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Inanspruchnahme von Gefangenenarbeit durch Dienstkräfte des Justizvollzuges
Inanspruchnahme von Gefangenenarbeit durch Dienstkräfte des Justizvollzuges
vom 5. Juli 1993
(JMBl/93, [Nr. 8], S.135)
geändert durch Rundverfügung vom 18. Juli 2006
(JMBl/06, [Nr. 8], S.106)
1. Bezugsrecht
1.1 Anwendungsbereich
Diese Vorschrift gilt für die Inanspruchnahme von Gefangenenarbeit und den Bezug von Anstaltserzeugnissen durch Dienstkräfte des Justizvollzuges.
1.2 Berechtigter Personenkreis
1.2.1 Dienstkräfte des Justizvollzuges im Sinne dieser Vorschrift sind:
1.2.1.1 die in den Justizvollzugsanstalten hauptamtlich beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter und zwar auch für die Zeit, in der sie vorübergehend anderweitig Dienst leisten,
1.2.1.2 die im Nebenamt oder im Nebenberuf in den Justizvollzugsanstalten beschäftigten Personen, wenn sie regelmäßig mindestens 25 Stunden monatlich in den Justizvollzugsanstalten tätig sind,
1.2.1.3 Bedienstete im Ruhestand des unter 1.2.1.1 genannten Personenkreises, wenn sie aufgrund des Dienstverhältnisses Anspruch auf Versorgung aus der Landeskasse oder aus der Sozialversicherung haben, sofern nicht die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst oder der Aberkennung des Ruhegehalts verhängt oder das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung im Disziplinarwege beendet wurde und
1.2.1.4 Hinterbliebene des unter 1.2.1.1 und 1.2.1.3 genannten Personenkreises, wenn sie aufgrund des Dienstverhältnisses Anspruch auf Versorgung aus der Landeskasse oder aus der Sozialversicherung haben.
1.3 Andere Beschäftigte
Die in den Justizvollzugsanstalten nebenamtlich beschäftigten Personen, sofern sie nicht unter 1.2.1.2 fallen, die Unternehmer und ihre Mitarbeiter sind private Auftraggeber, auf die diese Vorschrift nicht anzuwenden ist.
1.4 Eigenbedarf
1.4.1 Die Berechtigung, Gefangenenarbeit zu ermäßigten Preisen und Löhnen in Anspruch zu nehmen (Bezugsrecht), ist auf den Eigenbedarf der Dienstkräfte beschränkt.
1.4.2 Als Eigenbedarf der Dienstkräfte gilt der Bezug von solchen Leistungen der Justizvollzugsanstalt, die dem persönlichen Verbrauch oder der persönlichen Nutzung dienen. Zum Eigenbedarf der Dienstkräfte gehört auch der Bedarf
- des Ehegatten beziehungsweise Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft,
- der Kinder, für die Anspruch auf Kindergeld besteht,
- der sonstigen Familienangehörigen, sofern der Bezugsberechtigte ihnen Unterhalt gewährt.
1.5 Anderer Bedarf
1.5.1 Für Aufträge der Bediensteten, die nicht dem Eigenbedarf dienen, sind anstelle der ermäßigten Preise und Löhne die allgemein für private Auftraggeber maßgebenden Entgelte zu erheben. Hierunter fallen auch Leistungen, die die Dienstkraft anderen Personen zuwenden will, für die ein Bezugsrecht nicht besteht.
1.5.2 Eine Vermittlung von Aufträgen für andere Personen und der Bezug von Erzeugnissen zum Wiederverkauf ist unzulässig.
2. Leistungen
2.1 Zugelassene Leistungen
2.1.1 Ausgeführt werden dürfen alle Arbeiten, die in den Eigenbetrieben üblicherweise für andere Auftraggeber übernommen werden und, wenn eine volle Auslastung der Betriebe dadurch nicht erreicht wird, auch andere Arbeiten, die in diesen Betrieben ausgeführt werden können, soweit sie nicht unter 2.2 ausdrücklich als unzulässig bezeichnet sind.
2.1.2 An sonstigen Arbeiten sind zugelassen:
2.1.2.1 die Abgabe von Erzeugnissen der Garten- und Landwirtschaft, sofern die Gefangenenverpflegung gedeckt ist.
2.1.2.2 die Reinigung (insbesondere Lack- und Chrompflege) von Kraftfahrzeugen; die Wagenwäsche ist nur in Justizvollzugsanstalten zulässig, die über die erforderlichen technischen Voraussetzungen verfügen.
