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Letzte gültige Fassung

ARCHIV

Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder- Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 34.02 -


vom 10. Dezember 2004
(ABl./05, [Nr. 01], S.14)

Außer Kraft getreten
(ABl./05, [Nr. 01], S.14)

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 17. Juni 2004 in einem Einzelfall einem Beamten kindbezogene Familienzuschläge für ein drittes Kind auf der Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Maßstäbe (vgl. Beschluss  vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u. a.) für die Jahre 2000 und 2001 zugesprochen. Das Gericht hat zugleich festgestellt, dass die Verwaltungsgerichte befugt sind, Beamten mit mehr als zwei zu berücksichtigenden Kindern höhere familienbezogene Gehaltszuschläge zuzusprechen, soweit die bisher vom Gesetzgeber bestimmten  kindbezogenen Leistungen im Einzelfall nicht den Vorgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (2 BvL 26/91 u. a.) entsprechen.

I. Verfahrenshinweise

Auf Grund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu erwarten, dass Bezügeempfänger mit drei und mehr Kindern eine Überprüfung oder Neufestsetzung der kinderbezogenen Besoldung beantragen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die für Besoldung zuständigen Verwaltungsbehörden an die geltende Fassung des Bundesbesoldungsgesetzes gebunden und auf Grund des Gesetzesvorbehalts für Besoldung nicht befugt sind, davon abweichende Leistungen beim Familienzuschlag zu gewähren.

Bei Anträgen auf erhöhte kindbezogene Leistungen beim Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder ist daher wie folgt zu verfahren:

  • Die Anträge sind abzulehnen, soweit sie über die gesetzlich geregelten Ansprüche hinausgehen. Die Antragsteller sind auf den Rechtsweg zu verweisen.

    Soweit gegen einen ablehnenden Bescheid auf erhöhte kindbezogene Leistungen beim Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder Widerspruch erhoben wird, ist dieser als unbegründet abzulehnen.
  • Soweit Ansprüche durch Erhebung einer Klage geltend gemacht sind oder werden, ist beim Gericht eine Vorlage nach Artikel 100 des Grundgesetzes anzuregen. In jedem Fall sind bei einem zusprechenden Urteil Rechtsmittel einzulegen mit dem Ziel, die Fragen der kindbezogenen Bezahlung für dritte und weitere Kinder erneut verfassungsgerichtlich würdigen zu lassen.

    Soweit Rechtsmittel nicht zugelassen werden, ist Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen und gegebenenfalls Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.

Es wird deshalb gebeten,

  1. die Zentrale Bezügestelle des Landes Brandenburg, das Ministerium der Finanzen zeitnah zu unterrichten, soweit derartige Ansprüche durch Klageerhebung geltend gemacht worden sind oder werden (Anträge oder gegebenenfalls Widersprüche, die anderen Stellen der Landesverwaltung vorliegen, sind zuständigkeitshalber an die Zentrale Bezügestelle Cottbus abzugeben),
  2. die Obersten Landesbehörden bei Beamten, deren Besoldung nicht durch die Zentrale Bezügestelle Cottbus festgesetzt wird, ebenfalls das Ministerium der Finanzen zeitnah zu unterrichten, soweit derartige Ansprüche durch Klageerhebung geltend gemacht worden sind oder werden,
  3. die jeweils zuständigen Stellen, Anträge, Widersprüche und

Klagen listenmäßig zu erfassen.

II. Die Besoldungsregelungen zum Familienzuschlag  für dritte und weitere Kinder

Zur Begründung der ablehnenden Bescheide und gebotenen Rechtsmittel werden folgende Hinweise gegeben:

Der Gesetzgeber hat mit den besoldungsrechtlichen Regelungen für dritte und weitere zu berücksichtigende Kinder sowie den weiteren allgemeinen steuerrechtlichen und sozialpolitischen Verbesserungen der vergangenen Jahre die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu den kindbezogenen Leistungen für dritte und weitere Kinder von Beamten berücksichtigt.

Kindbezogene Besoldungsbestandteile, Kindergeld sowie steuerliche Entlastungen sind gegenwärtig so bemessen, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Nettoabstand von Kind zu Kind ab dem dritten und weiteren unterhaltsberechtigten Kindern im Durchschnitt den Richtwert von 115 Prozent des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs für ein Kind erreicht und damit die verfassungsrechtlichen Vorgaben erfüllt werden.

Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1998 hat sich der Gesetzgeber mehrfach mit der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben befasst und dabei die Sicherung des Abstandsgebotes geprüft.

Die kindbezogenen Familienzuschläge sind mehrmalig entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse angepasst und jeweils erhöht worden. Der Besoldungsgesetzgeber hat die einzelnen Erhöhungsregelungen zusammengeführt und für drei und weitere Kinder nunmehr einen einheitlichen Betrag ausgewiesen, der zuletzt zum 1. August 2004 erneut auf 213,29 Euro (West 230,58 Euro) angehoben worden ist.

Über diese besoldungsrechtlichen Verbesserungen hinaus kommen auch die allgemeinen Maßnahmen durch Erhöhung des Kindergeldes sowie die steuerlichen Entlastungen den Beamtenfamilien zugute. Insbesondere durch das Vorziehen  der 3. Stufe der Steuerreform ist die Situation von Familien nochmals deutlich verbessert worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat es seinerzeit dem Gesetzgeber ausdrücklich freigestellt, das von der Verfassung vorgegebene Ziel durch eine entsprechende Bemessung der Bruttobezüge, durch Teilhabe am allgemein gewährten Kindergeld oder durch steuerliche Lösungen zu erreichen oder alle diese Möglichkeiten miteinander zu verbinden.

