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Verordnung über die Errichtung eines Warn- und Alarmdienstes zum Schutz vor Wassergefahren und zur Übermittlung von Hochwassermeldungen (Hochwassermeldedienstverordnung - HWMDV)
Verordnung über die Errichtung eines Warn- und Alarmdienstes zum Schutz vor Wassergefahren und zur Übermittlung von Hochwassermeldungen (Hochwassermeldedienstverordnung - HWMDV)
vom 9. September 1997
(GVBl.II/97, [Nr. 29], S.778)
geändert durch Artikel 2 Absatz 36 des Gesetzes vom 15. Juli 2010
(GVBl.I/10, [Nr. 28])
Auf Grund des § 114 Abs. 1 des Brandenburgischen Wassergesetzes vom 13. Juli 1994 (GVBl. I S. 302), geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1996 (GVBl. I S. 364), verordnet der Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern:
§ 1
Geltungsbereich
Diese Verordnung regelt den Hochwassermeldedienst im Land Brandenburg.
§ 2
Zweck und Inhalt des Hochwassermeldedienstes
(1) Im Land Brandenburg wird ein Hochwassermeldedienst eingerichtet.
(2) Der Hochwassermeldedienst dient der Warnung vor einer durch Hochwasser, Eisbildungen oder andere Ereignisse entstehenden Wassergefahr (Hochwassermeldedienst).
(3) Der Hochwassermeldedienst umfaßt:
- das Beobachten und Melden von meteorologischen Einflußgrößen, Wasserständen, Durchflüssen und Eiserscheinungen,
- das Auswerten dieser Beobachtungen, das Zusammenstellen von Hochwasserberichten und deren Weitergabe sowie
- das Auslösen von Alarmstufen.
(4) Im Rahmen des Hochwassermeldedienstes sind Hochwasserberichte folgenden Inhalts herauszugeben:
- Hochwasserwarnungen, sobald aufgrund von Wasserstandsmeldungen, Wetter- oder Unwetterwarnungen die Möglichkeit einer Hochwasserentwicklung erkennbar ist,
- Hochwasserinformationen nach Hochwasserwarnungen oder nach Überschreiten von Hochwassermeldegrenzen oder wenn Wetterentwicklung oder Wasserstände Änderungen oder Ergänzungen vorausgegangener Informationen erforderlich machen.
Die Hochwasserinformationen enthalten vor allem den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der meteorologischen und hydrologischen Lage, die Talsperrenbewirtschaftung und die Steuerung wasserwirtschaftlicher Anlagen während des Hochwassers. Als weiterer Bestandteil der Hochwasserinformation sind Hochwasservorhersagen zu erarbeiten, sofern und sobald mit hinreichender Genauigkeit die zu erwartenden Wasserstände und der zeitliche Verlauf des Hochwassers beurteilt werden können.
§ 3
Bereich des Hochwassermeldedienstes
Der Hochwassermeldedienst wird für folgende, durch Hochwasser gefährdete Gewässer im Land Brandenburg durchgeführt:
- die Elbe zwischen den Landesgrenzen zum Freistaat Sachsen (Bereich Mühlberg, obere Elbe) und von der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt bis zur Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern einschließlich der Löcknitz vom Pegel Gadow bis zur Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern (untere Elbe),
- die Grenzoder und Westoder von der Mündung der Lausitzer Neiße bis Mescherin einschließlich des Rückstaubereiches der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße,
- die Lausitzer Neiße von der Landesgrenze zum Freistaat Sachsen bis zur Mündung in die Oder,
- die Spree von der Landesgrenze zum Freistaat Sachsen bis zur Landesgrenze zu Berlin und die Dahme von Prierow bis zur Landesgrenze zu Berlin,
- die Havel von der Landesgrenze zu Berlin bis zur Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt einschließlich der Rückstaubereiche der Nebenwasserläufe Nuthe, Havelkanal, Großer Havelländischer Hauptkanal, Rhin, Dosse und Jäglitz,
- die Schwarze Elster von der Landesgrenze zum Freistaat Sachsen bis zur Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt einschließlich der Nebenflüsse Pulsnitz und Große Röder sowie
- die Stepenitz.
