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Gesetz über die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Dolmetschergesetz - BbgDolmG)

Gesetz über die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Dolmetschergesetz - BbgDolmG)
vom 7. Juli 2009
(GVBl.I/09, [Nr. 11], S.252)

zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 17. Dezember 2015
(GVBl.I/15, [Nr. 38], S.21)

Am 1. Januar 2023 außer Kraft getreten durch Artikel 7 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022
(GVBl.I/22, [Nr. 30], S.11)

§ 1
Anwendungsbereich

(1) Für die von den Gerichten des Landes Brandenburg geforderten Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen werden zur mündlichen und schriftlichen Sprachübertragung Dolmetscher im Sinne des § 189 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes allgemein beeidigt und für die schriftliche Sprachübertragung Übersetzer nach § 142 Absatz 3 der Zivilprozessordnung ermächtigt.

(2) Die allgemeine Beeidigung schließt die Ermächtigung ein, gemäß § 142 Absatz 3 der Zivilprozessordnung die Übersetzung einer in fremder Sprache abgefassten Urkunde anzufertigen und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung einer in einer fremden Sprache abgefassten Urkunde zu bescheinigen.

(3) Sprachen im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Gebärdensprache und anerkannte Kommunikationstechniken.

(4) Das Brandenburgische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz findet keine Anwendung.

§ 2
Zuständigkeiten

(1) Mit Ausnahme der Führung des Verzeichnisses nach § 6 nimmt der Präsident des Landgerichts die Aufgaben nach diesem Gesetz wahr. Örtlich zuständig ist der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Dolmetscher oder Übersetzer seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seine berufliche Niederlassung hat. Für Dolmetscher und Übersetzer ohne Wohnsitz oder berufliche Niederlassung innerhalb des Landes Brandenburg ist der Präsident des Landgerichts Potsdam zuständig. Bei einer Verlegung des Wohnsitzes oder der beruflichen Niederlassung bleibt der Präsident des Landgerichts zuständig, der die allgemeine Beeidigung oder die Ermächtigung vorgenommen hat.

(2) Der nach Absatz 1 zuständige Präsident des Landgerichts nimmt im Rahmen der Amtshilfe und der Verwaltungszusammenarbeit mit Behörden anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten die in den Artikeln 8 und 56 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1137/2008 (ABl. L 311 vom 21.11.2008, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geregelten Befugnisse und Verpflichtungen wahr.

§ 3
Voraussetzungen und Verfahren

(1) Als Dolmetscher wird auf Antrag allgemein beeidigt, wer

  1. im Inland eine Prüfung für Dolmetscher eines staatlichen Prüfungsamtes oder einer Hochschule oder im Ausland eine von einer deutschen staatlichen Stelle als gleichwertig anerkannte Dolmetscherprüfung bestanden hat,

  2. eine praktische Tätigkeit als Dolmetscher nachweist,

  3. die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzt und

  4. Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist oder eine Niederlassungserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland besitzt.

In Ausnahmefällen kann von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 abgewichen werden, wenn für die beantragte Sprache im Inland weder eine Prüfung bei einem staatlichen Prüfungsamt noch an einer Hochschule angeboten wird und die Sprachkenntnisse sowie die Befähigung zur Dolmetschertätigkeit in anderer Weise nachgewiesen werden.

(2) Der Dolmetscher schwört folgenden Eid: „Ich schwöre, dass ich die Verhandlungen oder Schriftstücke aus der (Angabe der Sprache) oder in diese Sprache treu und gewissenhaft übertragen werde.“ Für die Beeidigung eines Dolmetschers zur Verhandlung mit hör- oder sprachbehinderten Personen ist die Eidesformel entsprechend zu ändern. Gibt der Dolmetscher an, dass er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Im Übrigen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren bei der Abnahme von Eiden und Bekräftigungen entsprechend anzuwenden.

(3) Ein Übersetzer ist auf Antrag zu ermächtigen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm gefertigten Übersetzung einer Urkunde zu bescheinigen, und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten zu verpflichten, wenn er

  1. im Inland eine Prüfung für Übersetzer eines staatlichen Prüfungsamtes oder einer Hochschule oder eine von einer deutschen staatlichen Stelle als gleichwertig anerkannte Übersetzerprüfung im Ausland abgelegt hat und

  2. die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt.

Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Der Dolmetscher und der Übersetzer sind zur Geheimhaltung besonders zu verpflichten und insbesondere auf die Vorschriften über die Wahrung des Steuergeheimnisses im Sinne des § 30 der Abgabenordnung hinzuweisen. § 1 Absatz 2 und 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(5) Über die Beeidigung und die Verpflichtung ist ein Protokoll aufzunehmen. Der Dolmetscher und der Übersetzer erhalten eine beglaubigte Abschrift des Protokolls.

