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Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
vom 30. März 2012
(JMBl/12, [Nr. 5], S.42)
Aufgrund des § 74 Absatz 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) vom 23. Dezember 1982 (BGBl. I S. 2071), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1408), in Verbindung mit der Vereinbarung der Bundesregierung mit den Landesregierungen über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (Zuständigkeitsvereinbarung 2004) vom 28. April 2004 (BAnz. S. 11494) wird die Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten wie folgt geregelt:
I.
Eingehende Ersuchen
- Dem Ministerium der Justiz bleibt die Entscheidung vorbehalten über
- eingehende Ersuchen in Angelegenheiten des Zweiten Teils des IRG (Auslieferung an das Ausland), sofern das Ersuchen auf einer völkerrechtlichen Übereinkunft beruht und diese den Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde vorsieht, mit Ausnahme der unter Nummer 2 Buchstabe a und b aufgeführten Fälle (Unterstützung von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Auslieferung im vereinfachten Verfahren);
- eingehende Ersuchen in Angelegenheiten des Vierten Teils des IRG (Rechtshilfe durch Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse) mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union und sofern das Vollstreckungshilfeersuchen auf einer völkerrechtlichen Übereinkunft beruht und diese den Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde vorsieht; ausgenommen sind die unter Nummer 3 Buchstabe a aufgeführten Fälle;
- eingehende Ersuchen der sonstigen Rechtshilfe in Angelegenheiten des Fünften Teils des Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH-Gesetz) vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2144).
- Der Generalstaatsanwalt entscheidet über
- eingehende Ersuchen um Auslieferung und Durchlieferung in Angelegenheiten des Achten Teils des IRG (Unterstützung von Mitgliedstaaten der Europäischen Union);
- eingehende Ersuchen um Auslieferung in Angelegenheiten des Zweiten Teils des IRG (Auslieferung an das Ausland), sofern das Auslieferungsersuchen auf einer völkerrechtlichen Übereinkunft beruht und diese den Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde vorsieht und sich die verfolgte Person mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren einverstanden erklärt hat (§ 41 IRG);
- eingehende Ersuchen in den Fällen der §§ 62, 63 und 66 IRG (vorübergehende Überstellung, Herausgabe von Gegenständen);
- eingehende Ersuchen in den übrigen Fällen des Fünften und des Zehnten Teils des IRG (sonstige Rechtshilfe und sonstiger Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union), in denen die Generalstaatsanwaltschaft Vornahmebehörde ist, es sei denn, dass die Durchbeförderung von Zeugen (§ 64 IRG) oder die Durchbeförderung zur Vollstreckung (§ 65 IRG) begehrt wird.
- Der örtlich zuständige Leitende Oberstaatsanwalt entscheidet über
- eingehende Ersuchen in Angelegenheiten des Vierten Teils des IRG (Rechtshilfe durch Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse), für die nach einer völkerrechtlichen Übereinkunft oder nach einem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union beziehungsweise einem Gesetzgebungsakt der Europäischen Union der unmittelbare Geschäftsweg zugelassen ist;
- eingehende Ersuchen in Angelegenheiten des Fünften und des Zehnten Teils des IRG (sonstige Rechtshilfe und sonstiger Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union) für deren Erledigung die Staatsanwaltschaft zuständig ist; es sei denn, dass die Durchbeförderung von Zeugen (§ 64 IRG) oder die Durchbeförderung zur Vollstreckung (§ 65 IRG) begehrt wird oder die Generalstaatsanwaltschaft zuständig ist;
- eingehende Ersuchen, die auf grenzüberschreitende Observation gerichtet sind. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich hier nach dem Ort, an dem die Grenze überschritten werden soll, wobei die Genehmigung der Observation für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gilt.
- Über die Genehmigung der Teilnahme von Amtsträgern des ersuchenden Staates an der Erledigung des Rechtshilfeersuchens (Nummer 138 Absatz 1, Nummer 139 RiVASt) entscheidet die für die Bewilligung der erbetenen Rechtshilfe zuständige Behörde, soweit es sich um ein Ersuchen im Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie mit den Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz handelt.
- Zuständige Stelle nach Artikel 3 des Gesetzes zu den Verträgen vom 27. April 1999 und 8. Juli 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit, Auslieferung und Rechtshilfe sowie zu dem Abkommen vom 8. Juli 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Durchgangsrechte vom 25. September 2001 (BGBl. II S. 946) in Verbindung mit Artikel 37 Absatz 3, Artikel 39 Absatz 1 des deutsch-schweizerischen Polizeivertrages (BGBl. 2001 II S. 948) ist die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft, soweit schweizerische gerichtliche Entscheidungen zu vollstrecken sind.
