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Verwaltungsvorschriften über die Durchführung von Unterricht für kranke Schülerinnen und Schüler (VV-Kranke Schüler - VVkraSchül)

Verwaltungsvorschriften über die Durchführung von Unterricht für kranke Schülerinnen und Schüler (VV-Kranke Schüler - VVkraSchül)
vom 9. Februar 2015
(Abl. MBJS/15, [Nr. 3], S.20)

Auf Grund des § 146 in Verbindung mit § 36 Absatz 3 Satz 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes vom 12. April 1996 (GVBl. I S. 102) bestimmt die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport:

Abschnitt 1
Allgemeines

1 - Geltungsbereich

Diese Verwaltungsvorschriften gelten für schulpflichtige Schülerinnen und Schüler, die auf Grund einer fachärztlich festgestellten Erkrankung oder einer fachärztlich festgestellten erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigung für längere Zeit oder in regelmäßigen Abständen nicht am Standort der Schule unterrichtet werden können. Diese Schülerinnen und Schüler erhalten während dieser Zeit Klinikunterricht oder Hausunterricht.

2 - Begriffsbestimmungen

(1) Stammschule ist die Schule, in die die Schülerin oder der Schüler aufgenommen wurde und zu der ein Schulverhältnis besteht.

(2) Klinikunterricht ist Unterricht in einer stationären oder teilstationären Einrichtung oder in einer angegliederten und für diesen Zweck errichteten Schule für Kranke bei gleichzeitiger medizinischer Betreuung. Stationäre oder teilstationäre Einrichtung im Sinne dieser Bestimmungen ist

  1. eine Klinik,
  2. eine Einrichtung der Rehabilitation sowie
  3. eine Tagesklinik.

Schule für Kranke ist die Schule für Kranke in der Asklepius Fachklinik in Brandenburg an der Havel. Besteht in einer Klinik kein dauerhaftes Schulangebot, erhalten Schülerinnen und Schüler während des Klinikaufenthalts Hausunterricht gemäß Abschnitt 4.

(3) Hausunterricht ist Unterricht in Verantwortung der Stammschule am Wohnort der Schülerin oder des Schülers oder an einem anderen Ort außerhalb der Schule bei gleichzeitiger medizinischer Betreuung. Im Ausnahmefall kann Hausunterricht in den Räumen der Stammschule angeboten werden.

Abschnitt 2
Allgemeine Grundsätze der Förderung und Organisation

3 - Grundsätze

(1) Wer Klinikunterricht oder Hausunterricht erhält, begründet kein neues Schulverhältnis und bleibt Schülerin oder Schüler der Stammschule.

(2) Der Unterricht orientiert sich an den Rahmenlehrplänen des Bildungsganges, den die Schülerin oder der Schüler in der Stammschule besucht. Dabei sind die sich aus der Krankheit und dem Unterbringungsort ergebenen Bedingungen angemessen zu berücksichtigen.

(3) Schulpflichtige Schülerinnen und Schüler, für die Klinikunterricht oder Hausunterricht genehmigt oder angeordnet wurde, sind zur Teilnahme verpflichtet.

(4) Die kranken Schülerinnen und Schüler aus Ersatzschulen nehmen am Klinikunterricht teil, soweit die Ersatzschule nicht in anderer Form ein Unterrichtsangebot während des Klinikaufenthaltes gewährleistet.

4 - Leistungsbewertung

(1) Für die Leistungsbewertung gelten die VV-Leistungsbewertung, soweit nachfolgend keine abweichenden Regelungen getroffen werden.

(2) Die Leistungsbewertung orientiert sich an den Anforderungen des Bildungsganges, der bisher an der Stammschule besucht wurde. Grundsätzlich können nur die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten Gegenstand der Leistungsbewertung sein, die im Klinikunterricht oder im Hausunterricht vermittelt wurden. Andere Lerninhalte können Bestandteil der Leistungsbewertung sein, wenn sichergestellt ist, dass diese an der Stammschule vermittelt wurden.

5 - Aufrücken, Versetzen, Wiederholung, Zurücktreten, Kurseinstufung, Abschlüsse

(1) Für Entscheidungen über Aufrücken, Versetzen, Wiederholen, Zurücktreten, Kurseinstufung und Abschlussvergabe gelten die entsprechenden Regelungen der jeweiligen Bildungsgangverordnungen, soweit nachfolgend keine abweichenden Regelungen getroffen werden.

