Flächennutzungsplan und Schutzgebiete
Der Flächennutzungsplan im Verhältnis zu Normen des Naturschutzrechts
Die Flächennutzungsplanung darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Höherrangiges Recht sind insofern alle Rechtsnormen, insbesondere Rechtsverordnungen und Gesetze. Nachfolgend wird auf das Verhältnis höherrangigen Rechts im Bereich des Naturschutzes zum Flächennutzungsplan (FNP) eingegangen. Hierzu zählen unter anderem die Bestimmungen des Lebensstättenschutzes besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten (§ 20 f Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)), des gesetzlichen Biotopschutzes (§§ 31 bis 35 Brandenburgisches Naturschutzgesetz (BbgNatSchG)), der Schutzgebietsverordnungen (Landschafts- und Naturschutzgebietsverordnungen, §§ 21 und 22 BbgNatSchG), der Naturdenkmalsverordnungen (§ 23 BbgNatSchG), der Verordnungen über geschützte Landschaftsbestandteile (§ 24 BbgNatSchG) und der Baumschutzverordnung (§ 77 BbgNatSchG).
1. Flächennutzungsplan und festgesetzte Schutzgebiete
Festgesetzte Schutzgebiete sollen in den FNP nachrichtlich übernommen werden (§ 5 Abs. 4 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB)). Sie unterliegen nicht der Abwägung gemäß § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 6 BauGB und bedürfen auch keines gesonderten Widerspruchs gemäß § 7 BauGB durch den Verordnungsgeber, um unverändert bestehen bleiben zu können.
Den Schutzgebietsverordnungen zuwiderlaufende Darstellungen (wie zum Beispiel Bauflächen) in einem Flächennutzungsplan sind nur dann zulässig, wenn absehbar ist, dass der sich abzeichnende Konflikt auf der Ebene des Bebauungsplanes zwischen den künftigen bauleitplanerischen Festsetzungen und den Bestimmungen der Schutzgebietsverordnung gelöst werden kann (vgl. zur gleichen Thematik auf der Ebene des Bebauungsplans Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 25. August 1997 - 4NB 12/97 -, Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht (ZfBR 1997 S. 320)). Dazu ist im Erläuterungsbericht zum FNP darzulegen, wie sich der Verordnungsgeber im Einzelfall zu den Widersprüchen zwischen Schutzgebietsverordnung und FNP verhält und wie entstehende Widersprüche aufgelöst werden können. Dazu getroffene Entscheidungen des Verordnungsgebers sind im Erläuterungsbericht mit Datum und Inhalt der Entscheidung zu vermerken.
Die Entscheidung des Verordnungsgebers kann sich wie folgt gestalten:
- Der Verordnungsgeber erklärt und begründet, dass eine bestimmte Fläche eines Schutzgebietes in der vorgesehenen Art nicht überplant werden kann. Dies hat zur Folge, dass die Gemeinde ihren FNP anpassen muss. Tut sie dies nicht, so ist eine Genehmigung des FNP nicht möglich oder werden Teilflächen von der Genehmigung ausgenommen.
- Der Verordnungsgeber hält den Konflikt auf der Ebene des Bebauungsplanes für lösbar und erklärt, dass er für bestimmte Flächen ein Ausgliederungsverfahren gemäß § 28 Abs. 8 BbgNatSchG mit dem Ziel einleiten wird, die entsprechende Fläche aus dem Schutzgebiet zu entlassen, sobald die konkrete Bebauungsplanung bekannt ist. Diese Erklärung kann mit Hinweisen zur künftigen Flächennutzung verbunden werden, um eine Verträglichkeit für die dann angrenzenden, im Landschaftsschutzgebiet verbleibenden Flächen zu erreichen.
Bereits im Vorfeld des FNP zu Teilflächen getroffene Entscheidungen des Verordnungsgebers, wie zum Beispiel die Bekanntgabe, dass bestimmte Flächen künftig aus dem Schutzgebiet entlassen werden (so genannte Entlassungsentscheidung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung bis 1996), sind ebenfalls als Zusagen des Verordnungsgebers zu werten, ein Ausgliederungsverfahren gemäß § 28 Abs. 8 BbgNatSchG mit dem Ziel einzuleiten, die entsprechenden Flächen aus dem Schutzgebiet zu entlassen (Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr und des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung zur Verfahrensbeschleunigung bei Ausgliederung von Flächen aus Naturschutz- und Landschaftsschutzgebietsverordnungen nach §§ 21 und 22 BbgNatSchG, die Gegenstand von städtebaulichen Satzungen sind (VwV Ausgliederungsverfahren) vom 30. Mai 1997 (ABl. S. 563)).
