Erlass des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zur Bekanntmachung der Erhaltungsziele nach § 26b Absatz 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes und zur Bewirtschaftung des Fauna-Flora-Habitat-Gebietes "Teufelssee und Urwald Fünfeichen"
vom 4. April 2005
(ABl./05, [Nr. 28], S.722)
geändert durch Bekanntmachung des MLUV vom 30. November 2007
(ABl./08, [Nr. 3], S.115)
Dieser Erlass regelt auf der Grundlage des § 26 b Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2004 (GVBl. I S. 350) die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 97/62/EG vom 27. Oktober 1997 (ABl. EG Nr. L 305 S. 42) geändert worden ist, - Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie). Er legt die unter Nummer 4 genannten Erhaltungsziele fest sowie die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen und deren Umsetzungsinstrumente in Anlage 2. Die Umsetzung ist durch die zuständigen Behörden zu gewährleisten.
1 Bewirtschaftungsgegenstand
Die in Anlage 1 (Übersichtsskizze) näher bezeichnete Fläche im Landkreis Oder-Spree wurde als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) mit der Bezeichnung “Teufelssee und Urwald Fünfeichen“ und der Gebietsnummer DE-3852-305 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung von der Europäischen Kommission aufgenommen. Das Gebiet hat eine Größe von rund 157 Hektar und umfasst Flächen in folgenden Fluren:
Gemeinde | Gemarkung | Flur |
---|---|---|
Schlaubetal | Bremsdorf | 4; |
Siehdichum | Schernsdorf | 4; |
Siehdichum | Schernsdorf | 5. |
Die Grenze des Geltungsbereiches dieses Erlasses ist in der Übersichtsskizze (Anlage 1), in der zum Erlass gehörenden Biotoptypenkarte im Maßstab 1 : 10.000, der Karte der FFH-Lebensraumtypen (LRT) im Maßstab 1 : 10.000 und der Zielkarte im Maßstab 1 : 10.000 sowie in den Flurkarten (Blatt 1 bis 3) eingezeichnet. Als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie. Maßgeblich ist die Abgrenzung in den Flurkarten. Diese Karten sind mit einer Flurstücksliste beim Landesumweltamt in Potsdam, beim Landkreis Oder-Spree als untere Naturschutzbehörde in Beeskow sowie im Amt Schlaubetal in Müllrose von jedermann während der Dienstzeiten einsehbar.
2 Beschreibung des FFH-Gebietes
Das FFH-Gebiet “Teufelssee und Urwald Fünfeichen“ befindet sich im Landkreis Oder-Spree zwischen den Ortschaften Schernsdorf und Bremsdorf östlich des Schlaubetals. Es ist Bestandteil der naturräumlichen Region Brandenburgisches Heide- und Seengebiet. Im Gebiet befinden sich die Naturschutzgebiete “Teufelssee“ (68 Hektar) und “Urwald Fünfeichen“ (9 Hektar). Das gesamte Naturschutzgebiet “Urwald Fünfeichen“ sowie der Teufelssee mit den umliegenden Hängen wurden im Forsteinrichtungswerk als Totalreservate ausgewiesen. Das Naturschutzgebiet “Urwald Fünfeichen“ ist durch eine naturnahe Bestockung mit Einzelexemplaren von über 300-jäh-rigen Traubeneichen (Quercus petraea) mit hohem Totholzanteil geprägt.
Das FFH-Gebiet liegt vollständig im Naturpark “Schlaubetal“ und teilweise innerhalb des gleichnamigen Landschaftsschutzgebietes. Es umfasst einen großflächigen bodensauren Traubeneichenwaldkomplex auf Sandstandorten sowie ein ehemals mesotrophes Verlandungsgewässer mit Schwingrasenmooren und repräsentiert verschiedene naturnahe Ausbildungsformen des Waldreitgras-Traubeneichenwaldes (Calamagrostio-Quercetum petraea), der im Hangbereich am Teufelssee in einen naturnahen Blaubeer-Kiefern-Traubeneichenwald (Vaccinio-Quercetum petraeae) übergeht. Im nördlichen Teil des FFH-Gebietes befindet sich ein kleines Kesselmoor.
3 Beschreibung, Bewertung und ökologische Erfordernisse der Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie
Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur, Lebensraumtyp Nummer 9190, Größe: circa 102 Hektar, Erhaltungszustand A (10 Hektar), B (89 Hektar), C (3 Hektar)
Das FFH-Gebiet ist zu etwa zwei Dritteln seiner Fläche durch den Lebensraumtyp alter bodensaurer Eichenwälder auf Sandebenen gekennzeichnet. Es handelt sich hierbei um den Typ des Waldreitgras-Traubeneichenwaldes (Calamagrostio-Quercetum petraeae), der sich in den mitteleuropäischen Trockengebieten tieferer Lagen unter mittlerer Bodentrophie von Natur aus einstellt.
