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Mobilitätsgesetz des Landes Brandenburg (BbgMobG)

Mobilitätsgesetz des Landes Brandenburg (BbgMobG)
vom 9. Februar 2024
(GVBl.I/24, [Nr. 6])

Inhaltsübersicht

Abschnitt 1
Mobilitätsgrundsätze

§ 1 Zweck und Ziele des Gesetzes

§ 2 Begriffsbestimmungen

§ 3 Klima- und Umweltschutz

§ 4 Aufenthaltsqualität öffentlicher Räume

§ 5 Vorrang für den Umweltverbund

§ 6 Mobilität in der Raumplanung

§ 7 Mobilitätsbildung und Mobilitätsberatung

§ 8 Beteiligung bei der Planaufstellung und -realisierung

§ 9 Umsetzung der Ziele und landesbedeutsamen Planungen im Bereich Verkehr und Mobilität

Abschnitt 2
Rad- und Fußverkehr, Nahmobilität

Unterabschnitt 1
Allgemeines

§ 10 Ziele und Grundsätze für den Rad- und Fußverkehr in Brandenburg

§ 11 Finanzierungsgrundsätze für die Radverkehrsförderung

§ 12 Unterstützungsangebote zur Weiterentwicklung des Rad- und Fußverkehrs

§ 13 Fahrradfreundlicher Arbeitgeber

§ 14 Radverkehrsstrategie

Unterabschnitt 2
Radverkehr

§ 15 Grundsätze zur infrastrukturellen Stärkung des Radverkehrs

§ 16 Standards von Radverkehrsanlagen

§ 17 Nutzung von Wirtschaftswegen

§ 18 Radnetz Brandenburg

§ 19 Zustandserfassung und Mängelbeseitigung der Radverkehrsinfrastruktur

§ 20 Digitale Netzaufbereitung

Unterabschnitt 3
Fußverkehr

§ 21 Grundsätze Fußverkehr

§ 22 Fußverkehrsanlagen und Netze

Unterabschnitt 4
Formen der Nahmobilität und multimodale Vernetzung

§ 23 Verknüpfung der Verkehrsmittel

§ 24 Lasten- und Spezialfahrräder

§ 25 Elektrokleinstfahrzeuge

§ 26 Vernetzte Mobilität und Mobilitätsdaten

§ 27 Förderung der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements

Unterabschnitt 5
Verkehrssicherheit

§ 28 Verkehrssicherheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer

§ 29 Verkehrssicherheitsprogramm

§ 30 Präventive Verkehrssicherheitsarbeit

§ 31 Sicherheitsaudits

§ 32 Technische Fahrzeugsicherheitssysteme

§ 33 Mobilitätsmanagement an Schulen und Kindergärten

Unterabschnitt 6
Finanzierung

§ 34 Finanzierung der Maßnahmen

Abschnitt 1
Mobilitätsgrundsätze

§ 1
Zweck und Ziele des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist die Bewahrung und Weiterentwicklung eines Verkehrssystems, das auf die Mobilitätsbedürfnisse von Personen und auf die Anforderungen der Wirtschaft in allen Teilen des Landes ausgerichtet ist. Dieses ist umwelt-, sozial- sowie klimaverträglich ausgestaltet und leistet einen sicheren, barriere- und diskriminierungsfreien Beitrag zur individuellen Lebensgestaltung und zur inklusiven Lebensraumgestaltung. Ein solches Verkehrssystem stellt einen unverzichtbaren Bestandteil einer funktionierenden, zukunftsfähigen Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg einschließlich ihrer Verflechtungen mit benachbarten Räumen und Metropolen dar.

(2) Die durch dieses Gesetz geregelte Mobilität umfasst die besonderen Anforderungen aller Mobilitätsgruppen, diejenigen der Fußgängerinnen und Fußgänger und Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer, des öffentlichen Personennah- sowie des Wirtschaftsverkehrs und des motorisierten Individualverkehrs, und sichert dabei den Vorrang des Umweltverbundes.

(3) Unter Berücksichtigung der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele und -maßnahmen wird die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen des Verkehrs in Brandenburg im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 entsprechend des Sektorziels für den Verkehr zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 schrittweise verringert. Hierfür wurden von der Landesregierung Zwischenziele als Orientierungsrahmen für die Jahre 2030 und 2040 beschlossen. Dies soll insbesondere durch die Vermeidung und Verlagerung von Verkehren auf die Verkehrsmittel des Umweltverbundes sowie durch den Einsatz nachhaltiger und effizienter Technologien erreicht werden. Dieses Gesetz soll neben den Beiträgen des Bundes und der Kommunen einen angemessenen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Verkehr leisten.

(4) Das Land Brandenburg verfolgt innerhalb dieses Rahmens das Ziel, sich weiterhin als Innovations- und Entwicklungsraum zu etablieren und innovative Mobilitätskonzepte und Verkehrsangebote zu erproben und zu nutzen.

