Suche
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Kindelsee-Springluch“
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Kindelsee-Springluch“
vom 22. Juni 2001
(GVBl.II/01, [Nr. 12], S.281)
Auf Grund des § 21 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 (GVBl. I S. 124), verordnet der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung:
§ 1
Erklärung zum Schutzgebiet
Die in § 2 näher bezeichnete Fläche im Landkreis Oberhavel wird als Naturschutzgebiet festgesetzt. Das Naturschutzgebiet trägt die Bezeichnung „Kindelsee-Springluch".
§ 2
Schutzgegenstand
(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von rund 69 Hektar. Es umfasst folgende Flurstücke in den Gemeinden/Gemarkungen:
Flurstücke | ||
---|---|---|
Glienicke | Flur 6 | 1, 2/2, 3, 4, 5, 6 (teilweise) und 7/2; |
Schönfließ | Flur 2 | 129 - 131, 140 - 165, 179 - 190. |
Eine Kartenskizze ist dieser Verordnung zur Orientierung als Anlage beigefügt.
(2) Die Grenze des Naturschutzgebietes ist in topografischen Karten im Maßstab 1 : 10 000 und in Flurkarten mit ununterbrochener Linie eingetragen; als Grenze gilt der innere Rand der Linie. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Flurkarten.
(3) Die Verordnung mit Karten kann beim Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, oberste Naturschutzbehörde, in Potsdam sowie beim Landkreis Oberhavel, untere Naturschutzbehörde, von jedermann während der Dienstzeiten kostenlos eingesehen werden.
§ 3
Schutzzweck
Schutzzweck des Naturschutzgebietes ist
- die Erhaltung und Entwicklung des Kindelsees und der ihn umgebenden Feuchtbiotope als ein spätes Entwicklungsstadium der Gewässerverlandung und Niedermoorbildung in ihrer besonderen Bedeutung für den Wasserhaushalt und die Wasserqualität im Einzugsbereich des Tegeler Fließtales;
- die nachhaltige Sicherung von Feuchtwiesen auf einem Niedermoorstandort in ihrer besonderen Bedeutung als Lebensraum bestandsbedrohter und gefährdeter Pflanzen;
- die Erhaltung und Entwicklung eines Feuchtgebietes als Bestandteil des Biotopverbundsystems im Bereich des Tegeler Fließtales;
- die Erhaltung eines aktiv wachsenden Moorkörpers als lebendes Zeugnis nacheiszeitlicher Vegetationsgeschichte und als wichtiges Gebiet für die Ökosystem- und Geotopforschung;
- die Erhaltung eines für den Landschaftsraum Westbarnim außergewöhnlich strukturreichen Gebietes;
- die Erhaltung der Biotopvielfalt des Kindelsees und seiner Verlandungszonen sowie des Kindelwaldes, insbesondere
- eines störungsfreien Reproduktions- und Lebensraumes für die reichhaltige, bestandsbedrohte Vogel- und Schmetterlingsfauna,
- einer störungsfreien Entwicklung der Vegetation im Erlenbruch und in den angrenzenden trockenen Waldgesellschaften mit alt- und totholzreichen Beständen im naturnahen Zustand,
- einer artenreichen Feuchtwiesenflora einschließlich der Orchideenwiesen.
§ 4
Verbote
(1) Vorbehaltlich der nach § 5 zulässigen Handlungen sind in dem Naturschutzgebiet gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes alle Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können.
(2) Es ist insbesondere verboten:
- bauliche Anlagen zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn dies keiner öffentlich-rechtlichen Zulassung bedarf;
- die Bodengestalt zu verändern, die Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen;
- die Art oder den Umfang der bisherigen Grundstücksnutzung zu ändern;
- Plakate, Werbeanlagen, Bild- oder Schrifttafeln aufzustellen oder anzubringen;
- Buden, Verkaufsstände, Verkaufswagen oder Warenautomaten aufzustellen;
- Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrseinrichtungen sowie Leitungen anzulegen, zu verlegen oder zu verändern;
- mit Fahrzeugen außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege zu fahren oder Fahrzeuge dort abzustellen, zu warten oder zu pflegen;
- Modellsport oder ferngesteuerte Modelle zu betreiben oder feste Einrichtungen dafür bereitzuhalten;
- Wasserfahrzeuge aller Art einschließlich Luftmatratzen zu benutzen;
- außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, der nach öffentlichem Straßenrecht oder auf Grund des § 20 Abs. 3 des Landeswaldgesetzes gekennzeichneten Reitwege zu reiten;
- zu lagern, zu zelten, Wohnwagen aufzustellen, Feuer zu verursachen oder eine Brandgefahr herbeizuführen;
- das Gebiet außerhalb der Wege zu betreten;
- Hunde frei laufen zu lassen;
- die Ruhe der Natur durch Lärm zu stören;
- wildlebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
- Fische oder Wasservögel zu füttern;
- Tiere auszusetzen oder Pflanzen anzusiedeln;
- wildlebende Pflanzen, ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus- oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten;
- Wiesen oder Weiden oder sonstiges Grünland umzubrechen oder neu anzusäen;
- Be- oder Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen;
- Schmutzwasser, Gülle, Dünger, Gärfutter oder Klärschlamm auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern; die §§ 4 und 5 der Klärschlammverordnung bleiben unberührt;
- Pflanzenschutzmittel oder chemische Holzschutzmittel anzuwenden;
- Abfälle oder sonstige Gegenstände zu lagern oder abzulagern oder sich ihrer in sonstiger Weise zu entledigen;
- Erstaufforstungen vorzunehmen.
