Suche

Suche innerhalb der Norm
Link zur Hilfe-Seite

Geldauflagen in Ermittlungs- und Strafverfahren zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen

Geldauflagen in Ermittlungs- und Strafverfahren zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen
vom 9. Juni 1995
(JMBl/95, [Nr. 7], S.122)

zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung vom 15. Oktober 2005
(JMBl/05, [Nr. 11], S.126)

I.
Allgemeines

1. Kommt eine richterliche Entscheidung in Betracht, durch die einem Beschuldigten nach § 56 b Abs. 2 Nr. 2 StGB, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder §§ 23, 45 JGG auferlegt wird, einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen, so unterstützt der Staatsanwalt das Gericht durch Vorschläge und Anregungen bei der Auswahl der Empfänger. Beispielsweise kann es sich im Einzelfall empfehlen, auf solche gemeinnützigen Einrichtungen hinzuweisen, deren Ziele zu dem verletzten Rechtsgut in Beziehung stehen. Bei dem Hinweis soll der Staatsanwalt nach Möglichkeit eigene Vorschläge des Beschuldigten beachten.

Absatz 1 gilt entsprechend in den Fällen des § 153 a StPO.

2. Gemeinnützige Einrichtungen sind über diejenigen im Sinne von § 153 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO, § 56 b Abs. 2 Nr. 2 StGB und § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 JGG hinaus auch Einrichtungen in dem in § 52 Abgabenordnung umschriebenen Sinn sowie solche, die mildtätige und kirchliche Zwecke im Sinne der §§ 53, 54 Abgabenordnung einschließen oder deren Tätigkeit nur einem beschränkten Personenkreis nutzt, sofern durch die Erfüllung des Zwecks der Einrichtung Belange der Allgemeinheit gefördert werden.

3. Damit die sachgemäße Bestimmung von Empfängern einer Geldauflage erleichtert wird, hat es sich als zweckmäßig erwiesen, eine Liste solcher Einrichtungen anzulegen, die die Aufnahme beantragt haben (Abschnitt II), und die Zuweisung von Geldauflagen in Verzeichnissen statistisch zu erfassen (Abschnitt III).

Die Einrichtungen, denen Geldauflagen zugewiesen worden sind, werden aufgefordert, in kurzen Berichten (Abschnitt IV) Auskunft über die Verwendung der zugewiesenen Geldbeträge zu geben, damit die an der Zuweisung Beteiligten und die Öffentlichkeit Einblick in die Verwendung der Gelder erhalten können.

II.
Aufnahme in Listen

1. Eine Einrichtung, die ihre Aufnahme in die Liste beantragt, wird über die Bedeutung der Liste, über den Inhalt des in Abschnitt II.6 bezeichneten Vermerks sowie über die in Abschnitt II.9 genannten Regelungen unterrichtet. Sie wird darauf hingewiesen, daß die Aufnahme in die Liste keinen Rechtsanspruch auf Zuweisung von Geldauflagen begründet und auch keine Empfehlung an die Richter, die Staats- und Amtsanwälte darstellt.

Die Ablehnung eines Aufnahmeantrags ist schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen.

2. Ist eine Einrichtung als gemeinnützig im Sinne von Abschnitt I.2 anzusehen und hat sie nach Aufforderung

  1. ihre Satzung oder andere Unterlagen über ihre Ziele vorgelegt und ein Konto angegeben, auf das Zahlungen geleistet werden können,
  2. einen Körperschaftsteuerfreistellungsbescheid oder eine vorläufige Bescheinigung des zuständigen Finanzamtes beigebracht, daß sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist, oder erklärt, daß sie nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sei,
  3. das für sie zuständige Finanzamt von der Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) gemäß dem anliegenden Vordruck so weit entbunden, daß dieses die listenführende Stelle von der Gewährung oder Versagung von Steuervergünstigungen wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke unterrichten darf,
  4. sich verpflichtet,

    aa) alsbald alle Beschlüsse mitzuteilen, durch welche eine den gemeinnützigen Zweck betreffende Satzungsbestimmung geändert oder die gemeinnützige Tätigkeit eingestellt wird,

    bb) auf Anforderung der listenführenden Stelle für einen bestimmten Zeitraum über die Höhe und Verwendung der Geldauflagen Auskunft zu geben,

  1. sich damit einverstanden erklärt, daß ihre Berichte über die Höhe der erhaltenen Gelder und deren Verwendung veröffentlicht werden, so ist sie in die Liste einzutragen.

