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Richtlinie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz zur Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Erstattung von Ausgaben für Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP-Billigkeitsrichtlinie)

Richtlinie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz zur Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Erstattung von Ausgaben für Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP-Billigkeitsrichtlinie)
vom 21. November 2022
(ABl./22, [Nr. 49], S.972)

Außer Kraft getreten am 31. Dezember 2023 durch Richtlinie des MSGIV vom 21. November 2022
(ABl./22, [Nr. 49], S.972)

1 Zweck der Erstattung, Grundlagen

1.1 Bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) handelt es sich um eine schwere Virusinfektion der Haus- und Wildschweine mit erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen. Nach der ersten amtlichen Feststellung eines Ausbruchs der ASP im Land Brandenburg im September 2020 hat sich die Tierseuche zunächst aus Richtung Polen in weiteren Landkreisen und kreisfreien Städten, insbesondere Uckermark, Barnim, Märkisch-Oderland, Frankfurt (Oder), Oder-Spree, Spree-Neiße und Dahme-Spreewald ausgebreitet. Darüber hinaus sind nunmehr die Landkreise Prignitz, Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster von ASP-Ausbrüchen in angrenzenden Bundesländern betroffen. Daher sind weiterhin umfangreiche Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen erforderlich. Das Land Brandenburg nimmt hier wegen seiner Grenzlage zu Polen eine besondere Rolle im Bundesgebiet ein, da eine Ausbreitung der ASP über das Land Brandenburg hinaus erhebliche Auswirkungen auf die gesamte bundesdeutsche Wirtschaft haben würde.

1.2 Die Schutzmaßnahmen gegen die ASP sind insbesondere

  • in der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (ABl. L 84 vom 31.3.2016, S. 1),
  • in der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen (ABl. L 174 vom 3.6.2020, S. 64),
  • in der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 der Kommission vom 7. April 2021 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ABl. L 129 vom 15.4.2021, S. 1),
  • im Tiergesundheitsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938) und
  • in der Schweinepest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 2020 (BGBl. I S. 1605)

festgelegt.

1.3 Zwischen dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (MSGIV) und den betroffenen Landkreisen und kreisfreien Städten besteht Einvernehmen, dass unter den gegebenen Umständen Maßnahmen zur Bekämpfung der ASP, insbesondere die Anordnung der Errichtung von festen Absperrungen an der Grenze zwischen dem Land Brandenburg und der Republik Polen, sowie weitere Absperrungen in den Restriktionszonen und weitere Maßnahmen zur Seuchenüberwachung und -bekämpfung fachlich geboten sind, um eine mögliche weitere Ausbreitung der Seuche wirksam zu verhindern und die damit verbundenen Gefahren abzuwehren.

1.4 Für die Anordnung der notwendigen Maßnahmen sind die betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte nach § 1 Absatz 4 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 2001 (GVBl. I 2002 S. 10), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 25. Januar 2016 (GVBl. I Nr. 35 S. 18) geändert worden ist, zuständig. Sie haben nach § 19 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes und § 44 des Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 1996 (GVBl. I S. 266), das zuletzt durch das Gesetz vom 7. Juni 2022 (GVBl. I Nr. 13) geändert worden ist, auch die Kosten für diese Maßnahmen zu tragen.

1.5 Unbeschadet dieser Regelung zur Kostentragung erstattet das Land Brandenburg den Landkreisen und kreisfreien Städten als freiwillige Leistung nach Maßgabe dieser Richtlinie ihre notwendigen Ausgaben im Zusammenhang mit den fachlich gebotenen Maßnahmen. Die Erstattung erfolgt auf Grundlage von § 53 der Landeshaushaltsordnung aus Gründen der staatlichen Fürsorge des Landes Brandenburg zum Ausgleich von Härten im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Billigkeitsleistungen). Ein Anspruch der Landkreise und kreisfreien Städte besteht nicht. Die Höhe der Erstattung erfolgt im pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2 Gegenstand der Erstattung

2.1 Allgemeine Bestimmungen

2.1.1 Voraussetzung für die Erstattung ist eine von dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt getroffene Anordnung nach der Schweinepest-Verordnung oder dem Tiergesundheitsgesetz, für die der Landkreis oder die kreisfreie Stadt die Kosten nach § 19 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes oder nach § 44 des Ordnungsbehördengesetzes und die Entschädigungsleistungen nach § 6 Absatz 7 bis 9 und § 39a des Tiergesundheitsgesetzes in Verbindung mit § 41 Absatz 1 und § 44 des Ordnungsbehördengesetzes zu tragen hat.