§ 5
Zulässige Handlungen
(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 bleiben folgende Handlungen:
- die im Sinne des § 11 Abs. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, dass § 4 Abs. 2 Nr. 19, 21 und 22 gilt;
- die im Sinne des § 11 Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang mit der Maßgabe, dass
- bei Voranbauten und Unterbauten einheimische Baumarten zu verwenden sind,
- Kahlschläge verboten sind,
- eine naturnahe Waldentwicklung mit einer natürlichen Bestockung und einem ausreichenden Anteil von Altund Totholz zu gewährleisten ist,
- § 4 Abs. 2 Nr. 22 gilt;
- für den Bereich der Jagd:
- die rechtmäßige Ausübung der Jagd mit der Maßgabe, dass
aa) die Jagd in der Zeit vom 15. März bis 30. Juni eines Jahres ausschließlich vom Ansitz aus stattfindet,
ab) die Anlage von Kirrungen, Wildwiesen und Wildäckern verboten ist, - die Anlage und ordnungsgemäße Unterhaltung jagdlicher Einrichtungen mit der Maßgabe, dass die Errichtung jagdlicher Einrichtungen im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde erfolgt;
- die rechtmäßige Ausübung der Jagd mit der Maßgabe, dass
- die sonstigen bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung auf Grund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
- die im Sinne des § 10 des Brandenburgischen Straßengesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, die im Sinne des § 78 des Brandenburgischen Wassergesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer sowie die ordnungsgemäße Unterhaltung sonstiger rechtmäßig bestehender Anlagen jeweils im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
- Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die von der zuständigen Naturschutzbehörde angeordnet worden sind;
- behördliche sowie behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen, soweit sie auf den Schutzzweck des Gebietes hinweisen oder als hoheitliche Kennzeichnungen, Orts- oder Verkehrshinweise, Wegemarkierungen oder Warntafeln dienen;
- Maßnahmen zur Untersuchung von Altlastverdachtsflächen und Verdachtsflächen sowie Maßnahmen der Altlastensanierung und der Sanierung schädlicher Bodenveränderungen gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz sowie Maßnahmen der Munitionsräumung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
- Maßnahmen, die der Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen. Die untere Naturschutzbehörde ist über die getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Sie kann nachträglich ergänzende Anordnungen zur Vereinbarkeit mit dem Schutzzweck treffen.
(2) Die in § 4 Abs. 2 für das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes enthaltenen Einschränkungen gelten nicht für die Dienstkräfte der Naturschutzbehörden, die zuständigen Naturschutzhelfer und sonstige von den Naturschutzbehörden beauftragte Personen sowie für die Dienstkräfte und beauftragte Personen anderer zuständiger Behörden und Einrichtungen, soweit diese in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln. Der Genehmigungsvorbehalt nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.
§ 6
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen
Folgende Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen werden als Zielvorgabe festgelegt:
- Der gegenwärtige Wasserhaushalt des Kindelsees soll auf der Grundlage eines hydrogeologischen Gutachtens gesichert und verbessert werden, um das Feuchtgebiet als Lebensraum gefährdeter Arten zu erhalten und zu entwickeln.
- Durch Zulassen und Förderung natürlicher Entwicklungen soll ein reichstrukturiertes Mosaik unterschiedlicher Biotope und Sukzessionsstadien im Bereich des Verlandungsmoores des Kindelsees entwickelt werden.
§ 7
Befreiungen
Von den Verboten dieser Verordnung kann die oberste Naturschutzbehörde auf Antrag gemäß § 72 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes Befreiung gewähren.
§ 8
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften des § 4 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 können gemäß § 74 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Deutsche Mark geahndet werden.
§ 9
Verhältnis zu anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen
(1) Die Aufstellung einer Behandlungsrichtlinie zur Ausführung der in dieser Verordnung festgelegten Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen und zur Verwirklichung des Schutzzweckes und die Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege richten sich nach den §§ 29 und 68 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.
(2) Die Vorschriften dieser Verordnung gehen anderen naturschutzrechtlichen Schutzausweisungen im Bereich des in § 2 genannten Gebietes vor.
(3) Soweit diese Verordnung keine weitergehenden Vorschriften enthält, bleiben die Regelungen über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft (§§ 31 bis 36 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) und über den Schutz und die Pflege wildlebender Tier- und Pflanzenarten (§§ 20 bis 26b des Bundesnaturschutzgesetzes, §§ 37 bis 43 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) unberührt.
§ 10
Geltendmachen von Form- und Verfahrensmängeln
Die Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes kann gegen diese Verordnung nur innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Verkündung geltend gemacht werden, es sei denn,
- diese Verordnung ist nicht ordnungsgemäß verkündet worden oder
- der Form- oder Verfahrensmangel ist zuvor gegenüber dem Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung unter Angabe der verletzten Rechtsvorschrift und der Tatsache, die den Mangel ergibt, gerügt worden.
§ 11
In-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Potsdam, den 22. Juni 2001
Der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung
Wolfgang Birthler