- In sonstigen Fällen von eingehenden Ersuchen in Angelegenheiten des Fünften und des Zehnten Teils des IRG (sonstige Rechtshilfe und sonstiger Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union) mit Ausnahme der Ersuchen um Durchbeförderung von Zeugen (§ 64 IRG) und Durchbeförderung zur Vollstreckung (§ 65 IRG) entscheidet, wenn die Rechtshilfe von einem Gericht zu leisten ist,
- die Präsidentin/der Präsident des Amtsgerichts, wenn das Amtsgericht mit einer Präsidentin/einem Präsidenten besetzt ist, ansonsten
- die Präsidentin/der Präsident des örtlich zuständigen Landgerichts.
II.
Ausgehende Ersuchen
- Dem Ministerium der Justiz bleibt die Entscheidung vorbehalten über die Stellung
- ausgehender Auslieferungsersuchen, sofern das Ersuchen auf einer völkerrechtlichen Übereinkunft beruht und diese den Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde vorsieht, mit Ausnahme der unter Nummer 3 Buchstabe c aufgeführten Fälle (Unterstützung von Mitgliedstaaten der Europäischen Union);
- ausgehender Ersuchen um Vollstreckungshilfe nach § 71 IRG an Mitgliedstaaten der Europäischen Union und sofern das Vollstreckungshilfeersuchen auf einer völkerrechtlichen Übereinkunft beruht und diese den Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde vorsieht mit Ausnahme der unter Nummer 3 Buchstabe a genannten Fälle;
- ausgehender sonstiger Rechtshilfeersuchen mit Ausnahme von Ersuchen um Durchbeförderung von Zeugen und Durchbeförderung zur Vollstreckung, soweit sich aus den folgenden Vorschriften dieses Abschnitts nichts anderes ergibt;
- ausgehender Ersuchen der sonstigen Rechtshilfe in Angelegenheiten des Sechsten Teils des Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH-Gesetz) vom 21. Juni 2002.
- Der Generalstaatsanwalt entscheidet über die Stellung ausgehender Ersuchen um vorübergehende Überstellung nach den §§ 69 und 70 IRG und über die Stellung ausgehender sonstiger Rechtshilfeersuchen seiner Behörde, die aufgrund einer völkerrechtlichen Übereinkunft auf dem unmittelbaren oder konsularischen Geschäftsweg gestellt werden können; ausgenommen hiervon sind Ersuchen um Durchbeförderung von Zeugen und Durchbeförderung zur Vollstreckung.
- Der örtlich zuständige Leitende Oberstaatsanwalt entscheidet über die Stellung
- ausgehender Ersuchen um Vollstreckungshilfe nach § 71 IRG, für die nach einer völkerrechtlichen Übereinkunft oder nach einem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union beziehungsweise einem Gesetzgebungsakt der Europäischen Union der unmittelbare Geschäftsweg zugelassen ist;
- ausgehender sonstiger Rechtshilfeersuchen seiner Behörde, die aufgrund einer völkerrechtlichen Übereinkunft auf dem unmittelbaren oder konsularischen Geschäftsweg gestellt werden können; ausgenommen hiervon sind Ersuchen um Durchbeförderung von Zeugen und Durchbeförderung zur Vollstreckung und Ersuchen, für die die Zuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft gegeben ist;
- ausgehender Ersuchen um Auslieferung und Durchlieferung in Angelegenheiten des Achten Teils des IRG (Unterstützung von Mitgliedstaaten der Europäischen Union).
- In den übrigen Fällen entscheidet über die Stellung eines Ersuchens um sonstige Rechtshilfe, das aufgrund einer völkerrechtlichen Übereinkunft auf dem unmittelbaren oder konsularischen Geschäftsweg gestellt werden kann, bei
- Rechtshilfeersuchen des Oberlandesgerichts:
die Präsidentin/der Präsident des Oberlandesgerichts; - Rechtshilfeersuchen eines Landgerichts und eines Amtsgerichts, das nicht mit einer Präsidentin/einem Präsidenten besetzt ist:
die Präsidentin/der Präsident des Landgerichts; - Rechtshilfeersuchen eines Amtsgerichts, das mit einer Präsidentin/einem Präsidenten besetzt ist:
die Präsidentin/der Präsident des Amtsgerichts.
- Rechtshilfeersuchen des Oberlandesgerichts:
- Die gemäß Nummer 140 Absatz 1 RiVASt erforderliche Genehmigung der Teilnahme von Richterinnen/Richtern oder Beamtinnen/Beamten an Amtshandlungen im Ausland wird durch das Ministerium der Justiz allgemein erteilt, soweit es sich um Ersuchen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an die Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz handelt und der ersuchte Staat vor Antritt der Reise die Teilnahme an den Rechtshilfehandlungen genehmigt hat (Nummer 142 Absatz 1 RiVASt).
III.
