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Beiräte bei den Justizvollzugsanstalten des Landes Brandenburg

Beiräte bei den Justizvollzugsanstalten des Landes Brandenburg
vom 18. Februar 1991
(JMBl/91, [Nr. 1], S.3)

Ergänzend zu den §§ 162 ff. StVollzG wird aufgrund von § 162 Abs. 3 StVollzG folgendes angeordnet:

1. Bei den selbständigen Vollzugsanstalten werden Beiräte gebildet. Ein Beirat wird auch bei der JVA Wriezen (Jugendstrafanstalt) gebildet.

2. Dem Beirat gehören in der Regel mindestens 3 und nach Größe und Bedeutung der Anstalt bis zu 6 Mitglieder an. Für eine Zweiganstalt können bis zu 2 weitere Mitglieder bestellt werden.
Die Mitglieder des Beirats wirken zusammen mit den im Vollzug Tätigen (§ 154 Abs. 1 StVollzG ) bei der Gestaltung des Vollzuges und der Betreuung der Gefangenen mit. Ihre Arbeit soll dem Vollzugsziel (§ 2 StVollzG) dienen und ist auf die Ziele des Strafvollzugsgesetzes ausgerichtet.

Mitglieder des Beirats sollen deshalb Personen sein, die Verständnis für die Aufgaben und Ziele des Strafvollzuges haben und bereit sind, bei der Eingliederung entlassener Gefangener mitzuarbeiten. Dem Beirat sollen insbesondere Abgeordnete, Mitglieder kommunaler Vertretungen, je ein Vertreter einer Arbeiternehmer und Arbeitgeberorganisation sowie in der Sozialarbeit erfahrene Personen angehören.

Personen, bei denen ein beruflicher Wettbewerbsvorteil oder eine Pflichtenkollision durch die Mitgliedschaft im Beirat entstehen kann, sollen nicht zu Mitgliedern des Beirats ernannt werden.

3. Der Anstaltsleiter bittet den Rat der Stadt oder, falls die Anstalt in einer kreisangehörigen Stadt liegt, den Kreistag, geeignete Persönlichkeiten für den Beirat zu benennen. Die Vorschläge des Rates der Stadt oder des Kreistages und ggf. eigene Vorschläge legt der Anstaltsleiter dem Ministerium der Justiz vor. Die Mitglieder des Beirats werden vom Minister der Justiz ernannt.

3.1 Die Amtsdauer des Beirats beträgt 4 Jahre. Bis zur Bestellung der Mitglieder des neuen Beirates üben die bisherigen Mitglieder ihre Tätigkeit weiter aus.

3.2 Die Mitglieder des Beirats können nach Ablauf der Amtsdauer erneut ernannt werden. Eine Ernennung auf Vorschlag des Anstaltsleiters darf jedoch nur einmal wiederholt werden. Scheidet ein Mitglied des Beirats während laufender Amtsdauer aus, so wird für den Rest der Amtsdauer ein neues Mitglied ernannt.

4. Der Beirat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Beirat wird von seinem Vorsitzenden in jedem Halbjahr mindestens zweimal zu Sitzungen in der Vollzugsanstalt einberufen.

4.1 Der Beirat kann zu seinen Sitzungen oder Anstaltsbesichtigungen von ihm benannte Anstaltsbedienstete hinzuzuziehen.

4.2 Die Mitglieder des Beirates sollen ihre in § 164 StVollzG genannten Befugnisse regelmäßig gemeinsam ausüben. Jedes Mitglied ist aber auch allein zur Wahrnehmung der Befugnisse berechtigt. Die Mitglieder des Beirats unterrichten sich gegenseitig über die ihnen in Wahrnehmung ihrer Befugnisse zugegangenen Informationen, insbesondere über den Inhalt von Aussprachen und des Schriftwechsels nach § 164 Abs. 2 StVollzG. Der Beirat beschließt Maßnahmen in Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder.