(2) Die Entscheidungen gemäß Absatz 1 trifft die Klassenkonferenz der Stammschule auf der Grundlage der Empfehlung der für den Klinikunterricht oder Hausunterricht zuständigen Lehrkräfte. Diese können an der Beratung und Beschlussfassung teilnehmen.

(3) Der Erwerb der allgemeinen Hochschulreife setzt voraus, dass die Schülerin oder der Schüler die Belegverpflichtungen und die Mindestanforderungen zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife erfüllt. Soweit die Erfüllung dieser Voraussetzungen auf Grund der Dauer und des Umfangs des Klinikunterrichts oder Hausunterrichts nicht erfüllt werden, kann die allgemeine Hochschulreife im Rahmen einer Nichtschülerprüfung erworben werden, wenn die Voraussetzungen gemäß der Nichtschülerprüfungsverordnung erfüllt werden. Der Besuch des Klinikunterrichts oder des Hausunterrichts gilt hierbei als selbstständige Vorbereitung auf eine Nichtschülerprüfung. Die einjährige Wartefrist gemäß § 3 Nichtschülerprüfungsverordnung findet keine Anwendung. Tritt die dauernde Hinderung, am Unterricht der Stammschule teilzunehmen, in der letzten Jahrgangsstufe der gymnasialen Oberstufe ein, kann das Landesschulamt gemäß § 35 der Gymnasialen Oberstufe-Verordnung, eine Entscheidung im Einzelfall treffen.

6 - Zeugnisse

(1) Für die Ausgabe und Verwahrung der Zeugnisse gelten die Regelungen der VV-Zeugnisse, soweit nachfolgend keine abweichenden Regelungen getroffen werden.

(2) Das Zeugnis für kranke Schülerinnen und Schüler wird von der Stammschule ausgestellt. Die Form der Bewertung erfolgt entsprechend der an der Stammschule.

7 - Dokumentation und Datenschutz

(1) Für Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Durchführung im Klinikunterricht oder im Hausunterricht entstehen, gilt die Datenschutzverordnung Schulwesen. Soweit durch Anlage 1 der Datenschutzverordnung Schulwesen Unterlagen Bestandteil der Schülerakte sind, sind diese nach Beendigung des Klinikunterrichts oder des Hausunterrichts der Stammschule zu übergeben und der Schülerakte beizulegen.

(2) Nach Feststellung der Genehmigung oder der Anordnung des Hausunterrichts durch das Landesschulamt wird die fachärztliche Stellungnahme der Schülerakte in einem verschlossenen Umschlag beigegeben.

Abschnitt 3
Klinikunterricht

8 - Ziel, Beginn und Regelung für Ersatzschulen

(1) Im Klinikunterricht werden kranke Schülerinnen und Schüler jahrgangsstufen-, stufen-, und schulformübergreifend in heterogenen Lerngruppen individuell entsprechend ihren Fähigkeiten, Neigungen und Leistungen sowie im Rahmen der gesundheitlichen Möglichkeiten gefördert. Der Klinikunterricht soll den kranken Schülerinnen und Schülern helfen, ihren Bildungsweg ohne Unterbrechung fortsetzen zu können, indem durch einen besonderen schülerbezogenen Unterricht das krankheitsbedingte Fernbleiben des Unterrichts an der Stammschule weitgehend kompensiert wird.

(2) Mit der Aufnahme in eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung oder in die Schule für Kranke beginnt für die Schülerinnen und Schüler der Klinikunterricht. Der Klinikunterricht wird nur dann erteilt, soweit der behandelnde Arzt der Schülerin oder des Schülers die Teilnahme an diesem Unterricht zulässt, insbesondere wenn die Gesundheit der anderen Schülerinnen und Schüler oder der Lehrkräfte dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Landesschulamt ist über die Unterrichtsteilnahme von Schülerinnen und Schüler aus Ersatzschulen und deren Dauer von der Schulleitung der mit dem Klinikunterricht beauftragten Schule zu informieren. Das Landesschulamt informiert die besuchte Ersatzschule und die Genehmigungsbehörde.

9 - Unterrichtsorganisation

(1) Der Klinikunterricht erfolgt in Kleingruppen in der Regel mit bis zu fünf Schülerinnen und Schülern.

(2) Klinikunterricht wird in der Regel in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen sowie in denjenigen Fächern erteilt, die in der Stammschule in der jeweiligen Jahrgangsstufe mit mehr als drei Wochenstunden unterrichtet wurden oder Prüfungsfach sind. Über Ausnahmen entscheidet das Landesschulamt.