(5) Die „Vision Zero“ ist Leitlinie für alle Planungen, Standards und Maßnahmen mit Einfluss auf die Entwicklung der Verkehrssicherheit. Ziel ist, dass sich im Land Brandenburg keine Verkehrsunfälle mit Toten und schweren Personenschäden ereignen. Das Verkehrssicherheitsprogramm des Landes ist das Instrument für die Umsetzung der Verkehrssicherheitsarbeit und bildet die konkreten Maßnahmen ab. Dabei ist besonders die Verkehrssicherheit der im Straßenverkehr besonders schutzbedürftigen Personengruppen wie Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger Rechnung zu tragen. Das Verkehrssicherheitsprogramm soll unter Beteiligung der Akteure der Verkehrssicherheitsarbeit im Land Brandenburg fortgeschrieben werden.

(6) Negative Auswirkungen durch den Verkehr sollen für die Bevölkerung vermieden und eine hinreichende Erreichbarkeit, wie in § 4 des ÖPNV-Gesetzes vom 9. Februar 2024 (GVBl. I Nr. 6 S. 14) definiert, durch den öffentlichen Personenverkehr insbesondere in Bezug auf Zentrale Orte, die soziale Infrastruktur und die Versorgungsinfrastruktur gewährleistet werden.

(7) Zweck des Gesetzes ist ferner die Sicherstellung eines effizienten und sparsamen Umganges mit dem knappen Gut des öffentlichen Straßenraums; dies gilt auch im Zusammenhang mit gewerblichen Nutzungen.

§ 2
Begriffsbestimmungen

(1) Mobilität umfasst die Möglichkeit, die gewünschten Ziele zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse der Daseinsgrundfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Ausbilden, Versorgen und Erholen und zur gesellschaftlichen Teilhabe mittels einer zeitlich-räumlichen Ortsveränderung erreichen zu können.

(2) Verkehr ist die physische Ortsveränderung von Personen und Gütern (realer Verkehr) einschließlich des Abstellens von Fahrzeugen und des Aufenthalts von Personen im für Verkehr gewidmeten Raum (ruhender Verkehr).

(3) Verkehrsträger sind Schienen, Straßen, Wasser und Luft.

(4) Verkehrsmittel sind Fahrzeuge zur Beförderung von Personen oder zum Transport von Gütern sowie der Fußverkehr.

(5) Verkehrsinfrastruktur sind die Verkehrswege der verschiedenen Verkehrsträger und deren verkehrsmittelspezifische Nebenanlagen und Versorgungs- und Kommunikationssysteme.

(6) Der Umweltverbund umfasst den öffentlichen Verkehr, Rad- und Fußverkehr.

(7) Öffentlicher Personennahverkehr umfasst die Beförderung von Personen mittels Zug, S-Bahn, Straßenbahn, Omnibus oder anderen Kraftfahrzeugen im Linienverkehr.

(8) Motorisierter Individualverkehr ist die Fortbewegung mit motorisierten Fahrzeugen, bei denen Nutzerinnen und Nutzer in der Bestimmung der Zeit und der Route der Fahrt frei sind.

(9) Modal Split bezeichnet die Verteilung des Personenverkehrsaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel einschließlich des Fußverkehrs.

(10) Verkehrsbedienung umfasst die wirtschaftliche, technische und rechtliche Ausgestaltung des Beförderungs- und Transportangebots.

(11) Eingeschränkte Mobilität umfasst den Personenkreis, dessen Mobilität bei der Benutzung von Beförderungsmitteln wegen einer körperlichen Behinderung, einer geistigen Behinderung oder aufgrund anderer Umstände wie dem Mitführen eines Kinderwagens oder des Alters eingeschränkt ist.

(12) Als fließender Verkehr gilt unabhängig von der Bewegungsart jeder in Bewegung befindliche Verkehr, auch der Rad- und Fußverkehr.

(13) Nahmobilität bezeichnet die individuelle Mobilität über kurze Distanzen, vorzugsweise zu Fuß und mit dem Fahrrad, aber auch mit anderen nicht motorisierten Verkehrs- oder Fortbewegungsmitteln, wie insbesondere Inliner, Skater und Ähnlichem, sowie mit Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vom 6. Juni 2019 (BGBl. I S. 756), die zuletzt durch Artikel 9 der Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl. I Nr. 199 S. 138) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und mit motorisierten Krankenfahrstühlen im Sinne von § 2 Nummer 13 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl. I Nr. 199) in der jeweils geltenden Fassung.

(14) Bike- und Ride-Anlagen sind Fahrradabstellanlagen an Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs. Sie dienen der einfachen und sicheren Verknüpfung von Fahrrad und Bus oder Bahn für intermodale Reiseketten. Bike- und Ride-Anlagen können unterschiedlich ausgestattet sein, zum Beispiel mit einfachen Haltebügeln oder als zutrittsgesicherte, witterungsgeschützte und bewachte Anlage. Zudem können Einzelfahrradboxen, Lademöglichkeiten für E-Bikes und Pedelecs und Schließfächer bereitgestellt werden.

(15) Park- and Ride-Anlagen (P+R) sind Pkw-Abstellanlagen an Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs. Sie dienen der einfachen und sicheren Verknüpfung von Pkw und Bus oder Bahn für intermodale Reiseketten.

(16) Mobilitätsstationen sind multimodale Verknüpfungspunkte, an denen mindestens zwei Verkehrsmittel verknüpft werden und an denen zusätzlich ein Sharing-Angebot bereitgestellt wird.