§ 4
Teilnehmer am Hochwassermeldedienst
(1) Teilnehmer am Hochwassermeldedienst ist, wer an der Gewinnung, Auswertung und Weitergabe von Hochwassermeldungen beteiligt ist oder solche erhält. Das sind:
- das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz mit den Beobachtern der Hochwassermeldepegel,
- der Deutsche Wetterdienst,
- das Ministerium des Innern,
- die Landkreise und die kreisfreien Städte, soweit sie von hochwassergefährdeten Gewässern betroffen sind,
- die Wasser- und Bodenverbände im Bereich hochwassergefährdeter Gewässer sowie
- die Ämter und amtsfreien Gemeinden als Empfänger von Hochwassermeldungen.
(2) Die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes nimmt in dem gemäß § 5 Abs. 3 einvernehmlich bestimmten Umfang am Hochwassermeldedienst teil.
§ 5
Hochwassermeldeordnung
(1) Die Einzelheiten des Vollzuges dieser Verordnung regelt die oberste Wasserbehörde nach § 114 Abs. 2 des Brandenburgischen Wassergesetzes in einer Verwaltungsvorschrift durch Hochwassermeldeordnungen (HWMO) für die einzelnen Gewässer gemäß § 3 .
(2) Die Hochwassermeldeordnungen bestimmen insbesondere:
- das Verzeichnis und die Meldestufen der meteorologischen Meldestellen,
- den Melde- und Zustellungsplan für meteorologische Meldungen,
- das Verzeichnis der Hochwassermeldepegel mit Festlegung der Richtwasserstände für Alarmstufen,
- den Melde- und Zustellungsplan für Hochwasserstandsmeldungen mit Festlegung des Meldebeginns,
- den Benachrichtigungsplan für Hochwasserwarnungen und Hochwasserinformationen sowie
- die Form der Übermittlung der meteorologischen und Hochwasserstandsmeldungen.
(3) Die Aufstellung und Fortschreibung der Hochwassermeldeordnungen erfolgt unter Einbeziehung der Teilnehmer am Hochwassermeldedienst. Soweit Regelungen für den Bereich der Bundeswasserstraße getroffen werden, erfolgt ihre Festsetzung im Einvernehmen mit der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes.
§ 6
Aufgaben des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
(1) Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz als Wasserwirtschaftsamt des Landes Brandenburg leitet und koordiniert den Hochwassermeldedienst.
(2) Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz stimmt den Austausch von Hochwasserstandsmeldungen, Hochwasserwarnungen und Hochwasserinformationen mit der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes und den zuständigen Behörden der benachbarten Bundesländer auf der Basis der bestehenden oder noch abzuschließenden Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung einerseits und den Nachbarländern und dem Bund andererseits ab.
(3) Der Datenaustausch von Hochwasserstandsmeldungen mit der Republik Polen erfolgt nach den Regelungen des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft an den Grenzgewässern vom 19. Mai 1992 über das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz.
(4) Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz bildet für die Durchführung des Hochwassermeldedienstes Hochwassermeldezentren (HWMZ) an den Standorten
Potsdam für die untere Elbe, Havel und Stepenitz,
Frankfurt (Oder) für die Grenzoder und
Cottbus für die obere Elbe, Lausitzer Neiße, Spree und Schwarze Elster.
§ 7
Beginn und Ende des Hochwassermeldedienstes
(1) Der Hochwassermeldedienst beginnt, sobald eine Hochwasserwarnung herausgegeben wurde oder an einem Hochwassermeldepegel die Meldegrenze (Alarmstufe I) überschritten wurde und ein weiterer Wasserstandsanstieg zu erwarten ist.
(2) Der Hochwassermeldedienst endet, sobald zu erkennen ist, daß die Richtwasserstände für die Alarmstufe II nicht erreicht werden oder wieder unterschritten wurden und ein erneutes Ansteigen der Wasserstände nicht zu besorgen ist.
§ 8
Durchführung des Hochwassermeldedienstes
(1) Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz verteilt eingehende Meldungen und Berichte gemäß Hochwassermeldeordnung innerhalb des Landes Brandenburg.
(2) Die Hochwassermeldezentren erarbeiten auf der Grundlage der Hochwasserstandsmeldungen und meteorologischer Beobachtungsergebnisse sowie eingehender Berichte die Hochwasserberichte für die Flußgebiete und verteilen sie nach den Benachrichtigungsplänen.
(3) Die Landkreise leiten die Hochwasserberichte unverzüglich an die betroffenen Ämter und amtsfreien Gemeinden und besonders gefährdete Unternehmen oder Einrichtungen weiter. Sie stellen dazu eigene Verteilerpläne in Abstimmung mit dem Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz auf und schreiben sie fort. Die Festlegung gilt sinngemäß auch für die kreisfreien Städte.
