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Richtlinie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz über die Gewährung von Zuwendungen an die Landkreise und kreisfreien Städte für ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke und für Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch Kranke

Richtlinie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz über die Gewährung von Zuwendungen an die Landkreise und kreisfreien Städte für ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke und für Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch Kranke
vom 19. Januar 2023
(ABl./23, [Nr. 7], S.111)

1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Das Land Brandenburg unterstützt die Landkreise und kreisfreien Städte bei ihrer Aufgabenerfüllung nach § 5 und § 8 des Brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetzes vom 23. April 2008 (GVBl. I S. 95) in der jeweils geltenden Fassung sowie nach § 3 und § 6 des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes vom 5. Mai 2009 (GVBl. I S. 134) in der jeweils geltenden Fassung. Hierfür gewährt das Land nach Maßgabe dieser Richt­linie und der Verwaltungsvorschriften (VV/VVG) zu § 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) den Landkreisen und kreisfreien Städten Zuwendungen zur Förderung der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke (BBS) und der Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch Kranke (KBS).

1.2 Ein Anspruch der Landkreise und kreisfreien Städte auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

1.3 Zentrales Ziel der Landesförderung ist die flächen­deckende Versorgung der Bevölkerung durch BBS und KBS im Land Brandenburg, die die unter Nummer 4.2 vorgegebenen Standards erfüllen.

2 Gegenstand der Förderung

Gefördert werden anteilige Personalkosten der BBS und KBS.

3 Zuwendungsempfangende

3.1 Erstempfangende der Zuwendungen sind die Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Brandenburg, die unverzüglich die Zuwendungen als Festbetragsfinanzierung in voller Höhe mit eigener Bescheiderteilung nach Nummer 12 VVG zu § 44 LHO in Verbindung mit Num­mer 12 VV zu § 44 LHO an die Letztempfangenden weiterleiten.

3.2 Letztempfangende der Zuwendungen sind die Träger von BBS und KBS, welche insbesondere Kommunen, Verbände der freien Wohlfahrtspflege und freie Träger sein können.    

4 Zuwendungsvoraussetzungen

4.1 Die Förderung der Personalkosten der BBS und KBS erfolgt unter der Voraussetzung, dass die Landkreise und kreisfreien Städte im Sinne der kommunalen Daseinsfürsorge die erforderliche Grundfinanzierung für den ordnungsgemäßen Betrieb der BBS und KBS absichern. Hierzu ist im Rahmen der Beantragung der Zuwendung eine entsprechende Bestätigung abzugeben.

4.2 Voraussetzung für die Förderfähigkeit der BBS und KBS ist die Einhaltung folgender vorgegebener Standards:

  • BBS: Standards und Qualitätsmerkmale der Beratungs- und Behandlungsstellen für Abhängigkeitskranke im Land Brandenburg (Anlage 1),
  • KBS: Leistungsbeschreibung für die Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch Kranke im Land Brandenburg (Anlage 2).

4.3 Der kommunale Anteil an den zuwendungsfähigen Gesamtausgaben der BBS und KBS (siehe Nummer 5.4.1) muss grundsätzlich mindestens 20 Prozent betragen. 

4.4 Die Zuwendungsempfangenden haben darauf hinzuwirken, dass die geförderten Angebote für Menschen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen zugänglich sind. Mit dem Antrag sind die Maßnahmen darzustellen, mit denen die Zuwendungsempfangenden Menschen mit
Behinderungen oder Beeinträchtigungen den Zugang zu den geförderten Angeboten ermöglichen.

5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1 Zuwendungsart: Projektförderung

5.2 Finanzierungsart: Festbetragsfinanzierung

5.3 Form der Zuwendung: Zuweisung

5.4 Bemessungsgrundlage und Höhe der Zuwendung

5.4.1 Die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben der BBS und KBS umfassen ausschließlich die Ausgaben für das Personal, welches den in den Anlagen 1 und 2 definierten Standards entspricht.

5.4.2 Die Zuwendung beträgt je Landkreis und kreisfreie Stadt maximal 118 383,32 Euro pro Jahr und ist ausschließlich zur anteiligen Finanzierung von Personalkosten der BBS und KBS zu verwenden. Gefördert werden Personalkosten für Fachkräfte entsprechend den in den Anlagen 1 und 2 vorgegebenen Standards; die Förderung von Personalkosten für Teilzeitstellen ist zulässig.

5.4.3 Die Zuwendungen sind durch die Landkreise und kreisfreien Städte grundsätzlich in Höhe von 70 277,77 Euro für die BBS (davon 22 172,22 Euro zur Vermeidung und Bekämpfung der Glücksspielsucht) und in Höhe von 48 105,55 Euro für die KBS einzusetzen. Ausnahmen hiervon bedürfen der Zustimmung der Bewilligungsbehörde.

6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1 Die Weiterleitung der Zuwendung durch die Erstempfangenden an die Letztempfangenden erfolgt mit eigener Bescheidung.

6.2 Die Weiterleitung der Zuwendung an die oder den Letztempfangenden ist nur zulässig, wenn die oder der Erstempfangende sicherstellt, dass die oder der Letztempfangende die Zuwendungsbestimmungen dieser Förderrichtlinie einhält.