(17) Der Erhalt von Straßen umfasst die betriebliche und bauliche Unterhaltung, die Instandsetzung und die Erneuerung des Bestandes. Der Erhalt von Straßen dient der Substanzerhaltung und dem Erhalt des Gebrauchswertes inklusive der Erhöhung der Verkehrssicherheit für den Straßenbenutzer. Zum Erhalt gehören keine Maßnahmen, die zu einer Kapazitätserhöhung einer Straße für den motorisierten Verkehr führen.

(18) Der Neubau von Straßen umfasst die Verlegung von Straßen, den Bau von Ortsumgehungen und den Bau von zusätzlichen Fahrbahnen und Straßen.

§ 3
Klima- und Umweltschutz

(1) Der Verkehr und die Verkehrsinfrastruktur sollen ressourcenschonend und nachhaltig gestaltet werden. Das vorhandene Landesstraßennetz ist mit seiner Länge zur Erreichbarkeit aller Landesteile in Brandenburg ausreichend. Damit hat die Erhaltung des Bestandsnetzes der Landesstraßen Vorrang vor dem Neubau von Straßen. Der Ausbaustandard bei Maßnahmen im Landesstraßennetz ist im Hinblick auf einen effizienten Ressourceneinsatz im Sinne eines klimaverträglichen Verkehrs und unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verkehrssicherheit festzulegen. Dies gilt sowohl für den Erhalt als auch für den Neubau von Straßen.

(2) Bei Maßnahmen innerhalb des öffentlichen Straßenlandes wird der Erhalt und die Ausweitung des Bestandes von Bäumen, Sträuchern, Grün- und Blühstreifen sowie nicht versiegelter Flächen im Rahmen der Baulastträgerpflichten angestrebt.

(3) Der Neu- oder Ausbau von Bundesstraßen erfolgt in Auftragsverwaltung durch das Land. Im Rahmen dieser Zuständigkeit werden die Ausbaustandards im Hinblick auf einen effizienten Ressourceneinsatz im Sinne eines klimaverträglichen Verkehrs und unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verkehrssicherheit festgelegt.

(4) Die Landesregierung verpflichtet sich, das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ auch bei der Anmeldung des Bedarfs von Straßenbauprojekten für den Bundesverkehrswegeplan zu berücksichtigen.

(5) In verdichteten Gebieten sollen die Möglichkeiten der Multi- und Intermodalität bei der Güterbeförderung genutzt werden, um den Anteil klimaneutraler und klimafreundlicher Transportmittel am Gesamttransportweg effektiv zu steigern.

§ 4
Aufenthaltsqualität öffentlicher Räume

(1) Durch die Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur und durch möglichst geringe Rauminanspruchnahme des fließenden und ruhenden Kraftfahrzeugverkehrs sollen die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums und die Lebensqualität verbessert werden.

(2) Bei der Umgestaltung vorhandener Verkehrsinfrastruktur soll neben ihrer funktionalen die soziale, stadtkulturelle, architektonische, denkmalpflegerische, historische oder klimawirksame Bedeutsamkeit berücksichtigt werden.

(3) Kommunen können zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität geeignete Straßen und Plätze nach Zweckbestimmung und Ausgestaltung insbesondere als Orte der Begegnung, des Verweilens, der Erholung, der Kommunikation und des Spielens nutzbar machen. Entsprechende Nutzungen können gebührenfrei gestellt werden. Insbesondere soll bei Neuanlage und grundlegender Umgestaltung von Straßen und Plätzen geprüft werden, ob und inwieweit dieses Ziel der Erhöhung der Aufenthaltsqualität umgesetzt werden kann. Dabei sind die Belange des Wirtschaftsverkehrs und dessen Bedarf an Halteflächen im betroffenen Raum zu berücksichtigen.

§ 5
Vorrang für den Umweltverbund

(1) Das Land Brandenburg setzt es sich zum Ziel, den Anteil der Wege, die von Personen mit den Verkehrsmitteln des Umweltverbunds zurückgelegt werden, auf 60 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erhöhen. Dieses Ziel soll angepasst werden, soweit das die Erreichung der in § 1 Absatz 3 genannten Klimaschutzziele erforderlich macht.

(2) Beim Einsatz der Ressourcen der Landesverwaltung für die öffentliche Verkehrsinfrastruktur soll dem Umweltverbund Vorrang eingeräumt werden.

(3) Bei der Planung und Entwicklung des Mobilitätsangebots ist besonderer Wert auf die Verknüpfung der Verkehrsmittel, insbesondere des Umweltverbundes untereinander und mit dem motorisierten Individualverkehr zu legen. Beim Ausbau der Ortsdurchfahrten werden die Belange des Umweltverbundes berücksichtigt.

§ 6
Mobilität in der Raumplanung

(1) Die sichere und selbstbestimmte sowie sozial-, umwelt- und klimaverträgliche Mobilität von Personen und der Vorrang für den Umweltverbund ist bei allen Planungen und Programmen des Landes auf dem Gebiet der Raumordnung und bei Förderungen des Landes im Bereich der Stadtentwicklung zu berücksichtigen.

(2) Die Planung von Standorten für Ansiedlungen, zum Beispiel größere Wohngebiete oder Industrieansiedlungen oder großflächige Einzelhandelsvorhaben oder große Bildungs- und Forschungseinrichtungen, soll

  1. die Erschließung durch Verkehrsmittel des Umweltverbundes und die Möglichkeit zur Integration in das Liniennetz des öffentlichen Personennahverkehrs berücksichtigen und
  2. durch Nutzungsmischung und kurze Wege dazu beitragen, das Verkehrsaufkommen zu minimieren.