3. Vor der Eintragung wird von der listenführenden Stelle nicht geprüft, ob die Einrichtung die von ihr angegebenen Ziele tatsächlich verfolgt.

Die Eintragung erfolgt nicht, wenn der listenführenden Stelle Tatsachen bekannt werden, die auf eine zweckwidrige Verwendung von Mitteln durch die die Eintragung beantragende Einrichtung schließen lassen.

Beim Vorliegen von Anhaltspunkten für eine zweckwidrige Mittelverwendung durch eine in die Liste eingetragene Einrichtung sollen die in Strafsachen tätigen Richter, Staats- und Amtsanwälte hierüber die listenführende Stelle unterrichten.

4. Der Präsident des Oberlandesgerichts führt zugleich für den Generalstaatsanwalt die gemeinsame Liste für das Land Brandenburg.

5. In der Liste werden die Einrichtungen alphabetisch aufgeführt. Bei jeder Einrichtung ist mindestens ein Konto anzugeben.

6. Auf der Liste wird vermerkt, daß

  1. die Liste nicht als Empfehlung der genannten Einrichtungen, sondern lediglich der Information dienen soll,
  2. die Nennung einer Einrichtung nicht bedeutet, daß die Gemeinnützigkeit der genannten Einrichtung von der Justizverwaltung bejaht wird,
  3. in Fällen konkreter Anhaltspunkte für eine zweckwidrige Mittelverwendung durch eine der genannten Einrichtungen die listenführende Stelle unterrichtet werden soll (Abschnitt II.3 Abs. 3),
  4. eine Geldauflage auch einer gemeinnützigen Einrichtung zugewiesen werden kann, die nicht in der Liste genannt ist.

7. Die Liste ist den in Strafsachen tätigen Richtern, Staats- und Amtsanwälten zur Verfügung zu stellen und in den Beratungszimmern und auf den Geschäftsstellen der Gerichte zur Einsichtnahme durch (Jugend-) Schöffen und Schiedspersonen auszulegen. Besonders interessierten Schöffen und Schiedspersonen ist die Liste auf Antrag auszuhändigen. Die Liste wird einmal jährlich, möglichst zu Jahresanfang, neu herausgegeben.

8. Die listenführende Stelle sammelt die von den Einrichtungen vorgelegten Satzungen und andere Unterlagen, damit sie von den vorstehend genannten Empfängern der Liste eingesehen werden können. Sie leitet die Erstausfertigung der Erklärung nach Abschnitt II.2 Buchstabe c) an das zuständige Finanzamt.

9. Die Eintragung in die Liste wird gelöscht, wenn

  1. die Einrichtung gemeinnützige Zwecke nicht mehr verfolgt oder ihr die (weitere) Steuervergünstigung wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke von dem für sie zuständigen Finanzamt versagt wird,
  2. der Einrichtung eine Tätigkeit aufgrund vollziehbarer behördlicher Anordnung untersagt ist,
  3. der Einrichtung während der Dauer von drei Jahren keine Geldauflagen zugewiesen wurden und sie die Eintragung in die Liste nicht erneut beantragt,
  4. die Einrichtung einer der nach Abschnitt II.2 Buchstabe d) übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Vor der Löschung ist die Einrichtung zu hören.

III.
Statistische Erfassung der Geldauflagen

1. Die Geldauflagen zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen sowie zugunsten der Staatskasse werden statistisch erfaßt. Zuständig für die Erfassung ist die Geschäftsstelle des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft, welche die Geldauflagen angeordnet haben.

Einzubeziehen sind auch Geldauflagen zugunsten von Einrichtungen, die in der Liste nicht aufgeführt sind, sowie Geldbeträge, zu deren Zahlung sich die oder der Verurteilte im Strafverfahren erboten hat (§§ 56 b Abs. 3 StGB, § 23 Abs. 2 JGG).

