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Gesetz über die pflegerische Versorgung im Land Brandenburg (Landespflegegesetz - LPflegeG)

Gesetz über die pflegerische Versorgung im Land Brandenburg (Landespflegegesetz - LPflegeG)
vom 29. Juni 2004
(GVBl.I/04, [Nr. 15], S.339)

zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Dezember 2020
(GVBl.I/20, [Nr. 41], S.3)

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für die pflegerische Versorgungsstruktur im Land Brandenburg.

§ 2
Zielsetzung

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, eine leistungsfähige, wirtschaftliche und zahlenmäßig ausreichende pflegerische Versorgungsstruktur sicherzustellen. Die Versorgungsstruktur soll sich an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen und der sie Pflegenden orientieren. Die Bedarfe von Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz sollen dabei besonders berücksichtigt werden. Zugleich soll eine regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte Versorgung für alle Pflegebedürftigen gewährleistet werden. Das Versorgungssystem ist unter Beachtung der Grundsätze der Qualitätssicherung, des Verbraucherschutzes, des Vorrangs von Prävention und Rehabilitation, des Vorrangs der ambulanten vor der stationären Versorgung, der Berücksichtigung individueller Bedarfe und angemessener Wünsche der Betroffenen und der Gewährung der Selbstbestimmung weiter zu entwickeln. Hilfen im Vor- und Umfeld der Pflege sind in die Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung einzubeziehen, um die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Leistungserbringung sowie eine pflegevermeidende Angebotsstruktur zu fördern. Das bürgerschaftliche Engagement, das Ehrenamt, familiäre, soziale und regionale Netzwerke sowie nachbarschaftliche Hilfestrukturen sind in der häuslichen und in der stationären Pflege zu stärken. Bei Maßnahmen nach diesem Gesetz sind zudem die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer zu beachten. Dabei ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip zu befolgen. Die besonderen Belange pflegebedürftiger Migrantinnen und Migranten sowie pflegebedürftiger Menschen mit gleichgeschlechtlichem Lebensentwurf sind zu berücksichtigen.

(2) Pflegebedürftige mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit sollen öffentlich geförderte Pflegeplätze vorrangig in Anspruch nehmen können.

§ 3
Gemeinsame Verantwortung, Sicherstellung der Versorgungsstruktur und Zusammenarbeit

(1) Das Land, die Kommunen, die Pflegeeinrichtungen, die Träger der Sozialhilfe im Land Brandenburg und die Träger der Pflegeversicherung wirken unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und entsprechender Prüfdienste der privaten Pflegeversicherung eng zusammen, um die in § 2 genannten Ziele zu verwirklichen. Die Zusammenarbeit beinhaltet insbesondere eine Abstimmung und Koordinierung der jeweils in eigener Zuständigkeit wahrzunehmenden Aufgaben.

(2) Die Verantwortlichen wirken im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung auf eine sozialräumliche Entwicklung hin. Dies geschieht

  1. unter Berücksichtigung der Stärkung des Ehrenamtes, der sozialen Aufmerksamkeit und der Transparenz der vorhandenen Hilfeangebote sowie durch die Einbindung von Einrichtungen in die Gemeinde und
  2. durch ein abgestimmtes und vernetztes Versorgungssystem einschließlich einer unabhängigen wohnortnahen Beratung und Betreuung, insbesondere zu Maßnahmen und Hilfen, die einen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit sichern, sowie der Förderung individueller Wohn- und Betreuungsformen.

Dabei haben sie eng und vertrauensvoll mit den Vertretungen der Seniorinnen und Senioren und den Vertretungen der Pflegebedürftigen, der Menschen mit Behinderungen und der chronisch Kranken zusammenzuarbeiten. Die Zuständigkeiten der Ämter und amtsfreien Gemeinden bleiben hiervon unberührt.

(3) In Umsetzung des § 9 des Elften Buches Sozialgesetzbuch hat das für Soziales zuständige Ministerium insbesondere die Beobachtung, Auswertung und Analyse des Pflegemarktes sowie der vorhandenen pflegerischen Versorgungsstruktur zu gewährleisten. Sofern Defizite in der Versorgungsstruktur zu besorgen sind oder festgestellt werden, hat das Land geeignete Maßnahmen, insbesondere zur überregionalen Steuerung zu treffen, um diese Defizite zu beseitigen oder ihre Entstehung zu verhindern. § 9 des Elften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.

(4) Die Träger der Sozialhilfe im Land Brandenburg bilden mit den Verbänden der Pflegekassen im Land Brandenburg und den kommunalen Spitzenverbänden den Brandenburger Steuerungskreis Pflege. In diesem sind Fragen zur Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben in der Schnittstelle von Pflegeversicherung und Sozialhilfe abzustimmen. Hierzu gehören

  1. Fragen der Steuerung, Koordinierung und Vernetzung der pflegerischen Angebote und der angrenzenden Hilfen,
  2. Fragen zur Arbeit der Pflegestützpunkte,
  3. Maßnahmen zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgungsstruktur und
  4. Grundsätze zu Kalkulationsgrundlagen und Fortschreibungen der Personal- und Sachkosten für einzelne Vergütungsbestandteile stationärer Pflegeleistungen.