6.3 Die Weitergabebescheide müssen die gleichen allgemeinen und besonderen Nebenbestimmungen enthalten wie der Bescheid an die oder den Erstempfangenden.

6.4 Die oder der Erstempfangende prüft die ordnungsgemäße Verwendung der Zuwendung durch die oder den Letzt­empfangenden.

6.5 Es ist darauf hinzuwirken, dass die Angebote zur Erfüllung des Zuwendungszwecks für Menschen mit Behinderungen diskriminierungs- und barrierefrei im Sinne des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgeset­zes vom 11. Februar 2013 (GVBl. I Nr. 5) in der jeweils geltenden Fassung sind.

7 Verfahren

7.1 Antragsverfahren

Die Anträge auf Zuwendung sind durch die Landkreise und kreisfreien Städte für das Jahr 2023 innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung dieser Richtlinie im Amtsblatt für Brandenburg und für das Jahr 2024 bis zum 31. Oktober 2023 unter Verwendung des vorgegebenen Antragsformulars (Anlage 3) zu stellen beim:

Landesamt für Soziales und Versorgung
Dezernat 53
Lipezker Straße 45
03048 Cottbus

7.2 Bewilligungsverfahren

Bewilligungsbehörde ist das Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV).

7.3 Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

Die Zuwendung wird in vier gleich großen Teilbeträgen quartalsweise, jeweils zur Mitte des zweiten Monats im Quartal, ohne Anforderung durch das LASV überwiesen.

7.4 Verwendungsnachweisverfahren

Der Bewilligungsbehörde ist durch die oder den Erstempfangenden spätestens mit Ablauf des neunten Monats nach Ablauf des Haushaltsjahres eine Verwendungsbestätigung nach Nummer 7 ff. der Anlage 21 zu VVG Nr. 5.1 zu § 44 LHO - Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (GV) (ANBest-G) - vorzulegen. Der Verwendungsbestätigung der oder des Erstempfangenden sind die von ihr oder ihm geprüften Verwendungsbestätigungen der Letztempfangenden beizufügen.

Zur Erfolgskontrolle ist mit der Verwendungsbestätigung von der oder dem Zuwendungsempfangenden das mit der Zuwendung erzielte Ergebnis anhand der Indikatoren in den strukturierten Sachberichten wie folgt darzustellen:

  • für die KBS der strukturierte Sachbericht entsprechend dem vom LASV vorgegebenen Muster sowie die Einschätzung des Landkreises oder der kreisfreien Stadt zur Wirksamkeit, Qualität und Einhaltung der Standards der KBS im gemeindepsychiatrischen Hilfesystem, 
  • für die BBS der Deutsche Kerndatensatz mit Modul Brandenburg und der strukturierte Sachbericht für Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke (in der Fassung aus 2020) sowie die Einschätzung des Landkreises oder der kreisfreien Stadt zur Wirksamkeit, Qualität und Einhaltung der Standards der BBS.

7.5 Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV/VVG zu § 44 LHO, soweit nicht in dieser Förderrichtlinie Abweichungen zugelassen werden.

Der Landesrechnungshof ist nach § 88 Absatz 1 und § 91 Absatz 1 LHO zur Prüfung berechtigt. Die oder der Erstempfangende der Zuwendung ist verpflichtet, dem Landesrechnungshof im Rahmen der Prüfung Einblick in die Geschäftsunterlagen und Zugang zu den Geschäftsräumen zu gewähren und alle in Zusammenhang mit der Verwendung der Zuwendung stehenden Auskünfte zu erteilen. Die Letztempfangenden sind im Rahmen der Weiterleitung von Zuwendungen entsprechend zu verpflichten.

8 Geltungsdauer

Diese Richtlinie tritt rückwirkend am 1. Januar 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.

Anlage 1

Standards und Qualitätsmerkmale
der Beratungs- und Behandlungsstellen
für Abhängigkeitskranke
im Land Brandenburg

in der Fassung vom September 2020
auf der Grundlage von Anregungen
des AK ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen
der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e. V.

Präambel

Ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen (BBS) sind ein unverzichtbares Bindeglied im Netzwerk der Suchtkrankenhilfe.

Sie tragen mit ihren komplexen Leistungen wesentlich zur Wirksamkeit der unterschiedlichen Hilfen aller Leistungsträger in diesem Arbeitsfeld bei.

Mit einem breiten Spektrum von Angeboten erfüllen die BBS Aufgaben im Sinne des Grundsatzes Ambulant vor Stationär und wirken somit insgesamt kostendämpfend.

Aufgaben der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen für Abhängigkeitskranke (BBS)

Die BBS nehmen wichtige Aufgaben für die ambulante Versorgung wahr: die Durchführung und Koordinierung personenbezogener Hilfen und - als Voraussetzung hierfür - die institutionelle Vernetzung mit anderen Dienstleistern und notwendigen Kooperationspartnern.

