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Gesetz zu den Grundsätzen der Funktionalreform im Land Brandenburg (Funktionalreformgrundsätzegesetz - FRGGBbg)
Gesetz zu den Grundsätzen der Funktionalreform im Land Brandenburg (Funktionalreformgrundsätzegesetz - FRGGBbg)
vom 30. Juni 1994
(GVBl.I/94, [Nr. 17], S.230)
zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 3. April 2009
(GVBl.I/09, [Nr. 04], S.26, 57)
§ 1
Aufgabenverteilung
(1) Verwaltungsaufgaben sind möglichst orts- und bürgernah zu erfüllen. Dabei ist eine größtmögliche Bündelung vor Ort anzustreben und der Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung zu beachten.
(2) Die den obersten Landesbehörden, den Landesoberbehörden und den unteren Landesbehörden durch Landesrecht zugewiesenen Verwaltungsaufgaben sind spätestens bis zum 1. Januar 1997 durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes auf die Landkreise und kreisfreien Städte zu übertragen, es sei denn, daß dort eine sachgerechte, wirtschaftliche und effektive Aufgabenerledigung nicht erreicht werden kann; dabei sollen auch die Möglichkeiten einer Aufgabenerledigung durch Private geprüft werden.
(3) Sind neue Verwaltungsaufgaben nach Inkrafttreten dieses Gesetzes einer Behörde zur Wahrnehmung zuzuweisen, gilt Absatz 2 entsprechend.
§ 2
Aufgabenarten
(1) Die Landkreise und die kreisfreien Städte nehmen die nach § 1 Abs. 2 übertragenen Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr, sofern nicht bundesrechtlich etwas anderes bestimmt ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 ist die Wahrnehmung von Aufgaben im Wege der Organleihe durch die Landräte und Oberbürgermeister oder die Übertragung von Aufgaben als Landesauftragsangelegenheiten auf die Landkreise und kreisfreien Städte durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig, wenn die Besonderheit der Aufgabe, deren Komplexität oder der hohe Spezialisierungsgrad ein uneingeschränktes Weisungsrecht der Aufsichtsbehörden erfordert.
§ 3
Finanzierung
Für die nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 übergehenden Aufgaben finden die Regelungen des § 2 Abs. 5 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg Anwendung.
§ 4
Personalüberleitung
(1) Gehen Verwaltungsaufgaben des Landes vollständig oder teilweise auf kommunale Gebietskörperschaften über, werden die Arbeitnehmer, die diese Aufgaben bisher wahrgenommen haben, nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen in den Dienst der kommunalen Gebietskörperschaften übernommen. Für die von der Überleitung betroffenen Beamten gelten die Bestimmungen des § 31 des Landesbeamtengesetzes.
(2) Das Land und die beteiligten Gebietskörperschaften haben auf Vorschlag des Landes im Einvernehmen miteinander zu bestimmen, welche Arbeitnehmer zu übernehmen sind. Zu diesem Zweck bilden das Land und die betroffenen Gebietskörperschaften eine oder mehrere Personalüberleitungskommissionen für den jeweils überzuleitenden Aufgabenbereich. Diese sollen sich spätestens sechs Monate vor dem gesetzlichen Aufgabenübergang konstituieren.
(3) Eine Personalüberleitungskommission soll aus je zwei Vertretern des Landes und aus je zwei Vertretern der betroffenen Gebietskörperschaft bestehen. Der Personalüberleitungskommission gehört außerdem je ein von den zuständigen Personalvertretungen beider Seiten bestellter Vertreter mit beratender Stimme an. Die stimmberechtigten Mitglieder der Personalüberleitungskommission entscheiden einvernehmlich, wieviel und welche Arbeitnehmer zu übernehmen sind. Den betroffenen Personalvertretungen ist vor einer Entscheidung der Personalüberleitungskommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bestehende Rechte nach dem Personalvertretungsgesetz bleiben unberührt. Bei der Entscheidung sind insbesondere die sozialen Belange der einzelnen Arbeitnehmer zu berücksichtigen.
