Aufenthaltsrechtliche Behandlung von Asylbewerbern; Zuständigkeit des Landes Brandenburg zur Ausführung von Bundesrecht in Asylverfahrensangelegenheiten für die Entgegennahme und Bearbeitung aller Asylanträge in Brandenburg
vom 1. Januar 1991
(ABl./91, [Nr. 15], S.380)
Alle Landkreise und kreisfreien Städte
nachrichtlich:
Ministerpräsident des Landes Brandenburg
Heinrich-Mann-Alle 107
O-1561 Potsdam
Tel.: /3 64 43
Ministerium der Justiz und Bevollmächtigten in Bundesangelegenheiten des Landes Brandenburg
Heinrich-Mann-Allee 107
O-1561 Potsdam
Tel.: /3 65 90
An das
Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg
Heinrich-Mann-Allee 107
O-1561 Potsdam
Tel.: /3 68 00
Gemeinsames Landeskriminalamt
Lichtenauer Str. 29-47
O-1092 Berlin
Tel.: /5 54 55 25 25
Telefax: /55 45 20 80
Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber
John-Schehr-Straße
O-1220 Eisenhüttenstadt
Tel.: /4 31 66
Zentrale Arbeitsvermittlung
Gotlindestraße 47
O-1136 Berlin
Tel.: /23 72 10 84
Stadt Eisenhüttenstadt
- mit den Nebenabdrucken für die
Ausländerbehörden
Bundesminister des Innern
Graurheindorfer Straße 198
Postfach 17 02 90
5300 Bonn 1
Tel.: 02 28/6 81-1
Telefax: 02 28/6 71-46 65
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
Rothenburger Straße 29
8502 Zirndorf
Tel.: 09 11/65 53-0
Telefax: 09 11/65 53 23 82
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
- Außenstelle Eisenhüttenstadt -
John-Schehr-Straße 72
O-1220 Eisenhüttenstadt
Tel.: /4 30 51
Bundesverwaltungsamt
Ausländerzentralregister
Postfach 27 80 08
5000 Köln 1
Grenzschutzamt
Frankfurt/Oder und Schönefeld
Innenminister/-senatoren der Länder
1. Allgemeines
Das Land Brandenburg ist durch Artikel 16 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz sowie den Einigungsvertrag (Anlage 1 Kap. II, Sachgebiet B, Abschnitt III, Ziffer 3 - 6) durch die Übernahme des Ausländergesetzes und des Asylverfahrensgesetzes verpflichtet, Asylbewerber aufzunehmen sowie Institutionen zu schaffen, die eine ordnungsgemäße Durchführung des Asylverfahrens gewährleisten.
Die Landesregierung Brandenburg hat mit Kabinettbeschluß vom 18.12.1990 entsprechend § 8 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz bestimmt, daß für das Land Brandenburg eine Zentrale Ausländerbehörde für Asylbewerber (= nachfolgend: ZABH) in Eisenhüttenstadt ab dem 01.01.1991 für die Entgegennahme von Asylanträgen zuständig ist.
Adresse: John-Schehr-Straße 72
O-1220 Eisenhüttenstadt
Tel.: /4 30 51
Vom genannten Zeitpunkt an erfolgt die Entgegennahme und ausländerbehördliche Bearbeitung von Asylanträgen nach § 8 und von Folgeanträgen nach § 14 des Asylverfahrensgesetzes; darüber hinaus ist die Zentrale Ausländerbehörde für Asylbewerber des Landes Brandenburg zuständig für alle Maßnahmen des Asylverfahrensgesetzes.
Gleichzeitig wird die Außenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt (= nachfolgend: BAFl - ASt EH -) errichtet (Adresse: s. S. 380).
Durch diese organisatorischen Maßnahmen soll eine Beschleunigung des Asylverfahrens erreicht werden, insbesondere durch die Möglichkeit, die Anhörung durch das BAFl - ASt EH - in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung bei der ZABH vorzunehmen (§ 12 Abs. 3 AsylVfG).
