Erlass des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zur Bekanntmachung der Erhaltungsziele nach § 26b Absatz 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes und zur Bewirtschaftung des Fauna-Flora-Habitat-Gebietes "Wahlendorfer Luch, Klappgraben, Gänsepfuhl"
vom 30. November 2004
(ABl./05, [Nr. 1], S.4)
zuletzt geändert durch Bekanntmachung des MUGV vom 7. Dezember 2010
(ABl./11, [Nr. 1], S.7)
Dieser Erlass regelt auf der Grundlage des § 26 b Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2004 (GVBl. I S. 350) die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/62/EG vom 27. Oktober 1997 (ABl. EG Nr. L 305 S. 42), - Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie). Er legt die unter Nummer 4 genannten Erhaltungsziele fest sowie die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen und deren Umsetzungsinstrumente in Anlage 2. Die Umsetzung ist durch die zuständigen Behörden zu gewährleisten.
1 Bewirtschaftungsgegenstand
Die in Anlage 1 (Übersichtsskizze) näher bezeichnete Fläche im Landkreis Ostprignitz-Ruppin wurde als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) mit der Bezeichnung “Wahlendorfer Luch, Klappgraben, Gänsepfuhl“, Gebietsnummer 529, an die Europäische Kommission gemeldet. Das Gebiet hat eine Größe von rund 239 Hektar und umfasst Flächen in den folgenden Fluren:
Gemeinde: | Gemarkung: | Flur: |
---|---|---|
Temnitzquell | Katerbow | 3, 4, 7, 9; |
Märkisch-Linden | Darritz | 3; |
Storbeck-Frankendorf | Frankendorf | 5; |
Märkisch-Linden | Kränzlin | 6, 8; |
Storbeck-Frankendorf | Storbeck | 3, 4, 5, 6; |
Stadt Neuruppin | Neuruppin | 10, 11. |
Die Grenze des Gebietes ist in Flurkarten festgelegt. Maßgeblich ist die Abgrenzung in den Flurkarten. Die Biotopkarte, die Karte der FFH-Lebensraumtypen (LRT) und die Zielkarte zum Gebiet sind samt Flurkarten und einer Flurstücksliste beim Landesumweltamt in Potsdam, beim Landkreis Ostprignitz-Ruppin als untere Naturschutzbehörde in Neuruppin, beim Amt für Forstwirtschaft Alt Ruppin in Alt Ruppin sowie beim Amt Temnitzquell in Walsleben einzusehen.
2 Beschreibung des FFH-Gebietes
Das FFH-Gebiet befindet sich circa fünf Kilometer nordwestlich von Neuruppin und erstreckt sich entlang der Ruppiner Seenrinne von West nach Ost. Der durch Erlenbruchwald geprägte “Bütowsumpf“ begrenzt das Gebiet im Westen, der Klappgraben als verbindendes, temporär trockenfallendes Element schlängelt sich durch die hauptsächlich durch Grünlandnutzung geprägten Niederungen. Auf seinem Weg zwischen der Revierförsterei Buchenhaus und der Kränzliner Siedlung streift der Klappgraben das Wahlendorfer Luch und teilt sich bei Erreichen der Mesche in zwei Gräben. Einer dieser neuen Gräben mündet im Osten in den Gänsepfuhl, der andere auf Höhe des Schöpfwerkes in den Mahlbusen, nordöstlich des ehemaligen Flugplatzes der Stadt Neuruppin. Das Wahlendorfer Luch und die Mesche durchbrechen mit ihrer sackartigen Gestalt den sonst linienhaften Charakter des Gebietes. Das Wahlendorfer Luch ist ein stark mit Weidengebüschen durchsetzter extensiv genutzter Grünlandbereich, der durch zahlreiche Gräben nach Süden entwässert. Die Neuruppiner Mesche ist gekennzeichnet durch feuchte bis frische Wiesen und Weiden sowie natürlich eutrophe Seen, den Gänsepfuhl und mehrere ehemalige vernässte Torfstiche. Das Grabensystem der Mesche entwässert ebenfalls nach Süden in den Mahlbusen.