(6) Dem Dolmetscher wird eine Bescheinigung über seine allgemeine Beeidigung und dem Übersetzer über seine Ermächtigung ausgestellt. In den in § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 genannten Fällen ist die Bescheinigung an den Präsidenten des Landgerichts zurückzugeben.

§ 4
Rechte und Pflichten

(1) Der allgemein beeidigte Dolmetscher und der ermächtigte Übersetzer sind verpflichtet,

  1. die übertragenen Aufgaben gewissenhaft und unparteiisch zu erfüllen,
  2. Verschwiegenheit zu bewahren über Tatsachen, die ihnen bei ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, und diese weder eigennützig zu verwerten noch Dritten zu offenbaren,
  3. Aufträge der Gerichte innerhalb des Landes Brandenburg zu übernehmen und kurzfristig zu erledigen, es sei denn, dass wichtige Gründe dem entgegenstehen,
  4. dem nach § 2 Absatz 1 zuständigen Präsidenten des Landgerichts unverzüglich jede Änderung des Namens, der Anschrift sowie von Kommunikationsanschlüssen mitzuteilen.

(2) Nach Aushändigung der nach § 3 Absatz 6 ausgestellten Bescheinigung ist der allgemein beeidigte Dolmetscher zur Führung der Bezeichnung „Durch den Präsidenten des Landgerichts (Angabe des Ortes) allgemein beeidigter Dolmetscher/ beeidigte Dolmetscherin und ermächtigter Übersetzer/ermächtigte Übersetzerin für (Angabe der Sprache, für die die Beeidigung erfolgt)“ und der ermächtigte Übersetzer zur Führung der Bezeichnung „Durch den Präsidenten des Landgerichts (Angabe des Ortes) ermächtigter Übersetzer/ermächtigte Übersetzerin für die (Angabe der Sprache, für die die Ermächtigung erfolgt)“ berechtigt. Der beeidigte Dolmetscher und der ermächtigte Übersetzer sind befugt, einen Stempel (deutsch oder zweisprachig) mit der Bezeichnung wie in Satz 1 zu verwenden.

(3) Die Ermächtigung des Übersetzers umfasst das Recht, nach § 142 Absatz 3 der Zivilprozessordnung die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm gefertigten Übersetzungen von Urkunden zu bescheinigen sowie die Richtigkeit und Vollständigkeit der bereits von einem anderen vorgenommenen Übersetzungen, die dem Übersetzer zur Prüfung vorgelegt werden, zu bestätigen. Für die Form der Bescheinigung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung wird auf § 142 Absatz 3 Satz 3 der Zivilprozessordnung verwiesen.

§ 5
Rücknahme und Widerruf

Das Recht, sich auf die allgemeine Beeidigung zu berufen, und die Übersetzungsermächtigung können widerrufen werden,

  1. wenn sich der Dolmetscher oder Übersetzer als persönlich unzuverlässig erweist, er insbesondere seine aus § 4 Absatz 1 folgenden Pflichten schwerwiegend oder wiederholt verletzt oder

  2. sich erhebliche Bedenken gegen die Sachkunde des Dolmetschers oder Übersetzers ergeben, er insbesondere wiederholt mangelhafte Übertragungen ausgeführt hat.

Die allgemeinen Regelungen zur Rücknahme und zum Widerruf finden Anwendung.

§ 6
Dolmetscher- und Übersetzerverzeichnis

(1) Der Präsident des Oberlandesgerichts führt ein Verzeichnis der von den Präsidenten der Landgerichte aufgrund dieses Gesetzes allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer. Das Verzeichnis enthält den Namen, die Anschrift, Telekommunikationsanschlüsse, die Sprache, für die die allgemeine Beeidigung oder die Ermächtigung erfolgt ist, die Angabe, ob der Eingetragene als Dolmetscher oder Übersetzer tätig ist, sowie den Tag der allgemeinen Beeidigung oder der Ermächtigung. Die hierfür erforderlichen Daten dürfen für die Zwecke dieses Gesetzes verarbeitet werden.

(2) Das Verzeichnis wird den Gerichten, Justizbehörden und der Notarkammer Brandenburg in geeigneter Form zur Verfügung gestellt. Es kann im Internet veröffentlicht und auch über den Anwendungsbereich des Satzes 1 hinaus in automatisierte Abrufverfahren eingestellt werden, soweit der Eingetragene für die Veröffentlichung und die Einstellung seiner personenbezogenen Daten eine jederzeit widerrufliche schriftliche Einwilligung erteilt hat. Die Verwendung dieser Daten zu Zwecken der Werbung, Markt- und Meinungsforschung ist nicht gestattet.