5. Gespräche und Schriftwechsel des Beirats mit Gefangenen werden nicht überwacht. Für den unüberwachten mündlichen und schriftlichen Verkehr mit Untersuchungsgefangenen, der nicht ausschließlich Vollzugsangelegenheiten betrifft, ist die Genehmigung des zuständigen Richters oder des Staatsanwalts erforderlich.

Der Beirat nimmt Wünsche, Anregungen und Beanstandungen der Gefangenen entgegen, informiert sich über die Belange und Vorstellungen der Vollzugsbediensteten, trägt Verbesserungsvorschläge und Anregungen an den Anstaltsleiter heran und unterstützt diesen bei der Beseitigung von Mängeln und Verbesserungen des Vollzuges.

6. Der Beirat ist berechtigt, die Anstalt und ihre Einrichtungen jederzeit - auch unangemeldet - zu besichtigen und sich umfassend zu unterrichten. Während des Nachtverschlusses ist die Zustimmung des Anstaltsleiters für den Zutritt erforderlich.

7. Der Anstaltsleiter unterstützt den Beirat bei der Erfüllung seiner Aufgaben, gibt ihm auf sein Verlangen die erforderlichen Auskünfte und nimmt an Sitzungen und Anstaltsbesichtigungen teil.

7.1 Der Anstaltsleiter kann dem Beirat über einen Gefangenen mit dessen Zustimmung Auskünfte erteilen, soweit sie nicht Einzelheiten anhängiger Strafverfahren betreffen.

Er darf ihnen mit Zustimmung des Gefangenen Einsicht in die Gefangenenpersonalakten gewähren und Mitteilungen aus Gefangenenpersonalakten machen, soweit dies zur Erfüllung der Aufgabe der Mitglieder des Beirats erforderlich ist und sie nicht Einzelheiten eines noch anhän­gigen Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens betreffen.

7.2 Der Anstaltsleiter unterrichtet den Vorsitzenden des Beirats unverzüglich über jeden Sterbefall eines Gefangenen, über jeden Ausbruch, jede Entweichung eines Gefangenen aus dem umwehrten Anstaltsbereich sowie über solche besonderen Vorkommnisse in der Anstalt, die voraussichtlich besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregen werden.

8. Der Beirat berichtet erstmals im Jahr nach Aufnahme seiner Arbeit und sodann in jeweils jährlichen Abständen dem Ministerium der Justiz schriftlich über seine Tätigkeit und seine Erfahrungen.

9. Die Pflicht zur Verschwiegenheit der Beiratsmitglieder nach § 165 StVollzG gilt nicht für Mitteilungen an den Anstaltsleiter und an das Ministerium der Justiz oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

10. Der Beirat erhält auf einer vom Anstaltsleiter mindestens einmal jährlich durchzuführenden Pressekonferenz Gelegenheit, über seine Tätigkeit zu berichten. Im übrigen erfolgt der Verkehr mit der Presse nur im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter.

11. Der Minister der Justiz kann die Bestellung als Beirats­mitglied aus wichtigem Grund, insbesondere wegen einer Verletzung der Pflichten nach § 165 StVollzG zurücknehmen. Bis zur Entscheidung über die Zurücknahme kann der Anstaltsleiter mit Zustimmung des Ministeriums der Justiz dem Beiratsmitglied vorläufig untersagen, die Anstalt zu betreten und mit Gefangenen zu verkehren.

12. Die Tätigkeit der Mitglieder des Beirats ist ehrenamtlich. Sie erhalten hierfür keine Vergütung oder Entschädigung. In begründeten Ausnahmefällen können ihnen im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel die für ihre Tätigkeit notwendigen Ausgaben erstattet werden.

13. Die Mitglieder des Beirats sind gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO unfallversichert.

14. Die Ausführungsvorschrift tritt am 18. Februar 1991 in Kraft.

Potsdam, den 18. Februar 1991

Dr. Bräutigam

Minister der Justiz