(3) Die im Klinikunterricht unterrichtenden Lehrkräfte erstellen für jede Schülerin oder jeden Schüler einen an den Anforderungen der entsprechenden Rahmenlehrpläne orientierten individuellen Lernplan.

(4) Lehrkräfte, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen Klinikunterricht erteilen, bilden eine Teilkonferenz der Lehrkräfte entsprechend § 86 des Brandenburgischen Schulgesetzes. In der Schule für Kranke wird keine Schulkonferenz gebildet. Die Aufgaben der Schulkonferenz werden durch die Konferenz der Lehrkräfte wahrgenommen.

(5) Die in der Klinik unterrichtenden Lehrkräfte beziehen die Klinikleitung zu den Beratungen zu Fragen der Unterrichtorganisation mit ein.

10 - Lehrkräfte

(1) Für die Koordinierung des Unterrichts in der Klinik bestimmt das Landesschulamt jeweils eine Lehrkraft (koordinierende Lehrkraft). Die koordinierende Lehrkraft hat insbesondere die Aufgabe, den Lehrereinsatz zu regeln und die Unterrichts- und Präsenzzeiten der Lehrkräfte zu erfassen. Für diese Tätigkeiten können Anrechnungsstunden gemäß VV-Anrechnungsstunden gewährt werden.

(2) Lehrkräfte unterrichten und erziehen in eigener Verantwortung im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Sie beachten die Vorgaben der Rahmenlehrpläne, die Abstimmungen mit der Stammschule sowie die Anweisungen der Schulleitung der mit dem Klinikunterricht beauftragten Schule. Zu den Aufgaben der Lehrkräfte gehört neben der Unterrichtsverpflichtung insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Personal der Klinik, den Eltern und der Stammschule. Die Höhe der Pflichtstunden, der Umfang der Präsenzzeiten und die Anzahl der verpflichtend zu leistenden Arbeitstage innerhalb der vom Land festgelegten Ferienzeiten richten sich nach den VV-Arbeitszeit-Lehrkräfte.

11 - Zusammenarbeit mit der Stammschule

(1) Nehmen Schülerinnen und Schülern voraussichtlich länger als vier Wochen am Klinikunterricht teil, fordert die koordinierende Lehrkraft über die Eltern einen Bericht über den Lernstand der Schülerin oder des Schülers von der Stammschule gemäß Anlage 2 an. Der Bericht soll die notwendigen Informationen zum weiteren Schulbesuch, insbesondere zur Unterrichtsplanung und zur Erstellung des individuellen Förderplans enthalten. Mit Zustimmung der Eltern kann die koordinierende Lehrkraft den Bericht direkt bei der Stammschule anfordern. Die Stammschule ist verpflichtet, die notwendigen Informationen für den weiteren Schulbesuch unverzüglich zu übermitteln. Diese Verpflichtung gilt für  Ersatzschulen nur mit deren Einvernehmen. Die Einsichtsrechte in Unterlagen der Stammschule richten sich nach § 10 der Datenschutzverordnung Schulwesen.

(2) Die im Klinikunterricht eingesetzten Lehrkräfte arbeiten eng mit den Lehrkräften der Stammschule zusammen. Um die gegenseitige Information zu sichern, bestimmt die  Schulleitung der Stammschule eine Lehrkraft, die für die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften im Klinikunterricht verantwortlich ist und als Ansprechpartner zur Verfügung steht.

(3) Schülerinnen und Schüler, die in die Stammschule zurückkehren, nehmen in der Regel am Unterricht der bisher besuchten Jahrgangsstufe teil. Wenn bisher keine Schule besucht wurde, wird die Schülerin oder der Schüler grundsätzlich in die Jahrgangsstufe aufgenommen, die dem Alter entspricht. Soll auf Antrag der Eltern die Aufnahme in einer anderen Jahrgangsstufe erfolgen, beschließt die Klassenkonferenz auf der Grundlage des Entwicklungsstandes der Schülerin oder des Schülers in welcher Jahrgangsstufe der weitere Schulbesuch erfolgen soll.

(4) Zur Erleichterung der Wiedereingliederung in der Stammschule erstellen die im Klinikunterricht eingesetzten Lehrkräfte einen Bericht, der insbesondere die vermittelten Unterrichtsinhalte sowie den Leistungsstand enthalten soll. In einer gemeinsamen Beratung der unterrichtenden Lehrkräfte mit den Eltern und der Klassenlehrkraft der Stammschule wird die weitere schulische Förderung besprochen und es wird ein individueller Lernplan erstellt, der in der Regel einen Übergangszeitraum von drei Monaten umfasst. Die Schulleitung kann bestimmen, dass der tägliche Unterrichtsumfang in dem Übergangszeitraum für einen festgelegten Zeitraum um eine bestimmte Anzahl an Unterrichtsstunden reduziert wird. Diese Festlegung soll im Einvernehmen mit den Eltern oder bei Volljährigkeit mit der Schülerin oder dem Schüler erfolgen. Eine Krankmeldung erfolgt in diesen Fällen nicht.