Der Brandenburger Steuerungskreis Pflege gibt sich eine Geschäftsordnung.

(5) Die Verbände der Pflegekassen im Land Brandenburg, der Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der zuständige Träger der Sozialhilfe und die Vereinigungen der Träger im Land bilden nach § 86 des Elften Buches Sozialgesetzbuch regional oder landesweit tätige Pflegesatzkommissionen.

§ 4
Lokale Pflegestrukturen

(1) Um die in § 2 genannten Ziele zu erreichen und ihre jeweilige Aufgabenwahrnehmung zu koordinieren, arbeiten die für die wohnortnahe Betreuung im Rahmen der örtlichen Altenhilfe zuständigen Stellen, die Ämter, die amtsfreien Gemeinden und der für die Gewährung der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zuständige Träger unter Federführung des Landkreises oder der kreisfreien Stadt partnerschaftlich mit den Verbänden der Pflegekassen auf örtlicher Ebene in geeigneten Strukturen zusammen. Dabei sind

  1. die Kommunikation und Kooperation der in der Pflege tätigen Stellen, Organisationen und Personen auf örtlicher Ebene zu fördern,
  2. Maßnahmen für eine sozialräumliche Entwicklung abzustimmen und
  3. der regionale Pflegemarkt zu beobachten, auszuwerten sowie die vorhandene pflegerische Versorgungsstruktur und deren Vernetzung mit dem Gesundheitssystem, den Strukturen des bürgerschaftlichen Engagements und der Selbsthilfe zu analysieren und Vorschläge zu Maßnahmen zu unterbreiten, um eine wirtschaftliche und sachgerechte Leistungserbringung zu fördern.

(2) Es ist darauf hinzuwirken, dass die in der Pflege und Altenhilfe beteiligten Stellen und Organisationen wie Pflegestützpunkte, regionale Trägerverbände, in der Gebietskörperschaft tätige Träger von Pflegeeinrichtungen und Betreuungsangeboten sowie Vertreterinnen und Vertreter von Selbsthilfeorganisationen und Betroffenen in die Zusammenarbeit nach Absatz 1 einbezogen werden.

§ 4a
Modellvorhaben zur kommunalen Beratung pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen

(1) Die Durchführung von Modellvorhaben nach den §§ 123 und 124 des Elften Buches Sozialgesetzbuch im Land Brandenburg wird zugelassen.

(2) Der Antrag ist schriftlich oder elektronisch bei dem für Soziales zuständigen Ministerium zu stellen. Gehen mehr Anträge ein als genehmigt werden können, trifft das für Soziales zuständige Ministerium die Auswahl unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände und der Landesverbände der Pflegekassen. Für die Auswahl sind der beabsichtigte Umfang der Aufgabenübernahme, deren konzeptionelle Darlegung und die Erfahrungen in strukturierter Zusammenarbeit in der Beratung maßgeblich. Bei Gleichwertigkeit ist der früher eingegangene Antrag auszuwählen.

(3) In dem Konzept, das nach § 123 Absatz 2 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch dem Antrag beizufügen ist, ist darzulegen, ob und wie die nach § 123 Absatz 4 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch beschlossenen Empfehlungen des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen über die konkreten Voraussetzungen, Ziele, Inhalte und Durchführung der Modellvorhaben zur kommunalen Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen in der Fassung vom 21. Dezember 2017, veröffentlicht durch Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen vom 1. Februar 2018, umgesetzt werden.

(4) Der Widerruf der Genehmigung zur Durchführung eines Modellvorhabens richtet sich nach § 124 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und den Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch.

§ 5
Bestimmung von Pflegestützpunkten

Die zuständige oberste Landesbehörde trifft die Bestimmung zur Errichtung eines Pflegestützpunktes nach § 7c Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch im Einzelfall. Es muss sichergestellt sein, dass die Pflegestützpunkte ihrer beratenden, koordinierenden und vernetzenden Funktion gerecht werden und eine wohnortnahe Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten gewährleisten können. § 7c Absatz 1a Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch kann angewendet werden.

§ 6
Landespflegeausschuss

(1) Zur Beratung über Fragen der Pflegeversicherung wird ein Landespflegeausschuss gebildet. Die Beratung umfasst insbesondere

  1. überregionale Maßnahmen, die aus Feststellungen und Vorschlägen nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 resultieren,
  2. die Berücksichtigung pflegewissenschaftlicher Entwicklungen im Angebots- und Hilfesystem und
  3. die Setzung von Impulsen für die Weiterentwicklung der pflegerischen und die Pflege ergänzenden Strukturen und Prozesse.

