Kriminalpolizeilicher Meldedienst „Landfriedensbruch und verwandte Straftaten“
vom 6. Dezember 1992
(ABl./93, [Nr. 49], S.1056)
1. Zweck des Meldedienstes
Die Begehung schwerer Straftaten im Zusammenhang mit politisch bestimmten öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen mißbraucht und bedroht die grundgesetzlich garantierte Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Ziele des Meldedienstes sind es,
- durch die zentrale Sammlung und Auswertung von Erkenntnissen überregional oder steuernd handelnde Straftäter und Tatzusammenhänge zu erkennen und dadurch
- Hinweise für die Verhütung von Straftaten der in Satz 1 genannten Art zu ermöglichen.
2. Meldepflichtige Straftaten
Meldepflichtig ist die Einleitung von Ermittlungsverfahren (§§ 152 Abs. 2, 160, 163 StPO) in folgenden Fällen, soweit die Tat in einem örtlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer politisch bestimmten öffentlichen Versammlung oder einem solchen Aufzug stand oder wenn sie aus Zusammenrottungen heraus begangen wurde.
2.1 Landfriedensbruch (§§ 125, 125 a, 126 Abs. 1 Nr. 1 StGB),
2.2 Schwerer Hausfriedensbruch (§ 124 StGB),
2.3 Führung von Waffen (§ 27 VersG),
2.4 Fälle von
- Straftaten mit Gewalttätigkeiten (aggressiver Einsatz physischer Kraft),
- gegen Leib oder Leben,
- gegen fremde Sachen,
- Plünderungen,
- gemeingefährlicher Straftaten der in § 126 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 StGB bezeichneten Art,
- Mitführung von Waffen und verbotenen Gegenständen (§ 53 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 3 WaffG).
2.5 Straftaten nach § 111 StGB, soweit zu einer strafbaren Handlung im Sinne der Nrn. 2.1 bis 2.4 aufgefordert wird.
3. Meldeverfahren
3.1 Die Polizeidienststellen melden dem Bundeskriminalamt über das zuständige Landeskriminalamt fernschriftlich die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer der in Nr. 2 bezeichneten Straftaten unter Angabe
- des Ereignisses (Kurzdarstellung des Sachverhaltes),
- des angegriffenen Objekts/Ziels,
- der Personalien des/der Beschuldigten,
- des Tatmittels und ggf. benutzten Kraftfahrzeuges
und versehen das Fernschreiben mit dem Zusatz:
"FS gilt als Meldung Landfriedensbruch. Um Aufnahme in den geschützten INPOL-Fahndungsbestand wird gebeten".
Das Bundeskriminalamt teilt anhand der von ihm geführten Unterlagen etwaige ergänzende Erkenntnisse oder Zusammenhänge mit.
3.2 Ergeben die Ermittlungen oder eine der Polizei bekannte Entscheidung der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts, daß die Gründe, die zur Aufnahme in den Meldedienst geführt haben, nicht zutreffen, so unterrichten die Polizeidienststellen das BKA hierüber.
4. Verarbeitung des Meldeaufkommens
4.1 Die strafrechtlichen Sachverhalte dieses Meldedienstes sind in APIS zu dokumentieren, soweit nach der Errichtungsanordnung APIS zulässig ist.
4.2 Darüber hinaus werden vom Bundeskriminalamt die gemeldeten Personen- und Kfz-Daten in einem geschützten INPOL-Fahndungsbestand gespeichert.
4.3 Die Speicherungsfrist im geschützten Fahndungsbestand beträgt längstens 5 Jahre, gerechnet vom Datum der letzten Erfassung aus Anlaß der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gem. Nr. 2. Bei Einstellung des Verfahrens, bei Freispruch oder bei Änderung des rechtlichen Gesichtspunktes im Sinne der Nr. 3.2 erfolgt sofortige Löschung. Bei einem verbleibenden Restverdacht ist die weitere Speicherung nach Einzelfallprüfung möglich.
4.4 Das Bundeskriminalamt gibt auf Anfrage Auskunft über Einzelinformationen unter Beachtung von § 15 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und Nr. 5 der Dateienrichtlinien. Die Verpflichtung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BKA-Gesetz bleibt unberührt.
5. Freigabe des INPOL-Fahndungsbestandes
5.1 Zur Verhütung von Straftaten im Sinne der Nr. 1 wird der geschützte INPOL-Fahndungsbestand bis zur Realisierung eines dezentralen Erfassungssystems durch das Bundeskriminalamt, aus aktuellem Anlaß auf fernschriftliche Anforderung der für den Einsatz zuständigen Polizeidienststelle und mit Zustimmung des Innenministers/-senators des betroffenen Landes, für einen festgesetzten Zeit- und Fahndungsraum zur Abfrage freigegeben.
5.2 Bei Übernahme in den Fahndungsbestand ist
- als Ausschreibungsanlaß
"Gefahrenabwehr Landfriedensbruch", - als Ausschreibungszweck
"Kontrolle soweit nach Polizeirecht zulässig"
vorzusehen.
5.3 Bei Antreffen einer ausgeschriebenen Person ist besonders darauf zu achten, ob Gegenstände mitgeführt werden, die eine unfriedliche Teilnahme oder eine Störung der öffentlichen Versammlung oder eines Aufzuges befürchten lassen.
Eingriffsmaßnahmen dürfen nicht allein daraus hergeleitet werden, daß eine Fahndungsnotierung gemäß Nr. 5.2 besteht.