Hinweis: brandenburg.de hat seine Internet-Seiten auf barrierefreien Zugriff optimiert und verwendet deshalb standardisiertes CSS (Stylesheets). Sollte Ihr Browser dieses nicht korrekt anzeigen, unterstützt er nicht die üblichen Webstandards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

A | A | A |
Letzte gültige Fassung Änderungshistorie Historische Fassung

ARCHIV

Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr und des Ministeriums des Innern zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften im Land Brandenburg


vom 10. Februar 1998
(ABl./98, [Nr. 08], S.210)

Der hohe statistische Anteil und die Schwere von Baumunfällen belegen, dass die Verkehrsteilnehmer auf Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften im Land Brandenburg besonders gefährdet sind.

Die mehrjährige Unfallauswertung zeigt, dass sich Baumunfälle nicht nur auf bestimmte Schwerpunktstrecken konzentrieren, sondern sich in erheblichem Umfang über fast das gesamte außerörtliche Alleennetz verteilen.

Deshalb können Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften - im Gegensatz zu anderen Außerortsstraßen - von Personenkraftwagen und anderen Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 t (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe c StVO) in der Regel nicht ohne erhebliche Gefährdung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h befahren werden.

Mit diesem Erlass soll die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich von Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften durch Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie durch zusätzliche Maßnahmen erhöht werden.

Dieser Erlass entbindet die unteren Straßenverkehrsbehörden nicht von der Verpflichtung, vor einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO eine eingehende Einzelfallprüfung vorzunehmen.

1. Begriffsbestimmung

Alleen im Sinne des § 31 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) sind Baumreihen beidseitig der Fahrbahn an Straßen und Wegen, die in der Regel aus mindestens zwanzig aufeinanderfolgenden, relativ gleichaltrigen und vom Habitus her gleichartigen Bäumen bestehen (aus gestalterischen Gründen kann in Einzelfällen auch bewusst kontrastbildend auf regelmäßig unterschiedliche Baumformen zurückgegriffen werden) und die in einem gleichmäßigen Abstand vom Fahrbahnrand und innerhalb der Reihe gepflanzt sind und so einen räumlichen Zusammenhang vermitteln. Innerorts, in Ortsrandlage und bei besonderer landschaftsprägender Bedeutung kann auch eine geringere Anzahl von Bäumen eine Allee bilden. Der gesetzliche Schutz gilt auch für neu angelegte Alleen und Nachpflanzungen in bestehenden Alleen sowie lückigen Alleen, sofern der visuell wahrnehmbare Eindruck einer Allee vorhanden ist.

2. Geltungsbereich

Dieser Erlass gilt für Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften, bei denen die Baumreihen zwischen Fahrbahnrand und Entwässerungsmulde/-graben gepflanzt sind. Er gilt ferner für Außerortsstraßen mit Waldflächen von weniger als 4,50 Metern Abstand vom Fahrbahnrand.

Nicht unter diesen Erlass fallen neu angelegte Allee mit mehr als 4,50 Metern Abstand der Baumreihen vom Fahrbahnrand.

3. Straßenverkehrsrechtliche und straßenbauliche Maßnahmen

3.1 Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen

Auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 StVO sollen die jeweils örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden im Bereich von Alleen die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Anordnung des Zeichens 274 StVO zur Verhinderung von Verkehrsunfällen und schweren Unfallfolgen sowie zur Erhöhung der Leichtigkeit des Verkehrs auf 80 km/h beschränken.

Bei einer Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h ist unter dem Zeichen 274-58 StVO ein Zusatzschild nach dem Muster der Anlage zu diesem Erlass anzuordnen. Die Zustimmung des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr nach Ziffer III Nummer 17 a VwV zuvor § 39 StVO zu dem Zusatzschild ist mit der Maßgabe erteilt, dass das Zusatzschild nur auf Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften und bei einer Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h verwendet wird.

Die Anordnung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von weniger als 80 km/h bleibt unter Beachtung von Ziffer III 1 e VwV zu § 45 Abs. 1 bis 1 d StVO unberührt, sofern dies aufgrund besonderer örtlicher Verkehrsverhältnisse (zum Beispiel im Bereich von Einmündungen, Kreuzungen, Kuppen und Kurven) geboten ist. Insbesondere an Unfallhäufungsstellen/-strecken hat in jedem Fall eine sorgfältige Einzelfallprüfung im Hinblick darauf zu erfolgen, ob eine weitere Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erforderlich ist.

Bei Lichtzeichenanlagen ist Ziffer II zu den Nummern 1 und 2 VwV zu § 37 Abs. 2 StVO zu beachten.

Bei der Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind die Zeichen 274 StVO in der Regel beidseitig aufzustellen. Das Zusatzschild zu Zeichen 274-58 StVO nach dem Muster der Anlage zu diesem Erlass ist nicht beidseitig anzubringen, sondern jeweils nur auf der rechten Fahrbahnseite in Fahrtrichtung,

Die Zeichen 274-58 StVO sind unter gebührender Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten in der Regel alle 2 bis 3 Kilometer und insbesondere nach Einmündungen und Kreuzungen zu wiederholen. Bei der Wiederholung des Zeichens 274-58 StVO ist das Zusatzschild ebenfalls anzubringen.

Vor kurzen Alleen mit einer Länge bis zu 2 Kilometern soll die Strecke der Geschwindigkeitsbeschränkung auf einem Zusatzschild (Z. 1001-30/1001-31 StVO) zu Zeichen 274-58 StVO angegeben werden.