2. Asylantragstellung
2.1.Ausländer, die sich nach dem 01.01.1991 bei einer örtlichen Ausländerbehörde in Brandenburg melden, sind auf die alleinige Zuständigkeit der ZABH in Eisenhüttenstadt für die Entgegennahme von Asylanträgen hinzuweisen, wenn ihrem Vorbringen zu entnehmen ist, daß sie einen Asylantrag stellen möchten. Sitz der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (= nachfolgend: ZASt) ist Eisenhüttenstadt (Adresse: s. S. 380); die Aufnahmekapazität der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt beträgt zur Zeit 600 Aufnahmeplätze. Sie sind aufzufordern, unverzüglich nach Eisenhüttenstadt zu reisen, sich bei der ZASt zu melden und innerhalb der üblichen Bürozeiten den Asylantrag bei der ZABH zu stellen. Die Ausländer sind der ZASt nach Möglichkeit fernmündlich anzukündigen.
2.2.Vorhandene Ausweisdokumente sind zu fotokopieren und mit einer Ausfertigung der nach anliegendem Vordruck zu erteilenden Bescheinigung umgehend - möglichst im Telefaxverfahren - zu übermitteln.
Eine weitere Ausfertigung dieser Bescheinigung ist dem Ausländer auszuhändigen.
2.3.Schriftliche Asylfolgeanträge leiten die Ausländerbehörden unter Beifügung eventuell vorhandener Ausländerakten umgehend an die ZABH weiter. Bei mündlichen Asylfolgeanträgen gilt Nr. 2.1 entsprechend.
2.4.Folgeanträge von Asylbewerbern, deren Erstanträge in anderen Bundesländern bearbeitet wurden, sind unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Erstverfahrens zurückzugeben oder - soweit die zuständige Ausländerbehörde bekannt ist - an diese weiterzuleiten, wobei der Antragsteller über die Abgabe zu benachrichtigen ist.
3. Gewährung von Sozialhifeleistungen
Für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Ausländer, die einen Asylantrag stellen wollen, ist die ZASt in Eisenhüttenstadt zuständig. Bedürftigen Ausländern sind die Fahrkarten - unter Ausschluß der Rückgabe gegen Erstattung des Fahrpreises - und sonstige unerläßlich notwendige Leistungen für die Anfahrt nach Eisenhüttenstadt zu gewähren.
Hierzu kann im Einzelfall auch die Unterbringung für eine oder zwei Nächte gehören, wenn anderenfalls die Ausländer nachts oder jedenfalls außerhalb der üblichen Bürozeiten der ZASt in Eisenhüttenstadt eintreffen würden. Die Unterbringung und Versorgung einer großen Anzahl von Asylbewerbern aus verschiedenen Herkunftsländern zu einer Zeit, in der nur ein Notdienst besteht, würde die ZASt vor schwer lösbare Probleme stellen.
Nach der Umverteilung des Asylbewerbers ist das Sozialamt der jeweiligen Landkeise und der kreisfreien Städte für die Gewährung von Sozialhilfeleistung zuständig.
4. Ausländerbehördliche Bearbeitung durch die ZABH in Eisenhüttenstadt
4.1. Beachtliche Asylanträge
Alle nach den Bezugserlassen von den Ausländer-, Sozial-, Gesundheits- und Polizeibehörden zu veranlassenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Asylantragstellung und der Folgeantragstellung obliegen nach Maßgabe dieses Erlasses ab 01.02.1991 der ZABH und der ZASt in Eisenhüttenstadt. Die ZABH prüft die Beachtlichkeit des Asylantrages und hört den Asylbewerber ausführlich (gem. § 8 AsylVfG) dazu an, ob er
- Asylgründe geltend macht (§ 7 Abs. 1 AsylVfG)
- bereits in einem anderen Land vor politischer Verfolgung sicher war/bereits einen Konventionspaß besitzt (§ 7 Abs. 2 und 3 AsylVfG)
- mit gefälschten Ausweisen o. ä. eingereist/mit Hilfe von Schlepperorganisationen in das Bundesgebiet gelangt ist (Reisewegproblematik).