Die Tätigkeit der Beratungs- und Behandlungsstellen zielt auf der personenbezogenen und auf der institutionellen Ebene auf eine Vermeidung beziehungsweise Bewältigung von Abhängigkeitserkrankungen und auf die Verhinderung von Suchtmittelmissbrauch und riskantem Suchtverhalten. Die BBS bieten persönliche Beratung, Behandlung und die Vermittlung zu weiterführenden Hilfen sowie Leistungen in der Vernetzung von ambulanter, teilstationärer und stationärer Hilfe für Suchtkranke, Suchtgefährdete und deren Angehörige in der Region an. Darüber hinaus wird ein angemessenes Angebot für Multiplikatoren zur Suchtprävention vorgehalten.

Rechtliche Grundlagen

Insbesondere:

  • Brandenburgisches Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (BbgGDG) in Verbindung mit
  • SGB I
  • Brandenburgisches Psychisch-Kranken-Gesetz (BbgPsychKG)
  • SGB II (seit 1. Januar 2005)
  • SGB V, SGB VI, Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen vom 4. Mai 2001
  • SGB VIII
  • SGB IX (seit 1. Juli 2001)
  • SGB XII (seit 1. Januar 2005)
  • Brandenburgisches Glücksspielausführungsgesetz
  • Glücksspielstaatsvertrag/Glücksspieländerungsstaatsvertrag

Weitere Grundlagen

  • Gemeinsames Rahmenkonzept der Deutschen Rentenver­sicherung und der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Nachsorge im Anschluss an eine medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 31. Oktober 2012
  • Gemeinsames Rahmenkonzept der Deutschen Rentenver­sicherung und der Gesetzlichen Krankenversicherung zur ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 3. Dezember 2008

Zielgruppen und Kooperationspartner/-partnerinnen

Personen, die eine Abhängigkeitserkrankung in stoffgebundener oder stoffungebundener Form aufweisen

  • Personen mit riskanten und schädlichen Konsummustern beziehungsweise Verhaltensweisen
  • Mitbetroffene Angehörige und Bezugspersonen
  • Selbsthilfegruppen
  • Vertreter von kooperierenden Institutionen
  • Zu beteiligende Multiplikatoren

Personenbezogene Ziele und Aufgaben

Die Tätigkeit der BBS zielt auf die Vermeidung des riskanten, schädlichen oder abhängigen Gebrauchs psychotroper Substanzen oder entsprechender riskanter, schädlicher oder abhängiger nicht-stoffgebundener Verhaltensweisen (zum Beispiel pathologisches Glücksspielen, internetbezogene Störungen). Ein weiteres Ziel ist die Verminderung des resultierenden persönlichen, (psycho-)sozialen und volkswirtschaftlichen Schadens. Die jeweiligen Interventionsmaßnahmen entsprechen dem Hilfebedarf der unterschiedlichen Zielgruppen und verfolgen kurz-, mittel- und langfristige Ziele. Zu den Aufgaben gehören unter anderem:

  • Vermittlung von Einsichten über Art und Ausmaß sucht­relevanter Verhaltensweisen und Krankheitsfolgen, mit dem Ziel der Förderung von Veränderungsbereitschaft und Behandlungsmotivation
  • Verhaltensänderungen und Handlungskompetenzen für den Umgang mit suchtkritischen Situationen
  • Erreichung von (längeren) Abstinenz(-phasen) und Rückfallprophylaxe (Schadensminimierung)
  • Soziale Sicherung der Betroffenen durch Maßnahmen zum Erhalt beziehungsweise der Erlangung von Wohnung, Arbeit/Beschäftigung und (psycho-)sozialer Teilhabe.

Das Leistungsangebot der BBS richtet sich nach den vertraglich vereinbarten Versorgungsaufgaben in einer Versorgungs­region. Leistungsbereiche mit Kernaufgaben und ergänzenden Aufgaben sind in der folgenden Anlage „Leistungsbereiche mit Kern- und ergänzenden Aufgaben der BBS“ aufgelistet.

Vernetzungsziele und -aufgaben

Vernetzung soll sowohl individuenbezogen als auch übergreifend institutionsbezogen stattfinden:

  • Individuenbezogen findet Vernetzung im Sinne des Case Managements statt. Diese Form der Organisation von klien­tenbezogener Kooperation hat sich als tragfähig und verbindend herausgestellt.
  • Institutionsbezogen ist die Herstellung und Pflege inter­institutioneller Kontakte als weitere Aufgabe hervorzuheben - nach Möglichkeit verbindlich gestaltet in Kooperationsvereinbarungen - und die fachliche Mitarbeit in regionalen und überregionalen Gremien zur Gestaltung der psycho-sozialen Versorgungsstruktur.
  • Zum Schwerpunkt Glücksspielsuchtberatung wirken die BBS im Netzwerk Frühe Intervention bei pathologischem Glücksspiel im Land Brandenburg zum kontinuierlichen Fachaustausch mit, das Netzwerk wird durch die Landesstelle für Suchtfragen koordiniert.

Qualitätssicherung

Strukturqualität

Die Strukturqualität beschreibt die betriebliche Infrastruktur, insbesondere die Beschreibung von personellen und materiellen Rahmenbedingungen.