3 Beschreibung und Bewertung der Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie sowie deren ökologische Erfordernisse
Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichen- oder Hainbuchenwald
LRT-Nr. 9160, Größe: rund 3 Hektar, Erhaltungszustand B
Es handelt sich um Galeriewald, der durch Eichen und Hainbuchen dominiert ist. Als circa ein Kilometer langes Band von bis zu 35 Metern Breite zieht sich der Wald in Teilbereichen am südlichen Grabenrand des Klappgrabens entlang. Die dichte Haselnussstrauchschicht sowie parallel zum Klappgraben verlaufende Gräben mittelalterlicher Hutewaldungen erschweren den Zugang. Als Rest einer natürlichen Waldgesellschaft steht der Lebensraumtyp unter Schutz nach § 32 BbgNatSchG.
Magere Flachland-Mähwiesen
LRT-Nr. 6510, Größe: rund 2,4 Hektar, Erhaltungszustand B
Dieser Lebensraumtyp findet sich rund um den Gänsepfuhl und in einem schmalen Streifen nördlich des Schöpfwerkes. Er stellt hier den trockenen Teil eines großen Feuchtwiesenkomplexes dar. Zur Erhaltung und Erhöhung des Krautanteils ist eine Nutzung durch eine einschürige späte Mahd anzustreben. Eine weitere Absenkung des Grundwasserspiegels ist zu vermeiden.
Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und to-nig-schluffigen Böden (Molinion cearuleae)
LRT-Nr. 6410, Größe: rund 22 Hektar, Erhaltungszustand B
Östlich des Mahlbusen gelegen befindet sich dieser stark mit Weidengebüsch durchsetzte Lebensraumtyp. Durch unregelmäßige späte Mahd und Entfernung des Mähgutes in Verbindung mit einer Anhebung des Grundwasserpegels soll versucht werden, die drohende Verbuschung und Vorwaldbildung zu stoppen. Die Eutrophierung der Fläche ist ebenso zu vermeiden wie die fortschreitende Austrocknung. Der Lebensraumtyp ist gemäß § 32 BbgNatSchG geschützt.
Natürlich eutrophe Seen
LRT-Nr. 3150, Größe: rund 2 Hektar, Erhaltungszustand B
Der Lebensraumtyp befindet sich an der östlichen Grenze des FFH-Gebietes und hat sich in ehemaligen Torfstichen entwickelt. Eine Voraussetzung zum Erhalt der Gewässer ist die Vermeidung jeglicher Art von Eutrophierung. Eine Badenutzung im Gänsepfuhl ist zu unterbinden.
Fischotter (Lutra Lutra)
Erhaltungszustand C
Der Fischotter benötigt großflächig semiaquatische Lebensräume. In Erwartung einer zukünftigen Ausbreitung der Population ist eine über das Jahr beständige Wasserführung des Biotops anzustreben. Uferbereiche sind durch Zäune vor Trittschäden weidender Großtiere zu schützen und in ihrer Struktur zu erhalten. Die Fischereiwirtschaft sollte in den an das FFH-Gebiet angrenzenden Flächen sogenannte “Otterreusen“ verwenden. Wichtig für die Ausbreitung des Fischotters ist weiterhin die Verwendung von ottergerechten Durchlässen und Unterführungen bei Baumaßnahmen.
Biber (Castor fiber)
Erhaltungszustand C
Der Biber benötigt ebenso wie der Fischotter semiaquatische Lebensräume. Neben der beständigen Wasserführung des Klappgrabens ist die Anpflanzung grabenbegleitender Weichhölzer beziehungsweise die Unterstützung ankommender Weichholzvegetation erforderlich. Erforderlich ist ebenfalls die Minimierung von Störungen. Eventuelle Stauungen sind so zu gestalten, dass eine Durchwanderung/Überwindung durch den Biber möglich ist.
Erhaltungszustand:
A - hervorragender Erhaltungszustand
B - guter Erhaltungszustand
C - durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungszustand
4 Erhaltungsziele
Ziel ist die Erhaltung
- des subatlantischen oder mitteleuropäischen Stieleichen- oder Hainbuchenwaldes als naturnaher Wald im Oberlauf des Klappgrabens,
- magerer Flachland-Mähwiesen,
- von Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion cearuleae),
- natürlich eutropher Gewässer im Bereich der Gänsepfuhlsenke
sowie die Schaffung günstiger Lebensraumvoraussetzungen für eine Wiederbesiedlung durch Biber und Fischotter.