Der Gesetzgeber hat seit 1998 mehrfach das allgemeine Kindergeld und die kindbezogenen Besoldungsbestandteile erhöht sowie eine steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern vorgenommen.

  1. Erhöhung des allgemeinen Kindergeldes

    Die finanzielle Situation  von Familien ist  insbesondere durch die dreimalige, deutliche Erhöhung des Kindergeldes verbessert worden. So ist bereits zum 1. Januar 1999 das Kindergeld für erste und zweite Kinder von 112,48 Euro auf 127,82 Euro angehoben worden. Die zweite Kindergelderhöhung folgte zum 1. Januar 2000 von 127,82 Euro auf 138,05 Euro für erste und zweite Kinder. Zum 1. Januar 2002 ist das Kindergeld für erste und zweite Kinder nochmals auf jetzt 154 Euro angehoben worden.
  2. Steuerliche Entlastung von Familien

    Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Beamtenfamilien mit Kindern sind in den letzten Jahren vor allem auch durch die steuerrechtlichen Entlastungsmaßnahmen verbessert worden, zuletzt mit dem Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform zum 1. Januar 2004. Die Steuerentlastungsgesetze haben besonders Familien mit geringen und mittleren Einkommen entlastet und deutlich mehr finanziellen Spielraum gebracht.

    Die steuerlichen Kinderfreibeträge sind erhöht worden. Zusätzlich kann ein neuer Freibetrag für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung jedes Kindes gewährt werden. Ab 2002 können darüber hinaus erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
  3. Erhöhung der kindbezogenen Besoldung

    Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (a. a. O.) hat der Gesetzgeber die kindbezogenen Familienzuschläge für dritte und weitere Kinder mehrmalig entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse angepasst und jeweils erhöht.

    Der Besoldungsgesetzgeber hat unmittelbar nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Artikel 9 § 2 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1999 - BBVAnpG 99 (BGBl. I S. 2198) zunächst eine Regelung geschaffen, wonach der Familienzuschlag nach Anlage V des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) bereits für die Zeit ab dem 1. Januar 1999 für die Jahre 1999 und 2000 pauschal und einheitlich für das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende Kind um je 200 DM (102,26 Euro) monatlich erhöht worden ist.

    In den folgenden Jahren hat der Gesetzgeber die Beträge des Familienzuschlags für dritte und weitere Kinder mehrfach erhöht und den ursprünglichen Erhöhungsbetrag ab dem dritten Kind in die Anlage V zum BBesG eingefügt, nämlich mit dem
    • Gesetz zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1786) für das Jahr 2001,
    • Sechsten Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3702) ab 2002,
    • Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004 (BGBl. I S. 1798) entsprechend der allgemeinen linearen Anpassung in drei Schritten, zuletzt zum 1. August 2004.
  4. Mit den Regelungen im Besoldungs-, Steuer- und Kindergeldrecht ist der Gesetzgeber seiner Pflicht zur verfassungskonformen Anpassung der Bezahlung für die dritten und weiteren Kinder nachgekommen. Die Ergebnisse führen zu einer verfassungsgemäßen Alimentierung auch der Beamten mit drei und mehr Kindern.

    Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist für die Frage, ob das von der Verfassung gesetzte Ziel erreicht ist, entscheidend, dass der Beamte nicht wegen der größeren Kinderzahl finanziell so eingeschränkt ist, dass er auf die Befriedigung seiner Grundbedürfnisse ganz oder teilweise verzichten muss. Bei einer Nettoabweichung von weniger als 1 Prozent ist das nicht der Fall. Dass es bei der kindbezogenen Nettobezahlung in Bezug auf den Richtwert von 115 Prozent des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zu geringfügigen Schwankungen kommen kann, hat der Gesetzgeber in seine Überlegungen einbezogen, als er sich dafür entschieden hat, pauschalierte und von Besoldungsgruppen und den individuellen Steuersätzen der Beamten unabhängige Kinderzuschläge zu zahlen.
  5. Generell wird darauf hingewiesen, dass sich die Grundannahmen und Vorgaben, wie sie seinerzeit vom Bundesverfassungsgericht den Vergleichsberechnungen zugrunde gelegt worden sind, zwischenzeitlich wesentlich verändert haben, so dass die Berechnungen nicht unverändert fortgeführt werden können. Dies gilt beispielsweise für die Ermittlung der zu berücksichtigenden Durchschnittsmieten ab dem Jahr 2003 beziehungsweise der Vorgabe eines pauschalen Kirchensteuerabzuges ab dem Jahr 2005 bei der Berechnung von Nettobezügen.
  6. Daneben wird darauf hingewiesen, dass gemäß dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u. a. - Besoldungsansprüche zeitnah, also für laufende Haushaltsjahre, geltend gemacht werden Brandenburgische Universitätsdruckerei, K.-Liebknecht-Str. 24-25, 14476 Golm DPAG, PVST A 11271 Entgelt bezahlt müssen. Ansprüche aus vergangenen Haushaltsjahren sind auch aus diesem Grund zurückzuweisen.

Das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern - D II 1 - 221 390/2 - vom 2. November 2004 ist bei den vorstehenden Ausführungen berücksichtigt worden.