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Erlass Nr. 07/2011
Aufenthaltsrecht; Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende sowie an deren Eltern und minderjährige Geschwister nach § 25a AufenthG
Erlass Nr. 07/2011
Aufenthaltsrecht; Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende sowie an deren Eltern und minderjährige Geschwister nach § 25a AufenthG
vom 1. September 2011
Das am 1. Juli 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften (BGBl. I Nr. 33 vom 30. Juni 2011, S. 1266 ff.; Gesetzesbegründung siehe BT-Drs. 17/5093) sieht in dem neuen § 25a AufenthG die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an in Deutschland geborene oder aufgewachsene ausländische Jugendliche und Heranwachsende, die langjährig geduldet worden sind und sich hier gut integriert haben, vor. Damit wird ihnen bei erbrachten eigenen Integrationsleistungen - d. h. insbesondere bei erfolgreichem Schulbesuch oder einem anerkannten Schul- oder Berufsabschluss - eine von den Eltern unabhängige eigene gesicherte Aufenthaltsperspektive eröffnet und ihnen so die weitere Integration in Deutschland ermöglicht.
Die Eltern der begünstigten Jugendlichen können ebenfalls ein Aufenthaltsrecht erhalten, wenn sie durch eigene Leistungen den Lebensunterhalt der Familie sichern können. Eltern bzw. Elternteile, die erhebliche Straftaten begangen haben, sind von dieser Regelung ausgeschlossen. Auch den mit den Eltern in einer familiären Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen Geschwistern der Jugendlichen kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.
Damit der integrationspolitischen Zielstellung des § 25a AufenthG beim Vollzug möglichst weitgehend Rechnung getragen wird, gebe ich hiermit die folgenden Hinweise zur Anwendung der Vorschrift:
1. Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende
1.1 Nach § 25a Abs. 1 AufenthG kann geduldeten ausländischen Jugendlichen und Heranwachsenden, die in Deutschland geboren oder vor dem 14. Lebensjahr eingereist sind und den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres stellen, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Jugendliche unter 16 Jahren müssen bei der Antragstellung von den Eltern bzw. dem Personensorgeberechtigten oder gesetzlichen Vertreter vertreten werden.
1.2 Anträge für Jugendliche, die bei Antragstellung oder wenigstens zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung noch nicht das 15. Lebensjahr vollendet haben, können nicht nach § 25a Abs. 1 AufenthG berücksichtigt werden. Bei diesen Jugendlichen, insbesondere, wenn sie sich seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhalten und in zwölf Monaten oder weniger das 15. Lebensjahr vollenden, soll eine (weitere) Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG geprüft werden.
1.3 Heranwachsende, die die übrigen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 AufenthG erfüllen, bei Antragstellung aber bereits das 21. Lebensjahr vollendet haben, können keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erhalten. Bei diesen Personen kann jedoch bei besonderen Umständen im Einzelfall nach Art. 2 Abs. 1 GG, ggf. auch Art. 6 Abs. 1 GG, bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK wegen des Schutzes des Privatlebens, ggf. auch des Familienlebens, und eingetretener Verwurzelung in Deutschland ein rechtliches Ausreisehindernis bestehen und eine (weitere) Duldung nach § 60a AufenthG oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht kommen (vgl. insbes. VGH BW vom 13.12.2010 - 11 S 2359/10; Brem. OVG vom 22.11.2010 - 1 A 383/09).
1.4 Zum Zeitpunkt der Antragstellung muss sich der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Duldung oder Aufenthaltsgestattung befinden; zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch nach § 25a Abs. 1 AufenthG muss eine Duldung vorliegen.
1.5 Noch nicht abschließend beschiedene Anträge auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Vorschriften sind, wenn sie dafür in Betracht kommen, auch ohne neuen Antrag als Anträge nach § 25a AufenthG zu werten. Die Ausländerbehörden haben bei potenziell begünstigten Personen auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken (§ 82 Abs. 3 AufenthG) und dies aktenkundig zu machen.
1.6 Der Aufenthalt im Sinne von § 25a Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist als ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet anzusehen, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung durchgängig seit sechs Jahren der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Duldung oder Aufenthaltsgestattung nachgewiesen wird. Kurzzeitige Unterbrechungen des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, Duldung oder Aufenthaltsgestattung bei gleichzeitigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland können unberücksichtigt bleiben. Ebenso stehen kurzzeitige Aufenthalte im Ausland aus besonderem Grund nicht entgegen (auch ohne vorherige Kenntnis der Ausländerbehörde).1.7 Als anerkannte schulische oder berufliche Bildungsabschlüsse sind die Abschlüsse der allgemeinbildenden Schulen, der berufsbildenden Schulen, der Berufsfachschulen sowie sonstiger öffentlicher oder staatlich anerkannter Schulen sowie der Abschluss einer betrieblichen oder außerbetrieblichen Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf anzusehen.
