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Verordnung über die schulischen Bildungsangelegenheiten der Sorben (Wenden) ((Sorben-[Wenden-]Schulverordnung) - SWSchulV)
Verordnung über die schulischen Bildungsangelegenheiten der Sorben (Wenden) ((Sorben-[Wenden-]Schulverordnung) - SWSchulV)
vom 31. Juli 2000
(GVBl.II/00, [Nr. 16], S.291)
Am 29. Januar 2022 außer Kraft getreten durch Verordnung vom 27. Januar 2022
(GVBl.II/22, [Nr. 14])
Auf Grund der §§ 5 und 13 Abs. 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes vom 12. April 1996 (GVBl. I S. 102) verordnet der Minister für Bildung, Jugend und Sport:
§ 1
Allgemeine Grundsätze
(1) Schulen mit Sitz im angestammten sorbischen (wendischen) Siedlungsgebiet (Siedlungsgebiet) fördern und pflegen in besonderer Weise Achtung und Toleranz gegenüber Bürgerinnen und Bürgern sorbischer (wendischer) Volkszugehörigkeit.
(2) Im Siedlungsgebiet ist die sorbische (wendische) Sprache Regional- oder Minderheitensprache. In diesem Gebiet haben Schülerinnen und Schüler das Recht, gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung Unterricht im Fach Sorbisch (Wendisch) sowie Unterricht in der Unterrichtssprache Sorbisch (Wendisch) zu erhalten und an Arbeitsgemeinschaften Sorbisch (Wendisch) teilzunehmen. Die Schulen im sorbischen (wendischen) Siedlungsgebiet sind verpflichtet, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler rechtzeitig vor Beginn des neuen Schuljahres über die Möglichkeiten zu informieren, die sorbische (wendische) Sprache in der Schule zu erlernen und zu pflegen.
(3) An den Schulen sollen im Unterricht geeigneter Fächer die Kultur und Geschichte der Sorben (Wenden) behandelt werden.
(4) Die Aus- und Fortbildungsplanung für die Lehrkräfte berücksichtigt die Kultur und Geschichte der Sorben (Wenden).
(5) Lehrkräfte sollen die Möglichkeit erhalten, sorbische (wendische) Sprachkenntnisse erwerben und vertiefen zu können.
§ 2
Unterricht im Fach Sorbisch (Wendisch)
(1) Das Fach Sorbisch (Wendisch) wird
- als Zweitsprache oder
- als Fremdsprache
angeboten. In Schulen außerhalb des Siedlungsgebietes kann Sorbisch (Wendisch) Fremdsprache sein.
(2) Sorbisch (Wendisch) als Zweitsprache wird zusätzlich zu den Unterrichtsverpflichtungen des jeweiligen Bildungsgangs angeboten. Der Besuch des Unterrichts erfolgt innerhalb einer Schulstufe in Jahrgangsstufen aufsteigend und kann nur zum Ende eines Schuljahres beendet werden. Die Wochenstundenzahl beträgt in der Jahrgangsstufe 1 mindestens eine, in den Jahrgangsstufen 2 bis 13 drei, in der gymnasialen Oberstufe als Profilkurs zusätzlich zwei und als Leistungskurs fünf Wochenstunden.
(3) Für die Bewertung der Leistungen im Fach Sorbisch (Wendisch) als Zweitsprache und bei Entscheidungen über das Aufrücken oder Versetzen und bei Zuerkennung schulischer Abschlüsse gelten die Bestimmungen des jeweiligen Bildungsgangs für Fremdsprachen sinngemäß. Bei Entscheidungen gemäß Satz 1 wird in den Bildungsgängen der Sekundarstufe I das Fach Sorbisch (Wendisch) wie ein Pflicht- oder Wahlpflichtfach berücksichtigt, nicht aber
- in der Gesamtschule wie ein Fach der Fächergruppe I,
- im Gymnasium wie Deutsch, Mathematik, erste und zweite Fremdsprache, sowie
- in der Realschule wie Deutsch, Mathematik, erste Fremdsprache oder das Fach des Wahlpflichtbereiches.