Eine Anwendung der vorgenannten Prinzipien durch die Bauleitplanung wird empfohlen.

(3) Das zuständige Ressort der Landesregierung erarbeitet dafür einen Mobilitätscheck, welcher den Trägern der Raumplanung und Stadtentwicklung zur Verfügung gestellt wird. Der Mobilitätscheck ist bei der Inanspruchnahme von Landesmitteln zur Planungsförderung anzuwenden.

(4) Die räumliche Lage von Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs und Radabstellanlagen soll so gewählt werden, dass sich von den zentralen Zugangsstellen zu nachfragestarken Einrichtungen, insbesondere Verwaltungen, Freizeiteinrichtungen, dem großflächigen Einzelhandel, Innenstädten und Bahnhöfen, Zeitvorteile gegenüber dem motorisierten Individualverkehr ergeben. Ausgenommen von dieser Regel sind Behindertenparkplätze.

§ 7
Mobilitätsbildung und Mobilitätsberatung

(1) Das Land Brandenburg fördert eine umfassende, an den Prinzipien der Bildung für nachhaltige Entwicklung orientierte Mobilitätsbildung von der Vorschule bis zur Erwachsenenbildung. Ziel ist es, durch Angebote der Mobilitätsbildung dazu beizutragen, dass alle Menschen ihre individuellen Mobilitätsbedürfnisse sicher, verantwortungsbewusst, selbstbestimmt sowie sozial-, umwelt- und klimaverträglich ausgestalten können.

(2) Die Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden werden bei der Umsetzung einer nachhaltigen Mobilitätswende durch das Land Brandenburg und die Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH beraten, gefördert und unterstützt mit dem Ziel, Ressourcen zu bündeln und Verwaltungsgrenzen überschreitende Kooperationen zu fördern. Dafür sollen vorhandene Strukturen geeignet gebündelt und ergänzt werden.

§ 8
Beteiligung bei der Planaufstellung und -realisierung

(1) Die Öffentlichkeit wird zur Erhöhung der Transparenz und Akzeptanz der Strategien und Konzepte sowie der daraus resultierenden Maßnahmen des Landes durch den zuständigen Planungsträger in geeigneter Weise beteiligt. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist prozessbegleitend auf Mitwirkung auszurichten. Dabei sind die Interessen der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden zu berücksichtigen.

(2) Fachwissen aus Politik, Hochschulen, Wirtschaft, Kammern, Verbänden und Kommunen soll wirksam in die strategischen Planungsprozesse einbezogen werden.

(3) Stellungnahmen sind in der weiteren Bearbeitung der in Absatz 1 genannten Strategien und Konzepte einzubeziehen und eine dokumentierte Abwägung ist vorzunehmen. Die Beteiligten sind in geeigneter Weise über die Ergebnisse zu informieren.

(4) Zur Gewährleistung der Durchgängigkeit von Verkehrswegen, insbesondere von Rad- und Fußwegen, erfolgt eine Abstimmung der beteiligten Gebietskörperschaften.

(5) Die Regelungen zur Beteiligung nach anderen Rechtsvorschriften bleiben von den Regelungen dieses Gesetzes unberührt.

§ 9
Umsetzung der Ziele und landesbedeutsamen Planungen im Bereich Verkehr und Mobilität

(1) Die Landesverwaltung fördert die Erreichung der in diesem Gesetz geregelten Ziele sowie die Qualitäts- und Handlungsziele der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pläne, Strategien und Konzepte (Planwerke). Sie setzt die darin enthaltenen Maßnahmen um und beachtet die in diesem Gesetz enthaltenen Anforderungen, Standards und Vorgaben.

(2) Für raumwirksame Infrastrukturvorhaben, die sich aus diesem Gesetz oder nachgeordneten Planwerken ergeben, sollen die Trassen von den Trägern der Bauleitplanung freigehalten werden.

(3) Die für die Erstellung von sonstigen Planwerken mit Verkehrsbezug zuständigen Stellen des Landes Brandenburg berücksichtigen bei deren Aufstellung in Abstimmung mit dem für Verkehr zuständigen Ministerium

  1. die Folgen der geplanten Maßnahmen in Bezug auf Verkehrsaufkommen und ‑leistung,
  2. die daraus entstehenden Anforderungen an die Gestaltung des Verkehrssystems und der Verkehrsangebote und
  3. die Konsequenzen für die Umsetzung der Ziele, Vorgaben, Anforderungen, Standards und Maßnahmen der sich aus diesem Gesetz ergebenden Planwerke.

Sonstige Planwerke mit Verkehrsbezug im Sinne von Satz 1 sind insbesondere Planungen zur Weiterentwicklung des Landes Brandenburg als national bedeutender und international wettbewerbsfähiger Wirtschafts-, Forschungs-, Hochschul- und Tourismusstandort sowie Planungen zur gemeinsamen Weiterentwicklung der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg.

(4) Planwerke mit Auswirkungen auf benachbarte Bundesländer oder die Republik Polen sind mit diesen in geeigneter Weise abzustimmen.

