Hinweis: brandenburg.de hat seine Internet-Seiten auf barrierefreien Zugriff optimiert und verwendet deshalb standardisiertes CSS (Stylesheets). Sollte Ihr Browser dieses nicht korrekt anzeigen, unterstützt er nicht die üblichen Webstandards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

A | A | A |
Letzte gültige Fassung Anlagen (2) Änderungshistorie

ARCHIV

Maßnahmen der zuständigen Behörden des Landes Brandenburg bei Arzneimittelrisiken


vom 8. August 2003
(ABl./03, [Nr. 37], S.866)

Außer Kraft getreten am 2. Juli 2020 durch Bekanntmachung des MSGIV vom 10. Juni 2020
(ABl./20, [Nr. 26], S.573)

1 Allgemeines

Der laufenden Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit muss im Interesse der Allgemeinheit durch geeignete Verwaltungsmaßnahmen Rechnung getragen werden.

Durch Arzneimittelzwischenfälle können Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen. Bei unvorhergesehenen Vorkommnissen mit Arzneimitteln müssen die notwendigen Maßnahmen eingeleitet und erforderlichenfalls auch landesübergreifend koordiniert werden.

Die nachstehenden Regelungen für das Verhalten bei Bekanntwerden von Arzneimittelzwischenfällen wenden sich an Behörden, pharmazeutische Unternehmer (Stufenplanbeauftragte), Krankenhäuser, Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie andere Personen und Institutionen, die mit Arzneimitteln umgehen. Die in dieser Verwaltungsvorschrift genannten zuständigen Behörden nehmen Meldungen über Arzneimittelrisiken sowohl von anderen Behörden als auch von den oben genannten Fachkreisen direkt entgegen.

Andere Vorschriften, insbesondere die Mitteilung von Arzneimittelrisiken gemäß den Berufsordnungen der Heilberufe sowie die Mitteilungspflichten gemäß Arzneimittelgesetz und der Apothekenbetriebsordnung, bleiben unberührt.

2 Arzneimittelrisiken

2.1 Ein Arzneimittelzwischenfall ist bei Vorliegen insbesondere folgender Arzneimittelrisiken gegeben:

  • Nebenwirkungen,
  • Wechselwirkungen mit anderen Mitteln,
  • unerwünschte Arzneimittelwirkung,
  • Gegenanzeigen,
  • Resistenzbildung,
  • Missbrauch,
  • Fehlgebrauch,
  • Gewöhnung,
  • Abhängigkeit,
  • Mängel der Qualität,
  • Mängel der Behältnisse und äußeren Umhüllungen,
  • Mängel der Kennzeichnung und der Packungsbeilage,
  • Arzneimittelfälschungen.

2.2 Bei der Erfassung und Weiterleitung von Arzneimittelrisikomitteilungen ist insbesondere die Neufassung der Bekanntmachung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vom 10. Mai 1990 (BAnz. Nr. 91 vom 16. Mai 1990) zu beachten.

Zuständige Behörde im Sinne der Ziffer 4.3 des Stufenplanes ist das

Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg
Referat Apotheken, Arzneimittel, Medizinprodukte, Gesundheits- und Heilberufe
Heinrich-Mann-Allee 103
14473 Potsdam.

3 Informationswege

3.1 Arzneimittelzwischenfälle, deren Folgen eine akute gesundheitliche Gefährdung der Allgemeinheit oder bestimmter Personen sein können (Mängel der Klassen 1 und 2 im Sinne des Rapid Alert Systems der EU, vgl. Klassifizierungshinweise Anlage 3), sind beim Bekanntwerden der zuständigen Behörde mit dem Stichwort „Arzneimittelzwischenfall“ unverzüglich telefonisch oder durch Telefax (Formblatt der Anlage 1) mitzuteilen:

3.1.1 der zuständigen Aufsichtsbehörde

Landesamt für Soziales und Versorgung
Abteilung Landesgesundheitsamt
Dezernat Apotheken, Arzneimittel, Medizinprodukte
Wünsdorfer Platz 3
15838 Wünsdorf
Telefon: (03 37 02) 7 11-00 (Zentrale) oder (03 37 02) 7 11-62
Telefax:  (03 37 02) 7 11-01

3.1.2 oder dem

Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg
Referat Apotheken, Arzneimittel, Medizinprodukte, Gesundheits- und Heilberufe
Heinrich-Mann-Allee 103
14473 Potsdam
Telefon: (03 31) 8 66-0 (Zentrale) oder (03 31) 8 66-54 20
Telefax: (03 31) 8 66-54 09.