(3) Der Dolmetscher oder Übersetzer ist im Falle

  1. des Widerrufs und der Rücknahme,

  2. der Unwirksamkeit der allgemeinen Beeidigung oder der Ermächtigung aus anderen Gründen,

  3. des Todes des Dolmetschers oder Übersetzers sowie

  4. auf Antrag des Dolmetschers oder Übersetzers

aus dem Dolmetscher- und Übersetzerverzeichnis zu löschen. Im Falle des Satzes 1 Nummer 4 enden mit der Löschung die Befugnisse nach § 189 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes und nach § 142 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die in § 4 genannten Berechtigungen und Verpflichtungen.

(4) Der nach § 2 Absatz 1 zuständige Präsident des Landgerichts teilt dem Präsidenten des Oberlandesgerichts die für die Eintragung erheblichen Daten, deren Änderung sowie das Vorliegen von Löschungsgründen unverzüglich mit.

(5) Dolmetscher und Übersetzer, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zur Ausübung der in § 1 Absatz 1 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit rechtmäßig niedergelassen sind und, sofern der Beruf oder die Ausbildung zu diesem Beruf im Staat der Niederlassung nicht reglementiert ist, diesen Beruf mindestens ein Jahr während der vorhergehenden zehn Jahre in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt haben, werden auf Antrag in das nach Absatz 1 zu führende Dolmetscher- und Übersetzungsverzeichnis eingetragen, wenn sie diese Tätigkeit im Land Brandenburg vorübergehend und gelegentlich ausüben wollen (vorübergehende Dienstleistungen). Der Antrag ist beim Präsidenten des Landgerichts Potsdam zu stellen. Eingetragen wird auch die Berufsbezeichnung, die den Regelungen des Niederlassungsstaates entspricht, in dessen Sprache. Lässt diese Bezeichnung Verwechslungen mit der Bezeichnung nach § 4 Absatz 2 Satz 1 befürchten, so ist eine Abänderung oder Ergänzung anzuordnen. Unter der eingetragenen Bezeichnung sind die vorübergehenden Dienstleistungen zu erbringen. Die Absätze 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Die Eintragung wird nach Ablauf von fünf Jahren gelöscht, wenn sie nicht auf erneuten Antrag um einen entsprechenden Zeitraum verlängert wird. Sie kann gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht mehr vorliegen oder wenn der Dolmetscher oder Übersetzer sich als persönlich unzuverlässig erweist oder eine andere als die eingetragene Berufsbezeichnung führt. Das Gleiche gilt in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 und 4 und des § 5 Satz 1 Nummer 2.

§ 7
Kosten

Für die Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern werden Kosten nach dem Brandenburgischen Justizkostengesetz vom 3. Juni 1994 (GVBl. I S. 172), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. Juli 2009 (GVBl. I S. 252, 255) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung erhoben.

§ 8
Übergangsregelung

(1) Auf Antrag werden vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Land Brandenburg allgemein beeidigte Dolmetscher und ermächtigte Übersetzer in das nach § 6 Absatz 1 zu führende Dolmetscher- und Übersetzerverzeichnis aufgenommen. Zuvor sind die Dolmetscher nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erneut allgemein zu beeidigen und die Übersetzer zu ermächtigen. Eine erneute Prüfung der fachlichen Voraussetzungen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 findet in diesen Fällen nicht statt. Für Anträge nach Satz 1, die bis zum 31. Dezember 2010 gestellt werden, werden Gebühren in Höhe der Hälfte der in der Anlage zu § 1 Absatz 2 Nummer 4.1 und 4.2 des Brandenburgischen Justizkostengesetzes vorgesehenen Gebühren erhoben.

(2) Die bisher von den Präsidenten der Landgerichte und dem Präsidenten des Oberlandesgerichts geführten Dolmetscherverzeichnisse werden mit den vorhandenen Eintragungen bis zum 31. Dezember 2010 fortgeführt. Rechte, die aus vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen, Ermächtigungen und Eintragungen in das Dolmetscherverzeichnis folgen, gelten in ihrem jeweiligen Bestand bis zum 31. Dezember 2010 fort. Im Übrigen finden auf sie die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Mit Ablauf des 31. Dezember 2010 werden die in Satz 1 genannten Verzeichnisse gelöscht. Zu diesem Zeitpunkt enden die in Satz 2 bezeichneten Rechte.

§ 9
Verordnungsermächtigung

Das für Justiz zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Regelungen zu dem Antragsverfahren, den einzureichenden Unterlagen, zur Form der nach § 3 Absatz 6 zu erteilenden Bescheinigung sowie zu den Einzelheiten der Führung des Verzeichnisses nach § 6 Absatz 1, dessen Veröffentlichung und den Mitteilungspflichten nach § 6 Absatz 4 zu treffen.

§ 10
Einschränkung von Grundrechten

Durch die §§ 3 bis 5 wird das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Artikel 49 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) und durch die §§ 6 und 9 wird das Grundrecht auf Datenschutz (Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) eingeschränkt.