(5) Erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes und dann alle zwei Jahre ist durch das für Verkehr zuständige Ministerium ein Fortschrittsbericht zur Umsetzung dieses Gesetzes und der daraus resultierenden Maßnahmen zu erstellen. Dieser Bericht ist dem Landtag zur Kenntnis zu geben und durch das für Verkehr zuständige Ministerium öffentlich bekannt zu machen.

Abschnitt 2
Rad- und Fußverkehr, Nahmobilität

Unterabschnitt 1
Allgemeines

§ 10
Ziele und Grundsätze für den Rad- und Fußverkehr in Brandenburg

Ziel ist die Verbesserung und Schaffung eines umweltschonenden, sicheren und nutzerorientierten Angebots für den Rad- und Fußverkehr – und damit die Nahmobilität – im Land Brandenburg. Allen Menschen soll ein möglichst uneingeschränkter und barrierefreier Zugang zu einer gesundheitsfördernden Verkehrsinfrastruktur gewährt werden. Landesweit soll der Radverkehr so attraktiv werden, dass sich mehr Menschen im Alltag für das Rad entscheiden. Die Vielfalt der Radfahrerinnen und Radfahrer ist hierbei zu berücksichtigen. Neben dem Rad- und Fußverkehr ergänzen auch innovative neue Verkehrsmittel, zum Beispiel Elektrokleinstfahrzeuge, das Angebot.

§ 11
Finanzierungsgrundsätze für die Radverkehrsförderung

(1) Zur Finanzierung der Planung, Organisation, Ausgestaltung und Durchführung der im Abschnitt 2 dieses Gesetzes genannten Regelungen mit dem Ziel der Erhöhung des Radverkehrsanteils am Modal Split auf 20 Prozent und des Fußverkehrsanteils auf 25 Prozent stellt das Land nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes die dafür notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung. Dabei sind auch Mittel aus Bundes- und europäischen Förderprogrammen heranzuziehen.

(2) Das Land Brandenburg unterstützt nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes die Kommunen beim Bau und bei der Sanierung von Radverkehrsinfrastrukturen.

§ 12
Unterstützungsangebote zur Weiterentwicklung des Rad- und Fußverkehrs

Das Land unterstützt durch geeignete Strukturen nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes ein integriertes Beratungs-, Vernetzungs- und Informationsangebot, um die Entwicklung des Rad- und Fußverkehrs zu beschleunigen und die Umsetzung der Radverkehrsstrategie nach § 14 zu forcieren. Folgende Angebote können dabei berücksichtigt werden:

  1. die Unterstützung und Beratung der Kommunen bei Planungs- und Umsetzungsfragen,
  2. die Erstellung von Musterlösungen für den Rad- und Fußverkehr,
  3. die Zusammenarbeit mit Organisationen, Verbänden sowie der Wissenschaft, Forschung und Lehre,
  4. die Beratung von Organisationen und Unternehmen bei der Umsetzung eines nachhaltigen betrieblichen Mobilitätsmanagements und bei der Zertifizierung als fahrradfreundlicher Arbeitgeber,
  5. die Bündelung und ergänzende Organisation zur Sicherstellung von Weiterbildungsangeboten zum Rad- und Fußverkehr und
  6. die Öffentlichkeitsarbeit.

§ 13
Fahrradfreundlicher Arbeitgeber

Das Land Brandenburg strebt als moderner, fahrradfreundlicher Arbeitgeber eine Vorbildfunktion an. Das Land Brandenburg ergreift geeignete Maßnahmen, um seine Dienststellen fahrradfreundlicher zu gestalten.

§ 14
Radverkehrsstrategie

(1) Die Landesregierung schreibt unter Federführung des für Verkehr zuständigen Ministeriums die Radverkehrsstrategie des Landes fort. Ziel dieser Strategie ist es, den Anteil des Radverkehrs bis 2030 auf 20 Prozent zu steigern sowie Handlungsschwerpunkte und konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes zu formulieren. Die Radverkehrsstrategie wird spätestens alle fünf Jahre evaluiert. Die für die Maßnahmen zuständigen Akteure steuern die Umsetzung der Maßnahmen während der Laufzeit.

(2) Ein Beirat, dem Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Kommunen, Interessensvertretungen, Wissenschaft und Wirtschaft angehören, begleitet die Umsetzung der Radverkehrsstrategie. Er soll mindestens einmal im Jahr zusammenkommen und über die strategische Ausrichtung der Handlungsschwerpunkte beraten.

Unterabschnitt 2
Radverkehr

§ 15
Grundsätze zur infrastrukturellen Stärkung des Radverkehrs

(1) Folgende Grundsätze gelten bei der Planung von Radverkehrsanlagen:

  1. Bei der Priorisierung von Maßnahmen für die Erhaltung und den Neubau von Radwegen werden Kriterien der Bedarfs- und der Angebotsplanung berücksichtigt; wesentliches Kriterium der Angebotsplanung ist hierbei das Potenzial für Verlagerungseffekte vom Personenkraftwagen zum Rad.
  2. Die Schaffung von durchgehenden Radverkehrsverbindungen im Sinne des Radnetzes Brandenburg nach § 18 hat Priorität.