2.1.2 Erstattet werden die notwendigen Ausgaben für

  1. die Errichtung und den späteren Abbau von Absperrungen im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes, darunter insbesondere feste und mobile Zäune,
  2. die Bewirtschaftung und Unterhaltung von Absperrungen im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes einschließlich der Begehung, Wartung, Instandhaltung, Reparaturen, Ersatzbeschaffungen und Vergrämungsmaßnahmen in Bereichen ohne Zaun,
  3. Maßnahmen zur Fallwildsuche und Beprobung,
  4. Maßnahmen der Landkreise oder kreisfreien Städte zur Entnahme oder zur verstärkten Bejagung von Schwarzwild,
  5. die Entschädigungsleistungen nach dem Tiergesundheitsgesetz, die der Landkreis oder die kreisfreie Stadt bei Inanspruchnahme von Eigentümern oder Besitzern von Grundstücken und von Jagdausübungsberechtigten gezahlt hat,

soweit und solange diese im Hinblick auf eine Anordnung eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt entstanden sind, einschließlich der Ausgaben für den vollständigen Abbau von Absperrungen.

2.1.3 Soweit Materialien oder Ressourcen aus der Landes­reserve beansprucht wurden, entstehen dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt keine Ausgaben, so dass auch keine Erstattung gewährt wird. Ebenso wird für die Beanspruchung von Materialien und Ressourcen aus vergleichbaren Reserven der Landkreise und kreisfreien Städte keine Erstattung geleistet und diese sind vorrangig zu nutzen.

2.1.4 Soweit nicht auf Kapazitäten des Landkreises oder der kreisfreien Stadt und des Landes Brandenburg zurückgegriffen werden kann, können auch private Vertragspartner einbezogen werden. Die kommunalen Regelungen insbesondere zum Vergaberecht und der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind zu beachten.

2.1.5 Personalausgaben der Landkreise und kreisfreien Städte werden nicht erstattet.

2.1.6 Die Erstattung aufgrund dieser Richtlinie ist nachrangig. Soweit der Landkreis oder die kreisfreie Stadt für die unter Nummer 2 dieser Richtlinie genannten Ausgaben andere Leistungen beantragt oder erhalten hat, sind diese gegenüber dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) anzugeben und werden bei der Ermittlung des endgültigen Erstattungsbetrages berücksichtigt.

2.2 Absperrungen - Errichtung und Abbau sowie Bewirtschaftung und Unterhaltung

2.2.1 Es ist sicherzustellen, dass die Absperrungen einheitlichen Vorgaben entsprechen. Dabei sind die Vorgaben des MSGIV hinsichtlich technischer Spezifikationen, Streckenführung und Ausführung zu beachten. Insbesondere sollen folgende Anforderungen erfüllt sein:

  • Die Absperrungen werden als temporäre Maßnahme errichtet.
  • Für Kleinsäuger und verbeißendes Schalenwild verbleibt die Möglichkeit, die Absperrungen zu passieren.
  • Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) und andere Gebiete mit besonderem Schutzstatus sind nach Möglichkeit zu umgehen.
  • Durchfahrten und Durchgänge sind zu ermöglichen.

2.2.2 Zu den erstattungsfähigen Ausgaben für die Errichtung und den Abbau von Absperrungen zählen insbesondere die Ausgaben für

  • die Planung und die planerische Begleitung,
  • gegebenenfalls die Kampfmittelsuche und -beseitigung,
  • Materialien (zum Beispiel Zäune und Pfosten), soweit diese nicht aus der Landesreserve zur Verfügung gestellt werden, und
  • den Bau (Beschaffungs- und Bauaufträge).

2.2.3 Zu den Absperrungen gehören auch Absperranlagen an Toren und Durchfahrten, zum Beispiel Vergrämungs­anlagen, Durchfahrwannen und Vieh- oder Wildgitter (cattle grid).

2.2.4 Die Absperrungen sind nach der Errichtung zu bewirtschaften und zu unterhalten, um ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten. Zu den erstattungsfähigen Ausgaben gehören hier insbesondere Ausgaben für die Begehung, Wartung, Instandhaltung, Beseitigung von Beschädigungen einschließlich notwendiger Ersatzbeschaffungen und Vergrämungsmaßnahmen in Bereichen ohne Zaun.

2.3 Maßnahmen zur Fallwildsuche und Beprobung

2.3.1 Erstattungsfähig sind die Ausgaben für Maßnahmen zur permanenten Fallwildsuche, insbesondere zur Bestimmung des Seuchengeschehens und zur Überprüfung der Wirksamkeit von Absperrungen.

2.3.2 Soweit die Landkreise oder kreisfreien Städte Ausgaben für die Probenlogistik und gegebenenfalls für die Bergung von Fallwild haben, sind auch diese erstattungs­fähig.

2.4 Maßnahmen der Landkreise oder kreisfreien Städte zur Entnahme oder zur verstärkten Bejagung von Schwarzwild

2.4.1 Erstattungsfähig sind Ausgaben der Landkreise und kreisfreien Städte für von den Landkreisen und kreis­freien Städten angeordnete oder durchgeführte Maßnahmen zur Entnahme oder verstärkten Bejagung von Schwarzwild. Erstattungsfähig sind darüber hinaus Ausgaben für Beschaffungen der Landkreise und kreisfreien Städte zur Ermöglichung oder Unterstützung der Entnahme oder ­verstärkten Bejagung von Schwarzwild.