Abschnitt 4
Hausunterricht

12 - Anordnung, Beendigung und Nachweis über erteilten Hausunterricht

(1) Hausunterricht wird frühestens drei Wochen nach Erkrankung der Schülerinnen oder des Schülers erteilt, wenn zu erwarten ist, dass die Schülerin oder der Schüler mindestens sechs Wochen die Schule nicht besuchen kann. Er erfolgt auf Antrag der Eltern, der volljährigen Schülerinnen oder Schüler oder der Schule gemäß Anlage 3. Der Antrag ist zusammen mit der ärztlichen oder fachärztlichen Stellungnahme über die Schulleitung der besuchten Schule an das Landesschulamt zu richten. Das Landesschulamt entscheidet über den Antrag, ordnet den Hausunterricht an oder genehmigt ihn und legt die Anzahl der Hausunterrichtsstunden fest. Das Landesschulamt prüft halbjährlich, ob der Hausunterricht fortzusetzen ist.

(2) Die Schule informiert und berät die Eltern über das Antragsverfahren. Wurde noch keine Schule besucht erfolgt die Beratung durch die örtlich zuständige Grundschule.

(3) Die Anordnung und die Genehmigung von Hausunterricht durch das Landesschulamt können nur auf der Grundlage einer ärztlichen Stellungnahme erfolgen. Die Stellungnahme soll Aussagen zur Belastbarkeit der Schülerin oder des Schülers enthalten.

(4) Der Hausunterricht ist so lange zu erteilen, wie die Schulbesuchsunfähigkeit andauert. Er endet jedoch mit dem Ende der Schulpflicht.

13 - Durchführung von Hausunterricht

(1) In der Regel ist die Stammschule für die Durchführung des Hausunterrichts verantwortlich, insbesondere für die

  1. Erarbeitung einer Empfehlung zum Unterrichtsbedarf,
  2. Aufstellung des individuellen Lernplans,
  3. Bereitstellung der Lehr- und Lernmittel,
  4. Leistungsbewertung,
  5. Durchführung von Versetzungen,
  6. Zeugniserteilung und Vergabe von schulischen Abschlüssen,
  7. Schulwechsel oder Schulformwechsel und
  8. Zusammenarbeit, einschließlich Datenübermittlung, mit den Gesundheitsbehörden sowie gegebenenfalls mit anderen Behörden aufgrund einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis.

(2) Kann die Stammschule den Hausunterricht nicht erteilen, wird eine andere Schule mit der Durchführung des Hausunterrichts beauftragt. Die Stammschule übermittelt der beauftragten Schule den Bericht über den aktuellen Lern- und Entwicklungsstand der Schülerin oder des Schülers gemäß Anlage 2 und die beauftragte Schule erstellt nach Durchführung des Hausunterrichts eine Übersicht der Leistungen der Schülerin und des Schülers und vermittelt diese Dokumentation an die Stammschule. Den Einsatz der Lehrkräfte einer anderen Schule regelt diese in Abstimmung mit dem Landesschulamt.

(3) Der Hausunterricht unterstützt Schülerinnen und Schüler beim Erreichen des ihren Fähigkeiten, Neigungen und Leistungen entsprechenden Bildungsstandes oder schulischen Abschlusses. Er beschränkt sich in der Regel auf die Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen sowie auf diejenigen Fächer, die im jeweiligen Unterricht der Jahrgangsstufe mit mehr als drei Wochenstunden vertreten oder Prüfungsfach sind. Über Ausnahmen entscheidet das Landesschulamt. Die Höhe des wöchentlichen Hausunterrichts wird durch die Vorgaben der Anlage 1 bestimmt.

Abschnitt 5
Schlussbestimmungen

14 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschriften treten am 1. August 2015 in Kraft. Gleichzeitig treten die VV-kranke Schüler vom 5. August 1999 (Abl. MBJS S. 471), geändert durch Verwaltungsvorschriften vom 18. Juni 2001 (Abl. MBJS S. 250), außer Kraft.

Potsdam, den 9. Februar 2015

Der Minister für Bildung, Jugend und Sport

Günter Baaske

Anlagen