3.2 Bei den Arzneimittelzwischenfällen, die durch Mängel der Qualität der Behältnisse, der äußeren Umhüllungen, der Kennzeichnung, der Packungsbeilage oder durch Verwechslungen verursacht sind und die keine unmittelbare Gefährdung im Sinne der Nummer 3.1 darstellen, sind entsprechende Mitteilungen während der Dienstzeit an die zuständige Aufsichtsbehörde (siehe Nummer 3.1.1) zu richten. Hierzu ist auch die Verpflichtung des Apothekenleiters zu rechnen, die zuständige Aufsichtsbehörde (siehe Nummer 3.1.1) bei Beanstandungen der Qualität von Arzneimitteln gemäß § 21 Nr. 3 der Apothekenbetriebsordnung unverzüglich zu benachrichtigen. Entsprechendes gilt auch für Krankenhäuser und niedergelassene Vertreter der Heilberufe.

3.3 Sofern Arzneimittelzwischenfälle nach den Nummern 3.1 oder 3.2 anderen Behörden bekannt werden, unterrichten diese unverzüglich eine der unter den Nummern 3.1.1 und 3.1.2 genannten Behörden.

3.4 Bei Nichterreichbarkeit der zuständigen Aufsichtsbehörde und des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen (MASGF) (außerhalb der Dienstzeit) wird in unaufschiebbaren Fällen das

Lagezentrum der Polizei
Postfach 60 11 65
14411 Potsdam
Telefon: (03 31) 8 66-28 71, -28 72
Fax: (03 31) 8 66-28 78, -28 79

unterrichtet.

3.5 Die Mitteilungen nach den Nummern 3.1 und 3.2 sollen folgende Mindestangaben bei Arzneimittelzwischenfällen enthalten:

  • Bezeichnung des Arzneimittels,
  • Darreichungsform,
  • Bezeichnung und Dosierung (Stärke) der arzneilich wirksamen Bestandteile,
  • Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und gegebenenfalls des Herstellers bzw. Inverkehrbringers,
  • Packungsgröße,
  • Chargenbezeichnung,
  • Verfalldatum,
  • Zulassungs- bzw. Registernummer,
  • beobachtetes Arzneimittelrisiko:
    • gegebenenfalls Art und Schwere der unerwünschten Arzneimittelwirkungen,
    • gegebenenfalls Qualitätsmängel,
  • gegebenenfalls Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind,
  • meldende Stelle,
  • bei schriftlichen Meldungen: Datum und Unterschrift des Meldenden.

4 Maßnahmen

4.1 Die einzuleitenden Maßnahmen werden unter Beachtung der Nummer 6  von der zuständigen Aufsichtsbehörde (Nummer 3.1.1) im Falle der Nummer 3.1 im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen veranlasst. Die Maßnahmen können entsprechend den jeweiligen Erfordernissen insbesondere eine abgestufte gezielte Information des anzusprechenden Personenkreises (z. B. Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser, pharmazeutischer Großhandel) oder eine allgemeine Warnung an die Bevölkerung über Presse, Rundfunk und Fernsehen umfassen. Gegebenenfalls kann der Rückruf oder die Sicherstellung bestimmter Arzneimittel bzw. einzelner Chargen erforderlich werden.

In besonderen Ausnahmefällen und nach entsprechender Abstimmung zwischen dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen und dem Ministerium des Innern erfolgt die Weitergabe entsprechender Warnmeldungen durch das Lagezentrum beim Ministerium des Innern. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen übermittelt dazu geeignete Texte, die an die Lagezentren der anderen Bundesländer und die nachgeordneten Polizeidienststellen des Ministeriums des Innern sowie Leitstellen für den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz zur Information der Krankenhäuser, Rettungswachen und diensthabenden Apotheken weitergegeben werden.

