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Rundschreiben 2/13 (RS 2/13)

Rundschreiben 2/13 (RS 2/13)
vom 24. Januar 2013
(Abl. MBJS/13, [Nr. 3], S.99)

Außer Kraft getreten am 31. Dezember 2018 durch Zeitablauf vom 24. Januar 2013
(Abl. MBJS/13, [Nr. 3], S.99)

Deutsch-polnische Bildungskooperation

1. Grundsätze

1.1 Organisationsformen und Zielsetzungen

Gemäß § 7 Abs. 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes bestimmen die Schulen im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihre pädagogische, didaktische, fachliche und organisatorische Tätigkeit selbst. In diesem Rahmen können sie sich ein eigenes Profil geben. Die besondere Förderung der Bereitschaft zur friedlichen Zusammenarbeit mit den polnischen Nachbarn gemäß § 4 Abs. 5 Satz 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes in Schule und Unterricht bietet eine sinnvolle Möglichkeit der Profilierung einer Schule.

Im Land Brandenburg kann die Förderung der Bereitschaft zur friedlichen Zusammenarbeit mit den polnischen Nachbarn insbesondere durch

  1. Schulpartnerschaften und Schüleraustausch,
  2. Gastschulaufenthalte,
  3. Lehreraustausch,
  4. Deutsch-polnische Schulprojekte (DPSP) gemäß Nummer 2 sowie
  5. Latarnia“-Projekte gemäß Nummer 3 erfolgen.

DPSP und “Latarnia“-Projekte werden im Rahmen der für alle öffentlichen Schulen geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften durchgeführt.

1.2 Pädagogisches Konzept, Schulprogramm

Schulen, die beabsichtigen, ein DPSP einzurichten, erarbeiten ein schulinternes Curriculum unter besonderer Berücksichtigung der polnischen Schülerinnen und Schüler. Sie beschreiben in ihrem Schulprogramm ihre besonderen integrativen Maßnahmen, die sie mit Blick auf das gemeinsame Lernen brandenburgischer und polnischer Schülerinnen und Schüler vorgesehen haben. Dabei gehen sie auf folgende Fragen ein:

  1. Wie werden Schülerinnen und Schüler und deren Eltern über das schulische Angebot am DPSP informiert?
  2. Wie wird das Aufnahmeverfahren polnischer Schülerinnen und Schüler ge­staltet?
  3. Wie werden die fachübergreifenden Inhalte und Anforderungen aller Fächer auf der Grundlage schuleigener Lehrpläne ausgeschöpft und Themen der polnischen Geschichte, Kunst, Literatur und Fragen der polnischen Alltagskultur im Unterricht fachübergreifend berücksichtigt?
  4. Wie werden die Schuljahreshöhepunkte gestaltet, die sowohl brandenburgische als auch polnische Traditionen berücksichtigen?
  5. Welche Maßnahmen stellen sicher, dass die polnischen Schülerinnen und Schüler problemlos zurückkehren und in eine polnische Schule reintegriert werden können?

1.3 Information und Beratung

Die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sind über das Schulprogramm zu informieren und zu beraten. Polnische Eltern und deren Kinder sind rechtzeitig vor der Aufnahme in die Schule umfassend über die Voraussetzungen für einen Schulbesuch zu informieren, insbesondere über

  1. Aufenthalts- und ausländerrechtliche Regelungen,
  2. die Erfordernisse hinsichtlich Kranken-, Haftpflicht- und Unfallversicherung,
  3. die Finanzierung der außerunterrichtlichen Kosten,
  4. die persönlichen Anforderungen, die sich aus den jeweiligen Bildungsgängen ergeben,
  5. die Bedingungen für ein Gastschulverhältnis,
  6. die Schulordnung und ggf. Internats- oder Wohnheimregeln,
  7. die Frequenzrichtwerte für die Einrichtung von Jahrgangsstufen und die damit verbundenen Risiken für die Aufnahme polnischer Schülerinnen und Schüler und
  8. das Aufnahmeverfahren.

Die polnischen Schülerinnen und Schüler sollen vor Schuljahresbeginn mit ihren künftigen Mitschülern und den Lehr- und Lernbedingungen am DPSP bekannt gemacht werden (z. B. in Form eines vorausgehenden Integrationscamps in den Sommerferien und/oder eines Treffens am Standort des DPSP gegen Ende des dem Lernbeginn vorangehenden Schuljahres). Die regionale Bevölkerung ist über die Ausgestaltung des DPSP regelmäßig zu informieren.

1.4 Evaluation

Die Schulen überprüfen in regelmäßigen Abständen das Erreichen ihrer pädagogischen Ziele und die Umsetzung der Arbeitsschwerpunkte (interne Evaluation) und beteiligen dabei ihre Kooperationspartner. Hierbei können sich die Schulen durch Dritte unterstützen lassen.

Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sind bei der Planung und Durchführung schulinterner Evaluationsverfahren angemessen zu beteiligen.