(2) Der Landespflegeausschuss kann einvernehmlich Empfehlungen abgeben, die von den Verantwortlichen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 angemessen zu berücksichtigen sind. Mehrheitlich gefasste Beschlüsse sollen angemessen berücksichtigt werden.

(3) Das für Soziales zuständige Ministerium führt die Geschäfte des Landespflegeausschusses. Es kann die Geschäftsführung auf eine andere Landesbehörde seines Geschäftsbereiches übertragen.

§ 7
Statistik und Auskunftspflichten

(1) Die Träger von Pflegeeinrichtungen, die Träger der Pflegeversicherung, die privaten Versicherungsunternehmen und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung sind verpflichtet, dem für Soziales zuständigen Ministerium die zum Zwecke der Durchführung und Weiterentwicklung des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie der Überprüfung der mit diesem Gesetz angestrebten Ziele erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt insbesondere für die in § 109 Abs. 1 und 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch genannten Sachverhalte. Die Daten der Pflegebedürftigen, der in der Pflege tätigen Personen, der Angehörigen und ehrenamtlichen Helfer dürfen nur in anonymisierter Form übermittelt werden.

(2) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Benehmen mit dem für Finanzen und dem für Inneres zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung statistische Erhebungen bei den Trägern von Pflegeeinrichtungen sowie den Trägern der Pflegeversicherung, den privaten Versicherungsunternehmen und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zum Zwecke der Durchführung und Weiterentwicklung des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie der Überprüfung der mit diesem Gesetz angestrebten Ziele zu regeln. Die Rechtsverordnung kann insbesondere die in § 109 Abs. 1 und 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch genannten Sachverhalte, soweit sie nicht im Rahmen der Bundesstatistik erhoben werden, umfassen. Erhebungen zu Sachverhalten im Sinne des § 109 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch können sich auch auf Geschlecht, Geburtsjahr und Wohnort der Pflegebedürftigen erstrecken. Die Auskunftspflichtigen teilen die in den Statistiken erfassten Sachverhalte dem für Soziales zuständigen Ministerium mit. Die Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dem sie übermittelt wurden.

(3) Das für Soziales zuständige Ministerium kann die nach Absatz 1 oder Absatz 2 erlangten Informationen an die kreisfreien Städte und Landkreise für die Zwecke der Planung, Steuerung und Koordinierung der pflegerischen Angebote und der angrenzenden Hilfen weiterleiten.

§ 8
Zuständigkeiten

(1) Zuständige Behörde gemäß § 76 Absatz 2 Satz 6, § 76 Absatz 4 sowie § 109 Absatz 3 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ist das für Soziales zuständige Ministerium.

(2) Zuständige Behörde für die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 82 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 4 Satz 1 und 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sind die Landkreise und kreisfreien Städte, soweit es sich um ambulante Pflegeeinrichtungen handelt. Im Übrigen nimmt das Landesamt für Soziales und Versorgung diese Aufgaben wahr. Es leitet die hierbei erlangten Informationen an die örtlichen Träger der Sozialhilfe weiter, soweit dies für die Wahrnehmung der Aufgabe nach § 75 Absatz 5 Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch erforderlich ist. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Wahrnehmung der Aufgaben nach Satz 2 ganz oder teilweise auf die Landkreise und kreisfreien Städte zu übertragen. Das Landesamt für Soziales und Versorgung ist zuständige Landesbehörde gemäß § 9 Absatz 2 Satz 3 der Pflege-Buchführungsverordnung vom 22. November 1995 (BGBl. I S. 1528), die zuletzt durch Artikel 13 Absatz 17 des Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102, 1135) geändert worden ist.

(3) Zuständiger Träger der Sozialhilfe nach § 72 Absatz 2 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch für ambulante Pflegeeinrichtungen ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Gebiet sich die Pflegeeinrichtung befindet. Im Übrigen bestimmt sich die Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe für die Wahrnehmung von Aufgaben nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch nach § 97 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch.

(4) Zuständig für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 6 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Sie nehmen diese Aufgabe als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr. Das für Soziales zuständige Ministerium ist Sonderaufsichtsbehörde gemäß § 121 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg für das Land Brandenburg. Die Geldbußen aus der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach Satz 1 fließen in die Kasse der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat. Diese Verwaltungsbehörde trägt abweichend von § 105 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten die notwendigen Auslagen; sie ist auch ersatzpflichtig im Sinne des § 110 Abs. 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. Das Landesamt für Soziales und Versorgung nimmt am Ende eines jeden Jahres eine Abrechnung der den Landkreisen und kreisfreien Städten entstandenen Kosten und der tatsächlich vereinnahmten Bußgelder und Verwaltungsgebühren vor. Wenn den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten ein Differenzbetrag entsteht, wird er vom Land erstattet. Anstelle des Verfahrens nach Satz 7 kann die Erstattung auch pauschaliert erfolgen. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Benehmen mit dem für Finanzen und dem für Inneres zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung Näheres zum Verfahren der Festsetzung der Pauschalen und zu den Voraussetzungen zu erlassen. In den Bestimmungen zu den Pauschalen ist sicherzustellen, dass die anspruchsberechtigten Gebietskörperschaften durch zumutbare eigene Anstrengungen zu einem vollständigen Mehrbelastungsausgleich kommen können.

