Suche
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Marienfließ“
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Marienfließ“
vom 29. Juli 1999
(GVBl.II/99, [Nr. 24], S.494)
Auf Grund des § 21 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 (GVBl. I S. 124), verordnet der Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung:
§ 1
Erklärung zum Schutzgebiet
Die in § 2 dieser Verordnung näher bezeichneten Flächen im Landkreis Prignitz werden als Naturschutzgebiet festgesetzt. Das Naturschutzgebiet trägt die Bezeichnung "Marienfließ".
§ 2
Schutzgegenstand
(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von rund 1.228 Hektar. Es liegt in den Gemarkungen Meyenburg, Krempendorf, Stepenitz und Jännersdorf.
Eine Kartenskizze ist dieser Verordnung zur Orientierung als Anlage beigefügt.
(2) Die Grenze des Naturschutzgebietes ist in topografischen Karten im Maßstab 1:10.000 und in Flurkarten mit einer ununterbrochenen Linie eingetragen; als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Flurkarten.
Lage und Größe der gewünschten Zielbiotope sind in eine Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 eingetragen.
(3) Die Verordnung mit den Karten kann beim Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, oberste Naturschutzbehörde, in Potsdam sowie beim Landkreis Prignitz, untere Naturschutzbehörde, von jedermann während der Dienstzeiten kostenlos eingesehen werden.
§ 3
Schutzzweck
Schutzzweck des Naturschutzgebietes ist die Erhaltung und Entwicklung großflächig zusammenhängender, weitestgehend nutzungsfreier und nährstoffarmer Offenlandbiotope im Bereich der Parchim-Meyenburger Sanderflächen, die durch ausgedehnte Ginsterheiden (Genisto-Callunion) in unterschiedlichen Ausbildungen sowie großflächige Magerrasen, beispielsweise Grasnelkenfluren, Strauß- und Silbergrasrasen geprägt sind.
Schutzzweck ist ebenso die Erhaltung der an diese Lebensräume angepaßten und gebundenen Tierarten auch im Hinblick auf die zunehmende Seltenheit dieser Lebensräume.
Schutzzweck ist weiter die Erhaltung und Entwicklung der Übergangsbereiche zwischen Offenflächen und Wäldern mit ihren Verbuschungen, Vorwäldern und Waldrändern, auch als Lebensraum für Arten der Übergangszone, die Entwicklung naturnaher Mischwaldbestände und die Erhaltung und Entwicklung des Biotopverbundes zu den Lebensräumen angrenzender Schutzgebiete.
Die Unterschutzstellung dient insbesondere:
- der Erhaltung und Entwicklung des Gebietes als Rückzugsraum und als potenzielles Wiederausbreitungszentrum bestandsbedrohter Tier- und Pflanzenarten, die auf große, unzerschnittene und nährstoffarme Offenstandorte angewiesen sind;
- der wissenschaftlichen Erforschung der Regeneration und Entwicklung naturnaher Landschaft als Basis vernetzter Lebensräume;
- dem Schutz von Trockenheiden (mit Untertypen) als Lebensräumen nach Anhang I der Richtlinie 92/43 EWG ("Fauna-Flora-Habitate");
- der Erhaltung von in Mitteleuropa stark gefährdeten Pflanzengesellschaften der offenen Landschaftsbereiche auf einer Fläche von rund 103 Hektar Magerrasen, insbesondere Grasnelkenfluren und Silbergrasrasen, sowie von rund 471 Hektar Ginsterheiden, insbesondere der atlantisch-subatlantisch geprägten Tieflagen-Gesellschaft der Sandginsterheide (Calluno-Genistetum) entsprechend der Darstellung für die Flächen Nr. 8 und 9 in der Übersichtskarte "Zielbiotope";
- dem Erhalt und der Entwicklung von Lebensstätten wertvoller, in ihrem Bestand bedrohter Pflanzengesellschaften des Niedermoors auf einer Fläche von rund 10 Hektar entsprechend der Darstellung für die Fläche Nr. 10 in der Übersichtskarte "Zielbiotope";