Erfaßt werden das Geschäftszeichen, das Datum der Entscheidung, der Name und die Anschrift der oder des Empfängers der Geldauflage sowie die Höhe der Geldauflage. Nachträgliche Entscheidungen, durch welche Geldauflagen aufgehoben oder abgeändert worden sind, sind zu berücksichtigen, sofern sie vor der in Abschnitt III.2 bezeichneten Mitteilung bekannt werden.

2. Die Gerichte und Staatsanwaltschaften fassen die Angaben jeweils zum Jahresbeginn für das Vorjahr zusammen und teilen sie dem Präsidenten des Oberlandesgerichts bzw. dem Generalstaatsanwalt auf dem Dienstweg mit. Zuweisungen an Einrichtungen mit nur örtlich begrenztem Wirkungskreis werden hierbei gesondert aufgeführt.

3. Auf der Grundlage dieser Zusammenfassungen erstellen der Präsident des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwalt jedes Jahr ein Verzeichnis, aus dem die Höhe der Geldauflagen hervorgeht, die einer Einrichtung von Gerichten oder Staatsanwaltschaften insgesamt zugewiesen worden sind. In diesem Verzeichnis werden die Zuweisungen an Einrichtungen, denen wenier als 1.000,00 EUR zugewiesen worden sind, zusammenfassend ausgewiesen.

Soweit verschiedene Gliederungen einer gemeinnützigen Einrichtung (z. B. Ortsverbände und Dachverbände) bedacht worden sind, werden sie getrennt aufgeführt.

Das Verzeichnis wird den in Strafsachen tätigen Richtern, Staats- und Amtsanwälten zur Verfügung gestellt.

IV.
Berichte über die Verwendung der Geldauflagen

1. Zu Beginn eines jeden Jahres fordert die listenführende

Stelle die Einrichtungen, denen nach dem Verzeichnis in dem abgelaufenen Jahr Geldauflagen zugewiesen worden sind, auf, für das abgelaufene Jahr mitzuteilen:

  1. die Gesamthöhe der zugewiesenen Geldbeträge,
  2. die Gesamthöhe der erhaltenen Geldbeträge und
  3. die Verwendung der erhaltenen Geldbeträge.

Die Aufforderung unterbleibt bei Einrichtungen, denen im abgelaufenen Jahr weniger als 1.000,00 EUR zugewiesen worden sind.

2. Der Präsident des Oberlandesgerichts faßt die bei ihm eingegangenen Berichte getrennt nach den in den Listen genannten Einrichtungen zu einem Gesamtbericht zusammen. Hierin ist zu vermerken, daß die Angaben der Einrichtungen von der Justizverwaltung nicht auf ihre Richtigkeit geprüft worden sind.

3. Aus dem Gesamtbericht soll für jede Einrichtung, der Geldauflagen zugewiesen worden sind, zu ersehen sein, ob sie der Aufforderung um Auskunft nachgekommen ist.

4. Der Präsident des Oberlandesgerichts macht den Gesamtbericht den in Strafsachen tätigen Richtern und den Staats- und Amtsanwälten zugänglich.

V.
Unterrichtung des Ministeriums der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten

Der Präsident des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwalt teilen dem Ministerium der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten die in ihrem Geschäftsbereich erstellten Verzeichnisse (Abschnitt III.3), der Präsident des Oberlandesgerichts die Liste sowie den Gesamtbericht (Abschnitt IV.4) mit.

VI.
Übergangsregelung

Der Präsident des Oberlandesgerichts fordert zur Erstellung der Liste nach Abschnitt II die Einrichtungen, die in einer bereits bestehenden Liste aufgeführt sind, auf, die in Abschnitt II.2 genannten Erklärungen abzugeben und - soweit dies nicht bereits geschehen ist - die bezeichneten Unterlagen beizubringen.

VII.
Inkrafttreten

Diese Allgemeine Verfügung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Potsdam, den 9. Juni 1995

Der Minister der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten
In Vertretung

Dr. Faupel

Anlagen