(2) Um die Leistungsfähigkeit von Radverkehrsverbindungen im Vergleich zu anderen Verkehrsarten zu stärken, können die jeweiligen Baulastträger

  1. bei Mangel an Verkehrsfläche – etwa für einen Lückenschluss einer Radverkehrsverbindung – auch Straßenspuren oder Flächen des ruhenden Verkehrs zugunsten des Radverkehrs in eine Radverkehrsanlage umwandeln oder
  2. im Rahmen des geltenden Rechts dem Radverkehr auf geeigneten Strecken und möglichst unter Vermeidung längerer Warte- und Fahrtzeiten für den ÖPNV Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr einräumen, zum Beispiel die Schaltung von Lichtsignalanlagen für den Radverkehr so einstellen, dass eine bevorrechtigte und besser gestellte Schaltung gegenüber dem motorisierten Individualverkehr insbesondere dort möglich ist, wo Radverkehrsverbindungen mit hohen Potenzialen und lokal festgesetzte Radverkehrsachsen betroffen sind.

§ 16
Standards von Radverkehrsanlagen

Bei der Herstellung der Radverkehrsanlagen in der Baulast des Landes sind die technischen Baubestimmungen und die anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik zu beachten.

§ 17
Nutzung von Wirtschaftswegen

Geeignete Wirtschafts- und Betriebswege können bei Bedarf und in Ergänzung des Radnetzes Brandenburg durch das Land für eine Nutzung als Radweg gefördert werden.

§ 18
Radnetz Brandenburg

(1) Das Land Brandenburg konzipiert gemeinsam mit den Kommunen ein baulastträgerübergreifendes Radnetz Brandenburg. Ziel ist es, im Land Brandenburg ein flächendeckendes Radverkehrsnetz mit durchgehenden, sicheren, attraktiven, umwegarmen und komfortabel befahrbaren Radverkehrsverbindungen zu schaffen. Das Radnetz Brandenburg beinhaltet auch Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten.

(2) Die Konzeption des Radnetzes Brandenburg ist sowohl bei Erhaltungs- als auch bei Neubaumaßnahmen eine Grundlage für die Priorisierung und Ausgestaltung von Infrastrukturmaßnahmen. Die Konzeption bezieht alle bestehenden Infrastrukturen und Wegeverbindungen, beispielsweise straßenbegleitende Radwege, das ländliche Wegenetz, touristische Radwege sowie innerörtliche Straßen und Radwege, ein. Die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen sollen berücksichtigt und Konfliktpunkte bereits im Rahmen der Netzkonzeption reduziert werden. So weit wie möglich soll auf die vorhandene Infrastruktur zurückgegriffen werden.

(3) Baulastträger, die Radverkehrsverbindungen als Bestandteil des Radnetzes Brandenburg realisieren, stimmen die entsprechenden Maßnahmen miteinander ab. Der Bau soll zeitnah erfolgen.

(4) Die Konzeption des Radnetzes Brandenburg wird von dem Beirat gemäß § 14 Absatz 2 begleitet.

(5) Die Umsetzung des Radnetzes Brandenburg wird auf Grundlage der digitalen Netzaufbereitung gemäß § 20 einem kontinuierlichen Monitoring unterzogen.

§ 19
Zustandserfassung und Mängelbeseitigung der Radverkehrsinfrastruktur

(1) Eine Zustandserfassung und Bewertung der Radwege an Bundes- und Landesstraßen soll alle vier Jahre mit dem Ziel, unter anderem Schwachstellen zu beseitigen und ein einheitliches Qualitätsniveau zu erreichen, und auf der Grundlage des aktuellen Standes der Technik und Methodik zur Zustandserfassung und ‑bewertung durchgeführt werden. Eine entsprechende Anwendung für Radwege in kommunaler Baulast wird empfohlen.

(2) Auf Grundlage der digitalen Netzaufbereitung gemäß § 20 strebt das Land die Integration einer zentralen digitalen und öffentlich zugänglichen Meldeplattform zur automatisierten Übermittlung von Mängeln der Radverkehrsinfrastruktur an die betreffenden Baulastträger in die in § 20 genannte Datenplattform an.

(3) Das Land beseitigt Mängel an der Radverkehrsinfrastruktur in seiner Baulast so schnell wie möglich.

§ 20
Digitale Netzaufbereitung

Das Land initiiert die Errichtung einer zentralen Datenplattform, in der baulastträgerübergreifende Daten zur Radverkehrsinfrastruktur bereitgestellt werden. Das Land stellt Daten zu den Infrastrukturen in der Verantwortlichkeit des Landes zur Verfügung. Die Kommunen stellen nach Möglichkeit vorhandene Daten und Informationen zu den regionalen und lokalen Infrastrukturen auf der Datenplattform bereit. Zur Weiterentwicklung der Datenplattform ist auch eine Zusammenarbeit mit den Hochschulen und privaten Datenanbietern denkbar. Die Datenplattform unterstützt die Netzkonzeption und wird der Allgemeinheit zugänglich gemacht.

Unterabschnitt 3
Fußverkehr

§ 21
Grundsätze Fußverkehr

(1) Die Fortbewegung zu Fuß ist für die Menschen aller Altersgruppen grundlegend und verbindet alle Verkehrsmittel miteinander. Zugleich ist der Fußverkehr eine zentrale Voraussetzung für Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung, Kultur und Freizeit und die kleinräumige Verknüpfung dieser Funktionen auf kurzen Wegen.