Die Vegetationsstruktur der Baumschicht wird von überwiegend 150-jährigen Traubeneichen (Quercus petraea) bestimmt. Die Mehrzahl der Bestände ist einschichtig. In der deutlich ausgebildeten Bodenvegetation herrscht Wald-Reitgras (Calamagrostis arundinacea) vor, regelmäßig begleitet von anderen lebensraumtypischen Arten.
Einen hervorragenden Erhaltungszustand (A) weist der im östlichen Teil des FFH-Gebietes befindliche etwa 9 Hektar große Rest der natürlichen Waldgesellschaft (Totalreservat/Natur-schutzgebiet Urwald Fünfeichen) mit seinen über 300-jährigen Traubeneichen auf.
Im westlichen Bereich des FFH-Gebietes wechseln die Standorte zu nährstoffärmeren Standorten. Hier ist im natürlichen Areal einer der noch wenigen erhalten gebliebenen Bestände des Blaubeer-Kiefern-Traubeneichenwaldes (Vaccinio-Quercetum petraeae) im guten Erhaltungszustand (B) vorhanden.
Eine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung der Wälder außerhalb der Totalreservate im Sinne einer naturnahen Wirtschaftsweise sichert den dauerhaften Erhalt der im Gebiet vorhandenen unterschiedlichen Ausbildungsformen bodensaurer Eichenwälder. Hier soll eine Holznutzung über behutsame Einzelstammentnahme erfolgen. Der Altbaum- und Totholzanteil ist zu sichern sowie ankommende Naturverjüngung zu begünstigen. Das charakteristische Baumartenspektrum mit Dominanz von Traubeneiche (Quercus petraea) ist zu erhalten.
Weiterhin sollen die vorrangig im westlichen Bereich des Gebietes vorkommenden Nadelholz-Forsten durch Einbringung beziehungsweise Förderung von Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft langfristig in naturnahe Waldbestände umgewandelt werden.
Übergangs- und Schwingrasenmoore, Lebensraumtyp Nummer 7140, Größe: 2 Hektar, Erhaltungszustand B
Der Lebensraumtyp Übergangs- und Schwingrasenmoore kommt im FFH-Gebiet auf einer Fläche von etwa 2 Hektar vor. Es handelt sich hierbei um ein im nördlichen Bereich gelegenes kleines Kesselmoor des Biotoptyps Birken-Moorgehölz der Sauer-Zwischenmoore und zwei im südlichen Bereich unmittelbar an den Verlandungsbereich des Teufelssees angrenzende Moore vom Biotoptyp Wollgras-Kiefern-Moorgehölz der Sauer- und Zwischenmoore. Direkt dahinter und in östlicher Richtung verlaufend befindet sich in einem Talkessel ein Torfmoos-Seggen-Wollgrasried. Stellenweise ist geringer Gehölzanwuchs von Gemeiner Kiefer (Pinus sylvestris) und einzelner Birken (Betula pendula, Betula pubescens) durch Anflug entstanden, der wegen periodisch wiederkehrender extremer Nässe (Niederschlagsabhängigkeit) immer wieder abstirbt.
Die ökologischen Erfordernisse für einen günstigen Erhaltungszustand sind ein ungestörter Wasserhaushalt mit hohem Wasserstand bei extremer Nährstoffarmut (Stickstoff und Phosphor), auf dem Wasserkörper schwimmende großflächige Torfmoosbeziehungsweise Rasendecken (Schwingmoor-Regime) sowie fehlender oder nur geringer Gehölzanwuchs.
Dystrophe Seen und Teiche, Lebensraumtyp Nummer 3160, Größe: 1,1 Hektar, Erhaltungszustand C
Dieser Lebensraumtyp befindet sich im südwestlichen Teil des FFH-Gebietes. Der Teufelssee ist morphologisch ein kleiner Wannen-Flachsee mit einer maximalen Wassertiefe von 2,5 Meter. Er besitzt oberirdisch keinen Zu- und Abfluss und wird durch Niederschlagswasser sowie von unterirdischem Hangquellwasser gespeist. Daher kann es in trockenen Sommern zu Wasserstandsabsenkungen von bis zu 1 Meter kommen.
Der Teufelssee weist die für einen dystrophen See typische Schwingmoorverlandung auf und kommt im Komplex mit LRT 7140 (Übergangs- und Schwingrasenmoore) vor.
Auf der Seefläche sind Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), Weiße Seerose (Nymphaea alba) und Schwimmendes Laichkraut (Potamogeton natans) zu finden. Dies sind typische Pflanzen für einen signifikanten Anstieg der pH-Werte und Zunahme der Eutrophierung des Gewässers. Eine Ursache dafür kann der Besatz mit Großkarpfen sein. Weitere Kennzeichen und Indikatoren für eine fortschreitende Eutrophierung sind neben der Zunahme der Schwimmblattvegetation ein Rückgang der Torfmoosvegetation mit den kennzeichnenden Begleitarten im Bereich der Seeschwingkante sowie die Ausbreitung von Schilfröhrichten.