- In Einzelfällen wurden durch den Verordnungsgeber im Vorfeld der Aufstellung eines FNP bestimmte städtebauliche Satzungen in festgesetzten Schutzgebieten als vereinbar mit dem Schutzzweck für das jeweilige Schutzgebiet erklärt. Liegt eine solche Erklärung vor, besteht auch auf der Ebene des Flächennutzungsplanes kein Widerspruch zwischen Schutzgebietsverordnung und den Darstellungen im FNP auf der betreffenden Fläche.
Anforderungen an die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden als Träger öffentlicher Belange:
In den Stellungnahmen der Naturschutzbehörden als Träger öffentlicher Belange (TÖB) im Flächennutzungsplanverfahren müssen die betroffenen Schutzgebiete konkret bezeichnet und Beschluss und Datum der endgültigen Festsetzung benannt werden. Weiterhin sollte darauf hingewiesen werden, dass die Grenzen des Schutzgebietes gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 BauGB nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen werden sollen. In den Stellungnahmen muss weiterhin zum Ausdruck kommen, ob Darstellungen im Flächennutzungsplan, die bestehende Schutzgebiete überplanen, den Festsetzungen der Schutzgebietsverordnung nach Art der Nutzung entgegenstehen. Die Gemeinde ist darauf hinzuweisen, dass zur Klärung des Konflikts ein Antrag auf Einleitung eines Ausgliederungsverfahrens an den Verordnungsgeber zu richten ist.
In den Fällen, in denen der Landkreis oder die kreisfreie Stadt das Schutzgebiet erlassen hat, prüft die untere Naturschutzbehörde selbst, ob der Widerspruch auf der Ebene der Bauleitplanung durch eine künftige Ausgliederung aus dem Schutzgebiet gelöst werden kann.
2. Flächennutzungsplan und geplante Schutzgebiete
Im Verhältnis zwischen den Darstellungen des Flächennutzungsplanes und geplanten Schutzgebieten muss zwischen bereits eingeleiteten und noch nicht eingeleiteten Verfahren zur Unterschutzstellung unterschieden werden.
2.1 Flächennutzungsplan und Planungen des Naturschutzes
Sofern sich Darstellungen der Flächennutzungspläne auf solche Flächen beziehen, für die eine künftige Unterschutzstellung erst geplant ist, so kann die zuständige Naturschutzbehörde als öffentlicher Planungsträger den Darstellungen des Flächennutzungsplanes bis zum Beschluss der Gemeinde über den FNP widersprechen. Fachplanungen der zuständigen Naturschutzbehörde sollen im FNP vermerkt werden (§ 5 Abs. 4 Satz 2 BauGB), sofern schon konkrete Aussagen zur Unterschutzstellung gemacht werden können (Vorentwurf).
Widerspricht die zuständige Naturschutzbehörde nicht, muss sie ihre Naturschutzplanung nach § 7 Satz 1 BauGB an den genehmigten Flächennutzungsplan anpassen. Macht eine veränderte Sachlage eine vom FNP abweichende Naturschutzplanung erforderlich, hat sich die zuständige Naturschutzbehörde unverzüglich mit der Gemeinde ins Benehmen zu setzen, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen. Kann ein Einvernehmen nicht erzielt werden, so kann die zuständige Naturschutzbehörde den Darstellungen des FNP nachträglich widersprechen. Der Widerspruch ist nur zulässig, wenn die für die abweichende Naturschutzplanung genannten Gründe die städtebaulichen Belange der Gemeinde wesentlich überwiegen (§ 7 Satz 3 bis 5 BauGB). Die Planungskosten, die aufgrund eines nachträglichen Widerspruchs zu Umplanungen der Gemeinde führen, das heißt die Änderung des Flächennutzungsplanes oder eines aus ihm entwickelten Bebauungsplanes, sind gemäß § 7 Satz 6 BauGB von der Naturschutzbehörde zu ersetzen.
2.2 Flächennutzungsplan und im Verfahren befindliche Schutzgebiete
Sofern sich Darstellungen der Flächennutzungspläne auf Flächen beziehen, für die bereits ein Unterschutzstellungsverfahren eingeleitet wurde, sollen auch solche Planungen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 BauGB im FNP vermerkt werden. Dies ist dann der Fall, wenn eine einstweilige Sicherstellung gemäß § 27 BbgNatSchG oder eine Veränderungssperre im endgültigen Unterschutzstellungsverfahren durch die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Verordnungsentwurfes in Kraft getreten ist (§ 28 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 3 BbgNatSchG).
