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Rundschreiben 11/19 (RS 11/19)
Rundschreiben 11/19 (RS 11/19)
vom 26. Juli 2019
(Abl. MBJS/19, [Nr. 21], S.286)
Außer Kraft getreten am 31. Juli 2024
(Abl. MBJS/19, [Nr. 21], S.286)
Nachteilsausgleich für zeitweise oder chronisch kranke Schülerinnen und Schüler
1. Ausgangslage
Die Zahl dauerhaft gesundheitlich beeinträchtigter Schülerinnen und Schüler (chronisch Kranke) nimmt stetig zu. Zwar machen Fortschritte der Medizin und Entwicklungen des Gesundheitssystems es möglich, dass die meisten von ihnen die allgemeinen Schulen besuchen, doch kann ihre Belastbarkeit aus gesundheitlichen Gründen zeitweise (beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt) oder dauerhaft (bei chronischer Krankheit) eingeschränkt sein. Sie haben dann im Rahmen der schulischen Leistungserbringung - insbesondere bei Klassenarbeiten, Klausuren und Prüfungsleistungen - Anspruch auf einen Nachteilsausgleich, wie er generell allen behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen gemäß § 3 Absatz 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes zusteht. Vor allem gilt es, die schulische Chancengleichheit für die betroffenen Schülerinnen und Schüler durch einen individuell angemessenen Nachteilsausgleich zu wahren.
Die hier zu behandelnden Fälle unterscheiden sich also von einer nur aktuellen Beeinträchtigung des Leistungsvermögens, die gegebenenfalls zum Rücktritt von der Prüfung und einer Wiederholung berechtigt. Sie unterscheiden sich ebenfalls von Fällen, in denen Schülerinnen und Schüler wegen einer langandauernden Erkrankung oder schwerster Behinderung Hausunterricht oder Krankenhausunterricht erhalten. Nicht erfasst werden ebenfalls Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen, denen ein Nachteilsausgleich gewährt wird (LRSRV vom 17. August 2017, Absatz 2, GVBl. II Nr. 45).
Der in den jeweiligen Bildungsgangverordnungen geregelte Nachteilsausgleich, der auch chronisch Kranke einbezieht, soll mit diesem Rundschreiben deutlicher hervorgehoben sowie hinsichtlich der Voraussetzungen präzisiert werden. Es gilt, die Lehrkräfte stärker für die besonderen Schwierigkeiten der Schülerinnen und Schüler mit einer chronischen Erkrankung zu sensibilisieren und entsprechende Maßnahmen zu nutzen. Daher werden im Folgenden die Möglichkeiten und Bedingungen eines Nachteilsausgleichs bestimmt, der ohne Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs zu gewähren ist.
2. Geltungsbereich
Dieses Rundschreiben gilt für alle Schülerinnen und Schüler sowie für alle Studierenden in den Bildungsgängen gemäß § 15 Absatz 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes, deren Belastbarkeit aus ärztlicher Sicht vorübergehend oder dauerhaft eingeschränkt ist.
Gesundheitliche Gründe für einen Nachteilsausgleich kommen auch anlässlich nachgewiesener psychischer Erkrankungen in Betracht, beispielsweise einer Schulphobie oder Depression.
3. Grundsätze
Für Schülerinnen oder Schüler sowie für Studierende mit eingeschränkter Belastbarkeit gemäß Nummer 2 gelten dieselben Maßstäbe der Leistungsbewertung wie für alle anderen Schülerinnen und Schüler.
Bei Einschränkungen der Belastbarkeit können sich aber die Bedingungen der Leistungserbringung verändern. Schülerinnen oder Schüler sowie Studierende, deren Belastbarkeit zeitweise oder dauerhaft wesentlich eingeschränkt ist, kann für die Dauer dieser Einschränkung ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Dieser Ausgleich soll die vorhandene Beeinträchtigung kompensieren und den Betroffenen ermöglichen, vorhandene Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse nachzuweisen.
4. Verfahren zur Feststellung
Wenn kein Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs erforderlich ist, kann auf Antrag der Eltern, der volljährigen Schülerin, des volljährigen Schülers oder Studierenden ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Mit dem Antrag ist der Schule eine fachärztliche Stellungnahme vorzulegen, aus der die Bezeichnung der Krankheit und die Einschränkung der Leistungsfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer ersichtlich werden. Im Einzelfall trifft die Entscheidung die Schule, insbesondere bei einer offensichtlichen Beeinträchtigung.
Auf der Grundlage des Antrags sowie der fachärztlichen Stellungnahme trifft die Klassenkonferenz oder Jahrgangskonferenz eine Feststellung über Art, Umfang und Dauer des erforderlichen Nachteilsausgleichs. Diese Feststellung wird mit den Betroffenen und im Falle der Minderjährigkeit auch mit den Eltern abgestimmt. Anschließend wird der Nachteilsausgleich einschließlich der festzulegenden Überprüfungsfristen schriftlich dokumentiert und der Schülerakte beigefügt. Nach Ablauf der vorgesehenen Dauer des Nachteilsausgleichs wird der dokumentierte Nachteilsausgleich aus der Schülerakte entfernt, wenn keine Verlängerung erfolgt.
Zeitliche Verlängerungen des Nachteilsausgleichs bedürfen einer erneuten fachärztlichen Stellungnahme. In Prüfungen, insbesondere in der Abiturprüfung, trifft die Entscheidung zum individuell erforderlichen Nachteilsausgleich die Prüfungsvorsitzende oder der Prüfungsvorsitzende.
5. Nachteilsausgleich
Der Nachteilsausgleich kann insbesondere
- die Veränderung des räumlichen und zeitlichen Rahmens,
- die Verwendung technischer Hilfsmittel,
- mündliche statt schriftliche Leistungsnachweise,
- schriftliche statt mündliche Leistungsnachweise oder
- eine individuelle Leistungsfeststellung in der Einzelsituation
umfassen.
6. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieses Rundschreiben tritt am 01. August 2019 in Kraft und am 31. Juli 2024 außer Kraft.