(4) Für das Fach Sorbisch (Wendisch) als Fremdsprache gelten die Bestimmungen des jeweiligen Bildungsgangs.
(5) An sorbischen (wendischen) Schulen mit besonderer Prägung gemäß § 3 Abs. 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes ist die Teilnahme am Fach Sorbisch (Wendisch) Pflicht. Wer das Fach Sorbisch (Wendisch) abwählen will, muss eine sorbische (wendische) Schule mit besonderer Prägung verlassen.
(6) Der Unterricht im Fach Sorbisch (Wendisch) findet im Klassenverband oder in Kursen und jahrgangsstufenweise aufsteigend statt. Reichen die Kenntnisse in der sorbischen (wendischen) Sprache beim Beginn des Unterrichts im Fach Sorbisch (Wendisch) oder nach einem Wechsel auf eine andere Schule nicht aus, um am Unterricht der Jahrgangsstufe in der Zweitsprache Sorbisch (Wendisch) teilnehmen zu können, so kann die Schülerin oder der Schüler abweichend von Vorschriften der Bildungsgangverordnungen den Unterricht in diesem Fach ausnahmsweise in einer niedrigeren Jahrgangsstufe aufnehmen, falls die unterrichtsorganisatorischen Bedingungen es zulassen. In diesem Fall steigt die Schülerin oder der Schüler von Schuljahr zu Schuljahr im Fach Sorbisch (Wendisch) als Zweitsprache um eine Jahrgangsstufe auf, auch wenn sie oder er am Ende eines Schuljahres nicht versetzt wurde.
(7) Der Unterricht im Fach Sorbisch (Wendisch) kann abweichend von Vorschriften der Bildungsgangverordnungen, nicht aber in den Jahrgangsstufen 12 und 13 der gymnasialen Oberstufe, jahrgangsstufenübergreifend organisiert werden. Bei jahrgangsstufenübergreifendem Unterricht darf eine Lerngruppe grundsätzlich höchstens zwei Jahrgangsstufen umfassen und muss binnendifferenziert unterrichtet und gemäß den Bestimmungen des jeweiligen Bildungsgangs bewertet werden.
(8) Reichen die Schülerzahlen einer Schule nicht aus oder stehen an der eigenen Schule keine befähigten Lehrkräfte zur Verfügung, können Schülerinnen und Schüler am Unterricht einer anderen Schule im Fach Sorbisch (Wendisch) teilnehmen.
(9) Wird an einer Schule das Fach Sorbisch (Wendisch) als Fremdsprache unterrichtet, können Schülerinnen und Schüler, die das Fach Sorbisch (Wendisch) als Zweitsprache gewählt haben und für die wegen ihrer geringen Zahl keine eigenen Lerngruppen gebildet werden können, am Unterricht im Fach Sorbisch (Wendisch) als Fremdsprache teilnehmen. In diesem Fall werden sie dem Unterricht zugeordnet, der ihren sprachlichen Fähigkeiten entspricht.
(10) Es können Arbeitsgemeinschaften Sorbisch (Wendisch) durchgeführt werden. Die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften ist freiwillig. Die Entscheidung erfolgt zu Beginn einer Jahrgangsstufe und gilt jeweils für ein Jahr.
§ 3
Sorbische (Wendische) Schulen
(1) Schulen im Siedlungsgebiet, die als Profil gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes die sorbische (wendische) Sprache und Kultur in besonderer Weise vermitteln und fördern, können sich “Sorbische (wendische) Schule” nennen. In diesen Schulen sind die Geschichte und Kultur der Sorben (Wenden) in die Bildungsarbeit einzubeziehen. In Wohnheimen, die sorbischen (wendischen) Schulen angeschlossen sind, soll die sorbische (wendische) Sprache und Kultur in geeigneter Weise gepflegt werden.