Schulen, die Angebote im Rahmen der DPSP oder der “Latarnia“-Projekte unterbreiten, nehmen an den durch die Schulbehörden veranlassten Überprüfungen (externe Evaluation) teil.

2. Deutsch-polnische Schulprojekte

2.1 Unterrichtsorganisation

Deutsch-polnische Schulprojekte sind ausgerichtet auf den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (AHR) und werden im Rahmen der für diesen Bildungsgang geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften durchgeführt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass deutsche und polnische Schülerinnen und Schüler gemeinsam den Unterricht besuchen.

Schulen mit DPSP bieten das Fach Polnisch in der Regel als zweite Fremdsprache an. Im Ausnahmefall ist Polnisch als Wahlunterricht anzubieten. Das Angebot muss ab Jahrgangsstufe 7 eingerichtet werden.

Schulen mit DPSP sollen mit mindestens einer polnischen Schule kooperieren, an der die Schülerinnen und Schüler, die in die DPSP eintreten wollen, planmäßig und zielgerichtet auf den Schulbesuch im Land Brandenburg vorbereitet werden.

Die aufgenommenen polnischen Schülerinnen und Schüler werden im Sinne des integrativen Grundansatzes der DPSP auf die vorhandenen Klassen der jeweiligen Schule verteilt. Die Einrichtung einer mononationalen polnischen Lerngruppe oder Klasse ist nicht zulässig.

2.2 Aufnahmeverfahren für polnische Schülerinnen und Schüler

Über die Aufnahme polnischer Schülerinnen und Schüler als Gastschülerin oder Gastschüler entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter gemäß § 50 Abs. 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes.

Die für den Besuch eines DPSP auf polnischer Seite ausgewählten Schülerinnen und Schüler müssen insbesondere in den Sprachen Deutsch und Englisch so vorbereitet sein, dass gesonderter Förderunterricht in Deutsch und/oder Englisch am DPSP-Standort auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt.

Polnische Schülerinnen und Schüler können aufgenommen werden, wenn ihre bisherige Lerneinstellung und Lernbereitschaft, der erreichte Leistungsstand und ihre Neigungen eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht des Bildungsganges zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife erwarten lassen.

Eine Aufnahmegarantie oder Aufnahmeverpflichtung der Schulleitung gegenüber polnischen Schülerinnen und Schülern besteht nicht.

Polnische Schülerinnen und Schüler können unter Berücksichtigung der Vorgaben des Schulträgers und der Schulbehörden nur in die Jahrgangsstufe 10 oder 11 aufgenommen werden. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des für Schule zuständigen Ministeriums.

Eine Aufnahme kann erst erfolgen, wenn die polnischen Schülerinnen und Schüler für die Dauer ihres Schulbesuchs in Brandenburg einen ausreichenden Versicherungsschutz (Kranken-, Unfall-, Haftpflichtversicherung) gegenüber der Schulleitung nachgewiesen haben.

Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Schulträgers und des staatlichen Schulamtes können pro Schuljahr mindestens zwölf, höchstens jedoch 25 polnische Schülerinnen und Schüler in die jeweilige Jahrgangsstufe aufgenommen werden.

3. „Latarnia“-Projekte

„Latarnia“-Projekte sind Kooperationsprojekte zwischen jeweils einer polnischen und einer brandenburgischen Schule (Partnerschulen). Sie sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass der Unterricht in den beteiligten Klassen abwechselnd, sowohl an der Heimatschule als auch an der jeweiligen Partnerschule stattfindet.

In der Jahrgangsstufe 7 ist hierzu jeweils in den Partnerschulen eine paritätisch zusammengesetzte deutsch-polnische Klasse zu bilden, die abwechselnd an jeweils einem Wochentag regulären Unterricht entweder in der brandenburgischen oder der polnischen Partnerschule absolviert. Deshalb eignen sich Schulen in unmittelbarer Grenznähe besonders für dieses Projekt. In den Jahrgangsstufen 7 bis 9 erfolgt die Kooperation auf polnischer Seite mit einem Gimnazjum und in der Jahrgangsstufe 10 mit einem Liceum. Die Schülerinnen und Schüler begeben sich mindestens einmal pro Woche an die Partnerschule und kehren von dort nach dem Unterricht an ihren Heimatort zurück.

Der Unterrichtsort bestimmt die Unterrichtssprache.

Die Partnerschulen legen die Fächer fest, in denen der Unterricht in den Projektklassen erteilt wird. Die Fächer Musik, Kunst, Sport, Geographie, Mathematik und Informatik scheinen dafür besonders geeignet.

Das Projekt wird in der Jahrgangsstufe 7 begonnen und umfasst die Jahrgangsstufen 7 bis 9. Es kann auch die Jahrgangsstufe 10 umfassen, wenn eine Kooperation mit einem polnischen Liceum besteht. Die Entscheidung darüber wird von den Partnerschulen getroffen.

