen Vereinsrechts (§§ 24 bis 53 BGB) und die entsprechend anzuwendenden Vorschriften der §§ 56 bis 59 BGB beachtet sein.

2.3 Die Satzung des Zusammenschlusses muß ferner folgende Regelungen enthalten:

2.3.1 Bindung der Wirksamkeit jeder Satzungsänderung an die Genehmigung durch die Verleihungsbehörde.

2.3.2 Verpflichtung des Vorstandes, der Mitgliederversammlung eine Jahresrechnung vorzulegen; dies gilt nicht für Zusammenschlüsse nach 2.5 und 2.6.

2.4 Der Zusammenschluß muß der Verleihungsbehörde eine Haftungssumme von mindestens DM 20.000 (in Bar- oder Sachleistungen) nachweisen.

Soweit Interessen des Gläubigerschutzes nicht entgegenstehen, kann die Verleihungsbehörde, um die Gründung von Zusammenschlüssen in der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins und dessen Tätigkeit zu erleichtern, im Einzelfall die Haftungssumme bis auf DM 5.000 herabsetzen oder ganz von ihr absehen; dies gilt nicht für Zusammenschlüsse nach 2.5 und 2.6.

2.5 Erwirbt der Zusammenschluß die Erzeugnisse seiner Mitglieder oder tritt er für die Mitglieder als Kommissionär auf, müssen zusätzlich folgende Voraussetzungen vorliegen:

2.5.1 Die Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins muß nach der Zielsetzung des Marktstrukturgesetzes sowie nach der wirtschaftlichen Größenordnung und Mitgliederzahl des Zusammenschlusses zweckmäßig sein.

2.5.2 In der Satzung muß sich der Zusammenschluß außerdem verpflichten,

  • jährlich eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung und einen Geschäftsbericht entsprechend §§ 33 bis 33f des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 369), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Oktober 1973 (BGBl. I S. 1451), aufzustellen und der Mitgliederversammlung sowie der Verleihungsbehörde bis spätestens 30. April des folgenden Jahres vorzulegen,
  • jährlich die Bücher und Rechnungen durch einen Wirtschaftsprüfer, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einen anderen unabhängigen sachkundigen Prüfer prüfen zu lassen und der Mitgliederversammlung sowie der Verleihungsbehörde das Prüfungsergebnis bis spätestens 30. April des folgenden Jahres vorzulegen.

2.6 Soweit es die Größe des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes eines Zusammenschlusses erfordert, sind 2.5.1 und 2.5.2 auch dann anzuwenden, wenn der Zusammenschluß keine der in  2.5  genannten Tätigkeiten ausübt.

3. Regelung für Vereinigungen von Erzeugergemeinschaften

3.1 Einer Vereinigung von Erzeugergemeinschaften kann die Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB verliehen werden, wenn diese  Rechtsform für sie zweckmäßig ist.

3.2 Dieser Runderlaß findet, soweit die Voraussetzungen nach 3.1 vorliegen, auf Vereinigungen von Erzeugergemeinschaften entsprechende Anwendung.

4. Auflagen und Bedingungen

4.1 In den Bescheid über die Erlangung der Rechtsfähigkeit werden folgende Auflagen aufgenommen:

4.1.1 die Verpflichtung des Zusammenschlusses, der Verleihungsbehörde

  • jede Änderung der Satzung,
  • jährlich den Mitgliederstand (Stichtag: 31.12.),
  • den Beschluß über die Auflösung,
  • die Eröffnung des Konkurses,
  • die Eröffnung des Vergleichsverfahrens

unverzüglich mitzuteilen;

4.1.2 die Verpflichtung des Zusammenschlusses,

  • Namen und Anschrift der jeweils amtierenden Mitglieder des Vorstandes unverzüglich in dem vom Zusammenschluß für Bekanntmachungen bestimmten Blatt zu veröffentlichen und die Veröffentlichung der Verleihungsbehörde nachzuweisen;
  • der Verleihungsbehörde bis spätestens 30. April des folgenden Jahres die Jahresrechnung des Zusammenschlusses vorzulegen und gleichzeitig nachzuweisen, daß die Mitgliederversammlung diese gebilligt hat; dies gilt nicht für Zusammenschlüsse nach 2.5 und 2.6;
  • der Verleihungsbehörde auf Verlangen zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung Einsicht in die Kassen- und sonstigen Buchungsunterlagen zu gewähren und die hierfür erforderlichen Auskünfte zu erteilen;
  • bei Vorliegen der Voraussetzungen 2.5 und 2.6 Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Geschäftsbericht und Prüfungsbericht der Verleihungsbehörde bis spätestens 30. April des folgenden Jahres vorzulegen;

4.1.3 die Berechtigung der Verleihungsbehörde, auch nach Verleihung der Rechtsfähigkeit weitere Auflagen und Bedingungen zu verfügen, soweit dies Interessen des Gläubigerschutzes erfordern.