(2) In sorbischen (wendischen) Schulen soll entsprechend der Nachfrage den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit eingeräumt werden, Unterricht in mindestens einem Fach in der Unterrichtssprache Sorbisch (Wendisch) zu erhalten. In allen in deutscher Sprache unterrichteten Fächern sollen Fachbegriffe und umgangssprachliche Wendungen sowie Begriffe des täglichen Lebens in angemessenem Umfang auch in sorbischer (wendischer) Sprache vermittelt werden. Der Wunsch zum Besuch einer sorbischen (wendischen) Schule ist für Angehörige des sorbischen (wendischen) Volkes ein gewichtiger pädagogischer Grund gemäß § 106 Abs. 3 Satz 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes.
§ 4
Sorbische (Wendische) Schulen mit besonderer Prägung
(1) Sorbische (wendische) Schulen können gemäß § 8 Abs. 4 Satz 6 des Brandenburgischen Schulgesetzes als “Sorbische (Wendische) Schule mit besonderer Prägung” genehmigt werden. An sorbischen (wendischen) Schulen mit besonderer Prägung findet der Unterricht an Grundschulen spätestens ab der Jahrgangsstufe 3 und an weiterführenden allgemein bildenden Schulen spätestens in der dritten Jahrgangsstufe der Sekundarstufe I in mindestens zwei Fächern neben dem Fach Sorbisch (Wendisch) in der Unterrichtssprache Sorbisch (Wendisch) statt. In der gymnasialen Oberstufe belegen die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Belegverpflichtungen für die gymnasiale Oberstufe neben dem Fach Sorbisch (Wendisch) mindestens zwei Fächer, die in der Unterrichtssprache Sorbisch (Wendisch) unterrichtet werden.
(2) In sorbischen (wendischen) Schulen mit besonderer Prägung wird die sorbische (wendische) Sprache auch außerhalb des Unterrichts gefördert und mit der wachsenden sprachlichen Befähigung der Schülerinnen und Schüler zunehmend als Verkehrssprache in der Schule benutzt. Insbesondere Beschlüsse und Bescheide werden in sorbischer (wendischer) und deutscher Sprache verfasst.
(3) An sorbischen (wendischen) Schulen mit besonderer Prägung sollen Lehrkräfte eingesetzt werden, die die sorbische (wendische) Sprache in erforderlichem Umfang beherrschen. Soweit dies bei der Einstellung nicht gewährleistet ist, sollen sie Sprachkenntnisse innerhalb von drei Jahren nach Dienstantritt erwerben und nachweisen.
(4) Der Schulträger kann gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes für sorbische (wendische) Grundschulen mit besonderer Prägung auf die Festlegung eines Schulbezirkes verzichten. Bei der Aufnahme in eine sorbische (wendische) Schule mit besonderer Prägung ist das Bekenntnis zum sorbischen (wendischen) Volk ein besonderes Kriterium zur Bestimmung des Vorranges der Eignung gemäß § 18 Abs. 1 Sekundarstufe-I-Verordnung.
§ 5
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. August 2000 in Kraft. Sie wird in deutscher und sorbischer (wendischer) Sprache veröffentlicht.
(2) § 4 Abs. 4 tritt am 1. August 2001, § 4 Abs. 1 Satz 2 tritt am 1. August 2003 und § 4 Abs. 1 Satz 3 am 1. August 2005, an Schulen, deren Sekundarstufe I in der Jahrgangsstufe 5 beginnt, am 1. August 2007 in Kraft.
(3) Die Verwaltungsvorschriften über die Arbeit an sorbischen und anderen Schulen im deutsch-sorbischen Gebiet (VV Sorbisch) vom 22. Juni 1992 (ABl. MBJS S. 376) treten mit Ausnahme von Nummer 6 außer Kraft. Die Nummer 6 der Verwaltungsvorschriften tritt zum 31. Juli 2001 außer Kraft.
Potsdam, den 31. Juli 2000
Der Minister für Bildung, Jugend und Sport
Steffen Reiche
Hinweis der Redaktion:
Die beigefügte Anlage enthält die Übersetzung der Sorben-(Wenden-)Schulverordnung in der Fassung vom 31. Juli 2000 in die niedersorbische Sprache.
Niedersorbische Textversion der Sorben-(Wenden-)Schulverordnung