Sofern mehrere Alleen in kurzen Abständen von in der Regel nicht mehr als 500 Metern aufeinanderfolgen, ist das Streckenverbot durchgehend über alle Alleen aufrecht zu halten. In diesem Fall hat die Angabe der Länge der Verbotsstrecke an ihrem Beginn mittels Zusatzzeichen zu unterbleiben. Vielmehr ist das Zeichen 274 StVO im Verlauf des Streckenverbots mehrfach nach den örtlichen Gegebenheiten, insbesondere vor jeder neuen Allee, als Wiederholer aufzustellen. Für das Ende der Verbotsstrecke ist die Aufstellung des Zeichens 278 StVO anzuordnen.

3.2 Anordnung von Fahrstreifenbegrenzungen/ Fahrbahnbe-grenzungen und Überholverboten

Zusätzlich zur Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind grundsätzlich auf Alleen an Unfallhäufungsstellen, vor Kreuzungen und Einmündungen sowie im Bereich von Kurven und unübersichtlichen Kuppen, deren Verlauf für den Kraftfahrer nicht einsehbar ist oder deren Radius oder Länge nicht abschätzbar ist, Fahrstreifenbegrenzungen/Fahrbahnbegrenzungen (Zeichen 295 StVO) in Kombination mit Überholverboten (Zeichen 276 StVO) anzuordnen. Fahrstreifenbegrenzungen sollten dabei nach Möglichkeit in profilierter Ausführung aufgebracht werden.

Die Anordnung von Fahrstreifenbegrenzungen/Fahrbahnbegrenzungen und/oder Überholverboten an anderen Stellen aufgrund besonderer örtlicher Verkehrsverhältnisse bleibt unberührt.

Bei der Anordnung der Überholverbote ist die beidseitige Aufstellung des Zeichens 276 StVO ca. 100 Meter vor Beginn des Zeichens 295 StVO vorzusehen.

Für das Ende der Verbotsstrecke ist die Aufstellung des Zeichens 280 StVO an derselben Örtlichkeit, so ist Zeichen 282 StVO anzuordnen.

3.3 Sonstige Maßnahmen

In Alleen sind zusätzliche Verkehrseinrichtungen und passive Schutzeinrichtungen zur Herstellung der Verkehrssicherheit besonders erforderlich und geeignete Mittel.

Ergänzend zu den unter den Nummern 3.1 und 3.2 vorgesehenen Maßnahmen dieses Erlasses sind daher auf Alleen nach den örtlichen Verkehrsverhältnissen grundsätzlich Bäume verstärkt mit Leitmalen (Baumspiegeln) nach § 43 Abs. 3 b StVO zu versehen.

Vor Alleen, bei denen aufgrund ihrer Länge und des Ineinanderwuchses der Baumkronen über der Fahrbahn die Sichtverhältnisse hinsichtlich der Helligkeit (sog. Tunnelcharakter) herabgemindert sind, kann das Zeichen 101 StVO angeordnet werden. Sofern Zeichen 101 StVO als Hinweis auf die gefährlich herabgeminderte Helligkeit der Sichtverhältnisse innerhalb der Allee angeordnet wird, ist es auf einer Trägerfläche mit einem darunter stehenden Zusatzschild aufzustellen (§ 39 Abs. 2 Satz 5 StVO).

Das Zusatzschild ist auf weißem Grund und schwarzer Umrandung mit der schwarzen Aufschrift „Licht an“ auszuführen. Das Zeichen 101 StVO mit dem vorbezeichneten Zusatzschild darf nur versuchsweise und befristet nach vorheriger Zustimmung des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr nach Ziffer III Nummer 17 a VwV zuvor § 39 StVO angeordnet werden.

Ferner haben Kurven in Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich als gefährlich im Sinne der Ziffer III VwV zu den Zeichen 103 und 105 StVO zu gelten, sofern nicht besondere örtliche Verkehrsverhältnisse im konkreten Einzelfall ausnahmsweise eine andere Beurteilung zulassen. Von daher sind auf Alleen in Kurven grundsätzlich die Zeichen 103 oder 105 StVO und das Zeichen 625 StVO (Richtungstafel in Kurven als einzelne Tafel oder in aufgelöster Ausführung) anzuordnen.

Schutzplanken sind besonders wirksame passive Sicherheitseinrichtungen gegen das Abkommen von der Fahrbahn. An allen Unfallhäufungsstellen sowie an unfallträchtigen und gefährlichen Strecken hat daher grundsätzlich eine Prüfung zu erfolgen, ob die Möglichkeit zur Errichtung von Schutzplanken gegeben und dadurch ein zusätzlicher Sicherheitsgewinn zu erwarten ist. Dies gilt auch für gerade Strecken sowie für bereits errichtete Schutzplanken im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung.

4. Überwachungsmaßnahmen

Die Überwachung der angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen erfolgt durch die Ordnungsbehörden und die Polizei.

Im Einvernehmen mit dem jeweiligen Straßenbaulastträger können hierfür besondere Stellflächen an Alleen eingerichtet werden. Dieser richtet sie im Rahmen seiner Möglichkeiten her.

Für die Polizei ist die Überwachung von Geschwindigkeitsbeschränkungen, Fahrstreifenbegrenzungen, Überholverboten und sonstigen Beschränkungen wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt bei der Bekämpfung der Hauptunfallursachen auf Alleen.

5. Untersuchung und Dokumentation

Die örtlichen Unfallkommissionen haben die Wirksamkeit der nach diesem Erlass angeordneten Maßnahmen an Unfallhäufungsstellen sowie auf von ihnen besonders ausgewählten Strecken mittels einer kontinuierlichen Erfassung des Unfallgeschehens im Vorher- und Nachhervergleich zu untersuchen.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind halbjährlich jeweils zum 31. März und 30. September eines jeden Jahres der Landesunfallkommission zu übersenden.

6. In-Kraft-Treten

Dieser Erlass tritt am 11. Februar 1998 in Kraft.

Muster für das Zusatzschild zu Zeichen 274-58 StVO