Abschnitt 2
Besondere Bestimmungen für die öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen

§ 9
Öffentlich geförderte Pflegeeinrichtungen

(1) Entsprechend dem Ziel gemäß § 2 Absatz 2 sind die öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeplätze vorrangig mit Personen der Zielgruppe gemäß Absatz 2 zu belegen.

(2) Zielgruppe der öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeeinrichtungen sind Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit, die ihren Wohnsitz vor der Aufnahme in die Einrichtung im Land Brandenburg haben. Eine geringe finanzielle Leistungsfähigkeit liegt grundsätzlich vor, wenn nach Aufnahme in eine stationäre Pflegeeinrichtung ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch besteht oder durch die Ausübung des Belegungsrechtes verhindert werden kann. In begründeten Einzelfällen können auch Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit aus anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland in öffentlich geförderte teilstationäre und vollstationäre Pflegeeinrichtungen aufgenommen werden.

(3) Soweit die Landkreise und kreisfreien Städte von ihrer Berechtigung nach § 10 Gebrauch machen, dürfen sie personenbezogene Daten der Bewerberinnen und Bewerber für einen öffentlich geförderten Platz, insbesondere Angaben zum Wohnsitz und zu den Einkommensverhältnissen, verarbeiten, soweit dies für die Bescheinigung der vorrangigen Inanspruchnahme öffentlich geförderter Pflegeplätze erforderlich ist.

§ 10
Belegungsrecht

(1) Zur Durchsetzung des Zieles gemäß § 2 Abs. 2 sind die Landkreise und kreisfreien Städte berechtigt, für die öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Plätze in den Pflegeeinrichtungen Personen zu benennen, denen der Träger von Pflegeeinrichtungen nach Maßgabe von § 11 Nummer 1 öffentlich geförderte Pflegeplätze zu überlassen hat (Belegungsrecht).

(2) Die Landkreise und kreisfreien Städte sind berechtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes im Benehmen mit den Trägern der öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen Näheres zum Verfahren der vorrangigen Belegung von öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeplätzen zu regeln.

§ 11
Pflichten der Träger von öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen

Die Träger von öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet,

  1. auf Verlangen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dessen Bereich die Pflegeeinrichtung liegt, unverzüglich jeden freiwerdenden öffentlich geförderten Platz zu melden,
  2. die Pflegeplätze vorrangig mit Personen der Zielgruppe gemäß § 9 Absatz 2 zu belegen,
  3. auf Verlangen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dessen Bereich die Pflegeeinrichtung liegt, unverzüglich die für die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung gemäß § 9 Absatz 1 erforderlichen Auskünfte zu erteilen und, falls erforderlich, Einsicht in die notwendigen Unterlagen zu gewähren.

§ 12
Gesondert berechenbare Aufwendungen öffentlich geförderter Einrichtungen

Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Mitglied der Landesregierung das Nähere zu regeln über die Art, Höhe und Laufzeit der nach § 82 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berechenbaren Aufwendungen sowie deren Verteilung auf die Pflegebedürftigen.

§ 13
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer fahrlässig oder vorsätzlich

  1. entgegen § 11 Nummer 1 nicht unverzüglich jeden freiwerdenden öffentlich geförderten Platz meldet,
  2. entgegen § 11 Nummer 2 trotz Vorliegen von Anträgen der Zielgruppe gemäß § 9 Absatz 2 die Pflegeplätze mit Personen belegt, die die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen,
  3. entgegen § 11 Nummer 3 eine Auskunft nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 3 mit einer Geldbuße bis zu 2 500 Euro und in dem Fall des Absatzes 1 Nr. 2 mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden. Eine Ahndung des Verstoßes im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 entfällt, wenn die Aufnahme des nicht vorrangig Berechtigten aus medizinischer oder pflegerischer Sicht erforderlich und nachgewiesen ist.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist der jeweils zuständige Landkreis oder die jeweils zuständige kreisfreie Stadt.

Abschnitt 3
Schlussvorschriften

§ 14
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Landespflegegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Mai 1998 (GVBl. I S. 158) außer Kraft.

Potsdam, den 29. Juni 2004

Der Präsident des Landtages Brandenburg
Dr. Herbert Knoblich