Personelle Ausstattung

Eine BBS soll über ein multiprofessionelles Team verfügen, in dem nach Möglichkeit folgende Fachkräfte zusammenarbeiten:

  • staatlich anerkannte Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiter/Sozialarbeiterinnen mit Diplom oder Bachelorabschluss und Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen mit vergleichbaren Berufsabschlüssen, Psychologen/Psychologinnen, Ärzte/Ärztinnen
  • Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen mit Erfahrung in der Suchtkrankenhilfe und entsprechender Zusatzqualifikation
  • Verwaltungsmitarbeiter/-mitarbeiterinnen
  • Zur qualifizierten Beratung und Behandlung von problematischen und pathologischen Glücksspielern/Glücksspielerinnen und deren Angehörigen sollten die jeweiligen Fachberater/Fachberaterinnen eine grundlegende Qualifizierung zur Beratung und Behandlung bei pathologischem Glücksspielverhalten absolviert haben. Auf die bereits vorhandene fachliche Expertise der Träger des seit 2008 bestehenden Netzwerkes Frühe Intervention bei pathologischem Glücksspiel im Land Brandenburg wird verwiesen.

Die Anzahl der Fachkräfte und deren Qualifikationen richten sich nach dem Versorgungsauftrag und der Größe und Einwohnerzahl der Versorgungsregion.

Die Empfehlung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) empfiehlt je 10 000 Einwohner eine Fachkraft in der BBS.

Zur Erbringung von spezifischen Leistungen zur ambulanten Rehabilitation im Sinne der Rentenversicherung müssen mindestens drei therapeutische Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen (mit zusammen mindestens 2,0 Vollzeitstellen) und anerkannter Sucht-Zusatzqualifikation sowie ein Arzt/eine Ärztin mit mindestens drei Wochenstunden (pro Patienten-Gruppe) in der BBS beschäftigt sein1.

Ausstattung

Je nach Auftrag und Struktur der Versorgungsregion hält die BBS zentrale und dezentrale Beratungsangebote mit entsprechenden Diensträumen vor.

Die Räumlichkeiten der BBS sollen behindertengerecht, zentral gelegen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen sein.

Zur Ausstattung gehören unter anderem:

  • Wartebereich, Diensträume für Einzel- und Gruppenberatung mit entsprechender Ausstattung, Sanitärbereich
  • Computer, Drucker, aktuell vom IFT zertifizierte Software für Klientendokumentation
  • Telefon, Fax, Anrufbeantworter, Internet
  • PKW.

Öffnungszeiten

Die Öffnungszeiten richten sich nach dem Bedarf, dem Versorgungsauftrag und den vorhandenen personellen Ressourcen. Sie sollten neben der werktäglichen Öffnung auch Abendstunden umfassen, um allen Betroffenen die Möglichkeit zu geben, eine Beratungsstelle aufsuchen zu können. Alle Außenstellen beziehungsweise dezentralen Beratungsangebote sollen mindestens einmal in der Woche besetzt sein. Feste Beratungszeiten sind zu vereinbaren und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Onlinebasierte Beratungsmöglichkeiten sollen ergänzend aufgebaut und angeboten werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Die BBS soll in der Öffentlichkeit ihr Beratungs- und Behandlungsangebot durch gezielte Presse- und Medienarbeit darstellen. Angebote, Öffnungszeiten und Kontaktinformationen sind auf der Internetseite der BBS darzustellen und fortlaufend zu aktualisieren.

Finanzierung

Die Finanzierung der BBS erfolgt derzeit aus Mitteln der öffentlichen Hand im Rahmen von gesetzlichen und freiwilligen Leistungen sowie der Sozialleistungsträger. Einzelne Aufgaben werden im Rahmen von Projektfinanzierungen (Zuwendungen) oder über Entgelte von Sozialversicherungsträgern wie zum Beispiel Rentenversicherung/Krankenkassen sowie mit Eigenmitteln der Leistungserbringer finanziert.

Die rechtlichen Möglichkeiten müssen voll ausgeschöpft werden, damit weitere Anteile der Tätigkeiten der BBS in die Leistungspflicht der Sozialleistungsträger überführt werden können, beispielsweise Prävention Beratung, Motivationsarbeit, psychosoziale Betreuung Substituierter oder Leistungen gemäß SGB II.

Konzeption

Die ambulante Beratungsstelle soll eine wissenschaftlich fundierte, den Erfordernissen des Versorgungsbereiches angepasste Konzeption nachweisen, die im zweijährlichen Rhythmus überprüft und gegebenenfalls überarbeitet wird. Glücksspielsuchtspezifische Leistungen sollen im Konzept dargestellt werden.

Prozessqualität

Die Prozessqualität beschreibt die Abläufe (Durchführung und Methoden) der einzelnen Dienstleistungen der BBS.

Ambulante Suchtberatung stellt eine Teamleistung dar. Deshalb ist es wichtig interne und externe Kooperation klientenbezogen und institutionell übergreifend sicherzustellen. Dazu gehört eine kontinuierliche Personalentwicklung. Die regelmäßige Fort- und Weiterbildung ist für alle Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen der BBS verpflichtend.