Die Grundsätze für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen bestehen in der Erhaltung des Gewässers in seiner speziellen Hydrologie und seinem sowohl standörtlich bedingten als auch aus dem völligen Nutzungsverzicht resultierenden spezifischen Chemismus in einem naturnahen Zustand.
Hirschkäfer (Lucanus cervus), Lebensraumtyp Nummer 1083, Erhaltungszustand A
Der Hirschkäfer findet im Gebiet, das einen hohen Anteil zusammenhängender alter Eichenwälder aufweist, günstige Lebensbedingungen vor. Die Population weist hier einen hervorragenden Erhaltungszustand (A) auf. Besonders im Bereich des Urwaldes (9 Hektar) mit hohem Totholz-Anteil bestehen nahezu ideale Entwicklungsbedingungen.
Die ökologischen Erfordernisse für einen günstigen Erhaltungszustand der Hirschkäfer-Population im FFH-Gebiet gehen einher mit den ökologischen Erfordernissen für einen günstigen Erhaltungszustand der alten bodensauren Eichenwälder auf Sandebenen. Naturnahe, totholzreiche Laubwälder mit Dominanz der Traubeneiche (Quercus petraea) sichern den Lebensraum dieser Art, der für die Larvalentwicklung der Art unerlässlich ist.
Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis), Lebensraumtyp Nummer 1042, Erhaltungszustand B
Die Große Moosjungfer kommt im FFH-Gebiet im Bereich des Teufelssees vor. Das Insekt stellt wegen der relativ langen Entwicklungszeit der Larven (zwei bis drei Jahre) im Gewässer hohe Ansprüche an seinen Lebensraum. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Schlaube-Seenkette, die zur Gewährleistung einer ausreichenden Populationsgröße und -dynamik zur Besiedlung geeignet ist.
Die Grundsätze für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen dieser Insektenart sind die Erhaltung des Teufelssees als Fortpflanzungs- und Entwicklungsgewässer hinsichtlich seiner Hydrologie und seines spezifischen Chemismus in einem insgesamt sehr naturnahen, durch Gefährdungsfaktoren wenig beeinträchtigten Gebiet.
Erhaltungszustand
A - hervorragender Erhaltungszustand
B - guter Erhaltungszustand
C - durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungszustand
4 Erhaltungsziele
Ziel ist die Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung der alten bodensauren Eichenwälder mit Dominanz der Traubeneiche (Quercus petraea), gleichzeitig Lebensraum des Hirschkäfers (Lucanus cervus), sowie die Erhaltung und Entwicklung des Teufelssees als dystropher See mit seinen Übergangs- und Schwingrasenmooren, gleichzeitig Lebensraum der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis).
5 Bestand und Bewertung der nach § 32 BbgNatSchG geschützten Biotope und Biotope, die Einfluss auf die in Nummer 3 aufgeführten Lebensraumtypen und Arten haben
Als geschützte Biotope nach § 32 BbgNatSchG sind im Gebiet dystrophe Seen und Moorseen (1,09 Hektar), Torfmoos-Seggen-Wollgrasried (0,7 Hektar), Wollgras-Kiefern-Moorgehölz der Sauer-Zwischenmoore (0,59 Hektar), Birken-Moorgehölz der Sauer-Zwischenmoore (0,66 Hektar) und frische bis mäßig trockene Eichenmischwälder (98,38 Hektar) vorhanden. Die Beschreibung und Bewertung der Biotoptypen erfolgte bereits unter Nummer 3, da die Biotoptypen gleichzeitig Lebensraumtypen darstellen.
Als Biotop, der Einfluss auf die in Nummer 3 aufgeführten Lebensraumtypen nach Anhang I und Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie hat, kommt im Gebiet auf einer Fläche von 10,4 Hektar Eichenforst mit Stieleiche (Quercus robur)/Trau-beneiche (Quercus petraea) vor. Diese Fläche hat Entwicklungspotential zum Biotoptyp 08192 (frische bis mäßig trockene Eichenmischwälder) und ist potentieller Lebensraum für Hirschkäfer (Lucanus cervus).
6 Umsetzung
Geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der unter Nummer 4 aufgeführten Erhaltungsziele sind in Anlage 2 aufgeführt. Unberührt bleiben Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die durch die zuständige Naturschutzbehörde angeordnet oder durchgeführt werden.
Für die Betreuung, Koordinierung und Kontrolle der Umsetzung des Bewirtschaftungserlasses ist die untere Naturschutzbehörde verantwortlich. Die Durchsetzung der einzelnen Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise deren Berücksichtigung im Vollzug obliegt der jeweilig zuständigen Fachbehörde, die hierüber die untere Naturschutzbehörde auf Anforderung informiert.
7 In-Kraft-Treten
Dieser Erlass tritt am Tage seiner Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.