1.8 Ein erfolgreicher Schulbesuch im Sinne von § 25a Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Schüler in die nächst höhere Klassenstufe versetzt wird und die Schule mindestens mit dem Hauptschulabschluss/Berufsausbildungsreife oder einem entsprechenden Abschluss beenden wird. Maßgeblich für die Prognose sind die bisherigen schulischen Leistungen und die Regelmäßigkeit des Schulbesuchs. Im Rahmen der erforderlichen Prognose kann neben den Zeugnissen auch eine Beurteilung durch die Schule eingeholt oder deren Vorlage verlangt werden.
Bei Schülern einer Förderschule, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung die o. g. schulischen Voraussetzungen nicht erfüllen können, ist in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von diesen Voraussetzungen abzusehen.
1.9 Es muss gewährleistet sein, das der ausländische Jugendliche oder Heranwachsende sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Dafür muss eine dauerhafte vollständige Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse sowohl in wirtschaftlicher und sozialer als auch rechtlicher Hinsicht zu erwarten sein. Ob eine derartige positive Integrationsprognose gestellt werden kann, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalles festzustellen. Dabei sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts, Kenntnisse der deutschen Sprache, Schul- und ggf. Berufsausbildungsabschlüsse und die Einstellung zur Rechtsordnung zu berücksichtigen.
Eine längere Zeit der Erwerbslosigkeit nach dem Schul- bzw. Berufsausbildungsabschluss, die über die übliche Zeit für die Suche eines Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzes hinausgeht und für die es keine persönlichen Entschuldigungsgründe wie Krankheit o. ä. gibt, steht einer positiven Integrationsprognose regelmäßig entgegen. Konnte eine Berufsausbildung oder eine Erwerbstätigkeit jedoch aus Rechtsgründen oder wegen der mit dem Duldungsstatus verbundenen Erschwernis nachweislich nicht begonnen werden, darf dies dem Ausländer nicht entgegengehalten werden.
1.10 Straftaten des Jugendlichen oder Heranwachsenden, die mit der Verhängung von Jugendstrafe nach dem Jugendgerichtsgesetz oder Freiheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht geahndet wurden, lassen - auch bei Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung - deutlich werden, dass er das deutsche Gesellschafts- und Rechtssystem nicht ausreichend anerkennt und stehen daher einer positiven Integrationsprognose entgegen. Bei Straftaten unterhalb dieser Schwelle ist zu bewerten, wie schwer sie wiegen, wie lange sie zurückliegen, ob eine Wiederholungsgefahr besteht und ob sich der Ausländer seitdem erfolgreich um seine Integration bemüht hat, so dass ihnen ggf. zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis weniger Gewicht beizumessen ist und gleichwohl bei einer Gesamtbetrachtung von einer positiven Integrationsprognose ausgegangen werden kann. Nach dem Bundeszentralregistergesetz getilgte strafrechtliche Verurteilungen bleiben außer Betracht.
1.11 Wenn die Eltern der Jugendlichen oder Heranwachsenden in der Vergangenheit über aufenthaltsrechtlich bedeutsame Umstände getäuscht und hierdurch die Aussetzung der Abschiebung erwirkt haben, ist dieses Verhalten dem Jugendlichen nicht zuzurechnen. Wer jedoch nach Eintritt der Volljährigkeit selbst über aufenthaltsrechtliche Umstände täuscht oder die Täuschung aufrechterhält und dadurch die Abschiebung verzögert oder verhindert, kann keine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Heranwachsende, die es vor Inkrafttreten des § 25a AufenthG unterlassen haben, ihre Identität zu offenbaren, müssen sich unverzüglich um die Beschaffung von Identitätsdokumenten und einen Pass bemühen und diese unverzüglich der Ausländerbehörde vorlegen. Die Ausländerbehörde hat die von § 25a AufenthG begünstigten Jugendlichen und Heranwachsenden auf ihre nach Eintritt der Volljährigkeit bestehenden ausländerrechtlichen Pflichten hinzuweisen und dies aktenkundig zu machen.
2. Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG für die Eltern oder einen allein personensorgeberechtigten Elternteil gut integrierter Jugendlicher
2.1 Den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG besitzt, kann bei Vorlage gültiger Identitätspapiere eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt der Familie durch Erwerbstätigkeit eigenständig gesichert ist. Dies gilt nicht, wenn die Eltern weiterhin nicht an der Aufklärung ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit mitwirken oder aufgrund falscher Angaben oder durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit ihre Abschiebung verhindern oder verzögern. In der Vergangenheit liegende Falschangaben oder Täuschungen, die nicht dazu führen, dass die Abschiebung zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung ausgesetzt ist, sind unbeachtlich.