(2) Fußverkehr braucht gute Verbindungen, aber auch gute Bedingungen für den Aufenthalt in den Straßen sowie auf Wegen, Plätzen und Grünflächen der Städte und Gemeinden. Die Sicherung und Entwicklung der notwendigen Voraussetzungen für den Fußverkehr erfordert ein enges Zusammenwirken der Aufgabenbereiche der Verkehrspolitik, der Stadtentwicklung, des Städtebaus und der weiteren Infrastrukturentwicklung.

(3) Im Rahmen bestehender oder künftig zu entwickelnder Mobilitätskonzepte soll dem Fußverkehr eine größere Bedeutung eingeräumt werden.

§ 22
Fußverkehrsanlagen und Netze

(1) Die Träger der Baulast wahren und stärken die Funktion von Gehwegen und dem Fußverkehr vorbehaltenen innerörtlichen Bereichen als geschützten Raum, insbesondere für besonders schutzbedürftige Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.

(2) Beim Neu-, Aus- und Umbau von Straßen sollen ausreichend breite, barrierefreie und zusammenhängende Gehwege bei der Straßenraumaufteilung und Straßenraumgestaltung besonders berücksichtigt werden. Dabei sollen Flächen mit Straßenbegleitgrün und sonstige Grünflächen zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und zum Klimaschutz soweit wie möglich erhalten bleiben oder vergrößert werden. Innerhalb der Ortslagen sollen Rad- und Fußverkehr in Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten getrennt geführt werden.

(3) Die Träger der Baulast sollen innerhalb der Ortslagen durchgängige Fußverkehrsnetze schaffen, die den Fußverkehr direkt, sicher, komfortabel und barrierefrei führen. Dabei sollen Belange denkmalgeschützter Ortsbilder, der Stadtentwicklung und des Städtebaus berücksichtigt werden.

(4) Die Straßenverkehrsbehörden und die Straßenbaubehörden sollen die Belange des Fußverkehrs bei der Schaltung von Lichtsignalanlagen und der Anlage und Gestaltung von Querungen gegenüber den Belangen des Kraftfahrzeug- und Radverkehrs gleichberechtigt berücksichtigen.

(5) Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs sollen über sichere und möglichst barrierefreie Fußverkehrsanlagen an das Fußverkehrsnetz angebunden sein.

Unterabschnitt 4
Formen der Nahmobilität und multimodale Vernetzung

§ 23
Verknüpfung der Verkehrsmittel

(1) Um einen Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln zu befördern, unterstützt das Land die Kommunen bei der Errichtung von Anlagen insbesondere zum Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den Umweltverbund sowie zur Verknüpfung von Angeboten der Nahmobilität mit dem ÖPNV, beispielsweise Bike + Ride, Park + Ride sowie Mobilitätsstationen.

(2) Die Verknüpfung ist so zu gestalten, dass ein örtlicher Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln durch räumliche Konzentration der Angebote und bestenfalls durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen mit einem Wiedererkennungswert für die Nutzerinnen und Nutzer ermöglicht wird. Die Mobilitätsangebote sind dabei nutzungsfreundlich zu gestalten.

(3) Die Anlagen nach Absatz 1 sind nach Möglichkeit in die Auskunfts- und Vertriebssysteme des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg einzubeziehen.

§ 24
Lasten- und Spezialfahrräder

Die Träger der Baulast sollen bei dem Bau, Ausbau und bei der Sanierung von Radwegen, Mobilitätsstationen, Fahrradstationen und Radabstellanlagen die Belange des Einsatzes von Lastenrädern zum Transport von Personen und Gütern sowie Spezialfahrräder berücksichtigen. Lastenräder im Sinne dieses Gesetzes sind ein- oder zweispurige Fahrräder gemäß § 63a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 26. April 2012 (BGBl. I S. 679), die zuletzt durch Artikel 8 der Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl. I Nr. 199 S. 142) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die zum Transport von Personen und Gütern konstruiert wurden.

§ 25
Elektrokleinstfahrzeuge

(1) Elektrokleinstfahrzeuge stellen einen Bestandteil des multimodalen Mobilitätsangebotes dar.

(2) Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung sollen im öffentlichen Raum bei Bedarf gesonderte Bereiche jenseits von Gehwegen und Radverkehrsanlagen ausgewiesen werden.

§ 26
Vernetzte Mobilität und Mobilitätsdaten

Das Land stellt für die Vernetzung von Mobilitätsangeboten das von der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH betriebene Landesauskunftssystem für den Öffentlichen Verkehr als perspektivisch weiterzuentwickelnde multimodale Informationsplattform zur Verfügung.

§ 27
Förderung der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements

Das Land unterstützt nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes Projekte im Bereich der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements.