5 Bestand und Bewertung der nach § 32 BbgNatSchG geschützten Biotope sowie von Biotopen, die Einfluss auf die in Nummer 3 aufgeführten Lebensraumtypen und Arten haben
Frisch- beziehungsweise Feuchtwiesen
Frisch- und Feuchtwiesen befinden sich im und rund um das FFH-Gebiet. Die Frisch- und Feuchtwiesen werden als Weide oder Wiese genutzt. Zur Erhaltung und Verbesserung der Artenvielfalt ist eine regelmäßige späte Mahd erforderlich. Eine extensive Grünlandbewirtschaftung sollte fortgeführt werden. Die Beweidung ist nur bei Trittfestigkeit der Grasnarbe zulässig.
Seggen- und binsenreiche Nasswiesen
Seggen- und binsenreiche Nasswiesen befinden sich kleinflächig als Begleitbiotop entlang von Gräben oder Feuchtstellen. Bei Bedarf sind biotoppflegende Maßnahmen zur Vermeidung von Gehölzsukzession durchzuführen.
Gewässerufer, Verlandungszonen
Die Biotope befinden sich fast ausschließlich im Bereich des Gänsepfuhl, gelegentlich auch entlang des Grabensystems. Die Verlandungszone rund um die Torfstiche zeigt eine gute Ausprägung als Biotop, wohingegen der Röhrichtgürtel am Gänsepfuhl durch anhaltende Zerstörung nur rudimentär ausgebildet ist.
Moor- und Bruchwälder, Reste natürlicher Wälder
Reste natürlicher Wälder finden sich kleinflächig im gesamten FFH-Gebiet. Eine naturnahe Bewirtschaftung entsprechend dem Maßnahmekatalog ist zu sichern. Der Wasserrückhalt ist zu erhöhen und somit eine Anhebung des Wasserspiegels im “Bütowsumpf“ zu bewirken.
Gräben
Ein umfangreiches Grabensystem ist im Wahlendorfer Luch und in der Mesche vorhanden. Die zur Melioration angelegten Gräben führen zu einer starken Entwässerung des gesamten FFH-Gebietes und gefährden hierdurch den Schutzzweck. Durch Staumaßnahmen ist der Wasserhaushalt im FFH-Gebiet zu stabilisieren und der Grundwasserstand möglichst zu erhöhen. Dies gilt im Besonderen für das Wahlendorfer Luch und die Mesche. In Abstimmung mit den betroffenen Flächennutzern, den Stauanlageneigentümern beziehungsweise Staurechtsinhabern und dem gewässerunterhaltungspflichtigen Wasser- und Bodenverband sind nutzungsverträgliche, saisonale Stauziele sowie zur Umsetzung notwendige Maßnahmen zu ermitteln, wasserrechtlich durch die untere Wasserbehörde beziehungsweise die obere Wasserbehörde sichern zu lassen und anschließend umzusetzen.
Feldgehölze, Baumreihen, Hecken
Die Gehölze sind entsprechend der Maßnahmenkarte zu behandeln. Generell sollen die Gehölze zur Gliederung der Landschaft erhalten bleiben und gegen Viehverbiss geschützt werden. Entlang dem Klappgraben sollten Weichhölzer zur Beschattung und als Nahrungsangebot für den Biber angepflanzt werden beziehungsweise die natürlich auflaufende Vegetation unterstützt werden.
6 Umsetzung
Geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der unter Nummer 4 aufgeführten Erhaltungsziele sind in Anlage 2 aufgeführt. Unberührt bleiben Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die durch die zuständige Naturschutzbehörde angeordnet oder durchgeführt werden.
Für die Betreuung, Koordinierung und Kontrolle der Umsetzung des Bewirtschaftungserlasses ist die untere Naturschutzbehörde verantwortlich. Die Durchsetzung der einzelnen Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise deren Berücksichtigung im Vollzug obliegt der jeweilig zuständigen Fachbehörde, die hierüber die untere Naturschutzbehörde auf Anforderung informiert.
7 In-Kraft-Treten
Dieser Erlass tritt am Tage seiner Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.