In diesen Fällen ist aufgrund der Beteiligung der Gemeinde im Unterschutzstellungsverfahren davon auszugehen, dass die Gemeinde sowohl bei der einstweiligen Sicherstellung als auch vor Eintritt der gesetzlichen Veränderungssperre über die Planungen zur Schutzgebietsverordnung informiert ist.
Mit dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Veränderungssperre für im Verfahren befindliche Schutzgebiete hat der Verordnungsgeber bereits deutlich gemacht, dass andere Planungen dem Verfahren zur Unterschutzstellung widersprechen. Bisher ist durch höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt, ob die Beteiligung der Gemeinde im Unterschutzstellungsverfahren bereits einen konkludenten Widerspruch bewirkt. Der Verordnungsgeber sollte von daher auf jeden Fall dem Schutzgebiet entgegenstehenden Darstellungen des FNP im TÖB-Verfahren widersprechen. Auf der anderen Seite sollte die Gemeinde in der Beteiligung zum Unterschutzstellungsverfahren ihre Einwände auch aus der Sicht ihrer Flächennutzungsplanung konkret geltend machen. Sie sollte das Verfahren zur Unterschutzstellung als Widerspruch zur eigenen Planung bewerten und davon ausgehen, dass für den Verordnungsgeber keine Anpassungspflicht an den FNP besteht.
Will die Gemeinde jedoch aus gewichtigen städtebaulichen Gründen die Darstellung des FNP nicht dem geplanten Schutzgebiet anpassen, so hat sie sich unverzüglich mit dem Verordnungsgeber in Verbindung zu setzen, damit die Möglichkeiten des § 7 Satz 3 bis 5 BauGB genutzt werden, um zu einer ein-vernehmlichen Lösung zu gelangen. Der Verordnungsgeber muss im Verfahren zur Unterschutzstellung die besonderen städtebaulichen Gründe dargelegt bekommen, damit er in seiner gleichfalls durchzuführenden Abwägung noch darüber entscheiden kann, ob eine bestimmte Fläche Teil eines künftigen Schutzgebietes werden wird oder nicht. Kommt es zu keiner Einigung zwischen dem Verordnungsgeber und dem Träger der Flächennutzungsplanung und passt der Träger der Flächennutzungsplanung den FNP seinerseits nicht an die Schutzgebietsverordnung an, so kann als Lösung im FNP das Ausnehmen von Teilflächen von der Darstellung oder von der Genehmigung in Betracht kommen.
Die Möglichkeit einer Normenkontrollklage der Gemeinde gegen die Schutzgebietsverordnung bleibt davon unberührt.
Anforderungen an die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden als Träger öffentlicher Belange:
In den Stellungnahmen zum FNP müssen bezüglich der Darstellungen des FNP für Flächen, die sich im Verfahren zur Unterschutzstellung befinden, das Schutzgebiet und das Datum des In-Kraft-Tretens der gesetzlichen Veränderungssperre benannt werden. Es sollte weiterhin darauf hingewiesen werden, dass die Grenzen des Schutzgebietes im FNP vermerkt werden sollen. Gleichfalls ist auf den Widerspruch der Darstellungen des FNP zu der geplanten Rechtsverordnung und auf die Notwendigkeit hinzuweisen, dass sich die Gemeinde mit dem zuständigen Verordnungsgeber in Verbindung setzt mit dem Ziel, die bestehenden Widersprüche zu lösen. Dies kann entweder durch eine Änderung des Flächennutzungsplanes oder durch die Veränderung der geplanten Schutzgebietes geschehen.
Sofern die unteren Naturschutzbehörden selbst Planungen zur Errichtung von Schutzgebieten vorbereiten, muss bei entgegenstehenden Darstellungen des FNP-Entwurfes diesem ausdrücklich widersprochen werden. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und mit einer Begründung versehen sein.
Erfolgt der Widerspruch nachträglich gegenüber einem bereits genehmigten Flächennutzungsplan und führt dies zu Umplanungen der Gemeinde, d. h. zur Änderung des Flächennutzungsplanes oder eines aus ihm entwickelten Bebauungsplanes, sind gemäß § 7 Satz 6 BauGB die der Gemeinde entstehenden Planungskosten von der Naturschutzbehörde zu ersetzen.