2.2 Nicht zugelassene Leistungen
Nicht zugelassene Leistungen sind insbesondere:
2.2.1 Arbeiten jeder Art außerhalb der Justizvollzugsanstalt.
2.2.2 Reparaturen an Brems- und Lenkanlagen von Kraftfahrzeugen, Lackierarbeiten an Kraftfahrzeugen und Arbeiten an der Kfz-Elektrik, soweit sie über eine einfache Pannenhilfe hinausgehen.
2.2.3 Abgabe von Rohstoffen und Zutaten, die weder be- noch verarbeitet wurden.
2.3 Unternehmerbetriebe
Der Bezug von Erzeugnissen der Unternehmer, die Gefangene beschäftigen, bedarf der Zustimmung des Ministeriums der Justiz. Die Genehmigung kann allgemein oder für den Einzelfall erteilt werden.
3. Verbot der Verbindungsaufnahme
3.1 Es ist den Dienstkräften nicht gestattet, wegen der Erledigung von Aufträgen mit Gefangenen in Verbindung zu treten; insbesondere dürfen die Gefangenen aus diesem Grunde nicht in ihrem Haftraum oder in den Betrieben aufgesucht werden.
3.2 Unumgänglich notwendige Anweisungen dürfen nur durch die Vermittlung des zuständigen Bediensteten, jedenfalls aber nur in seiner ständigen Gegenwart erteilt werden.
3.3 Bei der Herstellung von Kleidungsstücken dürfen nur Bedienstete Maß nehmen.
4. Lohn und Preisbildung
4.1 Als Arbeitslohn werden für alle Arbeitsleistungen je angefangene Arbeitstunde 30 v. H. des Tagessatzes der Eckvergütung für die Gefangenenentlohnung erhoben.
4.2 Für die dem vorbezeichneten Preis zuzusetzenden Betriebs‑ und ggf. Zutatenaufschläge sind die Vorschriften der GAV maßgebend.
4.3 Ein Gewinnaufschlag wird nicht erhoben.
4.4 Für Fertigwaren und gärtnerische Produkte sind die Verkaufspreise zu berechnen, die für die Erzeugnisse allgemein festgesetzt sind.
4.5 Für Reinigungs- und Pflegearbeiten an Kraftfahrzeugen sind jeweils zu Beginn des Rechnungsjahres angemessene Entgelte festzusetzen, die die Kosten der Arbeitsleistung der Gefangenen sowie für erforderliche Reinigungsmittel decken.
5. Vollstreckungsplan
Zur Ausführung von Arbeiten für Bedienstete dürfen Gefangene nicht in einer Justizvollzugsanstalt zurückgehalten oder in eine Vollzugsanstalt verlegt werden, die nach dem Vollstreckungsplan unzuständig ist.
6. Vorrang anderer Leistungen
Leistungen für Justizvollzugsanstalten, andere Behörden oder private Auftraggeber dürfen durch Arbeiten für Bedienstete nicht verzögert werden. Wichtigere Arbeiten gehen Aufträgen von Dienstkräften vor.
7. Verwaltungsmäßige Behandlung
7.1 Bei der Erteilung, Buchung und Ausführung der Aufträge sind die Vorschriften der Geschäftsanweisung für die Arbeitsverwaltung der Justizvollzugsanstalten zu beachten.
7.2 Bestellungen, die eine außergewöhnlich lange Lieferfrist bedingen, gehäufte Bestellungen und Aufträge, durch die eine Störung des Anstaltsbetriebes zu befürchten ist, sind zurückzuweisen.
8. Zuwiderhandlungen
Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift haben unbeschadet etwaiger disziplinarrechtlicher oder tarifrechtlicher Maßnahmen den zeitweiligen oder dauerhaften Ausschluß von der Erlaubnis zur Inanspruchnahme der Gefangenenarbeit nach diesen Vorschriften zur Folge.
9. Haftung
Für angerichtete Schäden, mangelhafte Arbeit sowie abhanden gekommene Gegenstände wird Schadenersatz nicht geleistet. Gewährleistung wegen mangelhafter Arbeit kann nur durch Nachbesserung gem. § 633 des Bürgerlichen Gesetzbuches verlangt werden.
10. Inkrafttreten
Diese Rundverfügung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.
Der Minister der Justiz
In Vertretung
Dr. Faupel