Unterabschnitt 5
Verkehrssicherheit

§ 28
Verkehrssicherheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer

Ungeschützte Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, beispielsweise Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer oder Fußgängerinnen und Fußgänger, bedürfen eines besonderen Schutzes. Dabei ist auch den differenzierten Bedürfnissen von Kindern aufgrund ihrer Körpergröße und ihres kognitiven Entwicklungsstandes sowie von älteren und mobilitätseingeschränkten Menschen Rechnung zu tragen. Zur Umsetzung der in § 1 Absatz 5 formulierten Ziele für die Verkehrssicherheit sind folgende Grundsätze zu beachten:

  1. Bei der Verkehrsplanung geht die Verkehrssicherheit von Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern sowie Fußgängerinnen und Fußgängern der Flüssigkeit des Verkehrs vor; anzustreben sind eine nach Möglichkeit baulich getrennte Infrastruktur zwischen den unterschiedlichen Verkehrsträgern sowie selbsterklärende und verkehrssichere Verkehrsinfrastruktur, die regelkonformes Verhalten fördert.
  2. Die Radverkehrsführung soll durchgängig in der gesamten Radverkehrsinfrastruktur gewährleistet sein durch für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sichtbare eindeutige Beschilderung und Markierung.
  3. Die Knotenpunkte sollen so gestaltet werden, dass alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gute Sichtbeziehungen haben und beim Abbiegen sicherheitsverträgliche Geschwindigkeiten eingehalten werden; dabei sollen alle verkehrsrechtlichen und baulichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden; Lichtsignalanlagen sollen so geschaltet werden, dass alle Verkehrsträger gleichberechtigt und besonders gefährdete Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer vorrangig sicher geführt werden.

§ 29
Verkehrssicherheitsprogramm

(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium stellt zur Erreichung der Ziele nach § 1 Absatz 5 ein Verkehrssicherheitsprogramm auf. Im Verkehrssicherheitsprogramm bilden ungeschützte Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer einen Schwerpunkt. Auf Grundlage einer Analyse des Unfallgeschehens und räumlicher Problemlagen werden konkrete Handlungserfordernisse und Maßnahmen ermittelt.

(2) Die Maßnahmen im Verkehrssicherheitsprogramm sind alle fünf Jahre zu evaluieren.

§ 30
Präventive Verkehrssicherheitsarbeit

(1) Das Land fördert nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes Maßnahmen zur Sicherheit im Verkehr.

(2) Das Land unterstützt nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes die strukturelle Erfassung von Gefahrenstellen in Kooperation mit der Kinderunfallkommission.

(3) Zum Schutz des Fuß- und Radverkehrs ist, unter Berücksichtigung der Möglichkeiten neuer Technologien, ein fehlerverzeihend gestaltetes Verkehrssystem im Sinne des § 1 Absatz 5 anzustreben.

(4) Bei der Polizei werden nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes die Kapazitäten für präventive Verkehrssicherheitsarbeit ausgebaut.

§ 31
Sicherheitsaudits

(1) Sicherheitsaudits bezeichnen die unabhängige Prüfung aller sicherheitsrelevanten Planungsunterlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, um Sicherheitsdefizite in der Planung zu identifizieren.

(2) Sicherheitsaudits sind bei Neu-, Um- oder Ausbaumaßnahmen von Bundes- und Landesstraßen und anlassbezogen, insbesondere bei Unfallhäufung, durchzuführen. Für Kreis- und Gemeindestraßen wird dies empfohlen.

(3) Die Ergebnisse der Sicherheitsaudits sind zu dokumentieren, und erkannte Sicherheitsmängel sind im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zu beheben.

§ 32
Technische Fahrzeugsicherheitssysteme

(1) Technische Fahrzeugsicherheitssysteme leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr.

(2) Bei Neuanschaffungen von Fahrzeugen der Landesverwaltung mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 5 Tonnen sind technische Fahrzeugsicherheitssysteme zu berücksichtigen. Eine Nachrüstung des bestehenden Fuhrparks ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Einsatzbereich der Fahrzeuge vorzunehmen.

(3) Voraussetzung für eine Fahrzeugförderung durch das Land ist die Ausrüstung mit technischen Sicherheitssystemen gemäß der Verordnung (EU) 2019/2144 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern, zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 78/2009, (EG) Nr. 79/2009 und (EG) Nr. 661/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 631/2009, (EU) Nr. 406/2010, (EU) Nr. 672/2010, (EU) Nr. 1003/2010, (EU) Nr. 1005/2010, (EU) Nr. 1008/2010, (EU) Nr. 1009/2010, (EU) Nr. 19/2011, (EU) Nr. 109/2011, (EU) Nr. 458/2011, (EU) Nr. 65/2012, (EU) Nr. 130/2012, (EU) Nr. 347/2012, (EU) Nr. 351/2012, (EU) Nr. 1230/2012 und (EU) 2015/166 der Kommission (ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 1, L 398 vom 11.11.2021, S. 29), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2022/1398 vom 8. Juni 2022 (ABl. L 213 vom 16.8.2022, S. 1) geändert worden ist.

§ 33
Mobilitätsmanagement an Schulen und Kindergärten

(1) Die Sicherheit der Kinder beim Besuch von Kindertagesstätten und Schulen ist zu gewährleisten.

(2) Die Teilnahme an der Radfahrprüfung in der Jahrgangsstufe 4 wird empfohlen.

(3) Das Land unterstützt nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes die strukturelle Einführung von Kinderunfallkommissionen.

Unterabschnitt 6
Finanzierung

§ 34
Finanzierung der Maßnahmen

Die Umsetzung der in diesem Gesetz geregelten Maßnahmen steht unter dem Vorbehalt der Mittelbereitstellung im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung. Dabei sind auch Mittel aus Bundes- und europäischen Förderprogrammen zur Finanzierung heranzuziehen.