2.2 Der Jugendliche, von dem das Aufenthaltsrecht abgeleitet wird, muss zum Zeitpunkt der Antragstellung der Eltern noch minderjährig sein. Für das Erfordernis des Titelbesitzes des Jugendlichen nach § 25a Abs. 1 AufenthG ist eine gleichzeitige Erteilung an den Jugendlichen und die Eltern bzw. den allein personensorgeberechtigten Elternteil ausreichend.
2.3 Die Formulierung von § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ermöglicht es, auch nicht personensorgeberechtigten, aber umgangsberechtigten Eltern oder Elternteilen, die sich bereits im Bundesgebiet aufhalten, eine Aufenthaltserlaubnis zu gewähren, soweit dies im Hinblick auf Art. 6 GG unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - verfassungsrechtlich geboten ist. Die Darlegungs- und Beweislast liegt hierbei beim Antragsteller.
2.4 Den Eltern ist es zumutbar, bei der Aufklärung ihrer personenstandsbezogenen Angelegenheiten mitzuwirken und die erforderlichen Dokumente, ggf. unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, im Heimatland zu besorgen. Die Mitwirkungspflicht kann auch durch ein Unterlassen, z. B. ein Unterlassen der Registrierung von Eheschließungen oder Geburten der Kinder, verletzt werden.
2.5 Der Lebensunterhalt ist eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert, wenn der Lebensunterhalt der in der Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Kernfamilie ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen sichergestellt ist (vgl. Nr. 2.3 AVwV- AufenthG). Bei der Berechnung ist der Jugendliche ausgenommen, der einen Aufenthaltstitel nach § 25a Abs. 1 AufenthG besitzt und bei dem die Ausnahmeregelung des § 25a Abs. 1 Satz 2 AufenthG angewendet wird.
3. Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG für die minderjährigen Geschwister gut integrierter Jugendlicher
Die familiäre Lebensgemeinschaft des § 25a Abs. 2 Satz 2 AufenthG erfasst alle minderjährigen Kinder, die mit den Eltern (oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil), die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzen, in häuslicher Bedarfsgemeinschaft leben. Es sind also nicht nur die minderjährigen Geschwister des gut integrierten ausländischen Jugendlichen begünstigt, sondern auch weitere, in häuslicher Gemeinschaft lebende minderjährige Kinder der Eltern bzw. des allein sorgeberechtigten Elternteils.
4. Ausschlussgründe nach § 25a Abs. 3 AufenthG
4.1 Ausländer (Eltern und minderjährige Geschwister des nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigten Jugendlichen), die vorsätzliche Straftaten von erheblichem Gewicht begangen haben, sind von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG ausgeschlossen, wobei nach Absatz 3 Verurteilungen zu Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen (kumulativ) außer Betracht bleiben. Auch Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, führen nicht zum Ausschluss. Die Geldstrafen sind gesondert zu betrachten, so dass es möglich ist, dass je nach Art der Geldstrafen ggf. insgesamt 140 Tagessätze unbeachtlich sind. Die Tilgungsfristen und das Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 i. V. mit § 46 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BZRG sowie bei anhängigen Strafermittlungsverfahren oder Strafverfahren die Vorschrift des § 79 Abs. 2 AufenthG sind zu beachten.
4.2 Im Gegensatz zu § 104a Abs. 3 AufenthG sieht § 25a Abs. 2 AufenthG keine wechselseitige Haftung der in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitglieder vor, so dass es sein kann, dass ein Elternteil wegen Straftaten keine Aufenthaltserlaubnis erhält, während der nicht straffällig gewordene andere Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis bekommt.
4.3 Erfüllen die Eltern, ein Elternteil oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG nicht, soll deren Aufenthalt zur Ausübung der Personensorge bis zur Volljährigkeit des nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigten Jugendlichen nach § 60a Abs. 2a und b AufenthG geduldet werden. Entsprechendes gilt für die minderjährigen Geschwister des Jugendlichen.
5. Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
5.1 Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG finden bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG grundsätzlich Anwendung, soweit nicht § 25 a AufenthG davon Abweichendes festlegt. Von der Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG soll abgesehen werden, soweit es nicht um relevante Straftaten geht. Soweit in der Vergangenheit Täuschungshandlungen im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG begangen wurden, die nach § 25a Abs. 1 Satz 3 oder Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht als entgegenstehend bewertet wurden, können sie auch nicht als Ausweisungsgrund bewertet werden.
5.2 Die Aufenthaltserlaubnis ist abweichend von § 5 Abs. 2 AufenthG zu erteilen, es ist also unschädlich, wenn der Ausländer ohne erforderliches Visum eingereist ist.
