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Runderlass III Nr. 92/1994
Erteilung von Genehmigungen nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO)
Runderlass III Nr. 92/1994
Erteilung von Genehmigungen nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO)
vom 8. Dezember 1994
hier: Fälle offensichtlicher Unbegründetheit des Antrags nach § 30 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG)
Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO kann eine GVO-Genehmigung auch erteilt werden, wenn ein Antrag nach § 30 Abs. 1 VermG vorliegt, dieser jedoch als offensichtlich unbegründet erscheint.
Grundsätzlich halte ich es unbedingt für geboten, bei der Annahme einer "offensichtlichen Unbegründetheit" eines vermögensrechtlichen Antrages Zurückhaltung zu üben, da erfahrungsgemäß diese Feststellung angesichts der komplizierten Sach- und Rechtslage im Bereich der offenen Vermögensfragen mit der erforderlichen Sicherheit nur schwer getroffen werden kann.
Andererseits gibt es immer wieder Fälle, in denen die rechtlichen Möglichkeiten in diesem Bereich nicht vollständig ausgenutzt werden. Dies führt nicht selten dazu, dass dringend notwendige Investitions- und Erhaltungsmaßnahmen an Vermögenswerten in nicht wünschenswerter Weise um Jahre verzögert werden. Diese Problematik tritt unter anderem auf in Fällen, wo Grundstücke und Gebäude seinerzeit im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau verwendet wurden.
Nach § 5 Abs. 1 Buchstabe c) VermG ist die Rückübertragung
"von Eigentumsrechten an Grundstücken und Gebäuden ..... gemäß § 4 Abs. 1 insbesondere auch dann ausgeschlossen, wenn Grundstücke und Gebäude ..... im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau verwendet wurden."
Es bestehen daher nach meiner Auffassung grundsätzlich keine Bedenken, einen vermögensrechtlichen Antrag als "offensichtlich unbegründet" im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO anzusehen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundstück seinerzeit im komplexen Wohnungs- oder Siedlungsbau verwendet wurde. Ist dies der Fall, so ist die Rückübertragung des Vermögenswertes an den Antragsteller ausgeschlossen, ihm steht nur noch eine Entschädigung nach § 9 VermG und das Vorkaufsrecht nach § 20 Abs. 2 VermG zu. Der Schutzzweck der Grundstücksverkehrsordnung - der lediglich einen möglicherweise gutgläubigen Erwerb des anmeldebelasteten Grundstücks durch einen gutgläubigen Dritten verhindern soll - wird nicht berührt. In diesen Fällen kann daher eine GVO-Genehmigung auch ohne Vorliegen eines Negativ-Attestes erteilt werden. Ich bitte künftig so zu verfahren.
In diesem Zusammenhang weise ich jedoch auf folgendes hin:
Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung "Verwendung im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau" ist von der jeweils zuständigen GVO-Genehmigungsbehörde eigenständig zu prüfen. Hinsichtlich der Einzelheiten verweise ich auf die einschlägigen Kommentierungen zu dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen.
Soweit im Einzelfall Zweifel am Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung auftreten, soll die Genehmigungsbehörde die Stellungnahme des zuständigen Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen einholen. Können nach dem Ergebnis dieser Stellungnahme die bestehenden Zweifel nicht ausgeräumt werden, so kann die Genehmigung nicht erteilt werden.
Aus verfahrensrechtlicher Sicht bitte ich zu beachten, dass der Anmelder auch dann, wenn die Behörde von einem offensichtlich unbegründeten Rückübertragungsantrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO ausgeht, vor Erlass der GVO-Genehmigung anzuhören ist und ihm hiernach eine ggf. erteilte Genehmigung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen ist.
gez. Werner Müller