- dem Erhalt und der Entwicklung von reich strukturierten Übergangsbiotopen zwischen dem Offenland und den angrenzenden Wäldern auf einer Fläche von rund 114 Hektar entsprechend der Darstellung für die Fläche Nr. 7 in der Übersichtskarte "Zielbiotope";
- der Entwicklung von durch Sukzession entstehenden natürlichen Waldgesellschaften auf einer Fläche von rund 345 Hektar entsprechend der Darstellung für die Flächen Nr. 1, 2, 3, 4 und 6 in der Übersichtskarte "Zielbiotope";
- dem schrittweisen Umbau weitgehend homogener Altersklassenwälder der Kiefer in naturnahe Kiefernmischbestände mit standortgerechten und heimischen Laubbaumarten auf einer Fläche von rund 80 Hektar entsprechend der Darstellung für die Fläche Nr. 2 in der Übersichtskarte "Zielbiotope";
- der Sicherung des großräumigen Biotopverbundes zum Quaßliner Moor im Norden und zur Stepenitzniederung im Süden;
- der nachhaltigen Sicherung des natürlichen Wandels des Landschaftsbildes in seiner Eigenart, Vielfalt und Schönheit;
- dem Schutz von insbesondere Zauneidechse (Lacerta agilis), Kreuzkröte (Bufo calamita) und Moorfrosch (Rana arvalis) als nach Anhang IV der Richtlinie 92/43 EWG ("Fauna-Flora-Habitate") streng zu schützenden Tier- und Pflanzenarten;
- dem Schutz von insbesondere Brachpieper (Anthus campestris), Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), Kornweihe (Circus cyaneus), Kranich (Grus grus) und Heidelerche (Lululla arborea) als nach Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG ("Vogelschutzrichtlinie") zu erhaltender Vogelarten.
§ 4
Verbote
(1) Vorbehaltlich der nach § 5 zulässigen Handlungen sind in dem Naturschutzgebiet gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes alle Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können.
(2) Es ist insbesondere verboten:
- bauliche Anlagen zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn dies keiner öffentlich-rechtlichen Zulassung bedarf;
- die Bodengestalt zu verändern, die Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen;
- die Art oder den Umfang der bisherigen Grundstücksnutzung zu ändern;
- Plakate, Werbeanlagen, Bild- oder Schrifttafeln aufzustellen oder anzubringen;
- Buden, Verkaufsstände, Verkaufswagen oder Warenautomaten aufzustellen;
- Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrseinrichtungen anzulegen, Leitungen zu verlegen oder solche Anlagen zu verändern;
- mit Fahrzeugen außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege zu fahren oder diese dort abzustellen;
- Fahrzeuge zu warten oder zu pflegen;
- Modellsport oder ferngesteuerte Modelle zu betreiben oder feste Einrichtungen dafür bereitzuhalten;
- außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege und der nach öffentlichem Straßenrecht oder auf Grund von § 20 Abs. 3 des Landeswaldgesetzes gekennzeichneten Reitwege zu reiten;
- zu lagern, Feuer zu verursachen, zu zelten oder Wohnwagen aufzustellen;
- das Gebiet außerhalb der Wege zu betreten;
- Hunde frei laufen zu lassen;
- die Ruhe der Natur durch Lärm zu stören;
- wildlebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
- Tiere auszusetzen oder Pflanzen anzusiedeln;
- wildlebende Pflanzen oder ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus- oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten;
- Wiesen oder Weiden oder sonstiges Grünland umzubrechen oder neuanzusäen;
- Be- oder Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen;
- Schmutzwasser, Gülle, Dünger, Gärfutter oder Klärschlamm auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern; §§ 4 und 5 der Klärschlammverordnung bleiben unberührt;
- Pflanzenschutzmittel oder chemische Holzschutzmittel anzuwenden;
- Abfälle oder sonstige Gegenstände zu lagern oder abzulagern oder sich ihrer in sonstiger Weise zu entledigen.