2.4.2 Erstattungsfähig sind Vorsorgemaßnahmen der Landkreise und kreisfreien Städte zur sicheren Entsorgung von Tierkörpern.

2.5 Entschädigungsleistungen nach dem Tiergesundheits­gesetz

Erstattungsfähig sind Ausgaben für die Entschädigungsleistungen, die der Landkreis oder die kreisfreie Stadt aufgrund des § 6 Absatz 7 bis 9 des Tiergesundheitsgesetzes in Verbindung mit § 41 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes in Umsetzung des Erlasses des MSGIV „Durchführung der Entschädigung nach dem Tiergesundheitsgesetz bei Inanspruchnahme von Eigentümern oder Besitzern von Grundstücken und von Jagdausübungsberechtigten“ vom 28. Oktober 2022* haben.

3 Erstattungsberechtigte

Erstattungsberechtigt sind Landkreise und kreisfreie Städte, wenn bei ihnen Restriktionszonen und Maßnahmen aufgrund der Schweinepest-Verordnung und des Tiergesundheitsgesetzes erforderlich sind, insbesondere die bereits von der ASP betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte.

4 Art, Umfang und Höhe der Erstattung

4.1 Die Ausgaben werden den Landkreisen und kreisfreien Städten als freiwillige Leistung in voller Höhe im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erstattet.

4.2 Der Erstattungsbetrag errechnet sich aus den tatsächlichen Ausgaben, die dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt entstanden sind. Offene Erstattungen aus dem Vorjahr können im Folgejahr geleistet werden.

4.3 Die Ausgaben für die Errichtung und den Erhalt der Absperrungen in Restriktionszonen und für den Schutzkorridor werden vorrangig erstattet. Insoweit erfolgt eine fachliche Priorisierung entsprechend Nummer 5.5.

5 Erstattungsverfahren

5.1 Für die Erstattung ist das LAVG zuständig. Die tatsächlich geleisteten Ausgaben sind von den Erstattungs­berechtigten vorzufinanzieren und werden im Rahmen eines Abrechnungsverfahrens vom LAVG erstattet.

5.2 Die Abrechnungen des ersten bis dritten Quartals sind jeweils zum 15. des Folgemonats beim LAVG einzureichen. Für das vierte Quartal sind Abrechnungen bis zum Stichtag 31. Oktober 2023 spätestens am 15. November 2023 einzureichen. Die Abrechnung für den Zeitraum vom 1. November 2023 bis 31. Dezember 2023 ist spätestens am 20. Januar 2024 beim LAVG einzureichen.

5.3 Das Formular für die Zwischen- und Endabrechnung ist auf der Website des LAVG abrufbar. Das ausgefüllte Formular ist jeweils auszudrucken, rechtsverbindlich zu unterschreiben und als PDF per E-Mail an lavg.haushalt@lavg.brandenburg.de oder per Post an das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit des Landes Brandenburg, Postfach 90 02 36, 14438 Potsdam zu senden.

5.4 Zusammen mit den Abrechnungen sind anhand des jeweiligen Erkenntnisstandes aktualisierte Prognosen über im Jahr insgesamt erwartete erstattungsfähige Ausgaben abzugeben.

5.5 Die Erstattung erfolgt durch das LAVG anhand einer fachlichen Priorisierung der erstattungsfähigen Ausgaben durch das MSGIV. Bei der Priorisierung werden auch die Prognosen berücksichtigt.

5.6 Die Unterlagen, die die in den Zwischenabrechnungen und in der Endabrechnung ausgewiesenen tatsächlich geleisteten Zahlungen begründen (Belege, Verträge sowie alle sonst mit der Ausgabe zusammenhängenden Unterlagen), sind von den Erstattungsberechtigten vorzuhalten und dem LAVG und dem MSGIV auf Verlangen vorzulegen sowie die Einsicht vor Ort zu gestatten. Die Unterlagen sind nach Vorlage der Endabrechnung zehn Jahre aufzubewahren, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist bestimmt ist.

5.7 Die Endabrechnung ist dem LAVG grundsätzlich zwei Monate nach Außerkrafttreten der zugrundeliegenden Anordnung beziehungsweise Abbau der Absperrungen, die Jahresendabrechnung spätestens bis zum 20. Januar 2024 vorzulegen.

6 Sonstige Bestimmungen

Das MSGIV, das LAVG und der Landesrechnungshof sind berechtigt, bei den Empfängern der Erstattungen Prüfungen durchzuführen.

7 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft.


* Anm. d. Red.: im Amtsblatt nicht veröffentlicht