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Verwaltungsvorschriften über die Förderung sprachauffälliger Kinder in der Grundschule (VV-sprachauffällige Kinder - VVsprachKi)
Verwaltungsvorschriften über die Förderung sprachauffälliger Kinder in der Grundschule (VV-sprachauffällige Kinder - VVsprachKi)
vom 24. März 2001
(Abl. MBJS/01, [Nr. 4], S.166)
Auf Grund des § 146 des Brandenburgischen Schulgesetzes vom 12. April 1996 (GVBl. I S. 102) bestimmt der Minister für Bildung, Jugend und Sport:
1 - Grundsätze
(1) Wird im Rahmen des Einschulungsverfahrens eines schulpflichtigen Kindes sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich der Sprache mit Auswirkungen auf die Kommunikationsfähigkeit, das Sozialverhalten, die kognitive Funktion und den Gefühlsbereich vermutet, erfolgt zunächst eine Einschulung in die örtlich zuständige allgemeine Schule, wenn nicht im Ergebnis eines Feststellungsverfahrens gemäß Abschnitt 3 der Sonderpädagogik-Verordnung eine andere Entscheidung des staatlichen Schulamtes gemäß § 16 Abs. 3 der Sonderpädagogik-Verordnung getroffen werden muss.
(2) Schülerinnen und Schüler, bei denen im Rahmen eines Feststellungsverfahrens sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde und deren Eltern nicht ausdrücklich den Besuch einer Förderschule oder Förderklasse wünschen, werden vorrangig in Klassen mit gemeinsamem Unterricht gemäß Abschnitt 5 der Sonderpädagogik-Verordnung gefördert. Soweit organisatorisch möglich, besuchen jeweils bis zu vier Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sprache diese Klassen.
(3) Bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 30 Abs. 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes wird die Schülerin oder der Schüler in eine Förderklasse für Sprachauffällige aufgenommen, wenn eine Förderschule nicht zumutbar erreicht werden kann. Die Ziele und Aufgabenstellungen beim Besuch einer Förderklasse entsprechen denen der Förderschule für Sprachauffällige gemäß § 27 Abs. 1 der Sonderpädagogik-Verordnung.
(4) Förderklassen für Sprachauffällige gemäß Absatz 3 umfassen die Jahrgangstufen 1 und 2 und werden mit einer Grundschule oder einer Gesamtschule mit Grundschule zusammengefaßt. Es ist anzustreben, dass sich diese Schulen zu integrativ-kooperativen Schulen mit dem Förderschwerpunkt Sprache weiterentwickeln.
2 - Einrichtung und Organisation
(1) Das staatliche Schulamt ermittelt im Benehmen mit dem für Schule zuständigen Ministerium den Bedarf für die Einrichtung von Förderklasssen für Sprachauffällige in den Jahrgangsstufen 1 und 2. Die Einrichtung dieser Klassen erfolgt gemäß § 105 Abs. 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes. Die Einrichtung bedarf der Genehmigung durch das für Schule zuständige Ministerium.
(2) Die Klassenfrequenz der Förderklassen für Sprachauffällige richtet sich nach dem Frequenzrichtwert und der Bandbreite für Klassen der Förderschulen für Sprachauffällige gemäß der VV-Unterrichtsorganisation. Die Förderklassen werden in den Jahrgangsstufen 1 und 2 in der Regel jahrgangsstufenübergreifend geführt.
(3) Die Absicherung der räumlichen und sächlichen Voraussetzungen erfolgt durch den Schulträger. Für die Arbeit in Kleingruppen oder für die Einzelförderung ist nach Möglichkeit ein zusätzlicher Raum vorzuhalten. Für beide Jahrgangsstufen soll entsprechendes Sprachübungsmaterial in vielfältigen Formen zur Verfügung stehen.
(4) Die Ausstattung von Förderklassen für Sprachauffällige mit Lehrkräftewochenstunden erfolgt durch die staatlichen Schulämter mit der VZE-Zuweisung.
(5) Eine Lehrkraft mit der Ausbildung in der sonderpädagogischen Fachrichtung Sprachheilpädagogik leitet die Förderklasse für Sprachauffällige (Klassenlehrkraft). Unter Berücksichtigung der sprachheilpädagogischen Erfordernisse können einzelne Fächer auch von anderen Lehrkräften der Grundschule unterrichtet werden.
(6) Schülerinnen und Schüler einer Förderklasse für Sprachauffällige werden nach den Rahmenplänen und der Stundentafel des Bildungsganges der Grundschule unterrichtet.
(7) Für jede Schülerin und jeden Schüler ist durch die Klassenlehrkraft ein individueller Förderplan zu erstellen. Dabei sind Sprache und Kommunikationsfähigkeit, kognitive Prozesse und der Wahrnehmungsbereich im Hinblick auf die Rehabilitation und Rückführung in eine Regelklasse der Grundschule zu vernetzen.
(8) Die Leistungsbewertung erfolgt gemäß den Bestimmungen der Grundschulverordnung.
3 - Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs
Die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich der Sprache erfolgt gemäß Abschnitt 3 der Sonderpädagogik-Verordnung und der VV-Feststellungsverfahren.
4 - Zusammenarbeit mit den Eltern
Die Eltern sind regelmäßig über den individuellen Förderplan und die Lern- und Leistungsentwicklung ihres Kindes zu informieren. Die Eltern entscheiden nach Beratung durch die Klassenlehrkraft, welche zur Verfügung stehenden außerunterrichtlichen therapeutischen Angebote für ihr Kind genutzt werden sollen.
5 - Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der allgemeinen Schulen und anderen Fachkräften
Um dem Förderauftrag gerecht zu werden, ist eine Zusammenarbeit der Klassenlehrkraft mit den Lehrkräften der für die Rückführung vorgesehenen allgemeinen Schule, den Horterzieherinnen oder Horterziehern und den anderen unterstützenden Fachkräften angezeigt. Darüber hinaus erfordert die optimale Förderung der Schülerin oder des Schülers mit einer Sprachauffälligkeit im Einzelfall von der Förderschullehrkraft die enge Zusammenarbeit mit der Schulpsychologischen Beratung, dem zuständigen Jugendamt und den Therapeuten. Eine enge fachliche Zusammenarbeit erfolgt mit den entsprechenden Lehrkräften der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstellen sowie der nächstgelegenen Förderschule für Sprachauffällige.
6 - Rückführung in die allgemeine Schule
(1) Schülerinnen und Schüler der Förderklasssen für Sprachauffällige werden rechtzeitig auf die Rückführung in die allgemeine Schule vorbereitet. Mindestens ein halbes Jahr vor der vorgesehenen Rückführung hat die Klassenlehrkraft vorbereitende Gespräche mit der aufnehmenden allgemeinen Schule zu führen. Die Lehrkräfte der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungstellen stehen für eine Nachbetreuung in der allgemeinen Schule zur Verfügung.
(2) Schülerinnen und Schüler, bei denen nach der Jahrgangsstufe 2 der festgestellte sonderpädagogische Förderbedarf fortbesteht, können ab Jahrgangstufe 3 Klassen mit gemeinsamem Unterricht an den Schulen gemäß Nummer 1 Absatz 4 besuchen.
7 - In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Diese Verwaltungsvorschriften treten am 1. Mai 2001 in Kraft. Sie treten am 30. April 2006 außer Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt das Rundschreiben Nr. 56/97 vom 21. Oktober 1997 (ABl. MBJS S. 807) außer Kraft.
Potsdam, den 24. März 2001
Der Minister für Bildung, Jugend und Sport
Steffen Reiche