§ 5
Zulässige Handlungen
(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 bleiben:
- die im Sinne des § 11 Abs. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf den rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, daß
- die Bewirtschaftung einvernehmlich mit der unteren Naturschutzbehörde abzustimmen ist,
- die Verbote des § 4 Abs. 2 Nr. 18, 19, 20, 21 gelten;
- die im Sinne des § 11 Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung mit der Maßgabe, daß
- sich bei der Bewaldung die Artenzusammensetzung an der potenziell natürlichen Vegetation orientiert,
- bei Pflanzungen ausschließlich Baumarten entsprechend der potenziell natürlichen Vegetation unter Ausschluß florenfremder Sippen verwendet werden;
- für den Bereich der Jagd:
- die rechtmäßige Ausübung der Jagd,
- die Anlage von Kirrungen und Wildäckern, soweit sie am Rand des Schutzgebietes und außerhalb von Magerrasen- und Callunaheideflächen angelegt werden;
- die ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer und rechtmäßig bestehenden Anlagen, einschließlich der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
- die sonstigen bei Inkrafttreten dieser Verordnung aufgrund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
- Maßnahmen zur Untersuchung von Altlastverdachtsflächen und Maßnahmen der Altlastensanierung und der Munitionsräumung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
- Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die von der zuständigen Naturschutzbehörde angeordnet sind, wobei das Flämmen nur im Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde durchzuführen ist;
- behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen;
- Maßnahmen, die der Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen, soweit die untere Naturschutzbehörde unverzüglich durch den Träger der Maßnahme unterrichtet wird; die untere Naturschutzbehörde kann nachträglich Anordnungen zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Schutzzweck treffen.
(2) Die in § 4 für das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes enthaltenen Einschränkungen gelten nicht für die Dienstkräfte der Naturschutzbehörden, die zuständigen Naturschutzhelfer und sonstige von den Naturschutzbehörden beauftragte Personen sowie für Dienstkräfte und beauftragte Personen anderer zuständiger Behörden und Einrichtungen, soweit diese in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln. Der Genehmigungsvorbehalt nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.
§ 6
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen
(1) Folgende Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen werden als Zielvorgabe festgelegt:
- Trockenrasen und Heiden sollen durch geeignete Maßnahmen wie zum Beispiel Beweidung, Plaggen, Mahd, Entbuschung oder kontrolliertes, kleinflächiges Gegenwindflämmen außerhalb der Vegetationsperiode erhalten werden;
- Sölle und Kleingewässer sollen durch geeignete Maßnahmen wie zum Beispiel parzielles Auskoffern und Offenhalten der angrenzenden Feuchtbereiche in ihren ursprünglichen Konturen wiederhergestellt und erhalten werden;
- Niedermoore sollen durch geeignete Maßnahmen wiederhergestellt und offengehalten werden;
- Kiefernforsten sollen in naturnahe Mischwaldbestände umgebaut werden.
(2) Die sich aus Absatz 1 ergebenden Maßnahmen sind in Abstimmung mit den Eigentümern und den Nutzungsberechtigten durchzuführen.
§ 7
Befreiungen
Von den Verboten dieser Verordnung kann die oberste Naturschutzbehörde auf Antrag gemäß § 72 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes Befreiung gewähren.
§ 8
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften des § 4 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 können gemäß § 74 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Deutsche Mark geahndet werden.
§ 9
Verhältnis zu anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen
(1) Die Aufstellung einer Behandlungsrichtlinie zur Ausführung der in dieser Verordnung festgelegten Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen und zur Verwirklichung des Schutzzwecks sowie die Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege richten sich nach den §§ 29 und 68 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.
(2) Die Vorschriften dieser Verordnung gehen anderen naturschutzrechtlichen Schutzausweisungen im Bereich des in § 2 genannten Gebietes vor.
(3) Soweit diese Verordnung keine weitergehenden Vorschriften enthält, bleiben die Regelungen über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft (§§ 31 bis 36 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) und über den Schutz und die Pflege wildlebender Tier- und Pflanzenarten (§§ 20 bis 26 b des Bundesnaturschutzgesetzes, §§ 37 bis 43 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) unberührt.
§ 10
Geltendmachen von Form- und Verfahrensmängeln
Die Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes kann gegen diese Verordnung nur innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Verkündung geltend gemacht werden, es sei denn,
- diese Verordnung ist nicht ordnungsgemäß verkündet worden oder
- der Form- oder Verfahrensmangel ist zuvor gegenüber dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung unter Angabe der verletzten Rechtsvorschrift und der Tatsache, die den Mangel ergibt, gerügt worden.
§ 11
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Potsdam, den 29. Juli 1999
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung
Dr. Eberhard Henne
Anlage