Grundprinzip der Durchführung von “Latarnia“-Projekten ist die Parität bei Organisation, Durchführung und Finanzierung zwischen der brandenburgischen und polnischen Partnerschule.

Den Partnerschulen obliegt eine Fürsorgepflicht gegenüber den am Projekt beteiligten polnischen und brandenburgischen Schülerinnen und Schülern. Die Schulleitungen weisen die Eltern darauf hin, dass ein ausreichender Versicherungsschutz (Kranken-, Unfall-, Haftpflicht) auch für den Besuch der Partnerschule im Ausland bestehen muss. Die Information der Eltern der am Projekt beteiligten polnischen und deutschen Schüler ist aktenkundig zu machen.

4. Antrags- und Genehmigungsverfahren

4.1 Antragsverfahren

Die Konferenz der Lehrkräfte erarbeitet in Abstimmung mit den polnischen Partnern das pädagogische Konzept gemäß den Nummern 2 oder 3.

In der Konzepterarbeitungsphase werden die Voten der Elternkonferenz und der Konferenz der Schülerinnen und Schüler einbezogen.

Die Schulkonferenz beschließt gemäß § 91 Abs. 2 Nr. 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes über den Antrag zur Einrichtung eines Angebotes gemäß den Nummern 2 oder 3.

Der Beschluss der Schulkonferenz ist dem Schulträger zuzuleiten.

Der Schulträger der jeweiligen Schule nimmt insbesondere Stellung zur finanziellen Absicherung der Unterkunft, der Essensversorgung, des Transports, der Bereitstellung von Lehr- und Lernmitteln, der kulturellen und sozialen Aktivitäten der Schule, in die die polnischen Schülerinnen und Schüler eingebunden sind.

Ist die finanzielle Absicherung durch den Schulträger gewährleistet, stellt die Schulleitung den Antrag auf Einrichtung eines Angebotes gemäß den Nummern 2 oder 3 über das staatliche Schulamt beim für Schule zuständigen Ministerium. Der Antrag ist spätestens bis zum 1. November für das folgende Schuljahr einzureichen.

4.2 Inhalt des Antrages

Der Antrag beinhaltet

  1. das Schulprogramm,
  2. den Nachweis der Gremienbeteiligung und -voten,
  3. eine Analyse und Prognose der Schülerzahlen auf der Grundlage einer genehmigten Schulentwicklungsplanung sowie den Nachweis der Erfüllung aller personeller, sächlicher und schulorganisatorischer Voraussetzungen,
  4. eine schriftliche Stellungnahme des staatlichen Schulamtes.

4.3 Antragsprüfung und Genehmigung

Das staatliche Schulamt prüft Anträge sowie Änderungsanträge. Es prüft insbesondere

  1. die Angaben zur Perspektive des Schulstandortes unter Berücksichtigung der Schulentwicklungsplanung,
  2. die Erfüllung der personellen, sächlichen und schulorganisatorischen Voraussetzungen,
  3. die Gremienbeteiligung und -voten und
  4. die Stellungnahme des Schulträgers.

Eine Genehmigung kann nur erfolgen, wenn die Mindestzügigkeit der Schule für mindestens fünf Jahre gesichert ist. Das für Schule zuständige Ministerium entscheidet bis zum 1. März auf der Grundlage der Stellungnahme des staatlichen Schulamtes über die Einrichtung eines entsprechenden Angebotes.

Für anerkannte Ersatzschulen gilt dieses Rundschreiben entsprechend.

4.4 Beendigung von Angeboten

Das für Schule zuständige Ministerium genehmigt auf Antrag der Schulkonferenz die Beendigung von Angeboten gemäß der Nummern 2 und 3 zum Schuljahresende, wenn die Akzeptanz des Angebotes bei Eltern sowie Schülerinnen und Schülern nicht mehr gegeben ist oder andere Fakten die weitere Organisation nicht mehr zulassen. Für diesen Fall ist durch die Schulleitung sicherzustellen, dass eine ordnungsgemäße Fortsetzung der Schullaufbahn der polnischen Schülerinnen und Schüler gewährleistet ist.

Das für Schule zuständige Ministerium kann die Beendigung von Angeboten gemäß der Nummern 2 und 3 zum Schuljahresende anordnen, wenn schulaufsichtliche Überprüfungen oder externe Evaluationen ergeben, dass die Mindestanforderungen der Qualitätsmerkmale für diese Angebote nur unzureichend eingehalten werden. Die Schulkonferenz, das staatliche Schulamt und der Schulträger sind zuvor anzuhören.

5. Übergangsbestimmungen

DPSP, die vor dem Inkrafttreten dieses Rundschreibens genehmigt wurden, gelten mit der Maßgabe fort, dass das schulinterne Curriculum gemäß Nummer 1.2 bis spätestens 1. August 2014 erarbeitet wird.

6. Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Rundschreiben tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in Kraft und am 31. Dezember 2018 außer Kraft.