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Runderlass Nr. 91/1992
Vertragsabschlüsse durch Gemeinden

Runderlass Nr. 91/1992
Vertragsabschlüsse durch Gemeinden

vom 10. November 1992

I. Vertragsabschluss bei amtsangehörigen Gemeinden

Mit der Ämterbildung sind wichtige Verwaltungszuständigkeiten der Gemeinden auf das Amt und damit auf den Amtsdirektor übergegangen.

Der Amtsdirektor trägt sowohl die Hauptverantwortung für die Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen der Gemeindevertretung als auch für die Geschäfte der laufenden Verwaltung.

Hat die Gemeindevertretung den Beschluss über den Abschluss eines privatrechtlichen (z. B. eines Beratervertrages) oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gefasst, ist es Aufgabe des Amtsdirektors, in Ausführung dieses Beschlusses den Vertrag abzuschließen.

Den ehrenamtlichen Bürgermeistern der amtsagehörigen Gemeinden fehlt somit die Vertretungsbefugnis, um selbst im Namen der Gemeinde Verträge abzuschließen.

Handelt entgegen der dargestellten Funktionsteilung der ehrenamtliche Bürgermeister beim Vertragsschluß, ist er insoweit Vertreter ohne Vertretungsmacht i. S. d. § 177 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Vertrag wird nur dann wirksam, wenn er durch den Amtsdirektor nachträglich genehmigt wird. Der Amtsdirektor kann die Erteilung der Genehmigung unter Umständen versagen. Für diesen Fall wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass der Bürgermeister dann dem gutgläubigen Vertragspartner gegenüber persönlich mit seinem eigenen Vermögen für die Erfüllung des Vertrages haftet oder den Schaden ersetzen muss, der dem Vertragspartner durch die Nichterfüllung des Vertrages entstanden ist (§ 179 BGB). In ihrem eigenen Interesse möchte ich die Bürgermeister der amtsangehörigen Gemeinden dringend bitten, in Zukunft keine Verträge im Namen der Gemeinden abzuschließen.

II. Inhaltliche Anforderungen an Verträge

1. Haushaltsrechtliche Voraussetzungen

Sind mit der Erfüllung des Vertrages Ausgaben der Gemeinde verbunden, so ist vor dem Vertragsschluß zu gewährleisten, dass die erforderlichen Finanzmittel im Haushalt bereitgestellt werden (§§ 36 Abs. 2; 37 KVerf).

Ist eine Finanzierung nur über eine Kreditaufnahme im Haushalt möglich (vgl. § 35 Abs. 3 KVerf), ist die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde einzuholen (§ 44 Abs. 2 KVerf). Entsprechendes gilt, wenn Gegenstand des Vertrages eine Verpflichtung zur Leistung von Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren für Investitionen oder Investitionsförderungen (Verpflichtungsermächtigungen) ist und hierfür die Aufnahme eines Kredits erforderlich wird.

In Einzelfällen kann es vorkommen und ist es auch schon vorgekommen, dass Kredite und Verpflichtungsermächtigungen ohne die erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde bereitgestellt wurden. In der Folge musste dann festgestellt werden, dass die eingegangenen Verpflichtungen die Finanzkraft der Gemeinde bei weitem übersteigen.

Der für die Gemeinde Handelnde begibt sich hier in die Gefahr, dass er selbst nach beamten- oder arbeitsrechtlichen Vorschriften den Schaden, der der Gemeinde entstanden ist, zu ersetzen hat, auch wenn er in Ausführung eines entsprechenden Beschlusses der Gemeindevertretung gehandelt hat. Im eigenen Interesse der Betroffenen liegt es deshalb, die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen bei Vertragsabschlüssen genau zu beachten.

Vorsorglich weise ich darauf hin, dass Vertragspartner, deren Ansprüche wegen der fehlenden Haushaltsmittel nicht erfüllt werden können, unter Umständen die Verantwortlichen der Gemeinden in strafrechtliche Ermittlungsverfahren verwickeln können.

2. „Beraterverträge“

Besondere Vorsicht ist bei Abschluss sogenannter „Beraterverträge“ geboten.

Hier sind Fälle bekannt, in denen Beraterfirmen - insbesondere, wenn es sich um Neugründungen handelt - die Unerfahrenheit und Gutgläubigkeit der neu entstandenen Gemeinden zu ihrem Vorteil ausgenutzt haben.

Die Gemeinden sollten deshalb vor Abschluss eines Beratervertrages die Vorlage von Referenzen durch die Beraterfirma verlangen.

Den Gemeinden wird empfohlen, sich zusätzlich durch ihre westdeutschen Partner-gemeinden, die kommunalen Spitzenverbände oder durch Rechtsanwälte beraten zu lassen. Auch ich stehe für Rückfragen gern zur Verfügung. Für Kommunen besteht auch die Möglichkeit, Mitglied eines Vereins für Wirtschaftsauskünfte zu werden.

Entschließt sich die Gemeindeverwaltung zum Abschluss eines Beratervertrages, sollte dieser vorher der Gemeindevertretung oder einem beschließenden Ausschuss zur Zustimmung vorgelegt werden.

Inhaltlich ist darauf zu achten, dass die Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse der Gemeinde gewahrt bleiben. Es ist deshalb unbedingt zu vermeiden, dass beispielsweise die gesamte Planungszuständigkeit auf das Beraterunternehmen übertragen wird. Vielmehr sollten die Aufträge der Gemeinde an die Beraterfirma möglichst genau und konkret umschrieben werden, bei gleichzeitiger Rückholmöglichkeit auf die Entscheidungsebene der Gemeindevertretung.

Die zeitliche Dauer des Beratervertrages ist auf wenige Jahre zu begrenzen. Ist aufgrund besonderer Umstände eine längerfristige Bindung zweckmäßig, sollte ein ordentliches Kündigungsrecht nach Ablauf von z. B. zwei oder drei Jahren mit einer Kündigungsfrist von maximal einem Jahr vorgesehen werden.

Alternativ kann die Klausel vereinbart werden, dass sich die Vertragsdauer um z. B. ein Jahr verlängert, wenn die Vereinbarung nicht vorher gekündigt wird.

Für den Fall, dass die Gemeindevertretung einem Vertragsabschluss zustimmen sollte, der den dargestellten Anforderungen nicht genügt, wird auf die Befugnis und die Pflicht des Bürgermeisters hingewiesen, dem entsprechenden Beschluss nach § 24 Abs. 2 KVerf zu widersprechen oder ihn nach § 24 Abs. 3 KVerf zu beanstanden.

Die Landräte werden gebeten, diesen Runderlass den kreisangehörigen Gemeinden und Ämtern in geeigneter Weise bekanntzugeben.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

gez. Muth
(Dr. Muth)