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Verhinderung und Beseitigung von Abfalllagern, die nicht über die erforderliche Zulassung verfügen (Illegale Abfalllager)
Immer wieder werden Abfälle in und außerhalb von Entsorgungsanlagen gelagert, ohne dass hierfür eine Genehmigung vorliegt. Darüber hinaus kommt es auch in Entsorgungsanlagen, die bauaufsichtlich oder immissionsschutzrechtlich genehmigt sind, häufiger zu Überschreitungen der zulässigen Abfallmenge und -fläche oder zu Verstößen gegen die zugelassene Abfallart. In beiden Fallkonstellationen fehlt es an der erforderlichen Genehmigung, in den nachfolgenden Ausführungen wird insofern von „illegalen Abfalllagern“ gesprochen.
Um bereits frühzeitig der Entstehung solcher illegalen Abfallentsorgungen zu begegnen, sind nachfolgende Grundsätze im Rahmen der abfallrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Überwachung von illegalen Abfalllagern zu beachten.
- Bereits bei ersten Anzeichen einer illegalen Abfalllagerung hat die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zu prüfen und zu treffen, um die Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustandes zu erreichen. Dazu gehören neben den immissionsschutzrechtlichen und bauaufsichtlichen Instrumenten auch die abfallrechtlichen Instrumente (vor allem § 21 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG, §§ 23, 24 des Brandenburgischen Abfallgesetzes - BbgAbfG). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine (bauaufsichtlich oder immissionsschutzrechtlich) genehmigte Anlage oder eine Abfalllagerung außerhalb einer Anlage handelt.
- Zu Zulassungsverfahren und -entscheidung sind folgende Aspekte zu beachten.
- Allein die Beantragung einer Genehmigung berechtigt nicht dazu, Abfälle zu lagern oder vorzuhalten. Erst nach Erteilung der baurechtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und Einhaltung ihrer Voraussetzungen an die ordnungsgemäße Lagerung dürfen Abfälle angenommen und gelagert werden. In der Regel ist daher bis zur Erteilung der Genehmigung ein Betrieb zu untersagen (wegen baugenehmigungsbedürftigen Anlagen wird Bezug genommen auf die Erläuterungen in Nummer 2 Buchstabe d des Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr [MSWV] und des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung [MUNR] über die Zusammenarbeit der unteren Bauaufsichtsbehörden und der unteren Abfallwirtschaftsbehörden und Ämter für Immissionsschutz zur Verhinderung der illegalen Lagerung und Ablagerung von Abfällen vom 24. Februar 1999 [ABl. S. 270]; bei immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen ist maßgebliche Rechtsgrundlage § 20 Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG).
- Eine Genehmigung zur Lagerung von zusätzlichen (auch anderen) Abfällen darf nicht erteilt werden, wenn am Standort noch illegal Abfälle lagern. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Untersagungsverfügung auf Grund Bau- oder Immissionsschutzrechts für die vorhandenen Abfälle existiert. Das Vorliegen der Voraussetzungen zur Sicherstellung der Abfallentsorgung (§ 22 Absatz 1 Nummer 3 BImSchG, § 5 Absatz 3 BImSchG) ist in diesen Fällen besonders sorgfältig zu prüfen (siehe zum Beispiel OVG Münster, Urt. v. 10.12.1999 - 21 A 3481/96). Insbesondere fehlt ein Sachbescheidungsinteresse, wenn die neue Genehmigung nicht der Legalisierung vorhandener Abfälle dient. Darüber hinaus muss in den Fällen, in denen am Standort bereits illegal Abfälle lagern, vor Ausreichung einer Genehmigung eine etwa erforderliche Sicherheitsleistung erbracht werden (§ 20 Absatz 2 BImSchG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken aus § 17 Absatz 4a Satz 1 BImSchG).
- Vor Genehmigungserteilung sind auch die Voraussetzungen für die Erhebung von Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen zu beachten. Es gilt der Runderlass 6/2/03 vom 7. März 2003 (ABl. S. 410).
aa) Nummer 2.5 des zuvor genannten Runderlasses wird hiermit außer Kraft gesetzt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Erhebung von Sicherheitsleistungen nicht auf Fälle zweifelhafter Verwertungskonzepte begrenzt (BVerwG, Urt. v. 13.3.2008 - 7 C 44.07). Für die Ausnahme eines „rechtlich abgesicherten Verwertungskonzepts“ verbleibt daher kein Raum mehr. Darüber hinaus wurde höchstrichterlich festgestellt, dass auch ehemalige Besitzer abfallrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können (§ 16 Absatz 1 Satz 2 KrW-/AbfG, BVerwG, Urt. v. 28.6.2007 - 7 C 5.07); auch insofern ist ein sinnvoller Anwendungsbereich für eine derartige Ausnahme im Sinne der Absicherung durch „Dritte“ nicht mehr ersichtlich. Die Ausnahme hat sich schließlich im verwaltungspraktischen Vollzug nicht bewährt, weil sie nicht wirksam in Anspruch genommen werden konnte.