Merkmale interner Kooperation sind:

  • Wöchentliche Dienstberatung und Fallbesprechung
  • Prozessbegleitende Supervision und Beratung
  • Bedarfsgerechte Entwicklung der Konzeption

Klientenbezogene und institutionelle Kooperation

  • Kooperation, Vernetzung und Erfahrungsaustausch mit anderen Diensten und Einrichtungen zum Beispiel: Hausärzten/Hausärztinnen, Sozialpsychiatrischem Dienst, stationären und komplementären Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe, Rehabilitationsträgern, dem Jugendamt (ASD), den Jobcentern nach SGB II etc.
  • Fort- und Weiterbildung für Multiplikatoren und Interessierte sollte angeboten werden
  • Einbindung in regionale und überregionale Versorgungsstrukturen und Fachgremien
  • Mitwirkung im Netzwerk Frühe Intervention bei pathologischem Glücksspiel im Land Brandenburg
  • Mitwirkung an Sozialplanungsprozessen

Diese Kooperationsformen verfolgen langfristige Ziele, sie sollen wo möglich verbindlich in Kooperationsvereinbarungen festgelegt werden.

Qualitätsmanagement

Das interne Qualitätsmanagement bezieht sich auf standardisierte Prozessabläufe, insbesondere die sachgerechte Durchführung, Dokumentation und laufende Anpassung diagnostischer, beraterischer, betreuerischer und therapeutischer Maßnahmen.

Die individuelle Entwicklung und Anwendung von Instrumenten der Qualitätssicherung wird vorausgesetzt.

Dokumentation

Die klientenbezogene Dokumentation erfolgt EDV-gestützt auf der Basis des Deutschen Kerndatensatzes, daraus wird zusätzlich auch der Strukturierte Sachbericht für Brandenburg generiert.

Ergebnisqualität

Strukturierter Sachbericht inklusive Zusatzfragen für Brandenburg

Das Instrument des Strukturierten Sachberichts2 beinhaltet neben den bereits erwähnten KDS-Daten relevante regionale Fakten wie Einzugsgebiet, Bevölkerungsdichte der Beratungsstelle sowie die Erfassung der Anzahl und des Aufenthaltsortes von Kindern von Suchtkranken und zu Erfahrungen der Klienten/Klientinnen mit häuslicher Gewalt. Grundlage sind das jeweils gültige Manual zum Deutschen Kerndatensatz und das Manual zum Strukturierten Sachbericht. 

Grundsätzlich werden für die Beschreibung der Leistungsmerkmale folgende Haltungen/Grundlagen zugrunde gelegt:

Die Arbeit der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstelle erfolgt:

  • suchtspezifisch (stoffgebundene Suchtformen stoffungebun­dene Verhaltensformen)
  • nach dem Prinzip der Freiwilligkeit/Unabhängigkeit
  • vertraulich und diskret
  • unter Einhaltung der Schweigepflicht
  • unter Berücksichtigung von Migrationsentwicklungen und -hintergründen
  • niedrigschwellig/ohne Zugangsvoraussetzungen
  • barrierearm
  • inhaltlich und strukturell nachhaltig.

Leistungsbereiche

Die nachfolgenden Tabellen benennen die Kernaufgaben sowie ergänzende Aufgaben, die aus der Perspektive der Qualitäts­sicherung die wesentlichen Elemente der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen darstellen.

Leistungsbereiche

Kernaufgaben

1. Ambulante Beratung und Betreuung

Informationsvermittlung

Kontaktaufnahme und Erstgespräch

Anamnese, Diagnostik und Hilfebedarfsermittlung

Suchtspezifische Beratung (ressourcenorientiert, motivierend)

Krisenintervention

Arbeit mit Bezugspersonen

Spezifische Beratungs- und Gruppenangebote

Vermittlung in weiterführende Hilfesysteme/Case Management

Vermittlung und Motivation zur Mitarbeit in Selbsthilfegruppen

Krisenintervention

2. Aufsuchende Maßnahmen

Aufsuchende Arbeit mit Klienten/Klientinnen in deren Lebensumfeld - BBS wird gemäß Leistungsvertrag und/oder auf Anfrage tätig

3. Behandlung/ Rehabilitation

 

Ambulante Entwöhnungsbehandlung

Ambulante Therapie nach den Kriterien der Vereinbarung Abhängigkeits­erkrankungen vom 4. Mai 2001 (VDR und andere)

  • Gemeinsames Rahmenkonzept der Deutschen Rentenversicherung und der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Nachsorge im Anschluss an eine medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 31. Oktober 2012
  • Gemeinsames Rahmenkonzept der Deutschen Rentenversicherung und der Gesetzlichen Krankenversicherung zur ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 3. Dezember 2008

Ambulante Nachsorge

Ambulante Nachsorge nach den Kriterien der VAbk. vom 4. Mai 2001

4. Vernetzungsarbeit

 

Klientenbezogene Kooperation

Zusammenarbeit mit anderen Diensten und Institutionen zur Optimierung der Hilfen für die Klienten/Klientinnen (niedergelassene Ärzte/Ärztinnen, SpDis, Kliniken, Jobcenter, Behörden, Kostenträger, Selbsthilfe, andere Suchthilfeeinrichtungen etc.)