(4) Die kreisfreien Städte, Ämter und amtsfreien Gemeinden als Empfänger von Hochwassermeldungen haben dafür Sorge zu tragen, daß in ihrem Zuständigkeitsbereich die Bevölkerung und insbesondere die Besitzer gefährdeter Grundstücke, Gebäude und Anlagen sowie die Einrichtungen, die Aufgaben der Hilfeleistung und Gefahrenabwehr zu erfüllen haben, unverzüglich und ausreichend in geeigneter Weise über die Hochwassergefahr unterrichtet werden.
(5) Die Übermittlung von Hochwassermeldungen erfolgt per Telefon, Telefax, Datenfernübertragung oder erforderlichenfalls per Boten. Die jeweils zu nutzenden Nachrichtenmittel und -wege sind sicher zu gestalten und zwischen den Teilnehmern am Hochwassermeldedienst abzustimmen. Bei Änderung der Nachrichtenverbindung besteht die Verpflichtung, die anderen Teilnehmer umgehend zu unterrichten.
(6) Zur Unterrichtung der Öffentlichkeit werden durch die Hochwassermeldezentren des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz alle Hochwasserwarnungen und Hochwasserinformationen an Nachrichtenagenturen und Rundfunkanstalten mit Sitz in Brandenburg und landesweiter Ausstrahlung übermittelt. Pressemitteilungen zu Hochwasserereignissen werden bei Bedarf durch das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz herausgegeben.
§ 9
Auslösen von Alarmstufen
(1) Zur rechtzeitigen Einleitung und Durchführung von Maßnahmen der Hochwasserabwehr, zur Information der Behörden, bestimmter Dritter und der Öffentlichkeit über eine sich entwickelnde Hochwasserlage werden für Flußabschnitte und hochwassergefährdete Gebiete in den Hochwassermeldeordnungen Alarmstufen und dazugehörige Richtwasserstände an den jeweiligen Hochwassermeldepegeln festgelegt.
(2) Die Richtwasserstände für die einzelnen Alarmstufen werden vom Grundsatz her so festgelegt, daß bei ihrer Überschreitung folgende Situationen für das Hochwassergebiet charakteristisch sind:
Alarmstufe I | Beginn der Ausuferung der Gewässer, |
Alarmstufe II | Überflutung von Grünland oder forstwirtschaftlicher Flächen in Überschwemmungsgebieten, |
Ausuferung des Wassers bei eingedeichten Gewässern bis an den Deichfuß, | |
Alarmstufe III | Überflutung einzelner Grundstücke, Straßen oder Keller, |
Vernässung von Polderflächen durch Drängewasser, | |
Wasserstände am Deich bis etwa halbe Deichhöhe, | |
Alarmstufe IV | Überflutung größerer Flächen einschließlich Straßen und Anlagen in bebauten Gebieten, |
unmittelbare Gefährdung für Menschen, Tiere, Objekte und Anlagen, | |
Gefährdung der Standsicherheit der Deiche infolge langanhaltender Durchfeuchtung, Eisgang oder größerer Schäden, | |
Wasserstände am Deich im Freibordbereich, Gefahr der Überströmung. |
(3) Die Alarmstufen I und II werden durch die Hochwassermeldezentren, die Alarmstufen III und IV auf Vorschlag der Hochwassermeldezentren durch die für den Flußabschnitt zuständigen Landkreise oder kreisfreien Städte ausgelöst, wenn die Richtwasserstände an den Hochwassermeldepegeln erreicht werden und ein weiteres Ansteigen zu erwarten ist oder wenn es die Hochwassersituation erforderlich macht.
(4) Die Alarmstufe IV ist insbesondere auch bei unmittelbarer Gefahr für Leben, Gesundheit und Eigentum der Bürger, zum Schutz lebensnotwendiger Einrichtungen und kultureller Werte sowie bei Gefährdung von Hochwasserschutzanlagen auszulösen.
(5) Die Alarmstufen werden durch den Auslösenden aufgehoben, wenn die Richtwasserstände unterschritten sind oder die Gefahr nicht mehr gegeben ist.
§ 10
Übermittlungskosten
Die Übermittlungskosten für die Hochwasserstandsmeldungen, Hochwasserwarnungen und Hochwasserinformationen tragen die Teilnehmer am Hochwassermeldedienst entsprechend ihren Aufgaben zur Absetzung und Weiterleitung von Meldungen des Hochwassermeldedienstes selbst, soweit die Weiterleitung der Meldung im öffentlichen Interesse liegt.
§ 11
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Potsdam, den 9. September 1997
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung
Matthias Platzeck