Über diese Anhörung fertigt die ZABH eine Niederschrift an, die vom Asylbewerber, Dolmetscher und dem Bediensteten der ZABH unterschrieben wird, und erstellt für einen beachtlichen Asylantrag anhand ihrer Unterlagen den Schnellbrief. Dieser Schnellbrief wird unverzüglich dem Bundesamt zugeleitet. Mit Zugang des Schnellbriefs ist das Asylverfahren beim Bundesamt anhängig.
Im Rahmen der ZABH-Anhörung werden dem Asylbewerber gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt:
- Merkblatt/Hinweis in der Heimatsprache über das Verfahren in Brandenburg
- Belehrung gem. § 17 AsylVfG
- Aufforderung mit Übersetzung in der Heimatsprache, sich "sofort, d. h. noch am heutigen Tage bis spätestens 14.30 Uhr" beim Bundesamt zu melden "zur dortigen Anhörung"
- Merkblatt/Hinweis über das Anhörungsverfahren beim Bundesamt
4.2. Unbeachtliche Asylanträge
4.2.1. Bei unbeachtlichen Asylanträgen hat die ZABH die notwendigen Maßnahmen nach § 10 AsylVfG zu treffen. Ist der Ausländer danach zur Ausreise verpflichtet, droht die ZABH ihm die Abschiebung unter Fristsetzung schriftlich an. Er ist darauf hinzuweisen, daß für einen eventuellen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (§ 10 Abs. 3 AsylVfG) das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder zuständig ist. Der Ausländer hat deshalb für die Dauer der Wochenfrist des § 10 Abs. 3 AsylVfG in der ZASt zu verbleiben. Stellt er keinen Antrag, veranlaßt die ZABH die Abschiebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
Wird ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, kann eine Verteilung auf eine Gemeinde, Kreis oder kreisfreie Stadt veranlaßt werden. Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder bleibt weiterhin zuständig (§ 52 VwGO). Wird die Abschiebungsandrohung vollziehbar, dann obliegt der ZABH die Abschiebung. Sie kann die örtliche Ausländerbehörde um Amtshilfe ersuchen. Die Kosten für die Abschiebung von Asylbewerbern werden aus dem Haushalt der ZABH getragen.
4.2.2. Die ZABH hat nach § 10 Abs. 1 AsylVfG auch zu prüfen, ob der Aufenthalt aus anderen Gründen zu ermöglichen ist (z. B. Bestehen eines Abschiebeverbots). Ausländer, die nicht abgeschoben werden dürfen, sind auf die Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte zu verteilen. Ihnen ist von der ZABH eine Duldung mit der Auflage zu erteilen, den Wohnsitz in der zugeteilten Gemeinde, Kreis oder kreisfreien Stadt zu nehmen.
4.3. Asylfolgeanträge
4.3.1. Beachtliche Anträge leitet die ZABH an das BAFl - ASt EH - weiter. Der Antragsteller ist darauf hinzuweisen, daß er weiterhin seinen Aufenthalt im Kreis oder einer kreisfreien Stadt der für den bisherigen Aufenthaltsort örtlich zuständigen Ausländerbehörde zu nehmen hat (§ 20 Abs. 1 und 2 AsylVfG), sofern die ursprüngliche Zuweisung noch wirksam ist. Anderenfalls erfolgt eine neue Zuweisung.
4.3.2. Bei unbeachtlichen Anträgen trifft die ZABH die nach § 10 i. V. m. § 14 AsylVfG notwendigen Maßnahmen. Die ZABH weist die Antragsteller, sofern deren ursprüngliche Zuweisung noch wirksam ist, auf die Verpflichtung zur Beibehaltung des bisherigen Aufenthaltsortes bis zur Beendigung des Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland hin. Da der Ausländer seinen ursprünglichen Aufenthalt beibehält, entscheidet über einen evtl. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO das für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Verwaltungsgericht (§ 52 VwGO), z. Z. das Verwaltungsgericht in Frankfurt/Oder. Darüber ist er zu belehren. Die Durchführung der Abschiebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt obliegt der ZABH. Ist die ursprüngliche Zuweisung nicht mehr wirksam, gilt Nr. 4.2.1 entsprechend.