Mitwirkung an Fallkonferenzen, Hilfeplanerstellung und Eingliederungsvereinbarungen

Regelmäßige Abstimmung mit SpDis

5. Institutionelle Kooperation

Mitarbeit in PSAG und Unterarbeitsgruppen: Sucht/Suchtprävention

Mitarbeit in speziellen Arbeitskreisen wie Jugend-, Gerichts- und Bewährungshilfe

Mitarbeit im Netzwerk Frühe Intervention bei pathologischem Glücksspiel im Land Brandenburg und anderem

Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen und Selbsthilfekontaktstellen

Mitarbeit in regionalen und überregionalen Arbeitskreisen wie LSK, BLS, LIGA, Spitzenverbände

Mitwirkung Meinungsbildung

Mitwirkung in sozialpolitischen Gremien wie Beiräten, Ausschüssen und Ähnlichem

6. Dokumentation

EDV-gestützte systematische Klienten- und Tätigkeitsdatenerfassung unter Verwendung einer vom IFT zertifizierten Software und unter Einhaltung der DSGVO

KDS und Strukturierter Sachbericht für Brandenburg

7. Öffentlichkeitsarbeit

Darstellung der Problematik stoffgebundener Konsumformen und nicht-stoffgebundener Verhaltensformen mit Bezug auf regionale Bedarfe und Entwicklungen

Darstellung der Tätigkeiten, Ziele und des Angebotes der BBS in der Öffentlichkeit

8. Prävention

Zusammenarbeit mit regionalen und überregionalen Präventionsfachkräften

Ansprechpartner/Ansprechpartnerinnen und Anlaufstelle für Institutionen, Gemeinwesen, Multiplikatoren

BBS wird gemäß Leistungsvertrag und/oder auf Anfrage tätig

9. Psychosoziale Substitutionsbegleitung

Betreuungsleistung entsprechend der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger https://www.bundesaerztekammer.de/richtlinien/richtlinien/substitutionstherapie/

  • BBS wird gemäß Leistungsvertrag und/oder im Rahmen von Eingliederungshilfe tätig

Abschluss einer Behandlungsvereinbarung mit substituierendem Arzt/substituierender Ärztin, Klienten/Klientinnen und Kostenträger

10. Qualitätsmanagement

Qualitätsmanagement erfolgt auf der Grundlage der jeweiligen Konzeption und des entsprechenden Leistungsvertrages der BBS zur systematischen Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität des Leistungsangebotes

Leistungsbereiche

Ergänzende Aufgaben

1. Beratung und Betreuung

 

Ambulante Beratung und Betreuung

Spezifische Programme und Projekte (zum Beispiel FreD, Trampolin, HaLT, SKOLL)

Raucherentwöhnung

MPU

Streetwork/Beratung in Strukturen der Krankenhilfe/Beratung in Justizvollzugsanstalten

2. Prävention

Spezifische Programm- und Projektangebote (zum Beispiel Bundes- und Landesmodellprojekte)

3. Multiplikatorenarbeit

Qualifizierte Informations- und Schulungsmaßnahmen

4. Schadensminimierung

Offener Kontaktbereich/Begegnungsstätten/ Übernachtungsangebote

Notschlafstellen/Café, Tee- und Wärmestube, Freizeitangebote

Lebenspraktische Hilfe

Offene Kontakt- und Beziehungsangebote

Safer-use-Maßnahmen und -projekte

Informationsvermittlung, Orientierungshilfen

Hilfe und Unterstützung bei allgemeinen Lebensproblemen

Bedarfsabhängige regionale Angebote

5. Kooperation mit Selbsthilfe

Offener Treff, Schulungen von Selbsthilfegruppenleitern/-leiterinnen, Freizeitangebote, Unterstützung der Selbsthilfe

Anlage 2

Leistungsbeschreibung
für die Kontakt- und Beratungsstellen
für psychisch kranke Menschen im Land Brandenburg

Die überarbeitete Leistungsbeschreibung trägt gegenüber der bisherigen Fassung vom 31. Januar 2008 den veränderten und gestiegenen Anforderungen und den konzeptionellen Weiterentwicklungen aus der Praxis Rechnung. Zusätzlich reflektiert sie die Ergebnisse des FOGS-Abschlussberichtes vom Dezember 2009 zur Evaluierung von Beratungsmöglichkeiten für Menschen mit pathologischem Spielverhalten unter Berücksichtigung der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke und der Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch Kranke im Land Brandenburg für das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie.

Präambel

Gemäß §§ 6 ff. des Gesetzes über die Hilfen und Schutzmaßnahmen sowie über den Vollzug gerichtlich angeordneter Unterbringung für psychisch Kranke und seelisch behinderte Menschen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Psychisch-Kranken-Gesetz - BbgPsychKG) sind die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Hilfen nach § 5 BbgPsychKG insbesondere zur ambulanten Versorgung psychisch kranker und seelisch behinderter Menschen zuständig. Darin zeigt sich die Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte zur Entwicklung von gemeindepsychiatrischen Versorgungsnetzwerken und somit auch für einen zentralen Baustein, die Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch kranke Menschen (im Folgenden KBS).