(4) Kommt eine Einigung in der Personalüberleitungskommission bis spätestens drei Monate vor dem Aufgabenübergang nicht zustande, entscheidet ein neutraler Schlichter, der von der Personalüberleitungskommission einvernehmlich zu bestimmen ist. Kommt ein Einvernehmen über die Person des Schlichters nicht zustande, so benennt der Präsident des Landesarbeitsgerichts Brandenburg eine geeignete Persönlichkeit.
(5) Soweit es für das Verfahren nach Absatz 3 oder Absatz 4 Satz 1 notwendig ist, sind den Personalüberleitungskommissionen, dem Schlichter und den betroffenen Personalvertretungen die hierfür erforderlichen Personaldaten zur Verfügung zu stellen.
(6) Die Entscheidung ist durch den zuständigen Fachminister den Arbeitnehmern unverzüglich zuzustellen. Der Arbeitnehmer kann innerhalb einer Frist von vierzehn Kalendertagen nach Zustellung der Entscheidung gegen diese beim zuständigen Fachminister Widerspruch einlegen. Hat der Arbeitnehmer nach Satz 2 Widerspruch eingelegt, so besteht sein Arbeitsverhältnis mit dem Land weiter.
(7) Mit dem Zeitpunkt des Übergangs der Verwaltungsaufgaben gehen alle Rechte und Pflichten aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers auf die übernehmende Gebietskörperschaft über, soweit der Arbeitnehmer nicht Widerspruch nach Absatz 6 eingelegt hat. Das Recht zur betriebsbedingten ordentlichen Kündigung und Änderungskündigung ist gegenüber den übernommenen Arbeitnehmern für ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Übernahme der Verwaltungsaufgaben ausgeschlossen.
§ 5
Vermögensübergang
(1) Abweichend von § 63 der Landeshaushaltsordnung ist das Land verpflichtet, den Landkreisen und kreisfreien Städten unentgeltlich das bewegliche Vermögen, welches bisher ausschließlich zur Wahrnehmung der übergehenden Aufgaben genutzt wurde, zu übertragen.
(2) Das Land ist verpflichtet, den Landkreisen und kreisfreien Städten unentgeltlich das Eigentum an den im Eigentum des Landes stehenden Grundstücken einzuräumen, die bisher für die Unterbringung von Landesbehörden genutzt worden sind, soweit die Aufgabenzuständigkeit auf die Landkreise und kreisfreien Städte übergeht; hierfür können auch angemessene Ersatzgrundstücke und Ersatzgebäude übertragen werden. Die Beteiligten können einvernehmlich eine andere Regelung treffen. Das Nähere regelt eine Rechtsverordnung der Landesregierung.
§ 6
Überleitung von Kreisaufgaben
(1) Die den Landkreisen übertragenen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung und Auftragsangelegenheiten sind auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu übertragen, wenn
- die Aufgabe besonders publikumsintensiv ist oder sich für eine orts- und bürgernahe Wahrnehmung eignet oder
- ihre Erledigung besondere Orts- und Objektkenntnisse erfordert oder
- die Aufgabe in engem Zusammenhang mit solchen Aufgaben steht, die bereits von den Ämtern oder Gemeinden wahrgenommen werden oder
- die wesentlichen Grundlagen für die Erfüllung der Aufgaben von den Ämtern und Gemeinden erarbeitet und vorbereitet werden,
es sei denn, die Aufgaben können von den kreisangehörigen Gemeinden und Ämtern nicht sachgerecht, wirtschaftlich und effektiv erfüllt werden.
(2) Werden durch Landesrecht Aufgaben der Landkreise auf die kreisangehörigen Gemeinden und Ämter übertragen, so sind die Regelungen der §§ 3 bis 5 entsprechend anzuwenden und die Kreisumlage dem Umfang des Aufgaben-, Personal- und Vermögensübergangs anzupassen. Die Beteiligten können einvernehmlich eine andere Regelung treffen.