4.3.3. Soweit aus anderen Gründen der Aufenthalt zu ermöglichen ist, gilt Nr. 4.2.2 entsprechend.
4.4.Stellt ein Ausländer, der der ZABH nach Nr. 2.2 als Antragsteller angekündigt wurde, innerhalb von drei Tagen nach Eingang der Unterlagen bei der ZABH keinen Asylantrag, dann veranlaßt die ZABH die zur Aufenthaltsermittlung und Aufenthaltsbeendigung notwendigen Maßnahmen.
5. Zusammenarbeit der ZABH mit dem BAFl - ASt EH - und der ZASt
5.1. Zur angestrebten Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens ist eine enge Zusammenarbeit zwischen der ZABH, dem BAFl - ASt EH - und der ZASt bei der Terminierung und Durchführung der Anhörungen und beim Dolmetschereinsatz sicherzustellen.
5.2. Die BAFl - ASt EH - ist ab 01.02.1991 zuständig für Asylbewerber aus Jugoslawien, Rumänien, Türkei, Iran, Afghanistan, Nigeria, Bulgarien, Vietnam, Indien, Pakistan, Ghana, Libanon und Ungeklärte aus dem Libanon. Eventuelle Änderungen werden jeweils durch Erlaß den Ausländerbehörden bekannt gegeben.
6. Unterbringung und Verteilung
6.1.Alle Ausländer, die in Brandenburg einen Asylantrag stellen, sind zunächst in der ZASt unterzubringen; ausgenommen sind:
- Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind (Wissenschaftler, Studenten, Arbeitnehmer, Familienangehörige von Asylberechtigten u. a.),
- alleinreisende minderjährige Ausländer, für die der Vormund eine anderweitige Unterbringung geregelt hat und
- Antragsteller von Asylfolgeanträgen, die bereits auf die brandenburgischen Gemeinden verteilt wurden.
6.2. Unmittelbar nach Durchführung der Anhörung durch das BAFl - ASt EH - sind die Asylbewerber auf die Landkreise und kreisfreien Städte in Brandenburg zu verteilen. In Ausnahmefällen kann in Absprache mit dem BAFl - ASt EH - eine Verteilung auch vor der Anhörung erfolgen. Asylfälle, die nicht von der Außenstelle in Eisenhüttenstadt bearbeitet werden (s. o. Nr. 5.2), sind unmittelbar nach Anhörung durch die ZABH von der ZASt zu verteilen. Im Interesse einer gleichmäßigen Belastung der Verwaltungsgerichte ist darauf zu achten, daß die Verteilung der Asylbewerber vor Zustellung der Entscheidung des BAFl erfolgt. Unberührt bleiben die Regelung für unbeachtliche Asylerstanträge und Folgeanträge (Nrn. 4.2.1 und 4.3.2).
6.3. Asylbewerber, die aus anderen Bundesländern nach Brandenburg umverteilt werden, sind zunächst ebenfalls in der ZASt unterzubringen. Falls die Anhörungen bereits vor der Verteilung nach Brandenburg erfolgt sind, kann eine sofortige Weiterverteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte vorgenommen werden. Im übrigen gilt Nr. 6.2 entsprechend.
7. Inkrafttreten und Neufassung
Dieser Erlaß ist ab 01.01.1991 anzuwenden. Im Zuge der Erarbeitung bundeseinheitlicher Verwaltungsvorschriften zum Asylverfahrensgesetz sollen auch die Bezugserlasse zu einem späteren Zeitpunkt überarbeitet werden.
Anmerkung: Die Anlage wurde nicht aufgenommen.