Allgemeine Hinweise und Berichtspflichten
- Über die Bewilligung eingehender und ausgehender Ersuchen nach den Unterabschnitten 2 und 3 des Neunten Teils des IRG (Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei Geldsanktionen) entscheidet das Bundesamt für Justiz. Im Übrigen sind die Vorschriften des Kapitels B (Besondere Richtlinien für den Verkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union) – Nummern 152, 168 ff., 176 ff. der RiVASt zu beachten.
- Von der Übertragung der Ausübung der Bewilligungsbefugnisse nach Abschnitt I und II ausgenommen sind die in Nummer 5 der Zuständigkeitsvereinbarung vom 28. April 2004 aufgeführten Fälle.
- Die Bewilligungsbehörden übernehmen im Rahmen der ihnen nach Abschnitt I und II übertragenen Zuständigkeiten auch die Aufgaben der Prüfungsbehörden. Auch soweit ihnen die Bewilligungsbefugnis nicht übertragen worden ist, nehmen sie die Aufgaben der Prüfungsbehörden im Sinne der Festlegungen nach Nummer 7 Absatz 1 Buchstabe b RiVASt wahr.
- Bewilligung und Prüfung sind aktenkundig zu machen.
- Die Bewilligungsbehörde berichtet dem Ministerium der Justiz in den Fällen nach Abschnitt I Nummer 2 Buchstabe a und b zeitnah zu dem Vollzug der Überstellung (Auslieferung), der Durchlieferung oder der abschließenden ablehnenden Entscheidung unter Beifügung (zweifach)
- des Ersuchens (Europäischer Haftbefehl) einschließlich des zugrunde liegenden Haftbefehls oder Urteilstenors;
- der Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung des Ersuchens (die Haftentscheidungen des Oberlandesgerichts und die richterliche Vernehmungsniederschrift sind beizufügen).
Zudem ist dem Ministerium der Justiz über gerichtliche Entscheidungen zu berichten, die sich mit grundsätzlichen Fragen des Aus- und Durchlieferungsrechts befassen, einschließlich der Entscheidungen über die Zulässigkeit im Aus- und Durchlieferungsverkehr. - Im Falle der Festnahme eines Verfolgten in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union berichtet die nach Abschnitt II Nummer 3 Buchstabe c zuständige Bewilligungsbehörde binnen eines Monats nach dem Vollzug der Überstellung (Einlieferung), der Durchlieferung oder nach Bekanntwerden einer ablehnenden Entscheidung der ausländischen Behörde unter Beifügung (zweifach)
- des Ersuchens (Europäischer Haftbefehl);
- des dem Ersuchen zugrunde liegenden Haftbefehls oder Urteilstenors;
- der Entscheidung der ausländischen Behörde über die Bewilligung oder Ablehnung des Ersuchens.
- Im Auslieferungsverkehr mit einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist dem Ministerium der Justiz vorab insbesondere zu berichten
- über Ersuchen, bei denen der Wegfall der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit nach § 81 Nummer 4 IRG zu Schwierigkeiten führt, und
- über Ersuchen, die die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union betreffen.
- Die Berichtspflichten nach den RiVASt bleiben im Übrigen unberührt.
- Kontaktstelle des Europäischen Justiziellen Netzes im Land Brandenburg ist die Generalstaatsanwaltschaft.
IV.
Polizeilicher Rechtshilfeverkehr
- Über eingehende Ersuchen ausländischer Polizeibehörden und die Stellung ausgehender Ersuchen der brandenburgischen Polizeibehörde im polizeilichen Rechtshilfeverkehr entscheidet das Polizeipräsidium als Prüfungs- und Bewilligungsbehörde, soweit die brandenburgische Polizeibehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach innerstaatlichem Recht Ersuchen erledigt oder stellen darf und eine völkerrechtliche Übereinkunft den polizeilichen Geschäftsweg vorsieht.
- Von der Übertragung der Bewilligung nach Nummer 1 ausgenommen sind
- Rechtshilfeersuchen von Polizeibehörden, die nach ihrem Gegenstand auf eine ausdrückliche Veranlassung einer Justizbehörde oder eines Gerichts zurückgehen;
- Rechtshilfeersuchen, bei deren Eingang bereits zu erkennen ist, dass zu ihrer Erledigung voraussichtlich strafprozessuale Zwangsmaßnahmen erforderlich werden;
- Rechtshilfeersuchen in Fällen von Nummer 5 Buchstabe b und c der Zuständigkeitsvereinbarung vom 28. April 2004.
- Die Bewilligung ist aktenkundig zu machen.
V.
Inkrafttreten
Der Gemeinsame Runderlass tritt zum 15. April 2012 in Kraft. Gleichzeitig tritt der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums des Innern vom 27. Oktober 2006 (JMBl. S. 142) außer Kraft.
Potsdam, den 30. März 2012
Der Minister der Justiz | Der Minister des Innern |
Dr. Volkmar Schöneburg | Dietmar Woidke |