bb) Eine Lagerung von Abfällen darf erst erfolgen, nachdem der zuständigen Behörde eine notwendige Sicherheitsleistung in entsprechender Höhe vorgelegt wurde. Dies ist durch entsprechende Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid (aufschiebende Bedingung) abzusichern. - Soweit Tatsachen bekannt werden, die die Unzuverlässigkeit des zukünftigen Genehmigungsinhabers bereits vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung belegen, soll die Genehmigung versagt werden. Dass solche personenbezogenen Elemente in besonderen Fallkonstellationen bereits bei Erteilung einer - an sich anlagenbezogenen - Zulassung berücksichtigt werden können, nimmt auch das Bundesverwaltungsgericht an (siehe hierzu BVerwG, Urt. v. 13.3.2007 - 7 C 44.07, Rz. 34). Es lässt sich nämlich im Rahmen des fehlenden Sachbescheidungsinteresses würdigen, wenn die Genehmigung für den Antragsteller deshalb keinen Nutzen haben kann, weil er unmittelbar im Anschluss an deren Erteilung eine Untersagungsverfügung nach § 20 Absatz 3 BImSchG erwarten müsste (Hansmann, in Landmann-Rohmer, Umweltrecht, 54. Erglief. 2008, Rnr. 56 zu § 20 BImSchG; Jarass, BImSchG, 7. Aufl. 2007, Rnr. 29 zu § 6).Tatsachen, die für das Vorliegen von Unzuverlässigkeit sprechen, sind insbesondere Verurteilungen wegen umweltschutzrechtlicher Delikte, wiederholte oder einzelne erhebliche Verstöße gegen Vorschriften, die den ordnungsgemäßen Anlagenbetrieb betreffen, Verstoß gegen eine Gewerbeuntersagung.
Die Verstöße müssen sich nicht allein auf immissionsschutzrechtliche Vorschriften beziehen. Zudem können auch Tatsachen, die sich aus der Tätigkeit der Person in anderen als der aktuell betriebenen Anlage ergeben, die Unzuverlässigkeit begründen.
- Auch nach Erteilung einer Genehmigung hat die zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit eine Lagerung beziehungsweise Ablagerung von Abfällen, die die genehmigten Bestände überschreiten, gar nicht erst entsteht oder zumindest mit dem Ziel der Beseitigung eingeschritten wird.
- Sobald eine bauaufsichtlich genehmigte Anlage oder eine nicht genehmigte Lagerung von Abfällen (ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung) die maßgebliche Schwelle zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit (§§ 6, 16 BImSchG und § 1 und Anhang der 4. BImSchV) überschreitet, informiert die zuständige untere Abfallwirtschaftsbehörde unverzüglich das Landesumweltamt Brandenburg über den Sachverhalt.
- Die Ausführungen zur Sicherheitsleistung unter Nummer 2 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa gelten sinngemäß im Rahmen der Überwachung bei bestehenden Abfallentsorgungsanlagen.
- Soweit gegen den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebes Beauftragten (insbesondere Geschäftsführer, Gesellschafter, Mitglieder des Vorstandes, sonstige vertretungsbefugte Person, Prokurist) einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit dieser Person belegen (siehe Nummer 2 Buchstabe c), kann dieser Person der weitere Betrieb der Anlage untersagt werden (§ 20 Absatz 3 BImSchG). Bei Abfallentsorgungsanlagen ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Wohl der Allgemeinheit (§ 20 Absatz 3 BImSchG) es gebietet, unzuverlässigen Personen den Betrieb einer solchen Abfallentsorgungsanlage zu untersagen (§ 20 Absatz 3 BImSchG). Die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung bleibt von der Untersagung der Betriebsführung durch eine bestimmte Person unberührt.
Parallel hierzu ist das örtlich zuständige Gewerbeamt über Tatsachen, die auf eine mangelnde Zuverlässigkeit hinweisen, zu informieren. - Unabhängig von den vorgenannten ordnungsbehördlichen Maßnahmen ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Verdacht einer Straftat gemäß § 327 oder § 326 des Strafgesetzbuches (StGB) besteht und Strafanzeige zu erstatten ist. In diesem Zusammenhang ist zudem zu prüfen, ob eine Anzeigepflicht gemäß § 116 der Abgabenordnung besteht.
Dieser Erlass verliert - mit Ausnahme von Nummer 2 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa und Nummer 3 Buchstabe b - am 31. Dezember 2013 seine Gültigkeit, wenn er nicht erneut in Kraft gesetzt wird.