Die KBS richten sich an psychisch kranke beziehungsweise seelisch behinderte Menschen oder von Krankheit/Behinderung bedrohte Menschen und deren Angehörige oder Bezugspersonen innerhalb einer Versorgungsregion (Landkreis/kreisfreie Stadt). Differenzierungen innerhalb der Zielgruppe beziehungsweise Schwerpunktsetzungen bei der Arbeit können sich entlang von Genderaspekten, Migrationshintergründen oder auch dem Lebensalter1 ergeben. Darüber hinaus tragen die KBS zur Kooperation der Akteure bei und unterstützen die Vernetzung von ambulanten und stationären Hilfen.

Die Kontakt- und Beratungsstellen sind im Kontext der gemeindepsychiatrischen Versorgung ein unverzichtbares ambulantes Basisangebot. Insbesondere das breite Spektrum an unmittelbar in der KBS vorhandenen, aber auch der zusätzlich zu erschließenden komplementären Angebote für die Besuche­rinnen und Besucher der KBS trägt wohnortnah und sozialraumorientiert zu einem besseren Umgang mit psychischen Erkrankungen und zu deren Bewältigung bei. Kennzeichnend für die bereitgestellten Hilfen ist, dass sie Stigmatisierungen vermeiden und Zugänge erleichtern, so dass eine frühzeitige beziehungsweise rechtzeitige Inanspruchnahme erforderlicher Hilfen unterstützt wird. Sie ermöglichen zudem einen anonymen Zugang und sollen so unnötige Krankenhausaufenthalte vermeiden helfen. Weiterhin unterstützen die KBS die Reintegra­tion nach Aufenthalten in stationären Einrichtungen und haben damit auch eine wichtige Aufgabe im Feld der Nachsorge beziehungsweise der nachgehenden Begleitung.

Die Ausrichtung der Angebote an den spezifischen Bedürfnissen der Besucher soll flexible, motivierende und wirkungsvolle Hilfen ermöglichen. Offenheit und Freiwilligkeit stärken als Arbeitsprinzipien die Compliance und die Selbsthilfekräfte. Mit Hervorhebung und Unterstützung der Genesungspotenziale der Betroffenen (Recovery) im Beratungskontext und in der Ausgestaltung der Hilfen (unter anderem auch durch Psychoedukation) sollen Chronifizierungen und Hospitalisierungen auch unter Kostengesichtspunkten vermieden werden. Die Vernetzung im Gemeinwesen und das Schnüren von Hilfepaketen, möglichst im Verbund strukturell vernetzter gemeindepsychiatrischer Hilfen, zielen auf passgenaue, individuelle Hilfen. Die dadurch vermeidbaren Redundanzen oder Fehlversorgungen wirken ebenfalls Kosten dämpfend.

Ziele und Aufgaben

Im Einzelnen ergeben sich insbesondere folgende Zielstellungen für die Arbeit der Kontakt- und Beratungsstellen für psychisch kranke Menschen. Die Zuordnung der Maßnahmen zu einzelnen Zielen soll primär die Handlungsvollzüge in den KBS verdeutlichen; auch wenn einzelne Maßnahmen gleichzeitig mehreren Zielen zugeordnet werden können, wird dementsprechend auf Doppelnennungen verzichtet.

1 Aktivierung von fallspezifischen alltagsorientierten und psychiatrischen Hilfen für einen besseren Umgang mit und zur Bewältigung von psychischen Beeinträchtigungen und Erkrankungen

1.1 Entlastende Gespräche zur Vorbeugung und Bewältigung von psychischen Beeinträchtigungen und Erkrankungen auf der Grundlage von Empowermentstrategien

1.2 Wahrnehmung, begleitende Beobachtung, Information und Beratung bezüglich der Erkrankung, des Krankheitsverlaufs und der -folgen sowie der Hilfs- und Kompensationsmöglichkeiten (Clearing)

1.3 Förderung des Krankheitsverständnisses und des selbstverantwortlichen Umgangs mit der Erkrankung sowie Motivation und Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung, gegebenenfalls gestärkt durch explizit psychoedukativ ausgestaltete Angebote (zum Beispiel zur Einübung alternativen Verhaltens, Erlernen von Bewältigungsstrategien bei Krankheitsschüben oder auch Krisen)

1.4 Stärkung der Genesungspotenziale beispielsweise über die Förderung der Selbstwahrnehmung insbesondere durch

  • angeleitete Entspannungsübungen, Rollenspiele
  • Austausch und Rückmeldungen in den Bezugsgruppen
  • Aktivierung von sinnstiftenden Erfahrungen und sozialen Kontakten (zum Beispiel über Angebote zur Freizeitgestaltung/sportliche Aktivitäten)

1.5 Hilfen zur Alltagsgestaltung und Angebote zur Tagesstruktur sowie zum Aufbau und Erhalt sozialer Kontakte, insbesondere:

  • offene Angebote im Bereich Freizeit, Sport, Kultur, Bildung etc.
  • Beteiligung der Besucher an der Angebotsgestaltung (zum Beispiel Kochen einschließlich Planen und Einkaufen)
  • Angebote zur gestalterischen, kreativen, künstlerischen Betätigung
  • Beschäftigungsangebote (Sinnstiftung, Belastungstraining/Arbeitserprobung)

1.6 Organisation und Moderation von Gruppenprozessen bei Besuchern der KBS (Förderung der Entwicklung von sozia­l­en Kompetenzen)

1.7 Hilfen zur Erschließung, Sicherung und Inanspruchnahme sozialrechtlicher und medizinischer Hilfen

1.8 Gewinnung, gegebenenfalls systematische Erhebung von Rückmeldungen der Besucher zur Ausgestaltung und Wirksamkeit der Hilfen (Nutzerbefragungen)

2 Aktivierung von fallunspezifischen sozialraumorientierten nicht-psychiatrischen Hilfen

2.1 Verbesserung des Verständnisses für die Lebenssituation und Belange psychisch kranker und seelisch behinderter Menschen in ihrem unmittelbaren sozialen Umfeld und im gesellschaftlichen Kontext, insbesondere mit den Teilaspek­ten

  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Gestaltung von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen
  • Entwicklung und Förderung des Trialogs zwischen Betroffenen, professionellen Helfern und Angehörigen und Bezugspersonen
  • Einbeziehung des Sozialraumes als Begegnungsfeld und soziales Lernfeld

2.2 Über den Einzelfall hinausgehende Kooperation und Vernetzung mit den anderen Angeboten innerhalb des Versorgungssystems beziehungsweise des gemeindepsychiatrischen Netzwerkes, insbesondere mit den Teilaspekten

  • persönliche Kontaktpflege und fachlicher Austausch
  • Einschätzungen zu Versorgungssituationen
  • Aktivierung passgenauer Hilfen
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Unterstützung von Planungs- und Steuerungsprozessen im Sozialraum auf der Grundlage der Auswertung von fallspezifischen und fallunspezifischen Kooperationsbezügen

2.3 Entwicklung und Förderung von Aktivitäten und Rahmenbedingungen, die die Inklusion von psychisch kranken beziehungsweise seelisch behinderten Menschen im Sozialraum gemäß der Intention und Anforderungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention gewährleisten und befördern (Verhindern von Exclusion, Unterstützen von Reintegration). Ein Element ist auch die Aktivierung von zivilgesellschaftlichem Engagement und die Unterstützung von Selbsthilfegruppen.

Öffnungszeiten

Die Öffnungszeiten richten sich nach dem Bedarf, dem Versorgungsauftrag und den vorhandenen personellen Ressourcen. Es soll eine Öffnungszeit von mindestens 29 Stunden pro Woche gewährleistet werden. Innerhalb dieser 29 Stunden sind Schwerpunktaufgaben wie zum Beispiel Beratungsleistungen, Informationsveranstaltungen, fallunspezifische Netzwerkleistungen enthalten.

Personelle Ausstattung

Jede KBS ist mit mindestens 1,3 Vollkräften (VK) zu besetzen. Dabei sollen pro KBS in der Regel zwei Mitarbeiter eingesetzt werden, wovon die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter, die/der den überwiegenden Teil der Öffnungszeiten abdeckt, Fachkraft sein soll. Als Fachkraft gelten insbesondere Psychologen/Psychologinnen, Sozialarbeiter/Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen, Krankenschwestern/-pfleger mit psychiatrischer Zusatzausbildung, Heilpädagogen/Heilpädagoginnen, Heilerziehungspfleger/Heilerziehungspflegerinnen, pädagogisches Personal mit sozialpsychiatrischer Zusatzausbildung.

Ausstattung im Versorgungsgebiet

Im Hinblick auf eine optimale ambulante Versorgung mit Kontakt- und Beratungsstellen im Landkreis/in der kreisfreien Stadt kommt es entscheidend darauf an, dass diese von den Nutzern in vertretbarer Weise erreicht werden können und keine unnötig langen Anfahrtswege in Kauf genommen werden müssen. Als sinnvoll und grundsätzlich förderfähig werden maximal 3 KBS pro Versorgungsgebiet angesehen.

Dokumentation

Als Nachweis für die erbrachten Leistungen sind im Sachbericht die tatsächlich stattgefundenen Aktivitäten unter Ausweis und Begründung der erfolgten personenbezogenen und sozialraumorientierten Schwerpunktsetzungen, die Öffnungszeiten und der Personaleinsatz zu benennen und darzustellen. Dem Sachbericht ist eine Einschätzung/Bewertung der KBS durch den Landkreis/die kreisfreie Stadt beizufügen.

Der Sachbericht und die Einschätzung des Landkreises sind Grundlage für die jährlichen Zielvereinbarungsgespräche der KBS mit der Gebietskörperschaft und dienen der Steuerung und Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen.


1 Anlage 1 zur Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen vom 4. Mai 2001 - Anforderungen an die Einrichtungen zur Durchführung ambulanter medi­zinischer Leistungen zur Rehabilitation.

2 Strukturierter Sachbericht der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke als Anlage zur Verwendungsbestätigung.

1 Zum Beispiel junge Menschen.

Anlagen