4.2 Die Verleihung der Rechtsfähigkeit kann an weitere Auflagen und Bedingungen geknüpft werden.

5. Entzug der Rechtsfähigkeit durch Widerruf der Verleihung

5.1 Die Rechtsfähigkeit wird durch Widerruf der Verleihung entzogen, wenn

5.1.1 eine der Verleihungsvoraussetzungen zur Zeit der Verleihung nicht gegeben war,

5.1.2 die Anerkennung des Zusammenschlusses nach dem Marktstrukturgesetz widerrufen wurde.

5.2 Die Rechtsfähigkeit kann durch Widerruf der Verleihung entzogen werden, wenn

5.2.1 eine der Verleihungsvoraussetzungen später weggefallen ist,

5.2.2 der Zusammenschluß einer Bedingung oder Auflage nicht nachkommt,

5.2.3 eine der Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 und 4 BGB gegeben ist.

6. Bezeichnung des Zusammenschlusses

Mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit hat der Zusammenschluß das Recht, die zusätzliche Bezeichnung "wirtschaftlicher Verein" zu führen.

7. Veröffentlichungen

7.1 Die Verleihung der Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB wird von der Verleihungsbehörde im Amtsblatt des Landes Brandenburg  veröffentlicht.

7.2 Die Veröffentlichung enthält:

7.2.1 Name und Sitz des Zusammenschlusses,

7.2.2 Gegenstand des Unternehmens,

7.2.3 Tag der Beschlußfassung der Vereinssatzung.

7.3 Bei Auflösung des Zusammenschlusses sowie bei Entzug der Rechtsfähigkeit gelten 7.1 und 7.2 entsprechend.

8. Verzeichnis der Zusammenschlüsse

8.1 Die Verleihungsbehörde führt ein Verzeichnis aller Zusammenschlüsse, denen nach dem Marktstrukturgesetz in Verbindung mit diesem Runderlaß die Rechtsfähigkeit verliehen wurde.

8.2 Das Verzeichnis enthält:

8.2.1 Angaben nach 7.2,

8.2.2 jeweilige Zusammensetzung des Vorstandes und Anschriften der Vorstandsmitglieder,

8.2.3 Satzungsänderungen,

8.2.4 Zahl der Mitglieder des Zusammenschlusses am Ende eines Jahres,

8.2.5 Tag der Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens,

8.2.6 Tag der Auflösung des Zusammenschlusses,

8.2.7 Tag des Entzugs der Rechtsfähigkeit durch die Verleihungsbehörde.

8.3 Einsicht in das Verzeichnis und in die der Verleihungsbehörde vorliegende Satzung ist demjenigen zu gewähren, der ein berechtigtes wirtschaftliches oder sonstiges Interesse glaubhaft macht.

9. Antragstellung

9.1 Der Antrag auf Erlangung der Rechtsfähigkeit ist bei der zuständigen Stelle einzureichen.

9.2 Soweit eine Anerkennung noch nicht vorliegt, ist der Antrag zusammen mit dem Antrag auf Anerkennung nach der Maßgabe des Marktstrukturgesetzes zu stellen.

9.3 Dem Antrag auf Erlangung der Rechtsfähigkeit sind beizufügen:

9.3.1 ein von mindestens sieben Mitgliedern des Zusammenschlusses unterzeichnetes Satzungsexemplar,

9.3.2 Namen und Anschriften der Vorstandsmitglieder,

9.3.3 Zahl der Mitglieder des Zusammenschlusses,

9.3.4 eine von allen Mitgliedern des Vorstandes unterzeichnete Aufstellung des Vermögens des Zusammenschlusses (ggf. die Höhe des vom einzelnen Mitglied übernommenen Beitrages zum Vereinsvermögen oder des vom einzelnen Mitglied übernommenen Haftungsbetrages).

9.3.5 Darlegung der beabsichtigten Tätigkeit und der in den folgenden drei Jahren erwarteten Umsatzentwicklung.

10. Kostenpflicht

Amtshandlungen der Verleihungsbehörde im Vollzuge dieser Richtlinie sind kostenpflichtig.

11. Zuständigkeit

11.1 Verleihungsbehörde für Erzeugergemeinschaften und Vereinigungen von Erzeugergemeinschaften gemäß § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

11.2 Die Verleihungsbehörde ist auch für die Genehmigung von Satzungsänderungen und für den Entzug der Rechtsfähigkeit zuständig.

11.3 Zuständige Stelle, bei der Anträge auf Verleihung der Rechtsfähigkeit einzureichen sind, ist die Verleihungsbehörde.

12. Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 01.03.1993 in Kraft.