4.2 Für die länderübergreifende Koordinierung von Maßnahmen bei Arzneimittelzwischenfällen ist das für den pharmazeutischen Unternehmer zuständige Land federführend. Sind mehrere Länder federführend betroffen, sollen die erforderlichen Maßnahmen einvernehmlich über die Zentrale Koordinierungsstelle der Länder festgelegt werden. Erforderlichenfalls kann auch eine gutachterliche Stellungnahme bei der zuständigen Bundesoberbehörde angefordert werden. Über die beabsichtigten oder bereits veranlassten Maßnahmen werden die übrigen obersten Landesgesundheitsbehörden und die zuständige Bundesoberbehörde unverzüglich informiert. Im Interesse eines einheitlichen Vollzuges orientieren sich die anderen Länder an diesen Maßnahmen.

4.3 Die Benachrichtigung des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesministeriums für Verteidigung und der zuständigen Bundesoberbehörde erfolgt grundsätzlich durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen. Soweit in unaufschiebbaren Fällen diese Benachrichtigung unmittelbar erfolgen muss, ist das Ministerium hiervon zu unterrichten.

4.4 Besteht bei Arzneimittelzwischenfällen nach Nummer 3.1 der Verdacht, dass der Zulassungsstatus betroffen ist, oder liegt eine staatliche Chargenfreigabe vor, ist zur weiteren Veranlassung unverzüglich die zuständige Bundesoberbehörde zu unterrichten.

Gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen nach § 69 AMG bleiben hiervon unberührt.

4.5 Untersuchungen und Begutachtungen, die im Zusammenhang mit im Land Brandenburg festgestellten Arzneimittelzwischenfällen erforderlich werden, sind durch das

Landesamt für Soziales und Versorgung
Abteilung Landesgesundheitsamt
Dezernat Apotheken, Arzneimittel, Medizinprodukte
Wünsdorfer Platz 3
15838 Wünsdorf
Telefon: (03 37 02) 7 11-00 (Zentrale) oder (03 37 02) 7 11-62
Telefax: (03 37 02) 7 11-01

oder in Absprache mit dieser Behörde durchzuführen.

4.6 Die zuständige Aufsichtsbehörde hat bei pharmazeutischen Unternehmern darauf hinzuwirken, dass eigenverantwortlich veranlasste und durchgeführte Maßnahmen, insbesondere Rückrufe, rechtzeitig mit ihr abzustimmen sind. Sie hat sich den Vollzug von Maßnahmen unverzüglich mitteilen zu lassen und diesen gegebenenfalls beim pharmazeutischen Unternehmer zu überprüfen.

5 Rapid Alert System (RAS) der EU

5.1 Auf Qualitätsmängel, über die die zuständige Bundesoberbehörde die Obersten Landesgesundheitsbehörden im Rahmen der RAS informiert, finden die vorstehenden Regelungen entsprechende Anwendung.

5.2 Über Maßnahmen nach Ziffer 9.4 des Stufenplanes informiert die zuständige Aufsichtsbehörde (siehe Nummer 3.1.1) mit dem RAS-Formblatt (siehe Anlage 2) das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen. Dieses unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde.

6 Zentral zugelassene Arzneimittel

6.1 Auf Arzneimittelzwischenfälle im Sinne der Nummern 3.1 und 3.2, die im Zusammenhang mit Arzneimitteln stehen, die von der Europäischen Kommission zentral zugelassen wurden, findet Abschnitt 3 (Informationswege) Anwendung mit der Maßgabe einer unverzüglichen Unterrichtung der zuständigen Bundesoberbehörde. Diese unterrichtet die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA).

6.2 Die Koordination von Maßnahmen erfolgt durch die EMEA. Deren Vorgaben für Maßnahmen werden über die zuständige Bundesoberbehörde den Obersten Landesgesundheitsbehörden zugeleitet.

Die Aufsichtsbehörden treffen die erforderlichen Veranlassungen und berichten dem MASGF über deren Vollzug.

6.3 Ist eine Maßnahme zum Schutze der Gesundheit dringend erforderlich, kann das Inverkehrbringen von  der Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen und im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde untersagt werden. Die zuständige Bundesoberbehörde unterrichtet die EMEA über die Maßnahme.

7 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Dieser Runderlass tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Gleichzeitig tritt der Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen vom 23. Oktober 1998 (ABl. S. 957) außer Kraft.

Anlagen