5.3 Solange sich der Jugendliche oder Heranwachsende in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung (einschließlich eines Studiums an einer Hochschule oder einer vergleichbaren Ausbildungseinrichtung) befindet, schließt die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht aus. Im Übrigen ist bei Bezug von Leistungen nach dem BAföG, dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsförderung (AFBG) und nach dem SGB III, Viertes Kapitel, Fünfter Abschnitt (Förderung der Berufsausbildung) der Lebensunterhalt gesichert.
5.4 Die Passpflicht nach § 3 AufenthG muss grundsätzlich erfüllt werden. Dies hat in der Regel durch Vorlage eines anerkannten gültigen Nationalpasses zu erfolgen. In den Fällen, in denen die Identität durch Vorlage geeigneter Dokumente wie z. B. Personenstandsurkunden, Registerauszüge oder Staatsangehörigkeitsurkunden geklärt, aber es nicht möglich ist, in zumutbarer Weise einen Pass zu beschaffen, weil beispielsweise hierfür eine Ausbildung unterbrochen werden müsste, kann bis zum Wegfall dieser Hindernisse die Aufenthaltserlaubnis als Ausweisersatz nach § 48 Abs. 2 AufenthG erteilt werden. Der Ausländer ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Wegfall der Hindernisse die Passpflicht durch Vorlage eines Nationalpasses zu erfüllen ist. Der Hinweis ist aktenkundig zu machen. Wird die Passpflicht trotz vorheriger Belehrung nach dem Wegfall der Hindernisse nicht erfüllt, ist die weitere Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG grundsätzlich zu versagen.
5.5 Die Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil haben ebenfalls die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu erfüllen (siehe oben). Dies gilt neben der vollständigen Sicherung des Lebensunterhalts aus eigener Erwerbstätigkeit auch für die Klärung der Identität durch Vorlage geeigneter Dokumente, wie beispielsweise Personenstandsurkunden, Registerauszüge oder Staatsangehörigkeitsurkunden und die Erfüllung der Passpflicht nach § 3 AufenthG für sich selbst und weitere minderjährige Kinder.
6. Ermessen
Nach § 25a AufenthG entscheidet die Ausländerbehörde über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen. Dies gilt sowohl für die Jugendlichen und Heranwachsenden nach Absatz 1 als auch für die Eltern oder den allein personensorgeberechtigten Elternteil und weitere minderjährige Kinder (Geschwister) nach Absatz 2. Es bedarf somit einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalles. Angesichts der Zielsetzung des Gesetzgebers soll das Erteilungsermessen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a AufenthG regelmäßig zugunsten der Antragsteller ausgeübt werden. Dies gilt vor allem für die vorrangig im Blickpunkt stehenden Jugendlichen und Heranwachsenden.
7. Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25a Abs. 1 und 2 AufenthG, Aufenthaltsverfestigung, Familiennachzug
7.1 Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG soll unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles regelmäßig für zwei bis drei Jahre erfolgen. Die Erteilungsdauer bei den Eltern und minderjährigen Geschwistern richtet sich nach der des nach Absatz 1 begünstigten Jugendlichen oder Heranwachsenden.
7.2 Die Aufenthaltserlaubnisse der gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden können, auch nach Eintritt der Volljährigkeit bzw. nach Vollendung des 21. Lebensjahres, nach § 25a Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 AufenthG verlängert werden, wenn sie sich weiterhin in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden oder im Anschluss daran ein Hochschulstudium oder ein Studium an einer vergleichbaren Ausbildungseinrichtung aufgenommen haben oder aufnehmen und die positive Integrationsprognose fortbesteht.
7.3 Die Aufenthaltserlaubnisse der Eltern - und von diesen abgeleitet auch der minderjährigen anderen Kinder - können auch verlängert werden, wenn der nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigte Jugendliche volljährig geworden ist, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 25a AufenthG sowie die Regelerteilungsvoraussetzungen weiter vorliegen. Die Verlängerung erfolgt unter der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 AufenthG. Dabei wird die für die erstmalige Erteilung erforderliche Tatbestandsvoraussetzung “Eltern (bzw. Geschwister) eines minderjährigen Ausländers“ für Verlängerungen gegenstandslos.
7.4 Eine Aufenthaltsverfestigung ist unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 AufenthG möglich. Für vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereiste oder in Deutschland geborene Jugendliche und Heranwachsende kann § 35 AufenthG entsprechend angewendet werden (§ 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG), wobei fünf Jahre anrechenbaren Voraufenthaltes ausreichend sind (siehe Nr. 26.4.10 AVwV- AufenthG).
7.5 Der Familiennachzug zu Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 oder 2 AufenthG besitzen, ist nach § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ausgeschlossen.
7.6 Zweifelsfälle sollen mit dem Ministerium des Innern abgestimmt werden.